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BVerwG Urteil v. - 4 CN 3.24

Auswirkungen einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde auf den Lauf der Planungsschadensfrist

Leitsatz

1. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Planungsschadensfrist nach § 42 Abs. 2 BauGB scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Eigentümer das Nutzungshindernis freiwillig selbst (mit-)begründet hat.

2. Die Anwendung der Planungsschadensfrist gemäß § 43 Abs. 3 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB auf den Fall einer sog. "isolierten eigentumsverdrängenden Planung" begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: OVG 10 A 15.19 Urteil

Tatbestand

1Die Antragstellerin wendet sich gegen den im Januar 2019 beschlossenen Bebauungsplan IV-23 des Antragsgegners.

2Das 3 691 m² große Plangebiet umfasst vier Grundstücke in einem Baublock im Bezirk B., Ortsteil P. Das im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstück A. Straße 16 ist - abgesehen von einem Grenzüberbau des auf dem benachbarten Grundstück A. Straße 17 errichteten Wohngebäudes - unbebaut. Es wird ebenso wie das unbebaute Grundstück S. Straße 51 als Grünfläche mit Spielplatz genutzt. Das Grundstück S. Straße 52 ist mit einem Wohngebäude bebaut. Dem Bestand entsprechend weist der angegriffene Bebauungsplan das Grundstück der Antragstellerin zu großen Teilen als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Öffentlicher Spielplatz aus.

3Nach dem Aufstellungsbeschluss im Februar 1994 hatten die damaligen Eigentümer der Grundstücke A. Straße 16 und 17 mit dem Land B. im Oktober 1994 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Der Vertrag regelt u. a. die unentgeltliche Bereitstellung des Grundstücks der Antragstellerin für die Nutzung als öffentliche Grünfläche mit Kinderspielplatz und Durchwegung sowie die Sicherung der Nutzung durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Antragsgegners. Im Mai 1995 erklärten die damaligen Eigentümer der Grundstücke, die künftigen Festsetzungen des Vorentwurfs zum Bebauungsplan IV-23 anzuerkennen. Die 1996 im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit wurde im Januar 2014 nach dem Erwerb des Grundstücks durch die Antragstellerin im Wege der Zwangsversteigerung im September 2013 gelöscht.

4Das Oberverwaltungsgericht hat dem Normenkontrollantrag stattgegeben. Der Bebauungsplan leide an einem beachtlichen Abwägungsfehler. Der Antragsgegner habe weder überschlägig den zutreffenden Verkehrswert des Grundstücks der Antragstellerin und den möglichen Umfang zu leistender Entschädigung nach § 42 Abs. 2 BauGB ermittelt und in die Abwägung eingestellt noch hinreichend nachgehalten, ob und inwieweit der Antragstellerin ein Recht auf Bebauung zustehe. Bei dem Grundstück der Antragstellerin handele es sich um bebaubares Land im unbeplanten Innenbereich. Gegenteiliges folge nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom Oktober 1994 und dem Anerkenntnis vom Mai 1995. Die Entschädigung sei nicht auf der Basis der tatsächlich ausgeübten Nutzung nach § 42 Abs. 3 und § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB zu bestimmen. Die Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB sei im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans noch nicht abgelaufen gewesen. Die für den Fristbeginn maßgebende Nutzbarkeit des Grundstücks als bebaubare Fläche sei für die Antragstellerin erst mit dem Erwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung entstanden. Damit sei die beschränkte persönliche Dienstbarkeit entfallen und die Möglichkeit einer baulichen Nutzung des Grundstücks wiederaufgelebt. Es sei der Antragstellerin auch nicht verwehrt, sich auf den Abwägungsfehler zu berufen.

