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BGH Urteil v. - I ZR 220/24

Leitsatz

    

    

    

Gesetze: Art 15 EUV 2017/1001, Art 125 Abs 5 EUV 2017/1001, § 19 Abs 1 MarkenG, § 19 Abs 3 MarkenG, § 19 Abs 4 MarkenG

Instanzenzug: Az: 20 U 30/24 Urteilvorgehend Az: 38 O 104/23

Tatbestand

1Die Klägerin ist Inhaberin der unter anderem für Kosmetikprodukte in Klasse 3 eingetragenen und in Kraft stehenden Unionswortmarken Nr. 005396031 "LA BIOSTHETIQUE PARIS" und Nr. 000202259 "LA BIOSTHETIQUE MARCEL CONTIER" (nachfolgend auch: Klagemarken). Unter der Marke "LA BIOSTHETIQUE" werden seit über 70 Jahren Kosmetikprodukte entwickelt und - ob ausschließlich oder auch, ist zwischen den Parteien im Streit - mit Hilfe von verbundenen Unternehmen der Klägerin sowie Vertriebspartnern in mehr als 30 Ländern weltweit vertrieben. Darüber hinaus erfolgt der Vertrieb über den Onlineshop www.labiosthetique.de.

2Die in Dänemark geschäftsansässige Beklagte betreibt die Internetseite "www.         .de", über die sie eine große Anzahl von Kosmetikartikeln im Fernabsatz anbietet. Am befanden sich darunter 71 Produkte, die mit den Marken der Klägerin gekennzeichnet waren. Von diesen Erzeugnissen waren 36 als lieferbar angezeigt. Bei 31 Artikeln fehlten Produktbilder. Detaillierte Produktbeschreibungen und Anwendungshinweise waren nicht vorhanden. Auf der Galerieseite war bei jedem Produkt eine Prozentzahl abgebildet. Für jedes Produkt wurde neben dem Verkaufspreis ein als unverbindliche Preisempfehlung (nachfolgend auch: UVP) deklarierter Streichpreis genannt, wobei die Streichpreise teilweise von den unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers abwichen. Bei den von der Beklagten angebotenen und mit den Marken der Klägerin versehenen Kosmetikprodukten handelte es sich um Waren, die mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden waren und an denen daher das Markenrecht der Klägerin erschöpft war.

3Die Klägerin hat behauptet, die mit ihren Marken gekennzeichneten Produkte würden in Deutschland über ein selektives Vertriebssystem abgesetzt, zu dem die Beklagte unstreitig nicht gehört. Als Depositäre seien nur etwa 2.000 Friseursalons und Kosmetikstudios zugelassen, deren Personal beständig geschult werde und die BIOSTHETIQUE-Produkte entsprechend dem verfolgten Luxus- und Prestigecharakter der Marke präsentierten. Die Klägerin hält die Art und Weise der Präsentation ihrer Waren durch die Beklagte für imageschädigend.

4Nachdem sie die Beklagte erfolglos abgemahnt hatte, hat die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Erstattung der Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

5Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Mit ihrer Anschlussberufung hat die Klägerin die Klage erweitert, die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie weitergehende Auskunft und Rechnungslegung verlangt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen den Auskunftsanspruch dahingehend eingeschränkt, dass eine Auskunftserteilung hinsichtlich "Namen und Anschrift der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren" nicht geschuldet ist; es hat außerdem der Anschlussberufung der Klägerin stattgegeben (, juris).

6Mit der vom Berufungsgericht für die Klägerin zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, will die Klägerin eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen, soweit dieses die Beklagte zur Auskunft und Rechnungslegung über Namen und Anschrift der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren verurteilt hat.

Gründe

7A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nicht verpflichtet, der Klägerin Auskunft über Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

8Die Beklagte habe durch das Angebot verschiedener mit den Klagemarken gekennzeichneter Kosmetikprodukte auf der Onlineplattform www.         .de die Rechte der Klägerin aus den Klagemarken verletzt. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV) vor, weil die von der Beklagten angebotenen Kosmetikprodukte mit der Zustimmung der Klägerin in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden seien. Die Klägerin könne den Weitervertrieb jedoch ausnahmsweise gemäß Art. 15 Abs. 2 UMV untersagen, weil berechtigte Gründe im Sinne dieser Vorschrift dies rechtfertigten. Den mit den Klagemarken versehenen Produkten komme ein gewisser Luxus- und Prestigecharakter zu. Die Präsentation dieser Produkte auf der Online-Plattform www.         .de sei geeignet, den Ruf der Klagemarken erheblich zu beeinträchtigen. Die Beklagte habe alle von ihr angebotenen klägerischen Produkte rabattiert, die Rabatte optisch besonders hervorgehoben und dabei den Verbraucher über die Höhe der Rabatte getäuscht, indem sie zu hohe UVP-Angaben gemacht habe. Zugleich fehlten bei 36 von 71 Angeboten Produktfotos und dies bei einem Teil der Angebote über Monate hinweg. Überdies sei ein Großteil der Produkte, in etwa 50 %, mit dem Zusatz "Nicht lieferbar" versehen gewesen und schließlich habe keines der Angebote detaillierte Produktbeschreibungen oder Anwendungshinweise enthalten.

