BFH Urteil v. - VII R 6/02

Nachweis der Nämlichkeit bei vorübergehender Rückkehr von Ausfuhrware ins Zollgebiet

Gesetze: VO (EWG) Nr. 5664/87, Nr. 565/80

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt —HZA—) fordert von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die dieser für 15 Partien Rindfleisch (Marktordnungs-Warenlistennummer 0201 3000 130 0000) vorfinanzierte Ausfuhrerstattung nebst eines Zuschlages von 20 % zurück.

Die Ausfuhrerstattung ist der Klägerin aufgrund ihrer zwischen März und August 1989 gestellten Anträge bewilligt worden. Als Bestimmungsland war zunächst Nigeria angegeben; für u.a. dieses Land war der Erstattungssatz in der Verordnung (EWG) Nr. 233/89 der Kommission vom zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen auf dem Rindfleischsektor (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 29/34) auf 144,50 ECU/100 kg festgesetzt. Für u.a. die Länder Nordafrikas, wo das Fleisch später tatsächlich eingeführt worden sein soll, galt nach der vorgenannten Verordnung ein Erstattungssatz von 153,50 ECU/100 kg.

Das zunächst in einem Erstattungslager eingelagerte Fleisch hat am , von 15 Kontrollexemplaren begleitet, das geografische Gebiet der Gemeinschaft auf dem Seewege verlassen. Über sein weiteres Schicksal trägt die Klägerin Folgendes vor:

Das Fleisch sei nach Ägypten verschifft und dort von den Behörden zurückgewiesen worden. Es sei deshalb in die Gemeinschaft zurückgebracht worden, wo es am wieder eingetroffen sei. Nach teilweiser Umpackung sei es am erneut nach Ägypten verschifft worden, wo es schließlich zum freien Verkehr abgefertigt worden sei. Hierzu hat die Klägerin Verzollungsbescheinigungen vorgelegt, die auf den datieren.

Das HZA vermochte einen ausreichenden Zusammenhang zwischen den Kontrollexemplaren und den Verzollungsbescheinigungen nicht zu erkennen. Es lehnte deshalb die Freigabe der Sicherheit ab und forderte mit Erstattungsbescheid vom den vorfinanzierten Erstattungsbetrag nebst eines Zuschlages von 20 % von der Klägerin zurück. Die hiergegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

Nur die endgültige Ausfuhr einer Ware aus der Gemeinschaft lasse einen Erstattungsanspruch entstehen. Allerdings sei die Ausfuhrfrist des Art. 32 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 351/1) auch dann gewahrt, wenn eine Ware innerhalb der dort festgesetzten 60-Tage-Frist das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen habe, dann jedoch noch einmal zurückkehrt. In diesem Falle komme es nur auf die Einhaltung der 12-Monats-Frist der Art. 5, 17 VO Nr. 3665/87 an. Diese Frist habe die Klägerin ebenso wie die vorgenannte 60-Tage-Frist eingehalten.