5Mit der Revision macht der Antragsgegner im Wesentlichen geltend: Der Bebauungsplan leide nicht an rechtserheblichen Abwägungsmängeln. Die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, dass eine Entschädigung nach dem Baulandwert in die Abwägung einzustellen sei, weil die zu seinen Gunsten bestellte Dienstbarkeit der zulässigen baulichen Nutzung des Grundstücks entgegengestanden und deshalb den Lauf der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB gehindert habe. Im Übrigen habe die vormalige Grundstückseigentümerin im Vertrag von Oktober 1994 und mit dem Anerkenntnis vom Mai 1995 auf ihren Rechtsanspruch nach § 34 BauGB verzichtet.

6Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Gründe

7Die Revision ist zulässig und begründet. Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts führen weder auf eine anderweitige Ergebnisrichtigkeit (§ 144 Abs. 4 VwGO) noch erlauben sie eine abschließende Entscheidung des Senats nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Das erfordert die Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

81. Der entscheidungstragenden Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Bebauungsplan leide an einem beachtlichen Abwägungsmangel, weil er die Größenordnung einer möglichen Entschädigung für die Überplanung des Grundstücks der Antragstellerin nicht nach dem Baulandwert ermittelt und deren Belange deshalb nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt habe, liegt ein bundesrechtswidriges Verständnis des § 42 Abs. 2 und 3 BauGB zu Grunde.

9a) Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, die sich mit den Anforderungen decken, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat, wonach bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Die für eine Bauleitplanung angeführten beachtlichen Allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Daher hat die Gemeinde die Nachteile einer Planung für den Planunterworfenen zu berücksichtigen. Schränkt sie bestehende Baurechte ein, muss sie diese Tatsache und den möglichen Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen nach § 42 BauGB in die Abwägung einstellen (stRspr, vgl. nur 4 CN 2.16 - BVerwGE 156, 336 Rn. 12 m. w. N.). Dies gilt auch bei den in § 40 BauGB aufgeführten Festsetzungen, die einem Grundstück die Privatnützigkeit entziehen (§ 42 BauGB i. V. m. § 43 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB; vgl. 4 NB 16.90 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 51 S. 36). Dabei genügt es, wenn sich die Gemeinde einen Eindruck über die ungefähre Größenordnung etwaiger Entschädigungsansprüche verschafft. Es ist nicht geboten, die Höhe möglicher Entschädigungsleistungen im Einzelnen zu ermitteln (vgl. 4 BN 29.03 - juris Rn. 7). Diese Anforderungen hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend zugrundegelegt.

10b) Ohne Bundesrechtsverstoß hat die Vorinstanz angenommen, dass das Grundstück der Antragstellerin bei der Abwägung als Bauland (§ 34 BauGB) einzustellen war. Abweichendes ergibt sich entgegen der Revision weder aus dem öffentlichen-rechtlichen Vertrag von Oktober 1994 noch dem Anerkenntnis vom .

11aa) Nach der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht beansprucht der Vertrag mangels Rechtsnachfolgetatbestand nur Geltung zwischen den Vertragsparteien - der vormaligen Grundstückseigentümerin und dem Antragsgegner - und betrifft ein rein schuldrechtliches (Austausch)Verhältnis ohne dingliche Wirkung. Diese Auslegung ist Teil der dem Tatsachengericht vorbehaltenen Sachverhaltsermittlung und für den Senat daher bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Für einen Verstoß gegen die Denkgesetze, die allgemeinen Erfahrungssätze oder die allgemeinen Auslegungsregeln, der die Bindungswirkung entfallen ließe (vgl. 4 B 2.23 - juris Rn. 4 f. m. w. N.), ist nichts dargetan oder ersichtlich.

