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BGH Beschluss v. - 6 StR 347/25

Instanzenzug: LG Verden Az: 3 KLs 18/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Der Schuldspruch ist in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin zu berichtigen, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes (statt „schweren Raubes“) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist. Denn der Angeklagte verwirklichte durch den Einsatz des Messers auch den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt eine Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei der der gesteigerte Unrechtsgehalt des § 250 Abs. 2 StGB zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 221/23; vom – 2 StR 473/19).

32. Der Strafausspruch hat keinen Bestand, soweit eine Entscheidung über die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist. Das Urteil leidet insoweit an einem durchgreifenden Darstellungsmangel, weil weder das Datum („Letztmalig ...“) noch der Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Bremen wegen Unterschlagung mitgeteilt werden (vgl. zu den Darlegungsanforderungen mwN). Daher kann nicht überprüft werden, ob mit Blick auf die frühere Geldstrafe und die hier verhängte Freiheitsstrafe die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB vorgelegen haben. Durch die unterbliebene Einbeziehung kann der Angeklagte beschwert sein, sofern die Strafe im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe bereits vollstreckt worden ist und deshalb ein Härteausgleich zu gewähren wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 173/23, Rn. 3; vom – 3 StR 83/21, Rn. 3; vom – 4 StR 210/19, Rn. 3). In Ansehung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere seiner Arbeitslosigkeit und seiner Spielschulden, kann dies nicht ausgeschlossen werden. Die weiteren für diese Entscheidung maßgeblichen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen und können somit bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

43. Keinen Bestand hat ferner die Anordnung, den Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Denn die Feststellungen belegen nicht den für § 64 StGB erforderlichen symptomatischen Zusammenhang (vgl.  mwN).

5Dazu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

„Anders als noch nach der alten Fassung des § 64 StGB genügt es nämlich nicht mehr, dass der Hang mitursächlich für die Tatbegehung war. Mit der Ergänzung des Wortes ‚überwiegend‘ hat der Gesetzgeber das Kausalitätserfordernis zwischen ‚Hang‘ und ‚Anlasstat‘ vielmehr dahingehend konkretisiert, dass Personen, bei denen die Straffälligkeit nicht überwiegend auf den Hang, sondern (auch) auf andere Ursachen zurückzuführen ist, künftig nicht mehr die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 64 StGB erfüllen (vgl. BT-Drs. 20/5913, S. 69; Senat, Beschluss vom – 6 StR 316/23, Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 206/23, Rn. 4; und vom – 5 StR 246/23, Rn. 3). So liegt der Fall hier. Nach der den Feststellungen zugrunde gelegten Einlassung des Angeklagten habe dieser das erbeutete Geld benötigt, um Schulden zu tilgen. Denn durch seine Konsum- und Spielgewohnheiten sei er in erhebliche Geldschwierigkeiten geraten. Aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen seiner Gläubiger habe er sich letztlich zu der Tat veranlasst gesehen (UA S. 5 f.). Von den erlangten 40.000 Euro beglich er Spielschulden in Höhe von 20.000 Euro. Mit einem weiteren – unbezifferten – Anteil bediente er die Forderungen von Rauschgifthändlern. Den verbleibenden Rest verspielte er (UA S. 9). Bereits angesichts dieser Aufteilung ist zweifelhaft, ob die Tat ‚überwiegend‘ auf den bestehenden Hang zurückzuführen ist. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.“

6Dem schließt sich der Senat an.

74. Er hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Hinblick auf einen möglichen Vorwegvollzug wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer die geänderte Fassung des § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB zu beachten haben. Maßgeblich für die Berechnung des Vorwegvollzugs ist danach nicht mehr der Halbstrafen-, sondern der Zwei-Drittel-Zeitpunkt.

Bartel                        Wenske                        Fritsche

          von Schmettau                   Arnoldi

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:071025B6STR347.25.0

Fundstelle(n):
GAAAK-07301