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Grundlagen - Stand: 29.07.2022

Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Hildegard Schmalbach

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft spricht man, wenn ein Paar - ohne die Ehe (oder bis 2017 auch Lebenspartnerschaft) zu schließen - eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft eingehen, die daneben keine Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt, durch innere Bindung ausgezeichnet ist und ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet. Die Gemeinschaft geht über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus.

Die Gründe für die Aufnahme einer solchen Lebensgemeinschaft sind mannigfaltig. Allen ist jedoch gemeinsam, dass jeder Partner jederzeit ohne jegliche Begründung und ohne gegen irgendwelche Rechtspflichten zu verstoßen die Verbindung wieder auflösen kann. Insofern haben die Beteiligten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich keinerlei rechtliche Ansprüche an die Person des anderen.

Ein spezielles gesetzliches Regelwerk besteht für diese Gemeinschaft nicht; die Regelungen über die Ehe (und auch Lebenspartnerschaft) sind nach herrschender Überzeugung nicht anwendbar, weil eine solche von den Partnern bewusst nicht eingegangen wurde. Eine insofern erfolgende Ungleichbehandlung ist nicht verfassungswidrig. Bei Beendigung der Gemeinschaft durch Tod oder Trennung wird dieses Fehlen den Partnern oft erstmals bewusst. Insofern stellt sich durchaus die Frage, ob und wie eine finanzielle Sicherung des wirtschaftlich schwächeren Partners sicherzustellen ist. Ungeachtet der scheinbaren Freiheiten, die die „ungeregelte“ nichteheliche Lebensgemeinschaft auszeichnet, erscheint doch eine rechtzeitige Beratung und individuelle Gestaltung der Rechtsbeziehungen immens wichtig.

II. Aktuelle Rechtsprechung

Nichteheliche Lebensgemeinschaft | Gemeinsamer Grundstückserwerb zur Errichtung eines Hauses (OLG)

Erwerben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (NEL) ein Grundstück je zur Hälfte mit dem Ziel, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten, das künftig von ihnen gemeinsam bewohnt werden soll, wird hierdurch keine GbR begründet, wenn dabei nicht der Zweck über die Verwirklichung der Beziehung der Parteien hinausgeht. Scheitert die NEL nach dem Erwerb eines Baugrundstücks und errichtet ein Partner nunmehr allein auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, kann er anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen nicht nach den Grundsätzen über Ausgleichsansprüche nach Beendigung einer NEL verlangen. Es verbleiben Ansprüche wegen der Wertsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des anderen Partners ().

Nichteheliche Lebensgemeinschaft | Ausgleichspflicht der Erben nach Versterben eines Lebenspartners (BGH)

Beim Tod des Zuwendungsempfängers hängt eine Ausgleichpflicht seines gesetzlichen Erben gegenüber dem zuwendenden Lebenspartner nicht davon ab, dass eine ausdrückliche Abrede der Lebenspartner festgestellt werden kann, die einen Ausgleichsanspruch auch für diesen Fall begründet ().

III. Zivilrechtliche Grundlagen

1. Rechtsbeziehungen im Allgemeinen

Nach der std. Rechtsprechung des BGH ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft ein rein tatsächlicher Vorgang, der grds. keine Rechtsgemeinschaft begründet. So kann nur im Einzelfall zu prüfen sein, ob aufgrund besonderer vertraglicher Gestaltungen insbesondere gesellschaftsrechtliche Grundsätze anzuwenden sind. Da die Partner bewusst keine Ehe geschlossen haben, liegt keine der Ehe, Verwandtschaft oder Schwägerschaft vergleichbare Rechtsstellung vor. Die §§ 1353 ff. BGB können nicht entsprechend angewandt werden.

Haben die Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsame Kinder, ist zu beachten, dass elterliche Sorge, Umgangsrecht und Unterhaltsrechte sich danach richtet, wer rechtlich als Mutter und Vater anzusehen ist. Mutter ist diejenige Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Vater ist (mangels Ehe) derjenige, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. (§§ 1592, 1600d BGB). Die gemeinschaftliche Annahme eines Kindes durch Personen, die nicht miteinander verheiratet sind, ist nicht möglich (§ 1741 BGB).

Der Ausschluss einer Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien ist grundrechtswidrig und verstößt gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs. 1 GG).

2. Rechte und Pflichten zwischen den Partnern

Im Allgemeinen bestehen keine gegenseitigen Unterhaltsansprüche.

Anlässlich der Geburt eines nichtehelichen Kindes kann den in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter lebenden Vater eine Unterhaltspflicht treffen, Bedürftigkeit der Kindesmutter vorausgesetzt. Allerdings trifft sie ihn genauso wie den überhaupt nicht mit der Mutter zusammen lebenden Vater (§ 1615 l Abs. 2 BGB). Der Unterhaltsanspruch endet grundsätzlich drei Jahre nach der Geburt des Kindes.

Das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft kann jedoch Auswirkungen haben auf bestehende Unterhaltsansprüche aus einer vorhergegangenen geschiedenen Ehe. Die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten kann durch tatsächliche Entlastungen aufgrund der neuen Lebensgemeinschaft verändert sein.

Die Eigentumsverhältnisse an einem oder beiden Partnern gehörenden Gegenständen bleiben während der Zeit des Zusammenlebens unverändert - vergleichbar den Verhältnissen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Im Hinblick auf Mietverträge hat sich durchgesetzt, dass ein Mitbewohnen und ggf. Untervermietung an Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft vom Vermieter grds. hinzunehmen ist.

Das Fehlen rechtlicher Verbindungen wird insbesondere im Erbrecht besonders deutlich. Den Partnern steht kein gesetzliches Erbrecht zu; sollen Vermögenswerte dem überlebenden Partner zugute kommen, ist eine Erbeinsetzung durch Testament, Erbvertrag oder die Einräumung eines Vermächtnisses erforderlich. Immerhin werden solche Regelungen inzwischen zugelassen und nicht mehr per se als sittenwidrig angesehen.

Das SGB II (Hartz VI) sieht im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft gegenseitige Unterhaltspflichten und damit verbundene Leistungseinschränkungen für die Partner in einer nichteheliche Lebensgemeinschaft vor (§7 Abs. 3 SGB II) . Im Bereich des Versicherungsvertragsrechts hat der BGH das Familienprivileg (hinsichtlich möglicher Regressforderungen) auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft analog ausgeweitet.

3. Vermögensrechtliche Ausgleichansprüche nach der Trennung

Spezielle gesetzliche Regelungen zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nach einer Trennung bestehen nicht.

Da die nichteheliche Lebensgemeinschaft in erster Linie ein rein tatsächlicher Vorgang ist, der keine Rechtsgemeinschaft begründet, werden insofern folgerichtig die persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen grds. nicht gegeneinander aufgerechnet. Jeder der Partner leistet seinen Beitrag zur Gemeinschaft, wobei im Regelfall keine rechtliche Bindung der Partner gewollt ist.

Gleichwohl kann in Ausnahmefällen ein Ausgleich wesentlicher Vermögensleistungen eines Lebenspartners erforderlich sein. Neben gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommen inzwischen auch Ansprüche aus ungerechtfertiger Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB) sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht.

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