12bb) Aus dem - wegen des geplanten Grenzüberbaus durch die auf dem Nachbargrundstück vorgesehene Wohnbebauung (vgl. zum Zustimmungserfordernis des Eigentümers Stock, in: Ernst/​Zinkahn/​Bielenberg/​Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2025, § 33 Rn. 57) abgegebenen - Anerkenntnis der vormaligen Grundstückseigentümerin vom folgt nicht, dass die Belange der Antragstellerin mit einem geringeren Gewicht in die Abwägung eingestellt werden durften. Ein Anerkenntnis nach § 33 BauGB hat zwar insoweit "dingliche Wirkung", als damit eine öffentliche Last auf dem Grundstück liegt, die den baurechtlichen Status des Grundstücks in bauplanungsrechtlicher Hinsicht festlegt. Diese Wirkung besteht aber zeitlich nicht unbegrenzt fort; sie endet jedenfalls mit der Bekanntmachung des Bebauungsplans. Das Anerkenntnis kompensiert lediglich die während der Planaufstellung noch fehlende Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplan-Entwurfs. Seine Funktion besteht nicht darin, den Bauherrn (oder seinen Rechtsnachfolger) im Fall einer fehlgeschlagenen Inkraftsetzung des Bebauungsplans zeitlich unbegrenzt oder bis zu einer erfolgreichen Reparatur an die anerkannten Festsetzungen zu binden. Ein Anerkenntnis schließt daher auch - für sich genommen - nicht aus, dass sich der Anerkennende oder sein Rechtsnachfolger nach der Bekanntmachung auf die Unwirksamkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans beruft (vgl. 4 C 6.17 - BVerwGE 164, 40 Rn. 19, 21, 31). Wegen der zeitlich begrenzten Überbrückungsfunktion und der erforderlichen Planreife (vgl. dazu 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 <37> m. w. N.) ist für die Abwägung der bauplanungsrechtliche Status ohne Anerkenntnis maßgeblich.

13Das Oberverwaltungsgericht ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass die Wirkung des Anerkenntnisses von Mai 1995 bereits wegen Zeitablaufs entfallen war. Der Zulässigkeitstatbestand des § 33 BauGB darf nur in einem begrenzten zeitlichen Rahmen angewendet werden ( 4 C 6.17 - BVerwGE 164, 40 Rn. 23). Die Vorschrift dient der Überbrückung eines eher kurzen Zeitraums und fordert von der planenden Gemeinde, dass die Voraussetzungen für das Inkrafttreten eines Bebauungsplans unverzüglich geschaffen werden, um die Verwirklichung von Vorhaben zu ermöglichen, die nach den §§ 30, 34 oder 35 BauGB unzulässig sind. § 33 BauGB darf daher nicht so gehandhabt werden, dass der für diese Regelung typische Vorgriff auf einen Bebauungsplan ins Leere geht oder als taktisches Mittel herhält ( 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 <39> und vom - 4 C 7.21 - NVwZ 2023, 1350 Rn. 24). Der Antragsgegner kann der Antragstellerin die "dingliche Wirkung" des Anerkenntnisses daher auch deshalb nicht entgegenhalten, weil nach dessen Abgabe im Mai 1995 bis zur Wiederaufnahme des Planaufstellungsverfahrens fast zwanzig Jahre und bis zur Beschlussfassung weitere vier Jahre vergangen sind und damit von einem eher kurzen Überbrückungszeitraum nicht die Rede sein kann.

14c) Allerdings ist das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass in die Abwägung der mögliche Umfang einer Entschädigung aufgrund der zulässigen Nutzung des Grundstücks gemäß § 42 Abs. 2 BauGB, § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB einzustellen war. Die Annahme der Vorinstanz, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit habe den Lauf der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB unterbrochen, verletzt Bundesrecht.

15§ 42 Abs. 1 BauGB sieht vor, dass der Eigentümer eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, wenn die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert wird und dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Wird die zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, bemisst sich die Entschädigung gemäß § 42 Abs. 2 BauGB nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt. Nach Ablauf dieser Frist kann der Eigentümer gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen.

