Oberfinanzdirektion Düsseldorf - S 2221 A - St 222

§ 10 EStG; Erstattung von Kirchensteuer in einem späteren Veranlagungszeitraum

Bezug:

Sonderausgaben dürfen nur dann bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Bei einem Erstattungsüberhang in einem Veranlagungszeitraum ist der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung insoweit um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Steuerbescheid ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
Siehe dazu im Einzelnen das (EStG-Kartei NRW § 10 EStG Fach 5 Nr. 4, BStBl 2002 I S. 667) sowie die Bezugsverfügung (speziell für die Kirchensteuer).
Da das vorbezeichnete BMF-Schreiben keine Einschränkungen enthält, sind die Rechtsgrundsätze auf alle Sonderausgaben und auch in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

1. Fälle des Veranlagungszeitraums 1999 mit einem Kirchensteuer-Erstattungsüberhang von mehr als 10.000 DM

Bisher ist ein systematischer Aufgriff aller noch offenen Fälle mit Sonderausgaben-Erstattungsüberhang unterblieben. Im Hinblick darauf, dass in Baden-Württemberg eine derartige Aktion für Kirchensteuer-Erstattungsüberhänge für den Veranlagungszeitraum 1999 zu Mehrsteuern von ca. 3,7 Mio. € geführt hat, soll in NRW zunächst für den Veranlagungszeitraum 1999 anhand der Fälle mit einem Kirchensteuer-Erstattungsüberhang von mehr als 10.000 DM die fiskalische Bedeutung festgestellt werden. Die FA erheilten deshalb eine Exceldatei mit den Fällen ihres Finanzamtsbezirks, in denen die Werte zu den Kz 52.13 und 52.14 in den Einkommensteuererklärungen 1999 einen Erstattungsüberhang von mehr 10.000 DM ergaben, zur weiteren Veranlassung.

1.1 Bekanntgabe der Änderungsbescheide bis spätestens

Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginnt für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt. Für das rückwirkende Ereignis „Kirchensteuer-Erstattungsüberhang 1999„ endet die Festsetzungsfrist somit mit Ablauf des . Es soll deshalb sicher gestellt werden dass entsprechende Änderungsbescheide rechtzeitig zur Post gegeben werden (Hinweis auf § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO). Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO ist nur gewahrt, wenn der vor dem zur Post gegebene Steuerbescheid dem Empfänger auch tatsächlich zugeht (siehe den Beschluss des Großen Senats des BStBl 2003 II S. 548).

1.2 Zuordnung der Erstattungsüberhänge

Zur Aufteilung von Erstattungsüberhängen, die sich aus Kirchensteuererstattungen von mehr als einem Veranlagungszeitraum ergeben, siehe Tz. 2.
Es muss sichergestellt werden, dass für alle betroffenen Verausgabungsjahre die Festsetzungsfrist (siehe dazu Tz. 1.1) eingehalten wird.

Beispiel für die anteilige Aufteilung eines Erstattungsüberhangs für den VZ 1999 auf die betroffenen Verausgabungsjahre
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Gezahlte Kirchensteuer im VZ 1999
(Kz 54.13)
50.000 DM
(Spalte B der Exceldatei)
Erstattete Kirchensteuer im VZ 1999
(Kz 54.14)
80.000 DM
(Spalte C der Exceldatei)
Erstattungsüberhang für den VZ 1999
30.000 DM
(Spalte D der Exceldatei)

Verausgabungsjahre der im VZ 1999 erstatteten Kirchensteuer:


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* Hinweis: Erstattungen für die VZ 1997 und früher werden in der WinGF-Lesemaske „Kirchensteuer als Sonderausgaben„ nur in einer Summe ausgewiesen (siehe dazu auch Tz. 2). Die Zuordnung der Erstattungen (hier: 80.000 DM) auf die einzelnen Verausgabungsjahre (hier: 1996 und 1997) muss personell erfolgen (z. B. anhand der Steuerakten).
Erstattung für den VZ 1996
20.000 DM *
Erstattung für den VZ 1997
60.000 DM *
 
