Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung bei einem mittellosen Beteiligten
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Antragsteller betrieb in den Streitjahren 1988 bis 1995 einen Handel mit…Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich. Im Zuge von Ermittlungen zu sog. „Bankverfahren„ fand beim Antragsteller zwischen 1999 und 2002 eine Fahndungsprüfung statt. Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, dass der Antragsteller auf ein bislang unbekanntes Konto erhebliche Betriebseinnahmen eingezahlt hat, die größtenteils in der Buchführung nicht erfasst waren. Zudem ergaben sich erhebliche Differenzen zwischen den in der Buchführung enthaltenen Erlösen für Abgassonderuntersuchungen und den vom Antragsteller angekauften Plaketten.
Gegen die daraufhin vom Beklagten (Finanzamt —FA—) in den Gewinnfeststellungs-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden der Streitjahre 1988 bis 1995 vorgenommenen Hinzuschätzungen wehrte sich der Antragsteller nach erfolglosem Vorverfahren vor dem Finanzgericht (FG). Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das FG entschied, die Hinzuschätzungen seien nur insoweit rechtswidrig, als die Reingewinne über den jeweiligen Höchstsätzen der Richtsatzsammlung lägen.
Mit Schreiben vom beantragte der Antragsteller unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ihm für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und einen vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Wegen der mangelnden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung lehnte der erkennende Senat diesen Antrag mit Beschluss vom X S 11/03 (PKH), nicht veröffentlicht (n.v.), ab.
Der Antragsteller stellte am einen erneuten PKH-Antrag. Er ist der Ansicht, die Fahndungsmaßnahmen und die vom FG bestätigten Hinzuschätzungen seien rechtswidrig. Nach dem (BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643) sei die Verwendung von Erkenntnissen, die durch eine Fahndung „ins Blaue hinein„ gewonnen worden seien, nicht zulässig. Diese Entscheidung sei vom FG und vom erkennenden Senat im Beschluss vom X S 11/03 (PKH), n.v., nicht beachtet worden.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Erfolgsaussicht der von dem Antragsteller beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Frist für deren Einlegung bereits abgelaufen ist. Insoweit kann gemäß § 56 Abs. 1 FGO unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 610).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist aber nicht Erfolg versprechend. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision nur erreicht werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch aus der Entscheidung des FG und dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ergeben sich Anhaltspunkte, dass diese Voraussetzungen gegeben sein könnten.
Die vom Antragsteller behauptete Divergenz —der Zulassungsgrund „Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung"— erfasst auch die Abweichung der angegriffenen Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH— zu dem BFH-Beschluss in BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643 liegt nicht vor. In dem vom BFH in BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643 entschiedenen Fall ging es um die Berechtigung der Finanzverwaltung, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in den Geschäftsräumen einer Bank zum Anlass zu nehmen, gegen Bankkunden, die nach den bankinternen Unterlagen Inhaber von Tafelpapieren waren, Steuerermittlungen durchzuführen, die gefertigten Aufzeichnungen aus Guthabenkonten oder Depots dieser Kunden zu verwerten und zur Auswertung an die Wohnsitz-FÄ weiterzuleiten, ohne Rücksicht auf die Besonderheiten des betreffenden Vorgangs und unabhängig von dessen steuerlicher Gewichtigkeit. Während in dem der Entscheidung in BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643 zugrunde liegenden Streitfall somit kein hinreichender strafrechtlicher Anfangsverdacht gegen die Bankkunden bestand, haben im Streitfall die Ermittlungen bei einer Bank Anhaltspunkte für ein steuerlich und strafrechtlich relevantes Verhalten des Antragstellers ergeben, das einen Anfangsverdacht für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens begründete und u.a. zur Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume sowie der Beschlagnahme von Unterlagen nach den §§ 98, 102 und 105 der Strafprozessordnung aufgrund eines —nicht angefochtenen— Beschlusses des Amtsgerichts führte.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstelle(n):
VAAAB-17270