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BBK Nr. 23 vom Seite 1047

Neueste Entwicklungen beim unzutreffenden Steuerausweis nach § 14c UStG

Anmerkungen zum „P-GmbH II“

Pascal Bender

Gleich zweimal hatte der EuGH auf Vorlageersuchen österreichischer Gerichte hin in demselben Rechtsstreit über Rechtsfragen zum unzutreffenden Steuerausweis und zu einer potenziellen Steuerschuld des Rechnungsausstellers (Art. 203 MwStSystRL, § 14c UStG) im Zusammenhang mit Rechnungen gegenüber Endverbrauchern zu entscheiden. Nach seinem Grundsatzurteil vom präzisierte der EuGH seine Rechtsprechung jüngst noch einmal mit Urteil vom . Der Beitrag beleuchtet die Hintergründe zum unzutreffenden Steuerausweis und ordnet die Folgen der Urteile für die nationale Besteuerungspraxis ein.

Kernaussagen
  • Die EuGH-Urteile in den Rs. P-GmbH I und II stärken die Rechtsposition von Unternehmern in Fällen des unzutreffenden Steuerausweises.

  • Der EuGH billigt insbesondere in anonymen Alltags- und Massengeschäften Schätzungen der Anteile an „unschädlichen“ (zu keiner Steuerschuld kraft Ausweis führenden) Endverbraucherrechnungen und „schädlichen“ (zu einer Steuerschuld kraft Ausweis führenden) Rechnungen an Unternehmer. Werden hierbei gleichartige Leistungen an Endverbraucher und Unternehmer erbracht, so kommt es explizit zu keiner Infektion der „unschädlichen“ Rechnungen durch „schädliche“ Rechnungen.

  • Das BMF sollte das bisherige Anwendungsschreiben vom unionsrechtskonform überarbeiten.

S. 1048

I. Hintergründe zum unzutreffenden Steuerausweis und Heranführung an die Problemstellung

[i]Rechnungsaussteller schuldet grundsätzlich auch unzutreffend ausgewiesene UmsatzsteuerArt. 203 MwStSystRL bzw. § 14c UStG regeln, dass ein Rechnungsaussteller, der in seiner Rechnung Umsatzsteuer zu hoch (= und damit unzutreffend) ausweist, diese Umsatzsteuer grundsätzlich auch gegenüber dem Fiskus schuldet. Typische Anwendungsfälle und Fehlerquellen, die zum Ausweis einer unzutreffenden Steuer führen, sind z. B. die Verkennung der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes, die Verkennung von Steuerbefreiungen oder die Verkennung der Nichtsteuerbarkeit eines Umsatzes (§ 14c Abs. 1 UStG), wobei in Fällen unredlicher Unternehmer z. B. auch Schein- oder Abdeckrechnungen zu einem unzutreffenden Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 UStG) führen.

Die Norm soll sowohl im Unionsrecht als auch im nationalen Recht der Gefährdung des Steueraufkommens entgegenwirken, präventiv zur Sorgfalt bei der Rechnungsausstellung anhalten und den Rechnungsaussteller bei einem unzutreffenden Steuerausweis für einen (potenziellen) Schaden zulasten des Steueraufkommens haftbar machen.

Da die Tatbestände des unrichtigen und unberechtigten Steuerausweises als sogenannte abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet sind, kommt es insbesondere nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger gegenüber dem Fiskus aus der Rechnung mit unzutreffendem Steuerausweis tatsächlich den Vorsteuerabzug ausgeübt hat, weil bereits eine bloße Gefährdung des Steueraufkommens, die aus einer solchen Rechnung resultiert, für die Haftung des Rechnungsausstellers genügt.

[i]Prüfschritte bei unzutreffendem SteuerausweisDer Ausgestaltung als abstraktes Gefährdungsdelikt ist indes immanent, dass bei jedem unzutreffenden Steuerausweis stets einzeln zu prüfen ist,