80.000 DM

Lösung

Der Erstattungsüberhang von 30.000 DM entfällt i. H. v.
7.500 DM (= 30.000 DM × 20.000 DM ./. 80.000 DM) auf den VZ 1996 und
22.500 DM (= 30.000 DM × 60.000 DM ./. 80.000 DM) auf den VZ 1997.
Die in den VZ 1996 bzw. 1997 als Sonderausgaben berücksichtigten Kirchensteuern sind um 7.500 DM bzw. 22.500 DM zu mindern (bis max. 0 DM!; Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
Eine Berücksichtigung des gesamten Erstattungsüberhangs (30.000 DM) beispielsweise im VZ 1997 würde dazu führen, dass sich der Stpfl. begründet gegen den Änderungsbescheid 1997 wenden könnte (Einspruch). Nach Ablauf des wäre jedoch eine Änderung des Steuerbescheids 1996 wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr möglich.

1.3 Unverzügliche Information des nun zuständigen Finanzamts bei Zuständigkeitswechsel

Die Exceldatei enthält Fälle, in denen die Einkommensteuerveranlagung 1999 von dem entsprechenden Finanzamt durchgeführt wurde.
Sollte dieses Finanzamt nicht mehr örtlich zuständig sein, so ist das nunmehr zuständige Finanzamt unverzüglich zu informieren, damit die erforderliche(n) Änderung(en) innerhalb der Festsetzungsfrist vom nunmehr zuständigen Finanzamt vorgenommen werden kann/können.

1.4 Mitteilung der Mehrsteuern bis zum

Die beigefügte Exceldatei ist in den Spalten E bis H jeweils um die Mehrsteuern (It. Prüfberechnung) zu ergänzen und die vervollständigte Datei bis zum (formlos) per E-Mail an die OFD zurück zu senden. In Fällen des Zuständigkeitswechsels ist in den Spalten E bis H das neu zuständige Finanzamt und möglichst auch die neue Steuernummer ein zu tragen Angaben zur formellen Bestandskraft sind nicht erforderlich.

2. Aufteilung von Erstattungsüberhängen, die sich aus Kirchensteuererstattungen von mehr als einem Veranlagungszeitraum ergeben

Der Erstattungsüberhang ist stets auf die betroffenen Verausgabungsjahre anteilig aufzuteilen (im Verhältnis der Erstattungen aus diesen Verausgabungsjahren). Seit Mitte September 2003 ist die WinGF-Lesemaske „Kirchensteuer als Sonderausgaben„ im Einsatz (aufzurufen in der Fallbearbeitungsmaske im Menü Extras). Diese liefert ab dem Veranlagungszeitraum 2002 detaillierte Angaben dazu, wie sich der als Sonderausgaben berücksichtigte Kirchensteuerbetrag zusammensetzt. Bis zum Veranlagungszeitraum 2001 sind die Angaben weniger differenziert. Siehe dazu auch Fach 10 Teil 52 Abschnitt „Kirchensteuer als Sonderausgabe„.
Eine Vereinfachungsregelung für die Fälle, in denen sich der Erstattungsüberhang aus Kirchensteuererstattungen von mehr als einem Veranlagungszeitraum ergibt, ist nicht zugelassen.

Beispiel für die anteilige Aufteilung eines Erstattungsüberhangs für den VZ 2002 auf die betroffenen Verausgabungsjahre
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Gezahlte Kirchensteuer im VZ 2002
1.000 €
(lt. WinGF-Lesemaske)
Erstattete Kirchensteuer im VZ 2002
3.100 €
(lt. WinGF-Lesemaske)
Erstattungsüberhang für den VZ 2002
2.100 €
 

Verausgabungsjahre der für den VZ 2002 erstatteten Kirchensteuer:


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Erstattung für den VZ 1998
700 €
(lt. WinGF-Lesemaske)
Erstattung für den VZ 1999
2.000 €
(lt. WinGF-Lesemaske)
Erstattung für den VZ 2000
400 €
(lt. WinGF-Lesemaske)
 
