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BGH Beschluss v. - LwZR 1/25

Instanzenzug: OLG Celle Az: 7 U 72/24vorgehend AG Otterndorf Az: 9b Lw 7/23

Gründe

I.

1    Die Eigentümerin landwirtschaftlicher Grundstücke verkaufte diese mit notariellem Vertrag vom an eine Genossenschaft. In § 10 des Kaufvertrages verpflichtete sich die Käuferin gegenüber der Verkäuferin und der Klägerin, mit der Klägerin den als Anlage 3 dem Kaufvertrag beigefügten Landpachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren abzuschließen. Die Beklagte, das Siedlungsunternehmen des Landes Niedersachsen, übte das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht aus.

2    Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten den Abschluss eines Pachtvertrages mit einer Laufzeit von 30 Jahren zu einem jährlichen Pachtzins von 5.612 € zuzüglich wiederkehrender Grundstückslasten. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

II.

3    Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin nicht - wie geboten (vgl. Senat, Beschluss vom - LwZR 7/21, juris Rn. 5 mwN) - dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

4    1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (vgl. Senat, Beschluss vom - LwZR 4/14, juris Rn. 2 f.). Ist die Klage - wie hier - auf den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags gerichtet, bemisst sich das Interesse der klagenden Partei nicht nach § 8 ZPO, sondern gemäß § 3 ZPO im Grundsatz nach der in der Vertragszeit zu entrichtenden Miete bzw. Pacht; es wird aber nach der Wertung des § 9 ZPO regelmäßig auf die dreieinhalbfache Jahresmiete bzw. -pacht begrenzt (vgl. Senat, Beschluss vom - LwZR 4/20, MDR 2021, 711 Rn. 3).

5    2. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Abschluss eines Pachtvertrages mit einem jährlichen Pachtzins von 5.612 €; die Beschwer beträgt somit 19.642 €.

6    3. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass die Jahrespacht um die gesetzliche Umsatzsteuer und um die von der Pächterin zu tragenden wiederkehrenden Grundstückslasten zu erhöhen ist. Dabei kann dahinstehen, ob der Senat dieses nach Ablauf der Begründungsfrist gehaltene neue Vorbringen überhaupt berücksichtigen kann.

7    a) Soweit sich die Klägerin auf eine Erhöhung der Beschwer durch die gesetzliche Umsatzsteuer beruft, steht dem bereits ihr eigener Klageantrag entgegen. Dieser ist darauf gerichtet, „die Beklagte zu verpflichten, mit der Klägerin hinsichtlich der Flurstücke […], den als Anlage 3 der notariellen Urkunde Nr. L-432/2021 des Notars […] vom (hier: Anlage K1) beigefügten Landpachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren bis zum und zu einem jährlichen Pachtzins in Höhe von 5.612 € zuzüglich der wiederkehrenden Grundstückslasten (Grundsteuer, Wasserverbandgebühren und Berufsgenossenschaftsbeiträge) abzuschließen“. Selbst wenn, worauf die Klägerin zur Darlegung ihrer Beschwer verweist, in dem - dem Kaufvertrag als Anlage beigefügten - Entwurf eines Pachtvertrages eine ausdrückliche Verpflichtung der Pächterin (= Klägerin) zur Zahlung der Umsatzsteuer enthalten wäre, so wäre diese jedenfalls angesichts der ausdrücklichen Beschränkung des Antrags auf den Betrag der Nettopacht nicht Gegenstand der Klage und hätte somit bei der Bemessung der mit der Klageabweisung verbundenen Beschwer außer Betracht zu bleiben. Dass die Klägerin selbst den Streitwert in der Klageschrift mit 19.462 € angegeben hat, beruht daher auch ersichtlich nicht - wie die Beschwerde nunmehr behauptet - auf einem Irrtum, sondern ergibt sich folgerichtig aus dem eigenen Klageantrag.

8    Überdies trifft es - ohne dass es hierauf noch ankäme - nicht zu, dass der in dem Kaufvertrag in Bezug genommene Entwurf eine (unbedingte) Verpflichtung der Pächterin zur Zahlung der Pacht zuzüglich Umsatzsteuer (Bruttopacht) vorsieht. In § 10 des Kaufvertrages heißt es: „Der Pachtzins beträgt 5.612,00 EUR jährlich für die hier gegenständliche Vertragsfläche zuzüglich der wiederkehrenden Grundstückslasten (Grundsteuer, Wasserverbandgebühren und Berufsgenossenschaftsbeiträge)“. Zwar enthält § 3 des dem Kaufvertrag beigefügten Pachtvertragsentwurfs eine Regelung, wonach der Pächter auf den Nettopachtzins zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19 % zahlt. Diese Regelung wird in dem Entwurf aber ausdrücklich als „optional“ bezeichnet. Zudem wird dem Pächter in dieser optionalen Regelung das Recht eingeräumt, den Pachtzins wiederum auf den Nettobetrag zu reduzieren, falls er die Pauschalbesteuerung wählen oder aufgrund einer zukünftigen steuerrechtlichen Regelung nicht zum Vorsteuerabzug auf die Pachtzahlung berechtigt sein sollte. Die Beschränkung des Klageantrags auf die Nettopacht kann - zumal die Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist - daher nur so verstanden werden, dass die optionale Regelung über die zusätzliche Zahlung der Umsatzsteuer auch nach der Vorstellung der Klägerin, auf deren Interesse für die Beschwer abzustellen ist, nicht zur Anwendung kommen oder von dem Recht zur Reduzierung der Pacht auf den Nettobetrag Gebrauch gemacht werden sollte.

9    b) Soweit die Beschwerde sich darauf beruft, dass die Klägerin als Pächterin auch verpflichtet sein sollte, die wiederkehrenden Grundstückslasten (Grundsteuer, Wasserverbandgebühren und Berufsgenossenschaftsbeiträge) zu tragen, könnte dieser Umstand zwar zur Erhöhung der Beschwer führen (vgl. , NJW-RR 2009, 775, Rn. 10; Beschluss vom - V ZR 38/55, BGHZ 18, 168, 172 f.). Es fehlt aber schon an einer Darlegung, mit welchen Beträgen insoweit zu rechnen sein wird. Die Klägerin, bei der es sich um einen Milchviehbetrieb handelt, behauptet auch nicht, dass es ihr nicht möglich wäre, zumindest eine Schätzung vorzunehmen und diese - etwa durch die Vorlage von Unterlagen zu anderen von ihr gepachteten oder in ihrem Eigentum stehenden Flächen - glaubhaft zu machen.

10    Dem Senat selbst ist eine Schätzung insoweit nicht möglich. Zwar muss das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegebenenfalls eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (vgl. , juris Rn. 7 mwN). Hieran fehlt es.

III.

11    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

12    2. Den Gegenstandswert hat der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt. Zu einer Änderung des Streitwerts für die Berufungsinstanz von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG ist der Senat nicht befugt, weil die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu dem Anfall der „Hauptsache“ führt (vgl. , NZM 2023, 644 Rn. 6).

Brückner                         Göbel                         Hamdorf

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:201125BLWZR1.25.0

Fundstelle(n):
HAAAK-07036