Behandlung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen
Gesetze: UStG § 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin ihres im Juli 1999 verstorbenen Ehemannes. Dieser hatte im Jahre 1990 ein Grundstück mit Gebäude erworben. Er errichtete auf dem Grundstück einen Neubau und renovierte den Altbau. Das Grundstück mit den Gebäuden war steuerpflichtig an eine GmbH vermietet. Am „verkaufte„ der Ehemann das Grundstück der Klägerin „zum Preis von 1 000 000 DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer"; in dem notariellen Kaufvertrag war bestimmt, dass sich die Vertragsschließenden über die „Kaufpreisfälligkeit„ außerhalb der Vertragsurkunde einigen. Zum wurde der Mietvertrag mit der GmbH auf die Klägerin umgestellt. Im März 1993 wurde die Klägerin in das Grundbuch eingetragen.
Laut einer Vereinbarung vom wurde der „Nettokaufpreis„ für das Grundstück dadurch beglichen, dass dem Ehemann vom gemeinsamen Depot der Eheleute zusätzlich zu seinem bisherigen Anteil 1 000 000 DM zustanden. Für eine Tilgung des vereinbarten „Kaufpreises„ in Höhe der Umsatzsteuer fehlen jede Anhaltspunkte. Bei der Vermögensteuer wurde weiterhin eine Forderung in Höhe des „Kaufpreises„ ausgewiesen. Dementsprechend trug die Klägerin auch beim Finanzgericht (FG) vor, eine endgültige Regelung der „Kaufpreistilgung„ sei mit der Vereinbarung vom nicht gewollt gewesen.
In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1992 machte der Ehemann der Klägerin die Vorsteuer aus den Aufwendungen für das Grundstück geltend. Außerdem erklärte er für das Jahr 1992 einen Verkaufserlös von 1 000 000 DM.
Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zu dem Ergebnis, dass die Grundstücksübertragung auf die Klägerin unentgeltlich erfolgt sei; es berichtigte deshalb die zunächst als abziehbar anerkannte Vorsteuer aus den Gebäudeaufwendungen unter Berufung auf die Vorschrift des § 15a des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) in einem geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1992.
Die Klage gegen diesen Bescheid hatte keinen Erfolg. Das FG kam zum Ergebnis, dass der Ehemann der Klägerin mit einem Entgelt für die Grundstücksübertragung nicht gerechnet hatte und ein solches auch nicht erhalten hat, die Grundstücksübertragung also unentgeltlich erfolgt war. „Bestärkt„ wurde es in dieser „Deutung durch Inhalt und Durchführung des Kaufvertrags, die zwischen Fremden nicht üblich„ sei.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, die sie auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Die Klägerin meint, das FG habe mit seinem Urteil gegen die Grundsätze des (BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913) verstoßen; es habe „das Fehlen von Fremdüblichkeit als Präjudiz angesehen, anstatt hierin wie der BFH lediglich einen Aspekt zu erblicken„. Die wiederholte Aussage, dass nicht fremdüblich gehandelt worden sei, zeige den falschen Ansatz des FG eindeutig auf. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei auch für den Fall erforderlich, dass das FG nur im Entscheidungsergebnis von der BFH-Rechtsprechung abweiche.
Das FA ist der Beschwerde entgegen getreten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).
Die Klägerin hat die Grundsätze des Urteils in BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913 zutreffend wiedergegeben. Danach ist im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ein Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nicht bereits dann zu verneinen, wenn über Leistung und Gegenleistung zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht vertragsgemäß vollzogen werden, oder wenn die Vereinbarungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist. Bei der Prüfung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen kann allerdings die Frage, ob die Vereinbarung und ihre Durchführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist, für die Beurteilung Bedeutung erlangen, ob der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten.
Der Senat kann nicht erkennen, dass die Vorentscheidung ausdrücklich oder konkludent von diesen Grundsätzen abweicht. Das FG ist gemäß § 96 FGO aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu der Überzeugung gelangt, dass entgegen dem Wortlaut des notariellen Kaufvertrags vom eine unentgeltliche Grundstücksübertragung auf die Klägerin gewollt war. Dabei hat es nicht nur darauf abgestellt, dass der „Kaufvertrag„ seinem Inhalt und seiner Durchführung nach zwischen Fremden kaum denkbar gewesen wäre, es ist vielmehr aufgrund der vorgelegten Urkunden und den Aussagen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum Ergebnis gelangt, dass der vereinbarte „Kaufpreis„ tatsächlich nicht gezahlt wurde und auch nicht gezahlt werden sollte.
Die Klägerin meint zwar diese Sachverhaltswürdigung sei falsch; sie rügt damit aber lediglich einen materiellen Rechtsfehler, der nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70; vom III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des FG und vom Einzelfall abhängig; sie erfordert deshalb keine Entscheidung des BFH.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 383
BFH/NV 2004 S. 383 Nr. 3
CAAAB-14894