16aa) § 42 BauGB geht auf die Novelle des Bundesbaugesetzes im Jahr 1976 und die dabei neugefasste Vorgängernorm des § 44 BBauG zurück, mit der der Gesetzgeber das Planungsschadensrecht grundlegend dahin verändert hat, dass für die zulässige städtebauliche Nutzung eines Grundstücks entschädigungsrechtlich grundsätzlich nur noch ein befristeter Schutz von sieben Jahren gewährt werden sollte (vgl. - BVerfGE 138, 64 Rn. 94 f.). Anlass hierfür war, dass nach dem bis dahin geltenden Recht alle einmal eingeräumten städtebaulichen Nutzungsmöglichkeiten ungeachtet ihrer Ausnutzung uneingeschränkt geschützt wurden, was zu drückend hohen Entschädigungslasten führte, die sich für die Gemeinden zunehmend als ein Hemmnis für die städtebauliche Entwicklung erwiesen. Zur Lösung dieses Problems hat der Gesetzgeber den Ersatz von Planungsschäden auf sogenannte "verwirklichte" Nutzungen beschränkt, im Übrigen aber für nicht verwirklichte Nutzungen eine entschädigungsrechtliche Schutzfrist von sieben Jahren bestimmt (vgl. BT-Drs. 7/2496 S. 55 f.; BT-Drs. 7/4793 S. 2, 17 f. zu § 44 BBauG). Nach deren Ablauf stelle sich die eröffnete Möglichkeit der Nutzung in enteignungsrechtlichem Sinne nachträglich als eine nicht ausgenutzte Chance dar, die als solche nicht (mehr) zu entschädigen sei (vgl. BT-Drs. 7/2496 S. 56).

17bb) Die zulässige Nutzung im Sinne von § 42 BauGB bestimmt sich grundsätzlich nach den bauplanungsrechtlichen Vorschriften (§§ 30 ff. BauGB). Entschädigt werden Beeinträchtigungen des Eigentums im Sinne einer Rechtsposition. Voraussetzung ist, dass auf die Genehmigung der bisher zulässigen Nutzung ein Rechtsanspruch bestand; daher muss auch die Erschließung gesichert sein (vgl. - BGHZ 135, 192 <196>; Battis, in: Battis/​Krautzberger/​Löhr, BauGB, 16. Aufl. 2025, § 42 Rn. 4; Paetow, in: Schlichter/​Stich/​Driehaus, Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Oktober 2015, § 42 Rn. 13; Breuer, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 42 Rn. 20). Die Siebenjahresfrist ist "grundstücksbezogen". Maßgeblich ist daher nicht, ab welchem Zeitpunkt ein bestimmter, namentlich der aktuelle Eigentümer die Nutzung verwirklichen kann (vgl. Bracher, in: Bracher/​Reidt/​Schiller, Bauplanungsrecht, 9. Aufl. 2022, Rn. 16.46). Sie beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem eine bestimmte bauliche Nutzung zulässig wird (vgl. § 42 Abs. 2 BauGB "ab Zulässigkeit"). Im unbeplanten Innenbereich kommt es darauf an, wann die rechtliche Nutzungsmöglichkeit nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB entstanden ist. Für im Beitrittsgebiet gelegene Grundstücke war die Nutzung als Baugrundstück nach § 34 BauGB frühestens ab dem möglich (vgl. - ZfBR 2007, 788 <789>).

