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Erhaltungsaufwand / Modernisierungsaufwand
Nach den Urteilen 10 K 2184/20 E des FG Düsseldorf rechtfertigten Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten zur Beseitigung von Gebäudeschäden, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung aufgrund eines – von der Elektroinstallation ausgehenden - Brandschadens entstanden sind, keine teleologische Reduktion der in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG enthaltenen Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, wenn ein bereits im Zeitpunkt der Anschaffung vorhandener verdeckter Mangel als Brandursache nicht ausgeschlossen werden kann. Derzeit ist beim BFH unter dem Az. IX B 2/24 eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig.
I. Definition von Erhaltungsaufwand und Modernisierungsaufwand
Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Die entsprechenden Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen sind sofort abzugsfähige Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG soweit die Baumaßnahmen nicht der Herstellung der (seit Erwerb erstmaligen) Betriebsbereitschaft dienen, nicht zu einer wesentlichen Verbesserung im Sinne des § 255 Abs. 2 HGB führen und in ihrer Gesamtheit nicht über eine zeitgemäße und substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen.
Ronig, Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand bei Baumaßnahmen, Grundlagen
Bauer, Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung – Überblick über die allgemeinen Voraussetzungen sowie Gestaltungs- und Antragsmöglichkeiten,
Nacke, Steuerentlastungen bei Hochwasserschäden an Vermietungsobjekten – Darstellung anhand von Beispielsfällen, NWB 37/2024 S. 2536 ff.
KKB/Marx, § 11a EStG, 9. Aufl. 2024, NWB
Maier/Kremer, Lehrbuch Einkommensteuer, 30. Aufl. 2024, NWB S. 795 Erhaltungs- und Herstellungsaufwand
II. Rechtsentwicklung
Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen (ohne Aufwendungen zur Beseitigung versteckter Mängel), die in zeitlicher Nähe zur Anschaffung angefallen sind und im Verhältnis zum Kaufpreis des Gebäudes hoch gewesen sind, (seit 1994 15 %, bei Kaufverträgen bis zum : 20 %), waren bis als nachträgliche Herstellungskosten zu behandeln und den Anschaffungskosten hinzuzurechnen.
Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (einschließlich Aufwendungen zur Beseitigung versteckter Mängel ), bei nach dem begonnenen Baumaßnahmen, die .innerhalb der ersten drei Jahre nach der Anschaffung 15 % der Gebäudeanschaffungskosten (ohne Grund und Boden) übersteigen, sind den Herstellungskosten zuzurechnen. Maßgebend für die Berechnung der 15-%-Grenze sind die Nettoaufwendungen. In die Berechnung sind nicht einzubeziehen:
typische Herstellungskosten für Erweiterungen wie z.B. An- oder Ausbauten am Gebäude,
(bis Anschaffung : jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsaufwendungen wie z.B. laufende Schönheitsreparaturen, soweit sie nicht im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen angefallen sind. )
Die Prüfung der 15-%-Grenze ist gebäude- und nicht wirtschaftsgut-/wohnungsbezogen vorzunehmen; somit erfolgt z.B. keine separate Prüfung für den eigenbetrieblich genutzten und den fremden Wohnzwecken dienenden Gebäudeteil.
Beginn der Baumaßnahme ist:
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bei baugenehmigungspflichtigen Maßnahmen | der Zeitpunkt der Bauantragstellung |
bei genehmigungsfreien Baumaßnahmen, für die Bauunterlagen
einzureichen sind | der Zeitpunkt, in dem die
Bauunterlagen eingereicht werden |
bei
sonstigen Baumaßnahmen | der tatsächliche
Baubeginn |
Handelt es sich bei den Baumaßnahmen um eine Sanierung in Raten, gelten sämtliche Baumaßnahmen am Gebäude als eine Baumaßnahme.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 ist mit dem § 35c EStG eine Steuerermäßigung für energetische Gebäudesanierungsmaßnahmen an mindestens zehn Jahre alten Gebäuden ab dem Jahr 2020 für einen befristeten Zeitraum durch einen prozentualen Abzug der Aufwendungen von der Steuerschuld geschaffen worden. Begünstigt sind selbstgenutzte Wohngebäude, an denen Wärmedämmungs- oder bestimmte Erneuerungsarbeiten durchgeführt werden sowie Optimierungsmaßnahmen an mindestens zwei Jahre alten Heizungsanlagen. Der Höchstbetrag der Steuerermäßigung darf 40.000 € pro selbstgenutztem Gebäude nicht übersteigen.