9Der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung folge aus Art. 129 Abs. 2, Art. 130 Abs. 2 UMV in Verbindung mit §§ 119, 19 Abs. 1 und 3 MarkenG, §§ 259, 242 BGB, allerdings mit der Einschränkung, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, der Klägerin Auskunft über die Herkunft der von ihr angebotenen 71 Produkte der Klagemarken unter Vorlage entsprechender Einkaufsbelege und Lieferscheine zu erteilen, nämlich über Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren. Insoweit stehe der Auskunftsverpflichtung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 19 Abs. 4 MarkenG entgegen.

10B. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu B I), aber im Hinblick auf den im Revisionsverfahren allein noch in Streit stehenden, von der Klägerin geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch hinsichtlich der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren unbegründet (dazu B II).

11I. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (st. Rspr.; vgl. , GRUR 2021, 730 [juris Rn. 16] = WRP 2021, 471 - Davidoff Hot Water IV; Urteil vom - I ZR 121/21, GRUR 2022, 1675 [juris Rn. 29] = WRP 2022, 1519 - Google-Drittauskunft), ist gegeben.

121. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich für die in Dänemark ansässige Beklagte aus Art. 125 Abs. 5 UMV. Danach können Klagen betreffend die Verletzung einer Unionsmarke auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht.

132. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss sich das Unionsmarkengericht, das mit einer Klage gemäß Art. 125 Abs. 5 UMV befasst ist, bei der Prüfung seiner Zuständigkeit für die Entscheidung über das Vorliegen einer Markenverletzung im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem es seinen Sitz hat, vergewissern, dass die dem Beklagten zur Last gelegten Handlungen dort begangen wurden. Bestehen die dem Beklagten vorgeworfenen Handlungen in der elektronischen Anzeige von Werbung und Verkaufsangeboten für Waren, die mit einem Zeichen versehen sind, das mit einer Unionsmarke identisch oder ihr ähnlich ist, ohne dass der Markeninhaber zugestimmt hat, ist davon auszugehen, dass diese Handlungen in dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats begangen worden sind, in dem sich die Verbraucher oder Händler befinden, an die sich diese Werbung und diese Verkaufsangebote richten, und zwar ungeachtet dessen, dass der Beklagte in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats niedergelassen ist, dass sich der von ihm benutzte Server des elektronischen Netzes in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befindet oder dass sich die Waren, die den Gegenstand der Werbung und Verkaufsangebote bilden, in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden (zu Art. 97 Abs. 5 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 über die Unionsmarke vgl. , GRUR 2019, 1047 [juris Rn. 46 f.] = WRP 2019, 1437 - AMS Neve u.a.; zu Art. 125 Abs. 5 UMV vgl. , GRUR 2023, 805 [juris Rn. 41 f.] = WRP 2023, 678 - Lännen MCE).

143. Der Senat hat allerdings in seinem Urteil "Parfümmarken" entschieden, dass der Ort des für die internationale Zuständigkeit maßgeblichen schadensbegründenden Ereignisses im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Unionsmarke - der Vorgängervorschrift zu Art. 125 Abs. 5 UMV - der Ort ist, an dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots durch den Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite in Gang gesetzt worden ist, und nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden kann (, GRUR 2018, 84 [juris Rn. 31] = WRP 2018, 77). Hieran hält er angesichts der vorgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union "AMS Neve u.a." und "Lännen MCE" (EuGH, GRUR 2019, 1047; GRUR 2023, 805) nicht fest.

154. Danach kommt es für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte darauf an, ob sich die von der Klägerin beanstandete Werbung der Beklagten und ihre Verkaufsangebote an Verbraucher oder Händler richten, die sich in Deutschland befinden. Das ist hier der Fall. Die Beklagte betreibt ihre Internetpräsenz "b.       .de" unter der deutschen Top-Level-Domain ".de". Der von der Klägerin konkret beanstandete Internetauftritt der Beklagten, wie er sich aus dem Anlagenkonvolut K1 ergibt, auf den der Unterlassungsantrag und die geltend gemachten Folgeansprüche Bezug nehmen, ist in deutscher Sprache gehalten und richtet sich damit ersichtlich an Verbraucher in Deutschland.

16II. Die Klage ist im Hinblick auf den im Revisionsverfahren allein noch in Streit stehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch hinsichtlich der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren nicht begründet.

