Instanzenzug: LG Fulda Az: 1 KLs 422 Js 14901/22
Gründe
1Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang mit Urteil vom unter Freisprechung im Übrigen wegen „Vergewaltigung in Tateinheit mit Herstellung jugendpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und des Persönlichkeitsrechts durch Bildaufnahmen sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen, jeweils begangen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, davon in sieben Fällen zudem begangen in Tateinheit mit der Herstellung von kinderpornographischen Inhalten sowie der Herstellung von kinderpornographischen Inhalten in zwei Fällen sowie des Besitzes von kinderpornographischen Inhalten“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom (2 StR 280/24) – in sieben Fällen unter Änderung des Schuldspruchs und unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen Il.8 bis II.15 und Il.18 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
3Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht den Angeklagten abermals zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensbeanstandung kommt es nicht mehr an.
41. Die Strafzumessung des Landgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung insgesamt nicht stand.
5a) Das Landgericht hat in den Fällen II.14 und II.18 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten ohne nähere Erläuterung Einzelstrafen in gleicher Höhe wie im ersten Rechtsgang verhängt. Dies erweist sich als rechtsfehlerhaft.
6Hält der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter im zweiten Rechtsgang eine gleich hohe Strafe wie im ersten Rechtsgang für tat- und schuldangemessen, hat er dies, wenn er – wie im Fall II.18 der Urteilsgründe – von einem niedrigeren Strafrahmen bzw. – wie im Fall II.14 der Urteilsgründe – von einem tateinheitlich mitverwirklichten Delikt mit geringerer Strafdrohung auszugehen hat, eingehend zu begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 149/89, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 13; vom – 1 StR 196/20, Rn. 6, und vom – 3 StR 445/22, NStZ 2024, 154).
7Diesem Erfordernis wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat die Strafzumessung in den Fällen II.14 und II.18 der Urteilsgründe formelhaft damit begründet, auf der „Grundlage der bindenden Feststellungen zur Strafzumessung und nach Abwägung all dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände“ erachte es Einzelstrafen wie im ersten Rechtsgang verhängt „für tat- und schuldangemessen“. Diesen Ausführungen des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen es trotz der ab dem reduzierten Strafdrohung des § 184b StGB, die Anlass der Aufhebung des Strafausspruchs im ersten Rechtsgang war, auf gleich hohe Strafen wie im ersten Rechtsgang erkannt hat.
8b) Auch in den Fällen II.8 bis II.13 und II.15 der Urteilsgründe lassen die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht erkennen, dass die Strafkammer bei der Bestimmung der Einzelstrafen eine eigenständige Gewichtung vorgenommen hat. Die Strafkammer hat zur Begründung ihrer Zumessungsentscheidung auch insoweit lediglich pauschal auf ihre Bindung durch die bereits im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen verwiesen und „nach Abwägung all dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände“ Einzelstrafen zugemessen.
9Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung des Strafausspruchs nicht. Das Tatgericht ist nach § 267 Abs. 3 StPO nicht nur verfahrensrechtlich, sondern auch materiell-rechtlich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen. Die Bewertungsrichtung und das Gewicht der Strafzumessungstatsachen bestimmt zwar in erster Linie das Tatgericht, dem hierbei von Rechts wegen ein weiter Entscheidungs- und Wertungsspielraum eröffnet ist (st. Rspr.; vgl. , Rn. 7 mwN). Jedoch müssen die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen in den Urteilsgründen so dargestellt werden, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung in dem vorstehend dargelegten Umfang möglich ist (vgl. , Rn. 23). Die allgemein gehaltene Begründung des Landgerichts, es habe eine Abwägung aller Umstände stattgefunden, ermöglicht dem Senat nicht die Prüfung, ob das Tatgericht seiner Pflicht zur eigenständigen Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände tatsächlich nachgekommen ist.
10c) Bereits die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Senat hebt mit dem Strafausspruch auch die im zweiten Rechtsgang ergänzend getroffenen Feststellungen mit auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
112. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht wird bei der Zumessung neuer Strafen die Dauer des Verfahrens und die dem Angeklagten dadurch entstandenen Belastungen einzustellen haben (vgl. , BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zeitablauf 4 Rn. 3).
Menges Zeng Meyberg
Lutz Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:221025B2STR312.25.0
Fundstelle(n):
OAAAK-05940