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FG Münster Urteil v. - 1 K 7155/00 S EFG 2003 S. 499

Gesetze: GG Art 2 Abs 1GG Art 19 Abs 4GG Art 19 Abs 4 S 1FGO § 33 Abs 2FGO § 33 Abs 2 S 1FGO 78 Abs 1 AO 1977 91 AO 1977 30 IFG NRW § 4 Abs 1 DSG NRW§ 18 Abs 1 DSG NRW§ 18 Abs 1 S 1 GG Art 1 Abs 1

Verfahren:

Kein Akteneinsichtsrecht in persönliche Steuerakten einschließlich Prüferakten sowie Akten des Rechtsvorgängers im Verwaltungsverfahren

Leitsatz

1) Gegen Verweigerung der Akteneinsicht ist der Finanzgerichtsweg gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO auch hinsichtlich des § 4 Abs. 1 IFG NRW gegeben.

2) Die Abgabenordnung insbesondere § 91 AO enthält kein Akteneinsichtsrecht.

3) Der substanzielle Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wird durch das Akteneinsichtsrecht im finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 78 Abs. 1 FGO gewährt, eines weiteren Anspruchs bereits im Verwaltungsverfahren bedarf es nicht.

4) §§ 30 bis 31a AO schützt die von den Finanzbehörden erhobenen Daten vor Missbrauch, ein allgemeines Akteneinsichtsrecht läßt sich daraus nicht ableiten.

5) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verlangt keinen über Art. 19 Abs. 4 GG hinausgehenden Schutz in Form eines allgemeinen Akteneinsichtsrecht ohne Vorliegen einer Rechtsverletzung.

6) Ein Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft liegt nicht vor, da Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie eine Beschränkung des Auskunftsrechts gemäß Art. 12 der Richtlinie ermöglicht.

7) Eine analoge Anwendung des § 78 FGO ist mangels Gesetzeslücke nicht möglich.

8) Das Akteneinsichtsrecht unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (AEAO zu § 91, Abs. 4) steht im Ermessen der Finanzbehörden. Insbesondere Regressansprüche gegen Prüfer begründen kein berechtigtes Interesse an einer Akteneinsicht, da Regressansprüche im Zusammenhang mit Amtshaftungsverfahren und nicht im Zusammenhang mit Abgabenverfahren stehen. Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht der internen Vermerke und Aufzeichnungen besteht nicht, da Motive für das Verwaltungshandeln, soweit sie sich nicht aus der Begründung der Entscheidung ergeben, nicht überprüfbar sind.

9) Ein Recht auf Akteneinsicht aus § 4 Abs. 1 IFG NRW besteht nicht, da Gesetz erst zum in Kraft getreten ist (§ 15 IFG NRW). Das Einsichtsrecht ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 IFG NRW und § 18 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW, da die AO als Bundesrecht für den Fall der Akteneinsicht gegenüber entsprechenden landesrechtlichen Regelungen Vorrang hat.

Fundstelle(n):
EFG 2003 S. 499
EFG 2003 S. 499 Nr. 8
INF 2003 S. 202 Nr. 6
KAAAB-10937

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