Unzulässigkeit der Revision
Instanzenzug: Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen Az: 8 Ca 234/24 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 9 Sa 42/24 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung und dabei insbesondere über die Frage, inwieweit eine Homeoffice-Tätigkeit als milderes Mittel in Betracht kommt.
2Der Kläger genießt allgemeinen Kündigungsschutz und war entsprechend des vertraglich vereinbarten Dienstsitzes am Standort der Beklagten in R tätig. Er erbrachte seine Arbeitsleistung zuletzt an mehreren Tagen in der Woche - der genaue Umfang ist streitig geblieben - von zu Hause aus im sogenannten Homeoffice.
3Im Dezember 2023 entschied die Beklagte, den Standort R zu schließen. In der Folge kündigte sie ua. das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom zum und bot ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab zu ansonsten unveränderten Konditionen am Standort D an. Mit anwaltlichem Schreiben vom nahm der Kläger das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt an, dass es nicht sozial ungerechtfertigt sei und „die Tätigkeit nicht zwingend in D ausgeübt werden muss, mein Mandant seine Tätigkeit vielmehr von zu Hause aus erledigen kann“.
4Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Statt des Standortwechsels hätte ihm die Beklagte als milderes Mittel eine vollständige Tätigkeit im Homeoffice anbieten können und müssen. Dabei gehe es nicht um die Einrichtung eines neuen, noch nicht vorhandenen Arbeitsplatzes. Der Kläger hat dazu behauptet, er sei auch bisher schon zeitweise drei bis vier Tage pro Woche im Homeoffice tätig gewesen.
5Der Kläger hat zuletzt beantragt,
6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, sie sei nicht verpflichtet, dem Kläger eine vollständige Homeoffice-Tätigkeit anzubieten. Eine solche scheide aus tatsächlichen und wirtschaftlichen Gründen aus.
7Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Begehren unverändert weiter.
Gründe
8Die Revision ist mangels ausreichender Begründung unzulässig. Sie ist daher nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.
9I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsführers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Der Revisionsführer muss dazu darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Allein die Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ebenso wenig wie die Wiedergabe des bisherigen Vorbringens. Es reicht auch nicht aus, wenn der Revisionsführer die tatsächlichen und/oder rechtlichen Würdigungen des Berufungsgerichts lediglich mit formelhaften Wendungen rügt (st. Rspr., vgl. zuletzt - Rn. 9 mwN; ebenso - Rn. 13, BAGE 165, 255). Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die genaue Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Dazu muss auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (st. Rspr., zuletzt zB - Rn. 30 mwN).
10II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.
111. Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Änderungsschutzantrags angenommen, dessen Unbegründetheit folge schon daraus, dass der Kläger - wovon bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen sei - das Änderungsangebot nicht nur unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen, sondern mit dem Begehren einer vollständigen Homeoffice-Tätigkeit verbunden habe. Dies stelle eine Ablehnung des Änderungsangebots der Beklagten verbunden mit einem neuen, eigenen Angebot des Klägers dar. Im Hinblick auf den Hilfsantrag lägen durch die Schließung des Standorts R dringende betriebliche Gründe vor, sodass die Kündigung vom sozial gerechtfertigt sei. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger eine Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice anzubieten. Bei einer Tätigkeit, bei der der Kläger drei bis vier Tage pro Woche zu Hause arbeite, und einer Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice, handele es sich nicht um dieselben Arbeitsplätze. Weder bestehe ein freier Arbeitsplatz dieses Inhalts noch müsse die Beklagte einen solchen schaffen.
122. Mit diesen Begründungen setzt sich die Revision nicht in der erforderlichen Art und Weise auseinander.
13a) Das gilt in Bezug auf den ausdrücklich auch in der Revision weiterverfolgten Hauptantrag schon deshalb, weil sich die Revisionsbegründung zu diesem inhaltlich nicht verhält.
14b) Aber auch im Hinblick auf den Hilfsantrag nach § 4 KSchG genügt die Revisionsbegründung nicht den Vorgaben des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
15aa) Soweit der Kläger ausführt, dass zwar ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice-Tätigkeit nicht unmittelbar bestehe und der Arbeitgeber den Arbeitsort kraft seines Direktionsrechts bestimmen dürfe, dies aber nicht losgelöst vom Einzelfall und ohne Berücksichtigung der Änderungen im Zuge der Coronapandemie gelten könne, woraus ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung folge, der auch für den Arbeitgeber gelte, liegt darin keine ordnungsgemäße Sachrüge. Damit stellt der Kläger nur seine eigene Rechtsansicht dar, ohne sich mit den Gründen des Berufungsurteils hinreichend auseinanderzusetzen. Insbesondere zeigt er nicht auf, in welchen Punkten er die Argumentationslinie des Landesarbeitsgerichts für unrichtig hält, sodass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs nicht deutlich werden.
16Ebenso verhält es sich, soweit der Kläger ausführt, dass eine Tätigkeit im Homeoffice technisch möglich sei und aufgrund der Coronapandemie ein Wertewandel stattgefunden habe. Auf diese Aspekte hat das Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung nicht abgestellt. Auch mit dem bloßen Verweis auf die Regelungen in § 164 Abs. 5 SGB IX bzw. § 16 BGleiG stellt der Kläger das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht hinreichend in Frage, da sich daraus nicht ersehen lässt, in welchem Punkt er es angreifen will. Vielmehr setzt er lediglich seine eigene Rechtsauffassung gegen diejenige des Landesarbeitsgerichts. Das gilt auch, soweit der Kläger wiederholend darauf hinweist, dass es nicht um die Neuschaffung, sondern die Beibehaltung seines bisherigen (Homeoffice-)Arbeitsplatzes gehe. Wenn er meint, der Anspruch ergebe sich, weil er auf die bisherige Handhabung habe vertrauen dürfen, aus betrieblicher Übung bzw. weil das Direktionsrecht ermessensfehlerfrei ausgeübt werden müsse und eine Rechtsmissbrauchskontrolle keine vertragliche Vereinbarung der Homeoffice-Tätigkeit voraussetze, negiert er lediglich den vom Landesarbeitsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkt, ohne sich im erforderlichen Umfang mit dessen tragender Begründung auseinanderzusetzen, der bisherige Arbeitsplatz des Klägers sei kein reiner Homeoffice-Arbeitsplatz gewesen.
17bb) Soweit der Kläger mit seiner Revision Verfahrensrügen erhoben hat, insbesondere betreffend eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, des Bestreitens des Sachvortrags der Beklagten zur fehlenden Digitalisierung der Anlagenpläne, einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung sowie unterlassener Hinweise nach § 139 Abs. 3 ZPO, hat der Senat diese geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet, da sie bereits die Darlegungserfordernisse nicht erfüllen. Von einer Begründung wird gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
18III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:301025.U.2AZR302.24.0
Fundstelle(n):
EAAAK-06736