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BGH Urteil v. - 5 StR 180/25

Instanzenzug: Az: 8 KLs 395 Js 52/20 (2)

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit und mit Verwahrungsbruch im Amt in 65 Fällen, wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Verwahrungsbruch im Amt in sechs Fällen sowie wegen Verwahrungsbruchs im Amt zu einer Gesamtgeldstrafe von 380 Tagessätzen zu je 45 Euro verurteilt. Es hat ihr Ratenzahlung bewilligt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.885 Euro angeordnet. Hiergegen wenden sich die Angeklagte und die Generalstaatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel der Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel der Angeklagten und der Generalstaatsanwaltschaft unbegründet.

I.

21. Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen getroffen:

3a) Die Angeklagte war seit 2013 im Dienstgrad eines Polizeihauptmeisters für die zentrale Organisationseinheit zur Bearbeitung der Fahrradkriminalität (ZentraB) der Polizeidirektion L.        tätig. Der Leiter der ZentraB übertrug ihr 2014 die Leitung der Asservatenstelle, die sie fortan eigenverantwortlich und ohne tatsächliche Kontrolle durch ihre Vorgesetzten führte. In ihr wurden die Fahrräder und Fahrradteile verwahrt, die im Zusammenhang mit den von der ZentraB bearbeiteten Ermittlungsverfahren sichergestellt waren. Die Polizeireviere gaben aber auch eine Vielzahl von Vorgängen einschließlich der Asservate zur Bearbeitung an die ZentraB ab, die nur am Rande einen Bezug zu Fahrraddiebstählen aufwiesen.

4Regelungen zum Betrieb der Asservatenstelle wurden bei Errichtung der ZentraB nicht getroffen. Auch sonst fehlte es an Handlungsanweisungen oder Darstellungen zum korrekten Umgang mit Asservaten, insbesondere zu den Möglichkeiten der Herausgabe. Stattdessen entwickelte sich innerhalb der ZentraB durch ständige Übung ein eigenes Abwicklungssystem für die Herausgabe nicht mehr benötigter Fahrräder, das – auch von der Angeklagten und ihren Dienstvorgesetzten – für richtig gehalten wurde. Diese Praxis war auch maßgeblich für eine allgemeine Dienstanweisung über den Umgang mit in Verwahrung genommenen Gegenständen, die im März 2017 in der Polizeidirektion L.        erstellt und bekanntgegeben wurde.

5Sie stellte sich wie folgt dar: Der Sachbearbeiter des polizeilichen Vorgangs wies nach dessen Abschluss die Herausgabe der zugehörigen Asservate an. Zuständig für die Abwicklung war die Angeklagte. Sie sollte die Fahrräder primär an den Eigentümer oder den letzten berechtigten Gewahrsamsinhaber herausgeben. Waren solche nicht bekannt, kamen gleichrangig eine – nicht näher konkretisierte – Verwertung, die Vernichtung oder die Abgabe der Räder an einen gemeinnützigen Verein in Betracht. Soweit die Berechtigten bekannt waren, forderte die Angeklagte diese deshalb zunächst schriftlich unter Fristsetzung zur Abholung auf. Waren die früheren Eigentümer durch eine Versicherung entschädigt worden, richtete die Angeklagte auch an diese eine Abholaufforderung. Waren die Angeschriebenen an einer Abholung nicht interessiert, bot die Angeklagte die Vernichtung oder Verwendung des Fahrrads als gemeinnützige Spende an. Reagierten die Berechtigten trotz Mahnung nicht oder nahmen das Fahrrad tatsächlich nicht zurück, wurde dies – auch von der Angeklagten – als Eigentumsaufgabe bewertet und die Fahrräder als herrenlos angesehen. Dieses Prozedere wurde innerhalb der ZentraB als Freigabe verstanden.

6In diesem Sinne freigegebene Fahrräder separierte die Angeklagte, soweit sie noch gebrauchstauglich schienen, um sie an gemeinnützige Vereine abzugeben; im Übrigen wurden sie verschrottet. Eine öffentliche Versteigerung oder ein organisierter freihändiger Verkauf von Fahrrädern war innerhalb der ZentraB nicht vor-, eine Abgabe an Privatpersonen nicht als zulässig angesehen.