171. Die Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung stellen keine Sanktionen im Sinne von Art. 130 Abs. 1 UMV dar. Auf solche Ansprüche ist daher nach Art. 129 Abs. 2 und Art. 130 Abs. 2 UMV das nationale Recht anzuwenden (vgl. , GRUR 2022, 229 [juris Rn. 63] = WRP 2022, 318 - ÖKO-TEST III, mwN). Nach § 119 Nr. 2 MarkenG steht dem Inhaber einer eingetragenen Unionsmarke neben den Ansprüchen nach den Artikeln 9 bis 13 UMV unter anderem der Anspruch auf Auskunft (§ 19 MarkenG) zu.

18Nach § 19 Abs. 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung den Verletzer in den Fällen der §§ 1415 und 17 MarkenG auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG). Gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG ist der Anspruch nach § 19 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Zweck des Auskunftsanspruchs ist es, die Quelle der schutzrechtsverletzenden Gegenstände möglichst schnell zu verschließen (, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 69] = WRP 2017, 1337 - BretarisGenuair) und den Rechtsinhaber in die Lage zu versetzen, den schutzrechtsverletzenden Weitervertrieb der in Rede stehenden Gegenstände zu unterbinden (vgl. , GRUR 2002, 709 [juris Rn. 41] = WRP 2002, 947 - Entfernung der Herstellungsnummer III).

19Die Regelungen in § 19 MarkenG dienen der Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und sind deshalb richtlinienkonform auszulegen (BGH, GRUR 2022, 1675 [juris Rn. 38] - Google-Drittauskunft, mwN). Mit § 19 Abs. 1 und 4 MarkenG wird Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG umgesetzt. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, von dem Verletzer erteilt werden, der nachweislich rechtsverletzende Ware in gewerblichem Ausmaß in seinem Besitz hatte (Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG). § 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG dient der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG. Danach erstrecken sich die Auskünfte nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG, soweit angebracht, auf die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren.

202. Das Berufungsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß § 19 Abs. 1 und 3 Nr. 1 MarkenG zusteht.

21a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagte die Klagemarken verletzt hat. Bei der Verletzung einer Unionsmarke setzt der Anspruch auf Auskunftserteilung voraus, dass einer der in § 119 Nr. 2 MarkenG genannten Verletzungstatbestände der Unionsmarkenverordnung erfüllt ist. Im Revisionsverfahren steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV zusteht, weil das Angebot verschiedener mit den Klagemarken gekennzeichneter Kosmetikprodukte auf der Onlineplattform www.          .de die Rechte der Klägerin aus den Klagemarken verletzt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass zwar die Voraussetzungen für eine Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 15 Abs. 1 UMV vorliegen, dass jedoch auf Seiten der Klägerin Gründe gemäß Art. 15 Abs. 2 UMV vorliegen, die sie berechtigen, sich dem Weitervertrieb der Waren zu widersetzen, wird im Revisionsverfahren ebenfalls nicht in Frage gestellt.

22b) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung weiter zutreffend zugrunde gelegt, dass es sich bei den von der Beklagten vertriebenen, mit den Marken der Klägerin gekennzeichneten Produkten um widerrechtlich gekennzeichnete Waren im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG handelt.

23aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, zu den "widerrechtlich gekennzeichneten Waren" im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG gehörten nicht nur solche, bei denen schon die Anbringung des Zeichens eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV dargestellt habe. Vielmehr zählten hierzu alle Waren, die auf irgendeine Art und Weise rechtsverletzend seien. Ausreichend sei, dass erst durch die Vermarktung oder den Vertrieb der Waren die für den Auskunftsanspruch vorausgesetzte Rechtsverletzung begangen worden sei. Deshalb gehörten zu den widerrechtlich gekennzeichneten Waren auch vom Markeninhaber gekennzeichnete, aber ohne seine Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebrachte Waren und - wie im Streitfall - Waren, an denen das Recht aus der Unionsmarke zwar erschöpft sei, deren Vertrieb sich der Markeninhaber aber aus berechtigten Gründen widersetzen könne. Diese Beurteilung weist keinen Rechtsfehler auf.

24bb) Sie entspricht einer richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der "widerrechtlich gekennzeichneten Waren" in § 19 Abs. 1 MarkenG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung des Begriffs der "Waren, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen" in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG.

25(1) Der Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG einer Auslegung des nationalen Rechts entgegensteht, wonach eine Schutzmaßnahme, die in der Vernichtung von Waren besteht, nicht bei Waren angewendet werden kann, die mit Zustimmung des Markeninhabers hergestellt und mit einer Unionsmarke versehen worden sind, aber ohne seine Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind (, GRUR 2022, 1672 [juris Rn. 55] = WRP 2023, 43 - Perfumesco.pl). Er hat dies damit begründet, dass Art. 10 der Richtlinie 2004/48/EG alle Waren erfasst, für die festgestellt wurde, dass sie Rechte des geistigen Eigentums auf irgendeine Art und Weise verletzen, und dass er die Anwendung der Abhilfemaßnahme der "Vernichtung" nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. c nicht bei bestimmten Arten von Verletzungen von vornherein ausschließt (EuGH, GRUR 2022, 1672 [juris Rn. 49] - Perfumesco.pl).