3.100 €
 

Lösung

Der Erstattungsüberhang von 2.100 € entfällt i. H. v.
474 € (= 2.100 € × 700 € ./. 3.100 €) auf den VZ 1998,
1.355 € (= 2.100 € × 2.000 € ./. 3.100 €) auf den VZ 1999 und
271 € (= 2.100 € × 400 € ./. 3.100 €) auf den VZ 2000.
Die in den VZ 1998, 1999 bzw. 2000 als Sonderausgaben berücksichtigten Kirchensteuern sind um 474 €, 1.355 € bzw. 271 € zu mindern (bis max. 0 €!; Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

3. Ruhen von Rechtsbehelfsverfahren

Beim BFH ist unter dem Az. XI R 52/03 ein Revisionsverfahren anhängig, in dem strittig ist, ob der Sonderausgabenabzug hinsichtlich der Kirchensteuerzahlungen in den VZ 01 und 02 insoweit rückwirkend zu versagen ist (Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO), als die 01 und 02 betreffenden Kirchensteuererstattungen im VZ 03 die Kirchensteuerzahlungen im VZ 03 übersteigen (siehe die Beilage Nr. 3/2003 zum BStBl II Nr. 14/2003 vom S. 87). Werden Einspruchsverfahren darauf gestützt, ruhen sie insoweit (Zwangsruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO).

4. Aussetzung der Vollziehung

Bei Änderungsbescheiden auf Grund der Erstattung von Sonderausgaben in einem späteren Veranlagungszeitraum bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Diesbezügliche Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind daher abzulehnen. Als Begründungshilfe dient der Beschluss des (E).

FINANZGERICHT Düsseldorf

11 V 3056/03 A (E)

BESCHLUSS

In dem Verfahren

– Antragsteller –

Prozessvertreter:

gegen

– Antragsgegner –

wegen

Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 2000)

hat der 11. Senat in der Besetzung:


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Vorsitzender Richter am Finanzgericht
Stötzel
Richterin am Finanzgericht
Wölff
Richter am Verwaltungsgericht
Wenner

am beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Die Antragsteller zahlten im Jahre 2000 evangelische Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 7.345 DM. Diese Kirchensteuerzahlungen setzte sich zusammen aus den Vorauszahlungen für das Jahr 2000 in Höhe von 5.411 DM und Nachzahlungen im Jahr 2000 für frühere Jahre.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2000 vom setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer auf 32.262 DM, die Kirchensteuer für 2000 auf 1.830,78 DM und den Solidaritätszuschlag auf 1.108,96 DM fest. Es ergab sich ein Kirchensteuererstattungsbetrag in Höhe von 3.580,22 DM, der am an die Antragsteller überwiesen wurde. Bei dieser Steuerfestsetzung wurden gezahlte Kirchensteuern in Höhe von 7.345 DM als Sonderausgaben berücksichtigt.

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2001 stellte der Antragsgegner folgende Kirchensteuererstattungen und -Zahlungen im Veranlagungszeitraum 2001 fest:


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Zahlungen
2.152 DM
Erstattungen für 2000
3.580 DM
Erstattungen für 1999
931 DM
Erstattungsüberhang
2.359 DM

Am erließ der Antragsgegner einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2000, in welchem er die als Sonderausgaben berücksichtigten Kirchensteuerzahlungen aus 2000 in Höhe von 7.345 DM um den Erstattungsüberhang von 2.359 DM minderte.

Aus dem Änderungsbescheid vom ergab sich eine Einkommensteuer-Zahllast in Höhe von 446,87 € (874 DM), eine Kirchensteuer-Zahllast in Höhe von 36,72 € (71,82 DM) und eine Solidaritätszuschlags-Zahllast in Höhe von 22,44 € (43,89 DM). Die geforderten Beträge wurden von den Antragstellern gezahlt.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorläge.

Der Antragsgegner wies mit Einspruchsentscheidung vom den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei geboten. Auf die , BStBl 1996 II S. 646, vom X R 7/96, BStBl 1999 II S. 95 und vom IV R 28/98, BFH/NV 2000 S. 1455 werde hingewiesen. Danach sei der Kirchensteuererstattungsbetrag grundsätzlich mit der im Jahr der Erstattung gezahlten Kirchensteuer zu verrechnen. Eine Ausnahme bestehe jedoch dann, wenn im Jahr der Erstattung eine Kompensation mit gezahlten Beträgen nicht möglich sei. In diesem Fall sei der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung um die nachträgliche Erstattung zu mindern und ein bestandskräftiger Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Dieser Rechtsgedanke sei auch im Erlass des Bundesfinanzministers (BMF) vom  – IV C – S 2221 – 191/02 enthalten.