7Der tatsächliche Bestand an asservierten Fahrrädern stieg über die Jahre kontinuierlich von zunächst etwa 500 auf letztlich nahezu 3.000 Fahrräder an. Dies überstieg die vorhandenen Kapazitäten erheblich, sodass eine geordnete, transparente und nachvollziehbare Aufbewahrung nicht gewährleistet war. Die Fahrräder standen zu Hunderten aneinandergelehnt an Absperrgittern sowie auch in Fluren, Dienstzimmern und Nebenräumen. Die Leitungen des Dezernats und des Kommissariats, die der ZentraB übergeordnet waren, gaben angesichts des stetig ansteigenden und die vorhandenen Sach- und Personalkapazitäten weit übersteigenden Bestandes die Reduzierung der Masse an asservierten Fahrrädern als Ziel vor. Gleichzeitig wurden weder von diesen noch von der Leitung der ZentraB konkrete Lösungen oder Handlungsanweisungen für die Reduktion des Asservatenbestands erarbeitet. Dies führte dazu, dass die ZentraB und als Asservatenverantwortliche insbesondere die Angeklagte hinsichtlich der konkreten Maßnahmen weitgehend sich selbst überlassen waren.

8b) Im August 2014 sah sich die ZentraB einer Schadenersatzforderung ausgesetzt, weil ein asservierter Laufradsatz abhandengekommen war. Die hieran Berechtigte forderte deshalb zur Entschädigung eine Zahlung von 220 Euro. Bei einer Erörterung der Möglichkeiten für eine Schadenersatzzahlung stellte die Angeklagte die Idee in den Raum, nicht mehr benötigte Fahrräder zu verkaufen und die Forderung aus dem Erlös zu begleichen. Sie ging indes davon aus, dass es keine rechtlich zulässige Möglichkeit eines Verkaufs von asservierten Fahrrädern gab. Sie schlug daher vor, die Fahrräder zum Schein an den eingetragenen Kleingartenverein „G.                     F.                      “ in Pegau auszugeben, der sie sodann vorgeblich im eigenen Namen an einen ihr bekannten Fahrradhändler verkaufen und den Erlös der ZentraB für den Schadenausgleich zur Verfügung stellen könne. Vorsitzender dieses Kleingartenvereins war ihr Vater; sie selbst war kein Vereinsmitglied. Diesem Plan stimmte der Leiter der ZentraB letztlich zu.

9Die Angeklagte erstellte daraufhin ein polizeiliches Übergabeprotokoll für sechs ausgesonderte Fahrräder, in welches sie zum Schein als Übernehmer den Kleingartenverein eintrug und für diesen mit dem Namenszug ihres Vaters unterzeichnete. Zugleich erstellte sie sechs Kaufverträge über gebrauchte Sachen, in denen sie neben den Fahrraddaten als Verkäufer ihren Vater, als Käufer den ihr bekannten Fahrradhändler und als Kaufpreis jeweils 50 Euro eintrug. Am transportierte sie die Fahrräder mit einem Polizeibus zu dem Händler und gab ihm die Asservate gegen Barzahlung von 300 Euro heraus. Der Angeklagten kam es darauf an, die Fahrräder direkt an den Fahrradhändler zu verkaufen, um aus dem Erlös die Schadenersatzforderung zu begleichen. Von dem Kaufpreis zahlte sie 220 Euro an die Inhaberin der Schadenersatzforderung, die übrigen 80 Euro vereinnahmte sie entweder selbst oder gab sie an den Kleingartenverein weiter (Fall 1).

10c) Nachdem auf diese Weise mit Billigung des damaligen Vorgesetzten Fahrräder zweckwidrig verwendet worden waren, ging die Angeklagte davon aus, dass die Abgabe von Fahrrädern an Privatpersonen unter Vorspiegelung einer Überlassung an einen gemeinnützigen Verein durch ihn und die weiteren Mitarbeiter der ZentraB auch über diesen Fall hinaus stillschweigend geduldet werde. Sie gab daher bis zum August 2018 eine Vielzahl weiterer „freigegebener“ und von ihr daher für herrenlos gehaltener Fahrräder aus dem Asservatenbestand an Polizisten oder Bekannte heraus. Zumeist fertigte sie dabei für die polizeilichen Unterlagen eine Dokumentation, die den Eindruck erwecken sollte, die jeweiligen Fahrräder seien an einen gemeinnützigen Verein – in der Regel den vorgenannten Kleingartenverein – abgegeben worden. Dabei wollte sie nach außen erkennbar für die Polizei handeln, was auch die Erwerber erkannten. Sie gab die Fahrräder zumeist während der Dienstzeit auf dem Dienstgelände der Polizei aus. Ein von ihr und dem jeweiligen Erwerber dabei standardmäßig unterschriebenes Übergabeprotokoll wies in der Kopfzeile die Polizeidirektion L.        aus und belehrte den Erwerber, dass durch die Polizei keine Haftung übernommen werde.

11Sie wollte durch ihr Handeln einerseits ihrer dienstlichen Aufgabe nachkommen, den Asservatenbestand zu reduzieren und Fahrräder loszuwerden. Gleichzeitig wollte sie geringe Geldbeträge entweder selbst vereinnahmen oder dem Kleingartenverein zuwenden.

12In 64 Fällen (Fälle 2 bis 56, 60, 62, 64, 65, 68 bis 72) verlangte die Angeklagte für die Entnahme aus der Asservatenstelle und die Herausgabe die Barzahlung einer Spende an den Kleingartenverein, die zumeist fünfzig Euro, vereinzelt aber auch zwanzig Euro oder fünf Euro pro Fahrrad betrug. Dabei wusste sie, dass sie nicht berechtigt war, für die Überlassung von Fahrrädern im dienstlichen Kontext Geldbeträge zu verlangen und entgegenzunehmen. Ihr war auch bewusst, dass im Fall einer Verwertung von Asservaten der Erlös dem Freistaat Sachsen zustand, er mithin an die Staatskasse abzuführen war und nicht nach eigenem Ermessen verwendet werden durfte. Das zunächst in ihrem Dienstzimmer verwahrte Geld behielt sie für sich oder überließ es dem Kleingartenverein. Sie nahm jedenfalls billigend in Kauf, dass dem Freistaat Sachsen durch ihr Handeln ein Schaden in Höhe des von ihr entgegengenommenen, nicht an die Staatskasse abgeführten Geldbetrages entstand.

13In sechs Fällen (Fälle 63, 66, 67, 58, 59, 61) forderte die Angeklagte statt einer Barzahlung, dass die Interessenten einen Geldbetrag an einen selbstgewählten gemeinnützigen Verein spendeten und dies durch Quittung nachwiesen. In einem Fall (Fall 57) gab die Angeklagte ein Fahrrad ohne Zahlung oder Spendennachweis heraus.

142. Das Landgericht hat die Fälle, in denen die Angeklagte für Fahrräder Bargeld vereinnahmte (Fälle 1 bis 56, 60, 62, 64, 65, 68 bis 72), jeweils als Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB) und mit Verwahrungsbruch im Amt (§ 133 Abs. 1 und 3 StGB) gewertet. Es ist dabei davon ausgegangen, dass die Angeklagte eine Vermögensbetreuungspflicht verletzte, indem sie über die entgegengenommenen Gelder eigenhändig verfügte, statt sie an die Staatskasse abzuführen. Soweit sie anstelle einer Geldzahlung bei Herausgabe eine Spende an einen gemeinnützigen Verein forderte (Fälle 63, 66, 67, 58, 59, 61), hat das Landgericht die Angeklagte lediglich der Bestechlichkeit in Tateinheit mit Verwahrungsbruch im Amt, im Fall der Herausgabe ohne Gegenleistung (Fall 57) allein des Verwahrungsbruchs im Amt schuldig gesprochen.

II.

151. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat in der Revisionshauptverhandlung das Verfahren in den Fällen 58, 59 und 61 durch Beschluss nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Dies war aus prozessökonomischen Gründen geboten, weil die Strafkammer in diesen Fällen widersprüchliche Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Angeklagte tatsächlich Fahrräder aus dem Asservatenbestand herausgab oder dies lediglich beabsichtigte.

16Dies hat in diesen Fällen zum Wegfall des Schuldspruchs und zum Entfallen der verhängten Einzelstrafen von jeweils 60 Tagessätzen geführt. Angesichts der verbleibenden Einzelstrafen, darunter 64 in Höhe von 80 Tagessätzen, kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht ohne die entfallenen Strafen auf eine niedrigere Gesamtgeldstrafe erkannt hätte. Eine Einziehungsanordnung hat das Landgericht in diesen Fällen nicht getroffen.

172. In den Fällen 57, 63, 66 und 67 hat der Senat in der Revisionshauptverhandlung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO jeweils den tateinheitlichen Vorwurf der Untreue (§ 266 StGB), verwirklicht durch Herausgabe der Fahrräder aus dem Asservatenbestand, von der Verfolgung ausgenommen. Es kann daher offenbleiben, ob die mit der Revision der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Auffassung mit Blick auf den Charakter der Untreue als Vermögensdelikt zutrifft (vgl. , BVerfGE 126, 170, 210), die Angeklagte habe durch die Herausgabe der zur Verschrottung und unentgeltlichen Überlassung an gemeinnützige Vereine bestimmten Fahrräder vorsätzlich eine Pflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzt und dem Freistaat Sachsen einen Vermögensnachteil zugefügt.

18a) Dies könnte deshalb in Frage kommen, weil es nach den Urteilsfeststellungen nicht fernliegend erscheint, dass die der Angeklagten durch ihre Dienstvorgesetzten gemachte Vorgabe, die nicht mehr benötigten und von den Berechtigten „freigegebenen“ Asservate ausschließlich zu verschrotten oder unentgeltlich abzugeben, die die öffentliche Verwaltung bindenden Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verletzte (vgl. hierzu , BGHSt 64, 246, 248). Danach hätte es geboten sein können, die vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten der Einziehung und der Veräußerung (vgl. § 63, § 64 StVollstrO sowie § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 iVm § 28 Abs. 2 SächsPolG aF) zu nutzen, um den Wert der Gegenstände dem Vermögen des Freistaats zu erhalten. Ein Verkauf durch die Angeklagte hätte dann – trotz der ungesetzlichen Form seiner Abwicklung – jedenfalls im Ergebnis den haushalterischen Pflichten des Freistaats entsprochen (vgl. Fischer, StGB, 72. Aufl., § 266 Rn. 62).

19b) Indes lässt sich den Urteilsgründen vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vom Landgericht zu den Motiven der Angeklagten getroffenen Feststellungen nicht ohne weiteres entnehmen, dass diese in dem Bewusstsein handelte, durch die Veräußerung der Fahrräder, deren Bestand ständig anwuchs und Kosten verursachte, dem betreuten Vermögen des Freistaats einen Nachteil zuzufügen (vgl. zu dieser Voraussetzung , BGHSt 47, 295, 302; vom – 5 StR 551/11, NStZ 2013, 715).

20c) Der Senat hat die Verfolgung daher nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt, weil eine weitere Sachaufklärung auch mit Blick auf die aufgrund der langen Verfahrensdauer weit zurückliegenden Taten mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre. Die Verfahrensbeschränkung berührt Schuld- und Strafausspruch nicht, da das Landgericht die Angeklagte in den betroffenen Fällen nicht wegen Untreue verurteilt hat.

III.

21Die Revision der Angeklagten ist in dem verbleibenden aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet.

221. Der Schuldspruch bedarf im Fall 1 der Urteilsgründe der Abänderung. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Verwahrungsbruchs im Amt (§ 133 Abs. 1 und 3 StGB) hat zu entfallen. Zu Recht hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass die Strafverfolgung insoweit nach Erreichen des in § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB bestimmten Zeitpunkts verjährt war, bevor das Urteil des ersten Rechtszugs ergangen ist (§ 78b Abs. 3 StGB). Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffendem Schuldspruch auf eine niedrigere Einzelgeldstrafe erkannt hätte.

232. Darüber hinaus weist das Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

24a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Bestechlichkeit (§ 332 StGB) in den Fällen 1 bis 56, 60 sowie 62 bis 72. Die Angeklagte machte die Vornahme einer Diensthandlung – die Herausgabe eines Asservats – jeweils von einer Zahlung an sich oder zugunsten eines Vereins abhängig, forderte mithin als Gegenleistung einen Vorteil für sich oder einen Dritten, den sie in den Fällen der Barzahlung auch selbst annahm. Mit der Herausgabe der Fahrräder verletzte sie ihre Dienstpflichten. Der freihändige Verkauf von Asservatenbestand an Privatpersonen war weder nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (vgl. § 63, § 64 StVollstrO, § 983, § 979 BGB sowie § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 iVm § 28 Abs. 2 SächsPolG aF) noch nach den innerhalb der Dienststelle praktizierten Regeln oder der auf dieser Grundlage im März 2017 erstellten Dienstanweisung zulässig. Dass sie hiermit möglicherweise auch karitative Zwecke verfolgte, ist – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – ohne Bedeutung (vgl. MüKo-StGB/Korte, 4. Aufl., § 331 Rn. 129). Die Verwirklichung der Tatbestandsvariante des Forderns eines Vorteils setzt auch nicht voraus, dass der Erklärungsempfänger den Zusammenhang zwischen Vorteil und Amtshandlung erkennt und gar als „unrechtsvereinbarend“ akzeptiert (vgl. , NStZ 2006, 628, 629).

25b) Der Schuldspruch wegen Verwahrungsbruchs im Amt in den Fällen 1 bis 57, 60 sowie 62 bis 72 ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Angeklagte entzog die in dienstliche Verwahrung genommenen und ihr als Amtsträgerin anvertrauten Asservate durch die Herausgabe an die Erwerber der dienstlichen Verfügung. Dem steht nicht entgegen, dass sie als Alleinverantwortliche für die Asservatenstelle formell befugt war, über die Fahrräder zu verfügen. Denn eine tatbestandserhebliche Entziehungshandlung des an sich zur dienstlichen Verfügung legitimierten Amtsträgers liegt auch dann vor, wenn die Verfügung – über eine bloße Gesetzwidrigkeit hinaus – nicht mehr im Rahmen des Dienstbetriebs liegt, in dem sie diese etwa sich selbst zueignet oder sonst an nicht als Empfänger in Betracht kommende Personen herausgibt (vgl. , BGHSt 33, 190, 193 ff.; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 133 Rn. 32 mwN). So liegt es hier, denn die entgeltliche Abgabe von Asservaten an Privatpersonen in der von der Angeklagten praktizierten Form ist generell nicht vorgesehen.

26c) Der Schuldspruch wegen Untreue durch Vereinnahmung des für die Herausgabe von Fahrrädern entgegengenommenen Bargelds für eigene Zwecke (Fälle 1 bis 56, 60, 62, 64, 65, 68 bis 72) hält rechtlicher Nachprüfung ebenfalls stand. Das Landgericht ist dabei rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der durch die Veräußerung des Asservatenbestands erzielte Erlös dem Freistaat Sachsen zustand. Die Angeklagte traf aufgrund ihrer eigenverantwortlichen Stellung als Leiterin der Asservatenstelle eine Vermögensbetreuungspflicht an den in amtlicher Eigenschaft entgegengenommenen und zunächst in ihrem Dienstzimmer verwahrten Geldern (vgl. , BGHSt 13, 315; BayObLG NJW 2022, 3522, 3523). Sie fügte dem Freistaat Sachsen pflichtwidrig einen Vermögensnachteil zu, indem sie nach eigenem Gutdünken über die ihrem Dienstherrn zustehenden Gelder verfügte.

27d) Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts ist der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in den Fällen 17 und 21 der Urteilsgründe nicht zu beanstanden. Dass die Angeklagte auch in diesen Fällen das im Einvernehmen mit ihr an einen Justizbeschäftigten gezahlte Bargeld selbst im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangte, hat das Landgericht gestützt auf ihr dahingehendes Geständnis im Rahmen seiner alle abgeurteilten Taten zusammenfassend betreffenden Ausführungen hinreichend festgestellt.

IV.

28Die zuungunsten der Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertretene Revision der Generalstaatsanwaltschaft hat unter Berücksichtigung der vom Senat vorgenommenen Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO keinen Erfolg. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen die Angeklagte begünstigenden Rechtsfehler ergeben.

291. Das Landgericht hat mit tragfähigen Erwägungen davon abgesehen, die Angeklagte wegen Diebstahls an den Fahrrädern zu verurteilen. Unbeschadet der Frage, ob eine Wegnahme der Fahrräder durch die Angeklagte als Leiterin der Asservatenstelle rechtlich möglich wäre, weist jedenfalls die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Vorstellung der Angeklagten von einer Eigentums-aufgabe an den Fahrrädern – wie der Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigt hat – keine Rechtsfehler auf.

302. Die Strafzumessung des Landgerichts hält – eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes – sachlich-rechtlicher Nachprüfung ebenfalls stand. Die Strafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Strafkammer hat hierbei alle maßgeblichen Strafzumessungsfaktoren in den Blick genommen und bei der Annahme minder schwerer Fälle nach § 332 Abs. 1 Satz 2 StGB jeweils auch rechtsfehlerfrei in ihre Gesamtwürdigung eingestellt, dass ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall nach § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt ist. Die konkret zugemessene Strafe unterschreitet den tatgerichtlichen Ermessensspielraum nicht. Soweit die Generalsstaatsanwaltschaft einzelne Umstände herausgreift und beanstandet, erschöpfen sich die Ausführungen in bloßen eigenen Wertungen. Dass das Landgericht nicht jeden denkbaren Gesichtspunkt in den Urteilsgründen erörtert hat, stellt keinen Rechtsfehler dar. Denn nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO sind nur die bestimmenden Strafzumessungsumstände aufzunehmen.

Gericke                      Mosbacher                      Köhler

                Resch                              Werner

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:020725U5STR180.25.0

Fundstelle(n):
GAAAK-06115