III. Abgrenzung zu Anschaffungskosten
Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen sind den Anschaffungskosten zuzurechnen, wenn es sich hierbei um Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft oder zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Gebäudes handelt.
1. Betriebsbereites Gebäude
Ein Gebäude / Gebäudeteil ist betriebsbereit, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Dies erfordert, dass das Gebäude / der Gebäudeteil objektiv und subjektiv funktionstüchtig ist. Wird das Gebäude oder der Gebäudeteil bereits im Zeitpunkt des Erwerbs genutzt, ist das Gebäude grundsätzlich betriebsbereit, mit der Folge, dass Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten führen.
Ein Gebäude / Gebäudeteil ist jedoch noch nicht betriebsbereit, wenn es zwar im Zeitpunkt des Erwerbs vermietet ist, die Mietverträge jedoch umgehend gekündigt werden.
2. Objektive Funktionstüchtigkeit
Werden durch die Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wesentliche Teile nutzbar gemacht, wie z.B. Instandsetzung der defekten Heizung oder des defekten Daches, Reparatur eingeschlagener Fenster, Ersatz fehlender Treppengeländer etc., sind die Aufwendungen für den Ersatz der funktionsuntüchtigen Wirtschaftsgüter Anschaffungskosten.
Werden lediglich laufende verschleißbedingte Reparaturen durchgeführt, war das Gebäude objektiv funktionstüchtig. Die Aufwendungen sind sofort abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben.
3. Subjektive Funktionstüchtigkeit
Unter der subjektiven Funktionstüchtigkeit ist die konkrete Zweckbestimmung zu verstehen. D.h. das Gebäude / der Gebäudeteil muss nach der Art und Weise der Nutzung einsatzbereit (wird die durch die Erhaltungsaufwendungen die Art und Weise der Nutzung geändert, z.B. der bisher zu Wohnzwecken genutzte Gebäudeteil wird nunmehr zu gewerblichen Zwecken genutzt, so sind diese Aufwendungen den Anschaffungskosten zuzurechnen) und der zukünftige Standard des Gebäudes muss geschaffen sein.
Dienen die Erhaltungsaufwendungen einer Standardhebung von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem sehr einfachen bzw. mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard, so sind die Aufwendungen den Anschaffungskosten zuzurechnen.
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Standard bei Herstellung in
1958 | Standard beim Erwerb in 1996 und vor
Modernisierung in 2002 | Standard nach Abschluss
der Modernisierungsmaßnahmen in 2003 | Ergebnis |
Mittel
|
Einfach | Mittel | Nachträgliche Herstellungskosten wegen Standardsprung
|
Eine Standardhebung liegt vor, wenn
in drei der zentralen Ausstattungsmerkmalen (Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallation und Fenster) eine Hebung des Standards erfolgt oder
wenn neben Erweiterungsmaßnahmen, die ohnehin zu Herstellungskosten führen, in zwei der zentralen Ausstattungsmerkmalen eine Standardhebung erfolgt.
Eine Standardhebung ist jedoch nicht zu prüfen, wenn diesbezügliche Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen 15 % der Gebäudeanschaffungskosten nicht übersteigen. Dabei ist vom Standard im Zeitpunkt des entgeltlichen oder teilentgeltlichen (Aufteilung) Erwerbs auszugehen.