Die Antragsteller haben am Klage erhoben. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen 11 K 2686/03 E anhängig.

Mit Schreiben vom beantragten die Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheides 2000 vom beim Antragsgegner. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Schreiben vom ab. Den Antrag der Antragsteller vom auf Aufhebung der Vollziehung, lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom ab.
Mit Schreiben vom haben die Antragsteller die Aufhebung der Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom beim Finanzgericht beantragt.

Zur Begründung tragen die Antragsteller vor, den Urteilen des und vom (am angegebenen Ort), mit denen der Antragsgegner die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2000 begründet habe, lägen nicht vergleichbare Sachverhalte zu Grunde. Im zitierten Urteil aus dem Jahre 1996 seien für einen aus der Kirche ausgetretenen Steuerpflichtigen weiterhin Kirchensteuern an die Finanzverwaltung gezahlt worden. Der BFH habe festgestellt, dass diese Kirchensteuern nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten. Grund hierfür sei, dass bei rechtzeitiger Kenntnis des Austritts aus der Kirche eine Kirchensteuerfestsetzung unterblieben und somit die später zurückgeforderten Kirchensteuern gar nicht in die Berechnung der Sonderausgaben einbezogen worden wären. Das BFH-Urteil aus dem Jahre 1998 habe sich mit der Anerkennung von Sozialversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben befasst. Die Beträge seien für eine Person, die nicht der Versicherungspflicht unterlegen habe, abgeführt und in einem späteren Jahr zurückerstattet worden. Der Steuerpflichtige sei endgültig nicht belastet gewesen. Der BFH habe festgestellt, dass diese Sozialversicherungsbeiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten, da sie bei richtiger Behandlung nie abgeführt worden wären.
Im Streitfall beruhe die im Jahre 2000 gezahlte Kirchensteuer der Antragsteller entweder auf Nachzahlungen, welche durch Steuerbescheide vom Finanzamt festgesetzt worden seien, oder auf dem vom Finanzamt erlassenen Vorauszahlungsbescheid. Die Finanzverwaltung habe die Kirchensteuer festgesetzt, da die Antragsteller Mitglieder der evangelischen Kirche seien. Aus diesem Grund sei es im Jahre 2000 auch nicht möglich gewesen, die Vorauszahlungen mit entsprechenden Rechtsmitteln anzugreifen. Ein Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid wäre abgelehnt worden, da im Laufe des Jahres 2000 nicht erkennbar gewesen sei, ob tatsächlich Kirchensteuern in dieser Höhe anfallen würden. Auch aus den Urteilen des , BFH/NV 2000 S. 1455) und vom (XI R 4001, BStBl II 2002 S. 569) sei zu entnehmen, dass eine Änderung nach § 175 AO nur dann zulässig sei, wenn sich bereits im Zeitpunkt der Zahlung der Sonderausgaben absehen lasse, dass diese Aufwendungen endgültig zurückzuerstatten seien. Denn in diesen Fällen, sei der Steuerpflichtige trotz Abfluss wirtschaftlich nicht belastet. Stehe die endgültige wirtschaftliche Belastung dagegen noch nicht fest, so sei der Sonderausgabenabzug im Jahr der Zahlung vorzunehmen, das strenge Zu- und Abflussprinzip des § 11 Einkommensteuergesetz (EStG) gelte.
Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setze außerdem voraus, dass ein Ereignis eingetreten sei, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Ein rückwirkendes Ereignis liege im vorliegenden Fall nicht vor. Die Vorauszahlungen seien für das Jahr 2000 festgesetzt worden. Die tatsächliche Steuerfestsetzung sei für das Jahr 2000 erfolgt. In jedem dieser Vorgänge fehle es an einem Ereignis, welches steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. In dem Kommentar von Tipke/Kruse zur Abgabenordnung heiße es zu § 175 AO Tz. 23, 26, dem Ereignisbegriff unterfielen nur sachverhaltsändernde Geschehnisse und ein Ereignis wirke steuerlich in die Vergangenheit, wenn nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes der Besteuerung zu unterwerfen sei. Im vorliegenden Fall sei kein Sachverhalt verwirklicht worden. Es handele sich nämlich bei der Festsetzung von Vorauszahlungen um genormte Vorgänge, die an bestimmte Sachverhalte anknüpften. Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber auch die Vorauszahlungen genormt und die Kirchensteuern als Sonderausgaben – wie auch andere Sonderausgaben – dem strengen Zu- und Abflussprinzip unterworfen, um in einem genormten Verfahren die Verrechnung mit späteren Aufwendungen und Erträgen entfallen lassen zu können. Ferner werde unter Tz. 33 auf das Urteil des BFH BStBl 1964 III S. 184 verwiesen. Hier sei die Zurechnung von Zinsen strittig gewesen, welche zu viel bezogen und in einem späteren Jahr erstattet worden seien. In diesem Fall habe der BFH ebenfalls das strenge Zu- und Abflussprinzip gewählt und die erstatteten Zinsen später nur als negative Einnahmen zugelassen. Hierbei sei nicht geprüft worden, ob die späteren negativen Einnahmen steuerwirksam seien. In der gleichen Tz. werde das Urteil des BFH BStBl 1990 II S. 287 erwähnt, in diesem Fall seien überzahlte Provisionen in einem späteren Jahr erstattet worden und hätten ebenfalls erst eine Auswirkung in einem späteren Jahr gehabt.

