Instanzenzug: LG Görlitz Az: 4 KLs 213 Js 22938/23 jug
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je fünfzehn Euro und den Angeklagten A. S. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten A. S. ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, während die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten A. – dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend – den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg erzielt und im Übrigen unbegründet ist (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf in Bezug auf die Revision des Angeklagten A. nur das Folgende:
21. Die zulässige Rüge einer Verletzung von § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO hat zum Strafausspruch Erfolg. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
Der Revision kann auf die Verfahrensbeanstandung nach § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO ein Teilerfolg zum Strafausspruch nicht versagt bleiben:
Die Rüge ist zulässig. Nach dem Beschwerdevorbringen hat der Verteidiger in der Hauptverhandlung im Zuge seines Schlussvortrags beantragt, den Angeklagten unter Vorbehalt einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu verwarnen. Ausgehend hiervon hätte das Landgericht gemäß § 267 Abs. 3 Satz 4 Hs. 2 StPO im Urteil darlegen müssen, weshalb es diesem Antrag nicht nachgekommen ist, obschon die beantragte Vorgehensweise nach § 59 StGB abstrakt rechtlich statthaft gewesen wäre. Dieser Begründungspflicht ist das Landgericht nicht nachgekommen. Die Gesetzesverletzung muss zur Urteilsaufhebung führen, weil § 267 Abs. 3 Satz 4 Hs. 2 StGB strikt zu verstehen ist. Die unterbliebenen Ausführungen zu § 59 StGB können durch Erwägungen des Revisionsgerichts nicht ersetzt werden.
3Dem verschließt sich der Senat letztlich nicht. Die zugehörigen Feststellungen werden vom Rechtsfehler nicht berührt und bleiben deshalb bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO).
42. Die weitergehenden – da auch die Feststellungen zum Strafausspruch betreffenden – Beweisantragsrügen bleiben ohne Erfolg:
5Das Landgericht hat die Beweisanträge vom (Zeuge Al. , Zeugin S. ) zutreffend wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO) abgelehnt, da es sich aus der Inaugenscheinnahme mehrerer Videos selbst ein Bild vom Tatgeschehen gemacht und einem früheren Verhalten des Angeklagten oder von Zeugen keine ausschlaggebende Bedeutung für das Verhalten in der Tatnacht zugemessen hat. Auch die Zurückweisung des Antrags auf Verlesung eines Strafbefehlsantrags gegen den Zeugen V. ist rechtsfehlerfrei auf diesen Ablehnungsgrund gestützt worden. Bei dem Antrag vom auf Vernehmung der Zeugin S. handelte es sich – soweit vorherige Probleme mit Zeugen unter Beweis gestellt wurden – mangels hinreichender Konkretisierung etwaiger Beweistatsachen und mangels Ausführungen zur konkreten Wahrnehmung nicht um einen Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO. Im Übrigen hat die Strafkammer zutreffend darauf abgestellt, dass sie die entsprechenden Videos selbst in Augenschein genommen hat und es deshalb nicht auf die Interpretationen von Videos durch eine Zeugin ankommt. Zu den Beweisanträgen betreffend die Zeugen K. und Ka. hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass keine konkreten Tatsachen unter Beweis gestellt worden sind. Der Antrag auf Inaugenscheinnahme eines Videos war auf eine unzulässige Wiederholung der Beweisaufnahme gerichtet, da die bloße Markierung einer Person in dem (bereits in Augenschein genommenen) Video dieses Beweismittel nicht zu einem anderen macht (vgl. , NStZ-RR 2022, 55).
63. Obwohl die Angeklagten in unterschiedlichen Situationen verschiedene körperliche Angriffe gegen unterschiedliche Geschädigte vorgenommen haben, hat das Landgericht ihr Verhalten jeweils nur als eine Tat bewertet. Greift der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss sowie engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang allerdings regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (vgl. mwN). Das Vorgehen des Landgerichts beschwert die Angeklagten indes nicht.
74. Dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend hat der Senat die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Görlitz – Strafrichter – zurückverwiesen (§ 354 Abs. 3 StPO).
Gericke Mosbacher Resch
von Häfen Werner
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:171125B5STR566.25.0
Fundstelle(n):
HAAAK-05630