Der Fertigstellung eines Gebäudes dienende Aufwendungen nicht nach § 7 FördG begünstigt
Gesetze: FördG § 7; EStG § 10e
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 5 K 132/99 E (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die im Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnhaus wurde im Jahr 1994 fertig gestellt. Im Streitjahr 1996 errichteten die Kläger auf dem Grundstück eine freistehende Garage.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 machten die Kläger u.a. die Kosten für die Errichtung der Garage in Höhe von 31 908 DM als Aufwendungen nach § 7 des Fördergebietsgesetzes (FördG) geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) versagte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen mit der Begründung, dass die Errichtung einer frei stehenden Garage im Anwendungsbereich des FördG als Herstellung eines selbständigen Objekts zu beurteilen sei. Mangels einer baulichen Verknüpfung mit dem bereits bestehenden Gebäude scheide die Gewährung des Abzugsbetrags aus.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 690 veröffentlichten Urteil statt.
Mit der Revision rügt das FA sinngemäß die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG die Aufwendungen für die Errichtung der Garage als nach § 7 FördG begünstigt angesehen.
1. Nach § 7 Abs. 1 FördG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen, die auf an einem eigenen Gebäude vorgenommene Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten entfallen, im Jahr der Zahlung und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v.H. wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage für einen Abzugsbetrag nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) einbezogen werden, 40 000 DM nicht übersteigen und auf Gebäude oder Gebäudeteile entfallen, die im jeweiligen Jahr des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 FördG).
2. Schon nach seinem Wortlaut („an einem…Gebäude„) erfasst § 7 Abs. 1 FördG nur Aufwendungen für Herstellungsarbeiten an einem bereits vorhandenen, d.h. fertig gestellten Gebäude, nicht aber Aufwendungen für die der Fertigstellung des Gebäudes dienenden Baumaßnahmen (Senatsurteil vom X R 50/99, BFHE 196, 524, BStBl II 2002, 14). Herstellungskosten, die der erstmaligen Herstellung eines Gebäudes zuzurechnen sind, werden von § 7 Abs. 1 FördG nicht erfasst (ebenso FG des Landes Brandenburg, Urteile vom 2 K 510/97 E, EFG 1998, 48, und vom 1 K 1649/99 E, EFG 2002, 160; , EFG 1999, 972; Finanzministerium des Landes Brandenburg, Erlass vom 34 -S 1988- 14/96, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1996, 1087; Blümich/ Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Ertragsteuerliche Nebengesetze, § 7 FördG Rz. 12; Kaligin in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 7 FördG Rz. 5; George in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 7 FördG Rz. 2; Masuch in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 7 FördG Rz. 16; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., S. 413). Hätte der Gesetzgeber auch Aufwendungen begünstigen wollen, die der Fertigstellung eines Gebäudes dienen, hätte der Gesetzestatbestand anders formuliert werden müssen (vgl. Blümich/Stuhrmann, a.a.O.: „Die Aufwendungen zur Herstellung oder Erhaltung eines eigenen Gebäudes können im Jahr ...„).
Daneben sprechen auch Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 FördG für die Nichteinbeziehung der auf den Herstellungsprozess des Gebäudes entfallenden Herstellungskosten: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte § 7 Abs. 1 FördG die bis zum befristete Regelung des § 82a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) ablösen (vgl. § 84 Abs. 4 Satz 1 EStDV). Anders als bei § 82a EStDV hat der Gesetzgeber des FördG jedoch darauf verzichtet, die Begünstigung auf einzelne Modernisierungsmaßnahmen zu beschränken. Hierdurch sollte dem Ziel des § 7 Abs. 1 FördG, die Verbesserung der vorhandenen schlechten Bausubstanz in den neuen Ländern, Rechnung getragen werden (BTDrucks 12/562, 72; Blümich/Stuhrmann, a.a.O., Rz. 3; Wewers, Der Betrieb 1991, 1539), da ein modernen Wohnbedürfnissen entsprechender Zustand in Einzelfällen nur durch Baumaßnahmen, die zu Herstellungskosten führen, herbeigeführt werden kann (z.B. der erstmalige Einbau eines Bades oder einer Zentralheizung; vgl. Blümich/ Stuhrmann, a.a.O., Rz. 12).
