Suchen Barrierefrei

Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
NWB-EV Nr. 1 vom Seite 8

Immobilienübertragungen auf die nächste Generation – steuerliche Gestaltungsansätze

Teil 2: Auswirkungen unterschiedlicher Übertragungsarten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge

Stephan Hante und Marvin Mühlenstädt

Im ersten von drei Teilen der Beitragsreihe „Immobilienübertragungen auf die nächste Generation – steuerliche Gestaltungsansätze“ wurde die Übertragung von Immobilien in Verbindung mit Nießbrauchrechten erläutert. Es wurde klar, dass der Vorbehaltsnießbrauch insbesondere schenkungsteuerlich attraktive Gestaltungsmöglichkeiten bieten kann. Daneben kann der Zuwendungsnießbrauch in bestimmten Konstellationen einkommensteuerliche Vorteile ergeben. Dennoch wurde auch deutlich, dass Nießbrauchrechte einen gewissen „operativen“ Aufwand mit sich bringen. Hierbei ist insbesondere die Kommunikation mit Ämtern, Notaren, Verwaltungen, Eigentümergemeinschaften und Mietern zu nennen. (Steuerliche) Vorteile von Nießbrauchrechten treten aufgrund dieser Herausforderungen im Alltag oftmals in den Hintergrund.

Im zweiten Teil der Beitragsreihe werden Alternativen zum weiterhin sehr beliebten Vorbehaltsnießbrauch aufgezeigt. Die „unentgeltliche, vollentgeltliche und teilentgeltliche“ Übertragung von Immobilien wird im Lichte aktueller Rechtsprechung für die Schenkung-, Einkommen- und Grunderwerbsteuer eingeordnet. Der große Vorteil des Vorbehaltsnießbrauch – nämlich die Einnahmensicherung der Seniorengeneration – kann auch auf anderen Wegen mit deutlich weniger aufwendigen Strukturen umgesetzt werden. Weiterhin wird ersichtlich, dass diese einfacheren Strukturen mit liquidem Vermögen den Senioren deutlich mehr Flexibilität im Alter ermöglichen. Gerade diese Flexibilität bzw. Handlungsfähigkeit ist von der Seniorengeneration häufig gewünscht.

Zusätzlich wird aufgezeigt, dass mit geschickter Vertragsgestaltung, frühzeitiger Planung und Übernahme von Verantwortung der Junioren schenkungsteuerliche Freibeträge, Vorteile durch ein mögliches Steuersatzgefälle zwischen Eltern und Kindern sowie grunderwerbsteuerliche Privilegien genutzt werden können.

Im dritten Teil wird die Übertragung mittels Familiengesellschaften dargestellt.

Kernaussagen
  • In der Praxis ist oft die unentgeltliche Übertragung anzutreffen. Diese bietet häufig jedoch nicht nur Vorteile (z. B. eine einfache Umsetzung), sondern verschenkt auch steuerliches Optimierungspotenzial.

  • Aus steuerlicher Sicht kann eine vollentgeltliche Übertragung, insbesondere innerfamiliär, sowohl schenkungsteuerliche, grunderwerbsteuerliche als auch diverse einkommensteuerliche Vorzüge bieten.

  • Bei der Übernahme von Restschulden oder anderen Verpflichtungen im Zuge von Immobilienübertragungen entsteht eine Teilentgeltlichkeit, die zu steuerlichen Fallstricken und ungeplanten Herausforderungen führen kann.

I. Die unentgeltliche Übertragung

Die unentgeltliche Übertragung kann auf zwei Arten umgesetzt werden: Durch Tod (also Erbfolge) oder Schenkung. „Unentgeltlich“ bedeutet, dass der Beschenkte keine Gegenleistung erbringen muss. Er muss weder einen Kaufpreis zahlen noch verpflichtet er sich im Zuge der Übertragung zu der Übernahme von Verpflichtungen. Verpflichtungen – im Rahmen von Schenkungen – können Darlehensübernahmen, aber auch Verpflichtungen für die Übernahme von (zukünftigen) Leistungen (z. B. Pflegeleistungen) sein. Auf die vollentgeltliche und teilentgeltliche Übertragung, bei der die Übernahme von Verpflichtungen eine Rolle spielen kann, wird unter II. und III. näher eingegangen.

Bei dem Grundfall der Schenkung – also der freigebigen Zuwendung – wird der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Anders ausgedrückt: Der Schenker gibt Vermögen ab, ohne vom Bedachten hierfür etwas zu erhalten. Auf die steuerlichen Folgen, Chancen und Herausforderungen wird im Folgenden näher eingegangen. S. 9

1. Erbschaft-, Schenkungsteuer und Bewertung

Insbesondere die Erbschaft-, bzw. Schenkungsteuer steht bei der unentgeltlichen Übertragung im Fokus. Für die Bewertung, die die Grundlage für eine Steuerfestsetzung ist, spielt die Art der unentgeltlichen Übertragung keine Rolle. Insofern finden beim Erbfall die gleichen Bewertungsregeln Anwendung wie bei einer Schenkung. Wichtig bei der Bewertung ist, zwischen den Arten des bebauten Grundstücks zu unterscheiden. Das Bewertungsgesetz bietet hierbei in § 182 BewG klare Regeln, wie die jeweilige Grundstücksart zu bewerten ist.

Es gibt drei Bewertungsverfahren: