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BGH Beschluss v. - 3 StR 420/25

Instanzenzug: Az: 4 KLs 11/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten schuldig gesprochen „im Hinblick auf die Zeugin V.“ der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und mit versuchter Erpressung, „im Hinblick auf die Zeugin K.“ des sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit räuberischer Erpressung und mit Bedrohung sowie „im Hinblick auf die Nebenklägerin“ der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit versuchter räuberischer Erpressung. Es hat ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.

I.

2Erst nachdem der Angeklagte das Rechtsmittel eingelegt hatte, hat sich die Nebenklägerin gemäß § 396 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32d Satz 2 StPO wirksam dem Verfahren angeschlossen. Dies stellt der Senat fest (§ 396 Abs. 2 StPO).

3Hierzu gilt:

4Die Anschlusserklärung der nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 3 StPO anschlussberechtigten Nebenklägerin mit Schriftsatz ihres rechtsanwaltlichen Vertreters vom ist lediglich per Telefax und Post bei einer Polizeibehörde eingegangen. Mit den Akten ist das Dokument zwar zunächst an die Staatsanwaltschaft und später an das Landgericht, die in § 396 Abs. 1 StPO vorgeschriebenen Adressaten, weitergeleitet worden. Dies entspricht jedoch nicht der Regelung des § 32d Satz 2 StPO. Danach ist die Anschlusserklärung grundsätzlich als elektronisches Dokument zu übermitteln, soweit sie von einem Rechtsanwalt für den Nebenkläger schriftsätzlich angebracht wird (zu den Anforderungen s. , NStZ-RR 2023, 54 f.). Dass hier ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte (§ 32d Satz 3 und 4 StPO), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mangels der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen ist der Zulassungsbeschluss der Strafkammer vom – auch in Anbetracht seiner hinsichtlich der Erpressungsdelikte (§ 395 Abs. 3 StPO) für die materiellen Voraussetzungen der Anschlussbefugnis konstitutiven Wirkung – damit ins Leere gegangen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 365/23, juris Rn. 2; vom – 2 StR 375/24, juris Rn. 5 mwN; vom – 2 StR 320/25, juris).

5Allerdings sind die formwirksam übermittelten Schriftsätze des rechtsanwaltlichen Vertreters vom 5. März und , mit denen die Nebenklägerin beantragt hat, die Revision des Angeklagten zu verwerfen, als Anschlusserklärungen zu beurteilen. Der Anschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig (§ 395 Abs. 4 Satz 1 StPO), mithin auch während des Revisionsverfahrens (s. , juris). Mit den benannten Anträgen hat die Nebenklägerin die prozessualen Beteiligungsrechte ausgeübt, die aus der von ihr als zugelassen angenommenen Nebenklage resultieren (zu diesen Beteiligungsrechten beim Rechtsmittel eines anderen Verfahrensbeteiligten s. BT-Drucks. 10/5305 S. 15; LR/Wenske, StPO, 27. Aufl., § 400 Rn. 27; ferner Schmitt/Köhler/Schmitt, StPO, 68. Aufl., § 400 Rn. 1). Damit hat sie ihren Willen, sich dem Verfahren anzuschließen, deutlich zum Ausdruck gebracht. Dies genügt (ähnlich für einen formwirksamen Bestellungs- oder Beiordnungsantrag BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 423/13, juris Rn. 1; vom – 4 StR 174/24, juris; für die Revisionseinlegung BGH, Entscheidung vom – 3 StR 185/69, bei Dallinger MDR 1970, 732; NK-StPO/Putzke, § 396 Rn. 2).

II.

6Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die aufgrund der Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, unterliegt allerdings der Schuldspruch der Änderung:

7Die Urteilsformel lässt das Konkurrenzverhältnis zwischen den drei Taten je zum Nachteil eines der Opfer nicht klar erkennen. Außerdem ist davon abzusehen, die Namen der Geschädigten in den Tenor aufzunehmen. Darüber hinaus hat das Landgericht verschiedene Strafgesetze, die es ohne Rechtsfehler als verletzt erachtet hat, nicht in der gebotenen Weise eindeutig kenntlich gemacht, so die versuchte räuberische Erpressung (§ 260 Abs. 4 Satz 2 StPO) im Fall II. 1. der Urteilsgründe, den besonders schweren sexuellen Übergriff, die besonders schwere räuberische Erpressung und die Bedrohung mit einem Verbrechen im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie die besonders schwere Vergewaltigung und die versuchte besonders schwere räuberische Erpressung im Fall II. 3. der Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 297/09, NStZ 2010, 101; vom – 3 StR 344/20, juris Rn. 2 f.; MüKoStPO/Maier, 2. Aufl., § 260 Rn. 286b; TK-StGB/Eisele, 31. Aufl., § 177 Rn. 155, jeweils mwN).

8Der Senat ändert den Schuldspruch deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchverböserung wird durch § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gehindert (s. , juris Rn. 2 mwN). Da sich lediglich die Urteilsformel als defizitär erweist, wohingegen die vom Landgericht vorgenommene rechtliche Würdigung und in der Folge die von ihm zugrunde gelegten Strafrahmen keinen rechtlichen Bedenken begegnen, sind Auswirkungen auf den Strafausspruch ausgeschlossen.

Schäfer                        Berg                        Erbguth

                 Kreicker                    Munk

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:281025B3STR420.25.0

Fundstelle(n):
WAAAK-06114