18cc) Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Unterbrechung oder Hemmung der Siebenjahresfrist in Betracht kommt, bedarf keiner näheren Prüfung (vgl. zu einer vorübergehenden Veränderungssperre, mit deren Beendigung keine Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung vorgenommen wird, - BGHZ 118, 11 <19>; Breuer, in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 42 Rn. 78 m. w. N.; Runkel/​Wahlhäuser, in: Ernst/​Zinkahn/​Bielenberg/​Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2025, § 42 Rn. 107). Eine Fristhemmung oder -unterbrechung scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Eigentümer das Nutzungshindernis freiwillig selbst (mit-)begründet hat. Es widerspräche dem Zweck des § 42 Abs. 2 BauGB als "generalisierender Fristenbestimmung" zur Limitierung von Entschädigungsansprüchen (vgl. BT-Drs. 7/4793 S. 40 f.; - BVerfGE 138, 64 Rn. 96; vgl. auch - ZfBR 2016, 774 Rn. 24 "entschädigungsrechtliche Grundentscheidung"), wenn der Lauf der Frist und damit auch der Umfang der Entschädigung durch privatautonome Entscheidungen, etwa die Begründung privatrechtlicher Nutzungshindernisse, individuell beeinflusst werden könnte. Aus dem - (BGHR BBauG § 44 Abs. 1 Wertminderung 1) ergibt sich nichts Anderes. Er betrifft allein die (verneinte) Kausalität zwischen der Wertminderung und der Änderung der zulässigen Nutzung im Falle einer schon zuvor auf dem Grundstück lastenden privatrechtlichen Nutzungsbeschränkung.

19dd) Die Ausnahmevorschriften in § 42 Abs. 5 bis 7 BauGB stützen dieses Verständnis. Mit den dort geregelten besonderen Vertrauenstatbeständen sollen Härten und Unbilligkeiten vermieden werden, wenn einem Eigentümer die Verwirklichung einer zulässigen Nutzung innerhalb der siebenjährigen Schutzfrist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich war (vgl. BT-Drs. 7/4793 S. 17, 40). Dabei hat der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung in § 42 Abs. 5 BauGB bewusst auf die Sicherungsinstrumente der Bauleitplanung (§§ 14, 15 BauGB) beschränkt. Die Norm ist abschließend (vgl. - BVerfGE 138, 64 Rn. 96; - ZfBR 2016, 774 Rn. 28 f.). Die von der Antragstellerin als geboten erachtete Gleichstellung einer zugunsten der öffentlichen Hand bestellten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit den Sicherungsinstrumenten der §§ 14, 15 BauGB scheidet daher aus.

20Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit hatte danach entgegen der Auffassung der Vorinstanz keinen Einfluss auf den Lauf der Siebenjahresfrist. Ihre Bestellung beruhte - ebenso wie der öffentlich-rechtliche Vertrag mit dem Antragsgegner und das Anerkenntnis - auf der privatautonomen Entscheidung der vormaligen Eigentümerin, auf eine Bebauung ihres Grundstücks zugunsten einer Bebauung des Nachbargrundstücks zu verzichten. Damit fehlt es gerade an einem vom Eigentümer nicht zu vertretenden Grund für die unterlassene Verwirklichung der zulässigen Nutzung. Die unterlassene Ausnutzung der Bebauungsmöglichkeit durch die Voreigentümerin muss sich die Antragstellerin zurechnen lassen (vgl. - ZfBR 2016, 774 Rn. 29).

21ee) Entgegen der auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. - BGHZ 190, 227, nachfolgend - BVerfGE 138, 64) gestützten Auffassung der Antragstellerin begegnet die Anwendung der Siebenjahresfrist nach § 43 Abs. 3 Satz 2, § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB auf den Fall einer sogenannten "isolierten eigentumsverdrängenden Planung" keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