26(2) In jener Entscheidung ging es zwar nicht um den im Streitfall maßgeblichen Auskunftsanspruch des Inhabers der verletzten Marke, sondern um seinen Vernichtungsanspruch. Die Erwägungen des Gerichtshofs in jener Sache können jedoch - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - auf den Auskunftsanspruch übertragen werden. Der in Art. 10 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG vorgesehene Vernichtungsanspruch, der durch § 18 MarkenG unter Verwendung einer mit § 19 Abs. 1 MarkenG identischen Formulierung (Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen "widerrechtlich gekennzeichneten Waren") in das deutsche Recht umgesetzt worden ist, setzt in gleicher Weise wie der Auskunftsanspruch eine Rechtsverletzung voraus und verwendet hierfür dieselben Begriffe wie Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG ("Waren, die ... ein Recht des geistigen Eigentums verletzen") für den Auskunftsanspruch.

27Danach steht dem Inhaber der verletzten Marke sowohl ein Vernichtungsanspruch als auch ein Auskunftsanspruch unabhängig davon zu, welche Art der Markenverletzung vorliegt. Insbesondere ist es ohne Belang, ob der Verletzer Waren ohne Zustimmung des Markeninhabers mit der Marke versehen hat, ob er Waren vertreibt, die zwar vom Markeninhaber mit seiner Marke versehen worden, aber ohne seine Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind, oder ob er Waren, an denen eine Erschöpfung des Markenrechts eingetreten ist, in einer Weise vertreibt, der sich der Markeninhaber aus berechtigten Gründen widersetzen kann (vgl. , BGHZ 166, 233 [juris Rn. 33] - Parfümtestkäufe; Urteil vom - I ZR 55/05, GRUR 2008, 796 [juris Rn. 14] = WRP 2008, 1200 - Hollister; Beschluss vom - I ZB 74/14, GRUR 2015, 1248 [juris Rn. 33]).

28c) Zu den Angaben, die die Beklagte zu machen hat, gehören nach § 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren. Nach dem Wortlaut dieser Regelungen besteht die Auskunftsverpflichtung im Hinblick auf alle Glieder der Lieferkette, ohne dass es darauf ankommt, ob die Waren zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich im Herrschaftsbereich des jeweiligen Glieds der Lieferkette befanden, bereits in einem rechtsverletzenden Zustand waren (vgl. BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 69] - BretarisGenuair, mwN), oder ob die Lieferanten und Vorbesitzer an den in Rede stehenden Markenverletzungen beteiligt waren (BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 73] - BretarisGenuair).

293. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich der grundsätzlich gegebene Auskunftsanspruch der Klägerin im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise nicht auf die Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren bezieht.

30a) Das Berufungsgericht hat angenommen, im Streitfall bestehe die Besonderheit darin, dass es sich bei den von der Beklagten vertriebenen Waren unstreitig um solche gehandelt habe, an denen die Markenrechte der Klägerin erschöpft seien. Es bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte für das Bestehen marken- oder sonstiger kennzeichenrechtlicher Ansprüche gegen den Lieferanten, möge dieser sich auch gegenüber der Klägerin vertragswidrig verhalten haben, indem er entgegen der Vorgaben des selektiven Vertriebssystems Waren an die Beklagte veräußert habe. Die dahingehenden Ausführungen der Klägerin seien ersichtlich Behauptungen ins Blaue hinein. Der Umstand, dass die Produkte der Klägerin nicht auf dem freien Markt erhältlich seien, lasse nicht den sicheren Schluss auf eine Beteiligung des Lieferanten als Mittäter an der in Rede stehenden Markenverletzung zu. Auch liege in der bloßen etwaigen Kenntnis des markenverletzenden Weitervertriebs durch die Beklagte kein zumindest bedingter Vorsatz des Lieferanten in Bezug auf die Haupttat, so dass auch eine Teilnahme des Lieferanten nicht substantiiert dargetan sei. Schließlich bestehe auch kein Grund zur Annahme, der Lieferant sei als Störer zu qualifizieren, der willentlich und adäquat kausal zur Verletzung beigetragen habe.