Es müsse außerdem beachtet werden, dass die Festsetzung der Zahlung und Erstattung von Kirchensteuern nicht im Einflussbereich des Steuerpflichtigen liege, für die Festsetzung sei allein das Finanzamt zuständig. Der Rücktrag der erstatteten Kirchensteuern würde somit einseitig die Finanzverwaltung gegenüber dem Steuerpflichtigen bevorteilen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben müsse der Steuerpflichtige darauf vertrauen können, dass die Kirchensteuer, welche er auf Grund einer von der Finanzverwaltung festgesetzten Vorauszahlung gezahlt habe, im Jahr der Zahlung als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2000 vom bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Klageverfahren 11 K 2686/03 E aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, aus den Urteilen des und (am angegebenen Ort) sei nicht zu entnehmen, dass eine Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur in den Fällen möglich sei, in denen sich die Zahlung von Sonderausgaben nachträglich als vollkommen rechtsgrundlos erweise. Vielmehr komme dem Umstand der tatsächlichen und endgültigen wirtschaftlichen Belastung entscheidende Bedeutung zu. An einer solchen fehle es, wenn gezahlte Sonderausgaben – egal aus welchen Gründen – nachträglich erstattet werden. Die damit weggefallene endgültige wirtschaftliche Belastung sei zu berücksichtigen. Sei eine Kompensation mit im Erstattungsjahr gezahlten gleichartigen Sonderausgaben nicht möglich, bliebe die weggefallene endgültige wirtschaftliche Belastung unberücksichtigt. Daher sei in diesen Fällen die Änderung der Veranlagung für das Zahlungsjahr geboten.
Aus dem Begriff „Aufwendungen„ in § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG leite der BFH ab, dass nur solche Zahlungen berücksichtigt werden dürften, durch welche der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei. Wenn sich bereits im Zeitpunkt der Zahlung absehen lasse, dass die Aufwendungen zurückerstattet werden müssten, so seien diese Zahlungen (trotz Abfluss) mangels wirtschaftlicher Belastung nicht zu berücksichtigen. Stehe die endgültige wirtschaftliche Belastung noch nicht fest, so sei der Sonderausgabenabzug im Jahr der Zahlung vorzunehmen. Komme es jedoch in einem späteren Veranlagungszeitraum zu einer Erstattung der gezahlten Sonderausgaben, so sei die Veranlagung des Zeitraums der Zahlung ggfs. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durch entsprechende Kürzung des Sonderausgabenabzuges zu ändern. Lediglich aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtskontinuität sei es nach der BFH-Entscheidung vom (X R 73/94, BStBl 1996 II S. 646) hinnehmbar, dass Erstattungen von Sonderausgaben im Jahr der Erstattung mit gleichartigen Sonderausgaben verrechnet werden, da hiermit dem Umstand der entfallenden wirtschaftlichen Belastung Rechnung getragen werde.
Die Voraussetzungen zur Anwendung der Änderungsvorschrift seien insbesondere dadurch erfüllt, dass für die Kirchensteuerzahlung im Jahr 2000 das Tatbestandsmerkmal der endgültigen wirtschaftlichen Belastung als Folge der Kirchensteuererstattung in 2001 rückwirkend teilweise entfallen sei. Zu beachten sei, dass in dem vom BFH am entschiedenen Fall, – anders als im vorliegenden Fall – die Erstattung von Sonderausgaben noch nicht endgültig festgestanden habe, da die Erstattung dort lediglich in Form einer durch Aufhebung der Vollziehung ermöglichten Umbuchung erfolgt sei.
Einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glaube liege nicht vor, da die Vorschrift des § 11 EStG nicht isoliert zu sehen sei, sondern auch der Aufwandsbegriff des § 10 EStG einzubeziehen sei, der auf die tatsächliche und endgültige Belastung eines Steuerpflichtigen abstelle.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen. Der Erfolg braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg. Es brauchen insbesondere nicht erhebliche Zweifel in dem Sinne zu bestehen, dass eine Aufhebung des Verwaltungsaktes mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs im summarischen Verfahren ebenso wenig auszuschließen ist, wie sein Misserfolg (vgl. Tipke-Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Tz. 89 mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).