Einem Erfolg der Klage stehe jedoch entgegen, dass es an der nach Art. 3 Abs. 6 VO Nr. 3665/87 erforderlichen Zollkontrolle über die Ausfuhrware fehle, die bis zur endgültigen (zweiten) Ausfuhr hätte fortbestehen müssen. Denn nur so sei die Nämlichkeit der ausgeführten, wieder eingeführten und erneut ausgeführten Ware gewahrt, auf die es für den Erstattungsanspruch ankomme. Der Nachweis der Nämlichkeit könne nur durch zollamtlich beglaubigte Dokumente über die Wiederausfuhr geführt werden. Ein solcher Nachweis sei nicht vorgelegt worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht wird. Nach Art. 3 Abs. 6 VO Nr. 3665/87 bestehe keine Notwendigkeit einer bis zur endgültigen, zweiten Ausfuhr fortbestehenden Zollkontrolle. Die Einhaltung der Frist von 60 Tagen für das Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft schließe vielmehr einen Fortbestand der Zollkontrolle aus. Im Übrigen sei die Ware bei ihrer Rückverbringung in das Zollgebiet der Gemeinschaft unstreitig bis zu ihrer Wiederausfuhr unter zollrechtliche Kontrolle gemäß Art. 37, 182 des Zollkodex (ZK) gelangt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und den Erstattungsbescheid des HZA vom aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Es tritt der Auffassung der Klägerin entgegen, die Nämlichkeit sei nachgewiesen und vom HZA zu der diesbezüglichen Behauptung der Klägerin nicht Stellung genommen worden. Im Übrigen könne die Frage der Nämlichkeitssicherung nicht „unbeachtlich einer nicht erfolgten Zollkontrolle beurteilt werden„, sondern müsse vielmehr „als ein Instrument der zu erfolgenden Zollkontrolle angesehen werden„. Deshalb mache Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 jedes Umfüllen und Umpacken von der vorherigen Unterrichtung der Zollstelle abhängig. Es habe für die Klägerin auch ohne größeren Aufwand möglich sein müssen, die Nämlichkeit „durch entsprechende Unterlagen„ nachzuweisen, wenn die zurückverbrachte Ware tatsächlich unter Zollkontrolle gestanden haben sollte. Die Dokumente z.B. über die Überführung der Waren in ein Nichterhebungsverfahren nach Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK und die anschließende Wiederausfuhr nach Art. 182 ZK seien jedoch nicht vorgelegt worden.

Unabhängig davon komme es aber auf die Streitfrage nicht an, ob der Nämlichkeitsnachweis nur durch zollamtlich beglaubigte Dokumente geführt werden könne. Denn die Klägerin habe auch keine sonstigen Unterlagen zum Nachweis der Identität der streitbefangenen Waren vorgelegt. Auch für diese Unterlagen gelte im Übrigen die 12-Monats-Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87, die inzwischen verstrichen sei. Art. 18 Abs. 3 dieser Verordnung spreche zwar explizit nur von der Vorlagepflicht bezüglich des Beförderungspapiers, welches jedoch nur ein Indiz für die Beförderung der zur Ausfuhr abgefertigten und im Bestimmungsland eingeführten Erzeugnisse darstelle. Werde die bereits ausgeführte Ware wieder in das Zollgebiet eingeführt, umgepackt und anschließend wieder ausgeführt, so seien alle die Beförderung betreffenden Unterlagen innerhalb der vorgenannten Frist vorzulegen, was nicht geschehen sei. Eine Fristverlängerung sei nicht fristgerecht beantragt worden. Zu Art. 18 Abs. 4 VO Nr. 3665/87 von der Europäischen Kommission getroffene Entscheidungen hinsichtlich so genannter „Fristenöffnungen„ beträfen nur die in Art. 18 Abs. 1 und 2 der vorgenannten Verordnung genannten Dokumente, erfassten aber nicht die Beförderungspapiere.

Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), zu dem infolge der bundesgesetzlichen Zustimmung zu den europäischen Verträgen auch das Gemeinschaftsrecht gehört, weil dessen innerstaatliche Geltung auf jener beruht. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

1. Nach Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der hier noch anzuwendenden VO Nr. 3665/87 (soweit es hier interessiert zuletzt geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 1615/90 der Kommission vom , ABlEG Nr. L 152/33) hat ein Beteiligter den ihm vorfinanzierten Ausfuhrerstattungsbetrag zu erstatten, wenn der für die tatsächlich ausgeführte Warenmenge fällige Betrag niedriger ist als jener, wobei der Erstattungsbetrag um 20 % erhöht wird (vgl. jetzt Art. 35 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 800/1999 —VO Nr. 800/1999—, ABlEG Nr. L 102, 11).

Zu den Voraussetzungen, unter denen Ausfuhrerstattung fällig wird, bestimmt Art. 32 Abs. 1 erster Spiegelstrich VO Nr. 3665/87 für den hier gegebenen Fall der Vorfinanzierung der Erstattung während der Einlagerung der Ware nach den Verfahren der Art. 4 oder 5 der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 des Rates vom über die Vorauszahlung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABlEG Nr. L 62/5), dass die Ware binnen 60 Tagen nach Beendigung jenes Verfahrens das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen muss. Außer von dieser Voraussetzung ist die Zahlung der Erstattung ferner davon abhängig, dass das Erzeugnis innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in eines der Drittländer, für welches der betreffende (differenzierte) Erstattungssatz vorgesehen ist, eingeführt wurde (Art. 32 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 3665/87), wobei als Einfuhr die Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr angesehen wird und diese durch Vorlage einer Verzollungsbescheinigung (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 3665/87) nachgewiesen werden kann. Außerdem muss das Beförderungspapier vorgelegt werden (Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87).

Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG hat im Streitfall die Ware binnen 60 Tagen nach Beendigung des Zolllagerverfahrens durch Annahme der Ausfuhranmeldung das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen. Dass die Ausfuhrware innerhalb der 60-Tage-Frist des Art. 32 Abs. 1 erster Spiegelstrich VO Nr. 3665/87 das geografische Gebiet der Gemeinschaft endgültig verlassen müsste, verlangt die VO Nr. 3665/87 nicht, wie das FG richtig erkannt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) hat jedenfalls der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgänger-Verordnung der VO Nr. 3665/87 (Verordnung (EWG) Nr. 2730/79, ABlEG Nr. L 317/1) eine dahin gehende ungeschriebene Voraussetzung in seinem Urteil vom Rs. 337/85 (EuGHE 1987, 4237) nicht entnommen, in welchem er vielmehr eine Rückkehr der Ware zur Umladung in einem innerhalb der Gemeinschaft gelegenen Hafen sogar nach Ablauf der 60-Tage-Frist nicht für erstattungsschädlich gehalten hat. Um das Ziel zu erreichen, eine spekulative Ausnutzung des Erstattungsverfahrens zu verhindern, erschien es dem Verordnungsgeber —ungeachtet der erst später in Art. 6a Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 3665/87 festgelegten zusätzlichen Frist— ersichtlich ausreichend, eine (12-Monats-)Frist für die Einfuhr der Ware in einem oder dem betreffenden Drittland vorzuschreiben.

Dabei begreift sich von selbst und ist zwischen den Beteiligten auch nicht strittig, dass Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 verlangt, dass dieselbe (die nämliche) Ware in das betreffende Drittland eingeführt wird, welche aus der Gemeinschaft ausgeführt worden ist. Das ergibt sich klar und eindeutig nicht nur aus dem Wortlaut der einschlägigen Rechtsvorschriften; es folgt auch ohne weiteres daraus, dass nach der Systematik der VO Nr. 3665/87 Ausfuhrerstattung für konkrete Warenpartien gewährt wird, die zollamtlich angemeldet, unter Zollkontrolle gestellt und innerhalb bestimmter Fristen aus der Gemeinschaft verbracht werden müssen und deren spätere Ankunft in einem Drittland sogar bei Gefahr des Verlustes des Erstattungsanspruches durch bestimmte Papiere glaubhaft gemacht werden muss, wenn es sich —wie hier— um nach Bestimmungsland differenziert festgelegte Erstattungssätze handelt - Prozeduren und Anforderungen, die weitgehend sinnlos wären, wenn der Erstattungsanspruch seinem Wesen nach nur davon abhängig wäre, dass der Markt der Gemeinschaft von einer Ware bestimmter Art entlastet bzw. die Gemeinschaft als Anbieter von Ware bestimmter Art auf einem Drittlandsmarkt aufgetreten ist.

Es ist bislang nicht festgestellt, dass die von der Klägerin ausgeführte Ware innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung bzw. der dieser i.S. des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 gleichgestellten Erklärung nach Art. 25 VO Nr. 3665/87 in eines der Drittländer, für welches der betreffende (differenzierte) Erstattungssatz vorgesehen ist —die Klägerin behauptet: in Ägypten—, eingeführt worden ist. Zweifel am Erreichen dieser Bestimmung haben sich für das HZA vornehmlich auf Grund der seiner Meinung nach fehlenden Übereinstimmung zwischen der Warenbeschreibung in den Kontrollexemplaren und in den von den ägyptischen Behörden ausgestellten Verzollungsbescheinigungen und für das FG auf Grund der nicht bis zum endgültigen Verlassen des Gebietes der Gemeinschaft fortbestehenden Zollkontrolle ergeben. Diesen Zweifeln wird das FG noch nachzugehen haben. Es hat bisher zur Frage der Nämlichkeit der unter Zollkontrolle gestellten und ausgeführten und der nach Ägypten eingeführten Waren keine Feststellungen getroffen, da es diese deshalb für entbehrlich hielt, weil nach Art. 3 Abs. 6 VO Nr. 3665/87 die Zollkontrolle über die Ausfuhrware nicht nur bis zum Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft bestehen müsse, sondern für den Fall, dass die Ware vor ihrer Einfuhr in ein Drittland noch einmal in die Gemeinschaft zurückkehre, „bis zur endgültigen (zweiten) Ausfuhr„ (Urteilsabdruck Bl. 8 Abs. 2). Dieser rechtliche Ansatzpunkt ist indes mit Bundesrecht nicht vereinbar.