31Vor allem aber sei die in der Europäischen Union garantierte Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV in den Blick zu nehmen. Die Auskunftsverpflichtung könne den Rechtsinhaber in die Lage versetzen, die Bezugsquellen zu verschließen und damit zu einer künstlichen Abschottung der Märkte beizutragen. Dementsprechend nehme der Gerichtshof der Europäischen Union an, dass zwar der Grundsatz, wonach den Beklagten die Beweislast für die Erschöpfung treffe, mit dem Unionsrecht vereinbar sei, im Hinblick auf den freien Warenverkehr nach Art. 34 und 36 AEUV könne aber eine Modifizierung dieser Beweislast geboten sein. Die Gefahr der Marktabschottung bei einem selektiven Vertriebssystem, wie es die Klägerin nach eigenen Angaben praktiziere, sei nicht nur bei der Beweislast, sondern auch bei der Reichweite der Auskunftsverpflichtung zu berücksichtigen. Demzufolge seien im Streitfall ausnahmsweise Angaben zu Lieferanten und Vorbesitzern vom Auskunftsanspruch auszunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Lieferanten und Vorbesitzer selbst eine Markenverletzung begangen hätten, bestünden nicht. Überdies liege die Markenverletzung nicht in dem Zustand der beworbenen und vertriebenen Produkte selbst begründet, sondern allein in der Art und Weise der Bewerbung und des Vertriebs durch die Beklagte. Dem könne die Klägerin bereits aufgrund der Kenntnis der Person der Beklagten wirksam begegnen. Die Klägerin könne sich nicht jedem Vertrieb außerhalb ihres Vertriebssystems widersetzen, sondern nur einem solchem, mit dem die Gefahr einer Rufschädigung einhergehe. Das Auskunftsbegehren der Klägerin habe augenscheinlich das alleinige Ziel, vertragsbrüchige Vertriebspartner ausfindig zu machen und die weitere Belieferung der Beklagten oder anderer außerhalb des Vertriebssystems zu stoppen. Dies sei vom Sinn und Zweck des § 19 Abs. 1 MarkenG unter der gebotenen Berücksichtigung der Warenverkehrsfreiheit aber nicht mehr gedeckt. Dem Verletzten solle durch die Auskunftserteilung ermöglicht werden, Quellen und Vertriebswege der schutzrechtsverletzenden Gegenstände möglichst schnell und vollständig zu verschließen. Zugleich solle ihm die Möglichkeit zur Prüfung eingeräumt werden, ob Lieferanten oder Abnehmer Verletzungshandlungen begangen hätten. Im Streitfall solle die begehrte Auskunft nicht in erster Linie diesem Ziel dienen, sondern dazu verhelfen, Vertragsverletzungen zu verhindern.

32Diese Beurteilung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

33b) Die Auskunftsverpflichtung des Verletzers steht gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der auch in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet eine Abwägung zwischen dem durch das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EU-Grundrechtecharta) und das Recht des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta) geschützten Interesse der Klägerin als Markeninhaberin an der Erlangung der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg rechtsverletzender Waren einerseits (vgl. , GRUR 2015, 894 [juris Rn. 29] = WRP 2015, 1078 - Coty Germany) und dem durch das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 der EU-Grundrechtecharta) und das Recht des Eigentums (Art. 17 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta) geschützten Recht der Beklagten als Auskunftspflichtiger an der Wahrung ihrer Berufs- und Geschäftsgeheimnisse andererseits (BGH, GRUR 2015, 1248 [juris Rn. 33]; vgl. auch , GRUR 2020, 840 [juris Rn. 37] = WRP 2020, 1174 - Constantin Film Verleih). Insbesondere soll der Auskunftspflichtige vor der Gefahr eines Missbrauchs des Auskunftsanspruchs in Einzelfällen geschützt werden, der eine zu weitgehende und damit vom Gesetzeszweck her nicht mehr zu rechtfertigende Ausforschung von Konkurrenten zur Folge hätte. Das Auskunftsbegehren kann in Fällen unverhältnismäßig sein, in denen der Auskunftsberechtigte kein oder nur ein äußerst geringes Interesse an der Auskunft haben kann, etwa wenn es sich um einen Einzelfall einer Schutzrechtsverletzung handelt, oder wenn davon auszugehen ist, dass keine weiteren Schutzrechtsverletzungen zu befürchten und eingetretene Schäden ausgeglichen sind (BGHZ 166, 233 [juris Rn. 39] - Parfümtestkäufe; BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 71] - BretarisGenuair).

34c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das auf die Benennung von Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren gerichtete Auskunftsverlangen sei im Streitfall unverhältnismäßig, weil die Beklagte Waren vertrieben habe, an denen die Markenrechte der Klägerin erschöpft seien, die Vorbesitzer an der Markenverletzung durch die Beklagte weder als Mittäter oder Teilnehmer beteiligt gewesen seien und die begehrte Auskunft der Klägerin nicht dazu verhelfe, weitere Markenverletzungen abzustellen, sondern vor allem Vertragsverletzungen ihrer Depositäre zu verhindern.

35aa) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsurteil sei in sich widersprüchlich.