3. Die im Streitfall durch den Bau der freistehenden Garage verursachten Aufwendungen entfallen nicht auf Herstellungsarbeiten „an einem eigenen Gebäude„ und sind deshalb nicht nach § 7 Abs. 1 FördG begünstigt. Gerade weil es sich auch bei freistehenden Garagen nach ständiger Rechtsprechung (, BFHE 139, 509, BStBl II 1984, 196, m.w.N.; vom X R 16/96, BFHE 189, 67, BStBl II 1999, 596) wegen des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs um unselbständige Nebengebäude handelt, wurde der Herstellungsprozess des von den Klägern selbst genutzten Einfamilienhauses erst mit der Fertigstellung der Garage abgeschlossen.
Im Falle der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes liegt ein bereits fertig gestelltes Gebäude i.S. des § 7 Abs. 1 FördG nicht schon dann vor, wenn es —wie die Gewährung des Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 1 EStG voraussetzt— bewohnbar und eine selbständige Haushaltsführung möglich ist (, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565). Anders als § 10e Abs. 1 EStG, der das Wohnen im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung fördert, begünstigt § 7 Abs. 1 FördG die Verbesserung der (bereits vorhandenen) Bausubstanz eines selbst genutzten Gebäudes bzw. Gebäudeteils oder einer selbst genutzten Wohnung. Dementsprechend verlangt § 7 Abs. 1 FördG, dass der tatsächliche Herstellungsprozess vor Durchführung der (nachträglichen) Herstellungsarbeiten bereits abgeschlossen war (vgl. FG-Urteil in EFG 2002, 160).
Demnach sind im Falle der erstmaligen Errichtung eines selbst genutzten Gebäudes die Baumaßnahmen, die nach Beginn der Selbstnutzung und damit nach Beginn des Begünstigungszeitraums i.S. von § 10e Abs. 1 EStG ausgeführt werden, nach § 7 Abs. 1 FördG noch dem Herstellungsprozess zuzuordnen, wenn das Gebäude vor Beginn dieser Baumaßnahmen noch nicht seine erstmalige Baustruktur erlangt hat. Eine andere Beurteilung würde dem dargestellten Zweck der Förderung nach § 7 FördG widersprechen. Denn dann hätte es der Bauherr im Beitrittsgebiet in jedem Fall der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes in der Hand, die in § 10e EStG festgelegten Höchstbeträge staatlicher Förderung der Wohnung im eigenen Haus bzw. in der eigenen Wohnung zu unterlaufen. Er könnte den Bauablauf so organisieren, dass alle Bauarbeiten, die bautechnisch auch noch nach dem Bezug des hergestellten Gebäudes abgeschlossen werden können, nach dem Einzug vorgenommen werden. Diese würden dann von der Begünstigung des § 7 Abs. 1 FördG erfasst, so dass der nach § 10e Abs. 1 EStG auf höchstens 19 800 DM bzw. 10 124 € beschränkte Abzugsbetrag um den in § 7 Abs. 1 FördG normierten Abzugsbetrag in unzulässiger Weise erweitert würde. Das war —wie oben bereits dargestellt— nicht der Wille des Gesetzgebers.
Im Streitfall sind die die Errichtung der Garage betreffenden Baumaßnahmen im Streitjahr 1996 noch dem —erstmaligen— Herstellungsprozess des Wohngebäudes im Jahre 1994 zuzurechnen und werden daher nicht von § 7 Abs. 1 FördG erfasst. Die Errichtung der Garage stand nicht nur in einem zeitlichen Zusammenhang, sondern auch in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Wohngebäudes. Bei der Garage handelt es sich um ein unselbständiges Nebengebäude, welches in einem engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude steht, weil nach den heutigen Wohnvorstellungen eine Wohnung ohne Garage oder Stellplatz unvollständig ist (BFH-Urteil in BFHE 139, 509, BStBl II 1984, 196). Deshalb war die Garage auch von Anfang an Bestandteil der Bauplanung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 485
BFH/NV 2004 S. 485 Nr. 4
GAAAB-16572