2. Nach Art. 3 Abs. 6 VO Nr. 3665/87 sind die Ausfuhrwaren im Zeitpunkt der Annahme der Ausfuhranmeldung bzw. hier gemäß Art. 26 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 vom Tage der Annahme der Zahlungserklärung (Art. 25 Abs. 1 VO Nr. 3665/87) an bis zum Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft unter Zollkontrolle gestellt. Diese Vorschriften sind eindeutig für den Regelfall, dass für die Erstattungsware eine Ausfuhranmeldung angenommen wird und die Ware alsdann das Zollgebiet der Gemeinschaft endgültig verlässt. Sie beantworten hingegen nicht die Frage, ob und ggf. unter welchen Bedingungen die Erstattungsvoraussetzungen gewahrt sind, wenn die Erstattungsware in das Gebiet der Gemeinschaft zurückkehrt, nachdem sie die Gemeinschaft unter Zollkontrolle verlassen hat, welche Kontrolle damit naturgemäß und unvermeidlich ein Ende findet. Denn Zollkontrolle setzt die Möglichkeit des jederzeitigen Zugriffs der Zollbehörde auf die betreffende Ware voraus (vgl. , EuGHE 2002, I-6227), an welcher es nach dem Verlassen des geografischen Gebiets der Gemeinschaft insbesondere auf hoher See notwendigerweise fehlt. Das Gemeinschaftsrecht muss mithin —auch bei differenzierter Erstattung, deren Zahlung nicht nur von dem Nachweis abhängig ist, dass die Ware die Gemeinschaft verlassen hat, sondern die einen Ankunfts- und Einfuhrnachweis voraussetzt (vgl. Art. 17 VO Nr. 3665/87)— in Kauf nehmen und nimmt auch in Kauf, diese für den Erstattungsanspruch wesentliche Voraussetzung ebenso wenig wie eine ggf. zusätzlich nachzuweisende Vermarktung der Ware in dem betreffenden Drittland (vgl. Art. 5 Abs. 1 letzter Unterabs. VO Nr. 3665/87) und insbesondere die Nämlichkeit von ausgeführter und eingeführter bzw. vermarkteter Ware durch Mittel der zollbehördlichen Überwachung sicher stellen zu können. Demgemäß bietet das einschlägige Gemeinschaftsrecht keinen Anlass zu der Annahme, die Nämlichkeit der Ausfuhrware müsse in dem (Ausnahme-)Fall deren etwaiger vorübergehender Rückkehr in das geografische Gebiet der Gemeinschaft nach fristgerechtem (erstmaligem) Verlassen desselben durch im Zusammenhang mit dem Wiedereintritt der Ware in das Gebiet der Gemeinschaft erstellte Zollpapiere nachgewiesen werden. Das bestätigt mittelbar auch der im Streitfall noch nicht anwendbare, durch die Verordnung (EWG) Nr. 3947/89 (VO Nr. 3947/89, ABlEG Nr. L 379/29) eingefügte und durch die Verordnung (EWG) Nr. 1525/92 (ABlEG Nr. L 160/7) neu gefasste Art. 6a VO Nr. 3665/87, wonach Erstattungsware nach Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft auf dem Weg in das Bestimmungsland in einem Hafen der Gemeinschaft umgeladen werden darf und hierfür eine zusätzliche 28-Tage-Frist, über die 60-Tage-Frist hinausgehend, gewährt wird; besondere zollbehördliche Maßnahmen, die bei Gelegenheit der Umladung einen Austausch der Ware, für welche die Ausfuhranmeldung abgegeben worden war, gegen andere verhindern, sind in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.