36(1) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe es zwar zutreffend für den Auskunftsanspruch für ausreichend gehalten, dass die Waren erst durch die Vermarktung oder den Vertrieb der Waren rechtsverletzend seien, und dass es hierfür auch nicht erforderlich sei, dass die Lieferanten und Vorbesitzer an den in Rede stehenden Markenverletzungen beteiligt gewesen seien. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung habe es jedoch zu Unrecht auf diese Umstände abgestellt. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.

37(2) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Auskunftsverlangens gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG sind - wie auch bei dem Vernichtungsanspruch gemäß § 18 MarkenG und bei dem Anspruch auf Urteilsbekanntmachung gemäß § 19c Satz 1 MarkenG - im Hinblick auf die vom Markeninhaber begehrten Maßnahmen alle für die Abwägung der Interessen des Markeninhabers und des Verletzers maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 19 Abs. 4 MarkenG unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2004/48/EG. Danach sollten die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe in jedem Einzelfall so bestimmt werden, dass den spezifischen Merkmalen dieses Falls, einschließlich der Sonderaspekte jedes Rechts an geistigem Eigentum und gegebenenfalls des vorsätzlichen oder nicht vorsätzlichen Charakters der Rechtsverletzung gebührend Rechnung getragen wird. Zu den spezifischen Merkmalen des Falls gehören insbesondere Art und Umfang der Verletzung (zum Auskunftsanspruch vgl. BGHZ 166, 233 [juris Rn. 40] - Parfümtestkäufe), die öffentlichkeitswirksame Werbung für markenverletzende Produkte, die Art des Vertriebs, insbesondere wenn ein überregionaler Vertrieb oder der Vertrieb markenverletzender Ware wiederholt oder in großer Stückzahl erfolgt ist; von Bedeutung kann auch sein, ob es sich bei der verletzten Marke um eine bekannte Marke handelt (zu § 19c Satz 1 MarkenG vgl. , GRUR 2024, 543 [juris Rn. 34] = WRP 2024, 588 - PIERRE CARDIN). Einzubeziehen in die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch der Grad des Verschuldens des Verletzers (zu § 18 MarkenG vgl. BGHZ 166, 233 [juris Rn. 52] - Parfümtestkäufe; zu § 19c MarkenG vgl. BGH, GRUR 2024, 543 [juris Rn.  38] - PIERRE CARDIN).

38(3) Das Berufungsgericht hat zutreffend zwischen den tatbestandlichen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG und der einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 19 Abs. 4 MarkenG unterschieden.

39(a) Voraussetzung für den Auskunftsanspruch gegen den Verletzer gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG ist allein das Vorliegen einer von diesem begangenen Markenverletzung. Dies steht mit der Richtlinie 2004/48/EG in Einklang, nach der die Mitgliedstaaten die darin vorgesehenen Maßnahmen - darunter fällt die Auskunftsverpflichtung des Verletzers - nicht auf bestimmte Arten von Verletzungen des geistigen Eigentums beschränken dürfen (vgl. EuGH, GRUR 2022, 1672 [juris Rn. 48] - Perfumesco.pl). Der Auskunftsanspruch setzt danach insbesondere nicht voraus, dass die Lieferanten und Vorbesitzer an den in Rede stehenden Markenverletzungen beteiligt waren (BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 73] - BretarisGenuair), weil sich eine solche Voraussetzung für den Auskunftsanspruch weder aus § 19 Abs. 1 MarkenG noch aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 2004/48/EG ergibt.

40(b) Dagegen sind in die Verhältnismäßigkeitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, die zum - vollständigen oder teilweisen - Anspruchsausschluss führen können, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Danach ist es - worauf die Revisionserwiderung zu Recht verweist - nicht widersprüchlich, dass eine etwaige Beteiligung der Lieferanten und anderer Vorbesitzer an der Markenverletzung der Beklagten bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen unberücksichtigt bleibt, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung jedoch in die Abwägung einbezogen wird. Deshalb ist es aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unabhängig von der Art der Verletzungshandlung die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch bejaht hat, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung jedoch berücksichtigt hat, dass die Marken der Klägerin durch eine rufschädigende Warenpräsentation verletzt worden sind.

41bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Bezug auf die begehrte Auskunft zu Lieferanten und anderen Vorbesitzern der Ware maßgebliche Interessen der Klägerin unberücksichtigt gelassen und den Ausnahmecharakter des Anspruchsausschlusses wegen einer Unverhältnismäßigkeit seiner Geltendmachung verkannt.