22Die Inanspruchnahme einzelner unbebauter privater Grundstücke durch eine sogenannte herabzonende Planung zur Schaffung von Gemeinbedarfsflächen ist ein Umstand, der unter dem Gesichtspunkt der Lastengleichheit bereits bei der Entscheidung über die Rechtsänderung zu berücksichtigen ist. Die Entschädigungspflicht nach § 42 BauGB soll nur einen Ausgleich für die infolge einer rechtmäßigen und wirksamen Umplanung entstehende Wertminderung auf der Sekundärebene bieten, kann jedoch für sich genommen auf der Primärebene die Planänderung städtebaulich nicht rechtfertigen. Die planende Gemeinde muss bei einer Aufhebung oder Änderung der bisher zulässigen Nutzung im Rahmen ihrer Abwägung (in einem ersten Schritt) stets prüfen, ob die sogenannte herabzonende Überplanung des Grundstücks städtebaulich gerechtfertigt und ob der dadurch bewirkte Entzug bestehender Baurechte und der Privatnützigkeit mit der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie vereinbar ist, die auch die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes umfasst (vgl. - NVwZ 2003, 727; 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506 <1507>. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten ( - BVerfGE 100, 226 <245>). Insoweit ist auch zu untersuchen, ob das Planvorhaben gleich gut auf Grundstücksflächen der öffentlichen Hand verwirklicht werden kann (vgl. a. a. O. <728>; a. a. O. <1507>). Eine Festsetzung, die aufgrund des gewählten Standorts die Nutzbarkeit nur bestimmter Grundstücke empfindlich beschneidet, entspricht den Anforderungen einer gerechten Abwägung unter dem Gesichtspunkt der Lastengleichheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich nur, wenn für die Festsetzung gerade an dieser Stelle sachlich einleuchtende Gründe bestehen (vgl. a. a. O. <728>). Wird eine Bauleitplanung diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben gerecht, ist eine Minderung des Bodenwertes bei nicht innerhalb der Siebenjahresfrist ausgenutzter Bauberechtigung über den Ausgleich gemäß § 42 Abs. 3 BauGB i. V. m. § 43 Abs. 3 Satz 2 und § 95 Abs. 2 Nr. 7 BauGB hinaus entschädigungslos hinzunehmen.

23d) Die Ausführungen der Vorinstanz, der Antragsgegner habe sich kein hinreichendes Bild von den aus der Eigentumsposition folgenden Nutzungsrechten der Antragstellerin verschafft, sind nicht entscheidungstragend. Das Oberverwaltungsgericht sieht darin keinen selbständigen Abwägungsmangel. Der Antragsgegner habe hinsichtlich der zulässigen Nutzung zwar eine zweistufige bzw. alternative Abwägung vorgenommen, sei aber "vornehmlich - ohne nähere Prüfung - von einer irgendwie rechtlich begründeten Einschränkung des Entschädigungsumfangs ausgegangen". Der Sache nach erschöpfen sich diese Ausführungen in Vermutungen dazu, warum der Antragsgegner die ungefähre Größenordnung einer Entschädigung für Bauland nicht ermittelt und in die Abwägung eingestellt hat. Die insoweit erhobenen Verfahrensrügen gehen ins Leere.

242. Der Senat kann das Urteil mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen weder als im Ergebnis richtig bestätigen (§ 144 Abs. 4 VwGO) noch gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO abschließend entscheiden.

25Zwar dürfte das Grundstück der Antragstellerin aufgrund seiner Lage in einem Baublock mit mehrgeschossiger Wohnbebauung im unbeplanten Innenbereich bereits ab dem nach § 34 BauGB bebaubar und die Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB mangels Hemmung oder Unterbrechung durch die beschränkte persönliche Dienstbarkeit daher schon vor Inkrafttreten des Bebauungsplans im Januar 2019 abgelaufen gewesen sein. Das Oberverwaltungsgericht hat sich aber mit den von der Antragstellerin weiter erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans (u. a. unzulässige Verhinderungsplanung, mangelnde Finanzierbarkeit, kein relevantes Defizit an Grünflächen und Spielplätzen, Vorhandensein vorrangiger Alternativstandorte) nicht befasst und dazu keine Tatsachenfeststellungen getroffen, die auch für die Frage Bedeutung haben, ob die Abwägung den o. g. Anforderungen an eine eigentumsverdrängende Planung im Sinne von § 40 BauGB gerecht wird. Das nötigt zur Zurückverweisung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:160925U4CN3.24.0

Fundstelle(n):
YAAAK-06054