Die VO Nr. 3665/87 stellte in der hier anzuwendenden Fassung —vor Einfügung ihres Art. 6a durch die VO Nr. 3947/89— für den Fall der vorübergehenden Rückkehr der Erstattungsware, die fristgerecht das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen und hinsichtlich deren mithin die Erstattungsvoraussetzung des Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 erfüllt ist, weder in dem eben erwähnten Falle der Umladung in einem Hafen der Gemeinschaft noch in sonstigen Fällen besondere zusätzliche Anforderungen und schreibt insbesondere kein spezielles Verwaltungsverfahren vor, durch dessen Anwendung bei Gefahr des Verlustes des Erstattungsanspruchs die Nämlichkeit der Ware gesichert werden könnte und müsste. Dass verlangt werden muss, dass die Ware nicht in den freien Verkehr der Gemeinschaft zurückgelangt, bedarf keiner Erörterung, weil nach dem Zusammenhang des angefochtenen Urteils vorbehaltlich weiterer Aufklärung in dem aus anderen Gründen erforderlichen zweiten Rechtsgang von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin ausgegangen werden kann, die Erstattungsware sei nicht in den freien Verkehr der Gemeinschaft zurückgelangt.

Demnach scheitert der Erstattungsanspruch der Klägerin anders als das FG meint nicht daran, dass die Ausfuhrware, nachdem sie (erstmals) das Zollgebiet verlassen hatte, nicht mehr bis zu ihrer endgültigen Ausfuhr ununterbrochen unter Zollkontrolle der Behörden in der Gemeinschaft gestanden hat und dass sich infolgedessen die Nämlichkeit der nach Ägypten verbrachten Waren nicht durch zollamtliche Papiere nachweisen lässt.

3. Der Erstattungsanspruch der Klägerin hängt allerdings materiell, wie ausgeführt, gleichwohl von der Nämlichkeit der Waren ab, für die eine Ausfuhranmeldung abgegeben worden ist und die schließlich in das Drittland eingeführt worden sind. Unbeschadet dessen, dass diese Nämlichkeit in Fällen der hier vorliegenden Art schon was die Nämlichkeit der in die Gemeinschaft zurückgebrachten Ware mit der aus ihr ausgeführten nicht durch Maßnahmen der Zollkontrolle seitens der Behörden in der Gemeinschaft, insbesondere nicht durch entsprechende Zolldokumente nachgewiesen werden kann, kann die Klage nur Erfolg haben, wenn sich die Nämlichkeit der aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft beim zweiten Male verbrachten Waren mit den Waren, die ursprünglich das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hatten, zur vollen tatrichterlichen Überzeugung nachweisen lässt. Das Risiko der Unerweislichkeit trägt insofern die Klägerin.

Der von ihr verlangte Nämlichkeitsnachweis kann allerdings anders als durch Zolldokumente bzw. aufgrund einer ununterbrochenen Zollkontrolle über die Ware geführt werden. Zwar ist das Zollrecht, dessen Prozeduren sich die landwirtschaftlichen Marktordnungen bei der Gewährung von Ausfuhrvergünstigungen zu Nutze machen, auf einen strengen, grundsätzlich papiermäßigen Nachweis und eine lückenlose Kontrolle der betreffenden Warenbewegungen seitens der Zollbehörden angelegt. Der Nachweis der Erstattungsvoraussetzungen und auch der Nämlichkeitsnachweis kann deshalb grundsätzlich nicht ungeachtet bestehender Verfahrensvorschriften gleichsam, wie es die Klägerin treffend genannt hat, „im Freibeweis„, z.B. durch Frachtbriefe, sonstige kaufmännische Dokumente oder gar Zeugenaussagen geführt werden. Für den hier gegebenen Sonderfall einer vorübergehenden Rückverbringung der bereits zur Ausfuhr abgefertigten Waren in das geografische Gebiet der Gemeinschaft fehlt es indes an einem rechtlich geordneten, besonderen zollbehördlichen Verwaltungsverfahren, welches die Nämlichkeitssicherung gewährleisten könnte. Folglich können die Möglichkeiten des Nachweises nicht auf zollamtliche Dokumente und die von den Zollbehörden sonst getroffenen Feststellungen eingeschränkt werden.

Ob die im Streitfall tatsächlich vorliegenden Dokumente für den erforderlichen Nämlichkeitsnachweis ausreichend sind, muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben. Die Sache geht deshalb zurück an das FG. Dieses wird allerdings, anders als das HZA meint, ggf. auch von der Klägerin erst im zweiten Rechtsgang beigebrachte ergänzende Beweismittel unbeschadet des Ablaufs der in Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 festgelegten Frist zu berücksichtigen haben. Denn diese Frist bezieht sich auf die Vorlage der in der Verordnung aufgeführten, vor Zahlung der Erstattung vorzulegenden Unterlagen, insbesondere die Nachweise für die Erfüllung der Zollförmlichkeiten bei der Abfertigung zum freien Verkehr im Bestimmungsland, für das eine differenzierte Erstattung beansprucht wird, und das in diesem Falle zusätzlich vorzulegende Beförderungspapier (Art. 18 Abs. 1 und 3 VO Nr. 3665/87), das allerdings den gesamten Weg dokumentieren muss, den die Ware zwischen dem Ende der Zollkontrolle beim Verlassen des geografischen Gebiets der Gemeinschaft und der Abfertigung zum freien Verkehr in dem Drittland zurückgelegt hat (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 23/00, BFH/NV 2000, 1510). Eine solche Fristvorschrift kann nicht rechtsanalog auf andere Nachweisdokumente angewandt werden, weil dies, anders als das HZA offenbar meint, mit den Belangen der Rechtsklarheit und –sicherheit nicht vereinbar wäre.

4. Sollte das FG die Überzeugung davon gewinnen können, dass die zur Ausfuhr abgefertigten Waren nach Ägypten eingeführt worden sind, so würde der Erstattungsanspruch der Klägerin nicht (teilweise) daran scheitern, dass sich die Waren beim Verlassen der Gemeinschaft infolge zeitweisen Umpackens nicht mehr in unverändertem Zustand i.S. des Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 befunden haben. Ein Umpacken der unter Zollkontrolle gestellten Ausfuhrware ist zwar nach Abs. 3 Unterabs. 2 dieses Artikels nur bei vorheriger Unterrichtung und mit Zustimmung der Zollstelle erstattungsunschädlich zulässig. Diese Bestimmung kann indes nicht auf den Fall entsprechend angewandt werden, dass die Ware nach Ende der Zollkontrolle während eines erneuten vorübergehenden Aufenthalts in der Gemeinschaft einer Behandlung unterzogen wird, die erstattungsschädlich wäre, wenn sie vor erstmaligem Verlassen des Gebiets der Gemeinschaft vorgenommen worden wäre. Denn das diesbezügliche Verbot einer Veränderung der unter Zollkontrolle gestellten Ausfuhrware ohne zollbehördliche Gestattung soll die bis zum (erstmaligen) Verlassen des geografischen Gebiets der Gemeinschaft vorgeschriebene Zollkontrolle erleichtern, so dass es für ihre spätere Anwendung auf eine bereits ausgeführte und dieser Zollkontrolle folglich nicht mehr unterliegende Ware an einer inneren Rechtfertigung fehlen würde.

5. Der erkennende Senat kann zur Sache entscheiden, ohne eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft einzuholen. Denn die Sache geht in den zweiten Rechtsgang. Sollte in diesem die Nämlichkeit der nach Ägypten eingeführten Waren zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden können, wird zunächst das FG zu beurteilen haben, ob seine Entscheidung über die bloße Anwendung der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf den Einzelfall hinaus Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aufwirft, deren Beantwortung zweifelhaft erscheint und die deshalb dem EuGH vorgelegt werden sollen. Der erkennende Senat kann sich die Entscheidung dieser Frage für den Fall vorbehalten, dass die Entscheidung des FG nicht zu einer Beilegung des Rechtsstreits führt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 837
BFH/NV 2004 S. 837 Nr. 6
VAAAB-14665