42(1) Die Revision macht geltend, im Rahmen der Prüfung von Art. 15 Abs. 2 UMV habe das Berufungsgericht das Geschäftsmodell der Klägerin berücksichtigt, das Image der Klagemarken als reine Salonmarken mit strengen Auswahlkriterien in Bezug auf Depositäre auszurichten und den Luxus- und Prestigecharakter der Klagemarken zu begründen und zu erhalten; eine Würdigung dieser Anstrengungen der Klägerin fehle jedoch bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Das Berufungsgericht habe außerdem den Ausnahmecharakter des Anspruchsausschlusses gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG nicht beachtet, der allenfalls bei einer Markenverletzung im Einzelfall eingreifen könne. Ein solcher Einzelfall liege im Streitfall bei 71 unterschiedlichen Produkten nicht vor. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.

43(2) Das Berufungsgericht hat die Anstrengungen der Klägerin, den Klagemarken einen Luxus- und Prestigecharakter zu verleihen, zur Kenntnis genommen, ebenso wie den Umstand, dass die Beklagte nicht nur einzelne Produkte, sondern eine Vielzahl von Produkten der Klägerin in ihrem Angebot hatte. Es hat deshalb der Klägerin den geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ganz überwiegend zugesprochen, diese Umstände jedoch ersichtlich im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ihres Auskunftsverlangens hinsichtlich der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren für unerheblich gehalten. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

44(a) Bei der richtlinienkonformen Auslegung von § 19 Abs. 4 MarkenG ist die Regelung in Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zu berücksichtigen. Danach müssen die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe - also auch der in Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG geregelte Auskunftsanspruch - nicht nur verhältnismäßig und abschreckend, sondern auch wirksam sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.

45(b) Das Berufungsgericht hat mit Recht in den Blick genommen, dass im Streitfall die Markenrechte an den von der Beklagten vertriebenen Waren grundsätzlich erschöpft sind und die festgestellten Markenverletzungen, die in der Art und Weise der Präsentation der Waren der Klägerin auf der Internetseite der Beklagten bestehen, ohne Beteiligung der Lieferanten der Beklagten erfolgt sind und allein durch die Beklagte abgestellt werden können. Die Preisgabe von Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren stellt in einem derartigen Fall keine der Vermeidung zukünftiger Rechtsverletzungen geeignete Maßnahme dar und ist mithin nicht erforderlich.

46(3) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus dem Blick verloren, dass im Grundsatz der Klägerin ein Auskunftsanspruch auch hinsichtlich der Lieferanten und anderer Vorbesitzer markenverletzender Ware zusteht. Es hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Streitfall ein Ausnahmefall ist, der es rechtfertigt, den der Klägerin zugesprochenen Auskunftsanspruch teilweise zu beschränken.

47(4) Auf den Umstand, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag ein selektives Vertriebssystem unterhält, kommt es allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an. Vielmehr ist es in Fällen wie dem vorliegenden, in denen Angebot und Vertrieb von Waren allein wegen der Art und Weise von deren Präsentation als Markenverletzung anzusehen sind, ungeachtet dieses Umstands regelmäßig unverhältnismäßig, vom Verletzer Auskunft über den Namen und die Anschrift von Herstellern, Lieferanten und anderen Vorbesitzern zu verlangen, die an den Verletzungshandlungen nicht beteiligt sind (vgl. Fezer/Tochtermann, Markenrecht, 6. Aufl., § 19 MarkenG Rn. 53; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl., § 19 Rn. 68; offen gelassen für den Fall, dass eine Markenverletzung im Fall des Parallelimports allein deshalb vorliegt, weil der Parallelimporteur den Markeninhaber nicht vorab über den beabsichtigten Parallelimport informiert hat, BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 74] - BretarisGenuair). Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass der Zweck des Auskunftsanspruchs nicht in einer Kontrolle der Bewegung von Waren liegt, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, nur denjenigen, der ein selektives Vertriebssystem unterhält, von dem auf Hersteller, Lieferanten und andere Vorbesitzer der Waren bezogenen Auskunftsrecht auszunehmen und die Inhaber von Marken, die kein solches Vertriebssystem unterhalten, in derselben Fallkonstellation anders zu behandeln.

48cc) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Unverhältnismäßigkeit des Auskunftsverlangens verkannt.

49(1) Die Revision macht geltend, nicht die Klägerin habe darlegen und beweisen müssen, dass sie ein besonderes Interesse an der Auskunftserteilung habe, etwa im Hinblick auf eine Rechtsverfolgung gegenüber Lieferanten. Es sei vielmehr die Beklagte, die darlegen und beweisen müsse, dass das Geheimhaltungsinteresse des Markenverletzers ausnahmsweise höher als das Informationsinteresse des geschädigten Markeninhabers zu werten sei. Dies habe das Berufungsgericht verkannt, indem es die Ausführungen der Klägerin zu Ansprüchen gegen die Lieferanten der Beklagten als unsubstantiiert bemängele. Die Klägerin habe vorgetragen, aufgrund der Produktart und der besonderen Vertriebsumstände sei es naheliegend, dass der Lieferant in den markenschädigenden Vertrieb der Beklagten aktiv eingespannt sei. Die Produkte der Klägerin seien allein bei den autorisierten Vertriebspartnern und nicht auf dem freien Markt erhältlich. Offenbar kooperiere mindestens ein vertragswidrig handelnder Vertriebspartner der Klägerin mit der Beklagten und riskiere hierbei seine eigene Vertriebslizenz, so dass er die Risiken eines Aufdeckens seines Handelns genau abwägen werde. Hierzu werde er sich Kenntnis vom anschließenden markenschädigenden Vertrieb durch die Beklagte verschaffen, so dass zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat anzunehmen sei.

