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BGH Beschluss v. - 4 StR 58/25

Instanzenzug: Az: 35 KLs 17/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und vier Monaten verurteilt. Ferner hat es die „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 348.433,20 € und die „erweiterte Einziehung in Höhe eines Geldbetrags von 320.080,00 €“ angeordnet. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verfahrensrügen erweisen sich aus den zutreffenden Erwägungen der Zuschrift des Generalbundesanwalts als erfolglos. Soweit die Revision die Verwertung von Chat-Nachrichten beanstandet, die der Angeklagte über den Messengerdienst „Anom“ ausgetauscht hat (§ 261 StPO), verweist der Senat auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl.  Rn. 15 ff.; Beschluss vom – 1 StR 281/24 Rn. 5) und deren Billigung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl.  Rn. 31 ff.).

32. Der Schuldspruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe war wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern, weil die Feststellungen nicht ergeben, dass sich der Angeklagte insoweit neben einem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch einer täterschaftlich begangenen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Stattdessen liegt eine Anstiftung hierzu vor.

4a) Nach den Feststellungen bestellte der anderweitig verfolgte H.          am bei einem unbekannt gebliebenen Lieferanten in Belgien im Auftrag des Angeklagten zwei Kilogramm Kokain, die für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Am holte der Zeuge S.             das bestellte Kokain im Auftrag des Angeklagten in Belgien ab und verbrachte es zu diesem nach D.         . Dort wurde das Rauschgift von dem Angeklagten übernommen und in Teilmengen weiterverkauft.

5b) Danach hat sich der Angeklagte tateinheitlich neben einem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 25 Abs. 2, § 52 StGB, sondern wegen Anstiftung hierzu gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, §§ 26, 52 StGB strafbar gemacht. Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Voraussetzung dafür ist nach den insoweit geltenden Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts aber ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen anderer als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheinen lässt, wobei entscheidender Bezugspunkt der Einfuhrvorgang selbst ist (vgl.  Rn. 6). Eine derartige Einflussnahme auf den Einfuhrvorgang als solchen weisen die Feststellungen nicht auf; jedoch ergeben sie, dass der Angeklagte die Transportfahrt des Zeugen S.                  beauftragt und diesen damit zur Einfuhr des Kokains im Sinne von § 26 StGB bestimmt hat.

6c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Da der Anstifter gemäß § 26 StGB gleich einem Täter bestraft wird, bleibt der Strafausspruch von der Änderung unberührt.

73. Die Entscheidung über die erweiterte Einziehung des in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Geldbetrags von 320.080,00 € gemäß § 73a Abs. 1 StGB hat keinen Bestand, weil die Urteilsgründe nicht ergeben, dass das Bargeld bereits im Tatzeitraum gegenständlich vorhanden war.

8a) Die erweiterte Einziehung von Vermögenswerten, die aus einer nicht verfahrensgegenständlichen Tat stammen, setzt voraus, dass diese (oder ein Surrogat) bei der Begehung der abgeurteilten Anknüpfungstat im Vermögen des Angeklagten gegenständlich vorhanden waren. Dies gilt nicht nur für die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen, sondern auch für die erweiterte Einziehung noch vorhandener Taterträge (vgl.  Rn. 6 mwN). An diesem Erfordernis hält der Senat auch unter Berücksichtigung der gegenteiligen Anfrage des 5. Strafsenats und deren gleichgerichteten Beantwortung durch den 3. Strafsenat fest (vgl. Rn. 5 ff.; Beschluss vom – 3 ARs 2/25 Rn. 5 ff.; Beschluss vom – 4 ARs 3/25 Rn. 5 ff.). Entsprechende Feststellungen hat die Strafkammer nicht getroffen.

9Sie hat sich lediglich davon zu überzeugen vermocht, dass das am sichergestellte Geld aus Betäubungsmittelstraftaten herrührt und eine Herkunft aus den festgestellten Taten mit Blick auf den Zeitablauf verneint. Ob das Bargeld bereits im Tatzeitraum gegenständlich vorhanden war, bleibt hiernach offen.

10b) Die rechtsfehlerfrei getroffenen zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben und durch ihnen nicht widersprechende ergänzt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).

114. Im Übrigen hat die rechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Quentin                              Sturm                              Scheuß

                Momsen-Pflanz                          Gödicke

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:211025B4STR58.25.0

Fundstelle(n):
LAAAK-06388