Nach summarischer Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom keine ernstlichen Zweifel. Der Antragsgegner hat die im Jahre 2001 erstatteten und nicht verrechenbaren Kirchensteuerbeträge in Höhe von 2.359 DM zutreffend im Zahlungsjahr 2000 berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des BFH – der sich der Senat anschließt – folgt aus dem in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG verwendeten Begriff „Aufwendungen„, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben abziehbar sind, durch die der Steuerpflichtige endgültig wirtschaftlich belastet ist (vgl. , BStBl 1996 II S. 646). Werden Ausgaben in einem späteren Jahr erstattet, liegt keine endgültige wirtschaftliche Belastung und in Höhe der Erstattung somit keine Aufwendung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Die Erstattung wäre daher an sich durch die Kürzung des Sonderausgabenabzugs im Zahlungsjahr zu berücksichtigen. Dies hätte aber bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben – wie der Kirchensteuer – zur Folge, dass zahllose Veranlagungen bei zum Teil nur geringfügigen Erstattungen zu ändern wären. Aus Gründen der Praktikabilität und auch der Rechtskontinuität hat der BFH es deshalb als gerechtfertigt angesehen, dass Erstattungen von Sonderausgaben ausnahmsweise im Erstattungsjahr und nicht steuersystematisch richtig im Zahlungsjahr zu verrechnen sind (vgl. , BStBl 1996 II S. 646; vom XR 7/96, BStBl 1999 II S. 95 und vom IV R 28/98, BFH/NV 2001 S. 238). Eine Ausnahme von der steuersystematisch richtigen Korrektur im Zahlungsjahr hat der BFH aber in zwei Fällen als nicht hinnehmbar angesehen, da die Steuerpflichtigen in diesen beiden Fällen ungerechtfertigte Steuervorteile erlangen könnten. Eine Kürzung der gezahlten Sonderausgaben ist im Zahlungsjahr vorzunehmen, soweit der Steuerpflichtige willkürliche, die voraussichtliche Schuld weit übersteigende Sonderausgabenzahlungen tätigt oder soweit im Jahr der Erstattung der Sonderausgaben eine Kompensation mit gleichartigen Aufwendungen nicht möglich ist (vgl. a.a.O.).