50(2) Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht hat angenommen, angesichts der Tatsache, dass die hier in Rede stehende Markenverletzung allein in der Art der Warenpräsentation durch die Beklagte liegt, seien für eine Mittäterschaft der Lieferanten der Beklagten und anderer Vorbesitzer an dieser Rechtsverletzung, für eine Teilnahme oder eine Störerhaftung keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Revision zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Eine (Mit-)Verantwortlichkeit der Lieferanten und Vorbesitzer der Waren für die in der Art der Warenpräsentation liegende Markenverletzung durch die Beklagte setzt einen adäquat-kausalen Beitrag der Lieferanten an dieser konkreten Verletzung der Klagemarken voraus (vgl. hierzu im Einzelnen , GRUR 2021, 1303 [juris Rn. 19 bis 28, 34 f., 37] = WRP 2021, 1455 - Die Filsbacher). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass Lieferanten und andere Vorbesitzer auf die Warenpräsentation durch die Beklagte maßgeblichen tatsächlichen Einfluss genommen hätten. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Dies macht auch die Revision nicht geltend.

51dd) Die Revision kann auch nicht mit ihrer Rüge durchdringen, Zweck des Auskunftsanspruchs sei es auch, Bezugsquellen zu verschließen. Deshalb stehe einem auf Benennung von Lieferanten und anderen Vorbesitzern gerichtetem Auskunftsanspruch nicht entgegen, dass die Klägerin mit der begehrten Auskunft Vertragsverletzungen abstellen wolle. Zwar ist es Zweck des in § 19 MarkenG geregelten Auskunftsanspruchs, die Quelle der schutzrechtsverletzenden Gegenstände möglichst schnell zu verschließen (vgl. BGH, GRUR 2017, 1160 [juris Rn. 69] - BretarisGenuair). Jedoch handelt es sich bei den von der Beklagten vertriebenen und mit den Klagemarken gekennzeichneten Waren nicht um markenrechtsverletzende Waren, sondern vielmehr um Waren, an denen die Rechte der Klägerin als Markeninhaberin erschöpft waren. Markenrechtsverletzend sind allein die Modalitäten des Vertriebs durch die Beklagte.

52ee) Soweit sich die Revision gegen die Erwägung des Berufungsgerichts wendet, die Gefahr einer Marktabschottung bei einem selektiven Vertriebssystem habe durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union "Hewlett Packard Development Company" (, GRUR 2024, 212 = WRP 2024, 316) größeres Gewicht erhalten und sei nicht nur bei der Frage der Beweislast, sondern auch bei der Reichweite der Auskunftsverpflichtung zu berücksichtigen, kommt es hierauf im Streitfall nicht an.

53Diese Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union befasst sich bereits nicht mit dem Auskunftsanspruch des Inhabers der verletzten Marke, sondern mit der Beweislast für die Erschöpfung des Rechts aus einer Unionsmarke, wenn die in Rede stehenden Waren über ein selektives Vertriebssystem vertrieben werden, bei dem der Markeninhaber seinen Vertriebspartnern eine Belieferung von Außenseitern nicht gestattet. Die Bedeutung dieser Entscheidung für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des vom Inhaber einer Marke, der ein selektives Vertriebsnetz betreibt, geltend gemachten Auskunftsanspruchs kann jedoch dahinstehen.

54Wenn - wie hier - der Verletzer Waren vertreibt, bei denen das Recht aus der Marke erschöpft ist, und der Unterlassungsanspruch des Markeninhabers nur deshalb begründet ist, weil er sich aus berechtigten Gründen gegen die Art und Weise der Warenpräsentation des Verletzers wendet, und außerdem eine Beteiligung der Lieferanten und Vorbesitzer an diesen Markenverletzungen nicht festgestellt werden kann, ist im Regelfall - wie bereits ausgeführt (Rn. 47) - das entsprechende Auskunftsverlangen des Markeninhabers bereits angesichts dieser Umstände unverhältnismäßig, ohne dass es auf die Art des vom Markeninhaber betriebenen Vertriebssystems ankommt.

55C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl.  283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 [juris Rn. 21] - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

56D. Die Revision der Klägerin ist danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Koch                         Löffler                          Schwonke

             Schmaltz                        Wille

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:221025UIZR220.24.0

Fundstelle(n):
ZAAAK-06768