Eine willkürliche Zahlung der Kirchensteuer durch die Antragsteller scheidet im vorliegenden Fall aus, da die Antragsteller aufgrund von Vorauszahlungsbescheiden und Jahresbescheiden zur Zahlung der Kirchensteuerbeträge verpflichtet waren. Eine Kürzung im Zahlungsjahr ist aber erforderlich, da die Kirchensteuererstattung aus dem Jahre 2000 nicht in voller Höhe mit der im Jahr 2001 gezahlten Kirchensteuer verrechnet werden konnte. Es ergab sich ein Erstattungsüberhang in Höhe von 2.359 DM.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller folgt auch nicht aus den Urteilen des , a.a.O.) und vom (XI R 4001, BStBl 2002 II S. 569), dass Sonderausgaben, die nach Ablauf des Zahlungsjahres (hier: nach Ablauf des Jahres 2000) erstattet werden, nur dann steuerliche Auswirkung im Zahlungsjahr haben, wenn sich bereits im Zeitpunkt der Zahlung der Sonderausgaben absehen lässt, dass sie endgültig zurückzuerstatten sind, weil sie beispielsweise rechtsgrundlos geleistet worden sind. Der BFH führt im Urteil vom ausdrücklich aus, für den Fall, dass im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht feststehe, ob der Steuerpflichtige durch die Ausgaben endgültig wirtschaftlich belastet bleibt, seien die Sonderausgaben im Jahr des Abflusses (Zahlungsjahr) abziehbar. Sollte der geleistete Betrag jedoch in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden, sei die Veranlagung des Zeitraums der Zahlung durch eine entsprechende Kürzung des Sonderausgabenabzugs zu ändern (ebenso , BStBl 2002 II S. 351; Hutter in Blümich, EStG Kommentar, § 10 Rd.Nr. 33; Fischer in Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, 3. Auflage, § 10 Rd.Nr. 4).

Die Änderung des Einkommensteuerbescheides vom ist rechtmäßig nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgt. Der endgültige Wegfall der wirtschaftlichen Belastung in 2001 und die fehlende Verrechnungsmöglichkeit mit gezahlter Kirchensteuer in 2001 ist ein nachträglich eingetretenes Ereignis, dass materiellrechtlich Rückwirkung auf die Vergangenheit hat. Unter einem Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist jeder rechtlich relevante Vorgang zu verstehen (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 175 Rd.Nr. 25). Dazu gehören sachverhaltsändernde Tatsachen und Geschehnisse, aber auch rechtliche Vorgänge wie Verwaltungsakte (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 175 Rd.Nr. 25). Die wirtschaftliche Belastung durch die Kirchensteuerzahlungen ist zwar bereits mit Erstattung der Kirchensteuer nach Erlass des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2000 vom weggefallen und damit nicht nachträglich, d.h. nach Erlass des Steuerbescheides. Die Höhe der im Jahre 2001 gezahlten Kirchensteuer stand aber erst mit Ablauf des Jahres 2001 und damit nachträglich fest. Erst nach Kenntnis dieser Tatsache (Höhe der Kirchensteuerzahlungen in 2001) konnte nach den oben genannten materiellrechtlichen Voraussetzungen beurteilt werden, ob eine Kürzung der Sonderausgaben aus 2000 erforderlich ist. Eine Kürzung der im Jahr 2000 als Kirchensteuer geltend gemachten Sonderausgaben ist – wie bereits oben dargestellt – erforderlich, so dass der Sachverhalt eine steuerliche Wirkung für die Vergangenheit entfaltet hat.

Die Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht deshalb zu gewähren, weil die Vollziehung für die Antragsteller eine unbillige, nicht im überwiegenden öffentlichen Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine derartige unbillige Härte liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der Senat anschließt, vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Zahlung Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wieder gutzumachen wären, oder wenn die wirtschaftliche Existenz gefährdet würde (vgl. Tipke/Kruse a.a.O., § 69 RdNr. 102 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Die Antragsteller haben nicht vorgetragen, dass eine derartige unbillige Härte im Sinne dieser Definition vorliegt. Aus den Akten ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

Stötzel, Wolff, Wenner

Oberfinanzdirektion Düsseldorf v. - S 2221 A - St 222

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EAAAB-15981