Leitsatz
Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes - hier: Berufungsbegründung - als elektronisches Dokument aus technischen Gründen bei einer Funktionsunfähigkeit der beA-Karte (im Anschluss an , NJW-RR 2024, 794 Rn. 18).
Gesetze: § 130d ZPO, § 520 Abs 2 ZPO, § 522 Abs 1 S 1 ZPO, § 522 Abs 1 S 2 ZPO
Instanzenzug: Az: 22 S 104/24vorgehend Az: 54 C 254/23
Gründe
I.
1Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz nach dem Rücktritt von einem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben.
2Hiergegen hat die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Das Landgericht hat die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum verlängert.
3An diesem Tag hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten per Telefax einen von ihr unterschriebenen Schriftsatz mit der Berufungsbegründung beim Berufungsgericht eingereicht. In diesem Schriftsatz findet sich folgende Passage:
"Wir reichen diese Berufungsbegründung vorab fristwahrend per Telefax ein, da es im beA-Postfach eine Softwareaktualisierung gibt und die alte beA-Karte der Unterzeichnerin derzeit nicht funktioniert. Es wurde bereits Kontakt zum beA-Support aufgenommen und es wird noch versucht, eine Freischaltung bis 20:00 Uhr am herbeizuführen."
4Nachdem das Berufungsgericht mit einer am übermittelten Verfügung darauf hingewiesen hatte, dass die Berufung bis zum Ablauf der verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht begründet worden und deshalb die Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtigt sei, hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten noch am selben Tag den vorbezeichneten Schriftsatz mit der Berufungsbegründung nochmals mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (im Folgenden: beA) an das Berufungsgericht übersandt und für die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
5Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat sie im Wesentlichen vorgetragen, sie habe am aufgrund einer Zertifikatsumstellung der beA-Karte keinen Zugang zu ihrem beA-Postfach gehabt, worüber sie noch am selben Tag den beA-Support informiert habe. Von diesem habe sie am die Nachricht erhalten, dass die notwendige Entkoppelung durchgeführt worden und die Registrierung mit der neuen beA-Karte nebst PIN möglich sei. Die Freischaltung sei aber erst am erfolgt.
6Zur Glaubhaftmachung hat die Prozessbevollmächtigte mehrere E-Mails der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer vorgelegt.
7Nachdem das Berufungsgericht mit Beschluss vom die Beklagte (erneut) darauf hingewiesen hatte, dass beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, da diese nicht form- und fristgerecht begründet worden sei, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom vorgetragen, die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung sei ein unvorhersehbares und unverschuldetes Ereignis gewesen. Die beA-Karte der Prozessbevollmächtigten sei bis zum gültig gewesen. Die Funktionsuntüchtigkeit der Karte sei der Prozessbevollmächtigten erst am , also dem Tag, an dem sie die Berufungsbegründung habe einreichen wollen, aufgefallen. Zuvor habe die Karte einwandfrei funktioniert.
8Zur Glaubhaftmachung hat die Beklagte unter anderem einen Screenshot des ihrer Prozessbevollmächtigten von der Bundesnotarkammer ausgestellten Zertifikats für deren am verwendete (alte) beA-Karte vorgelegt.
9Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
10Die Beklagte habe die Berufungsbegründung am nicht formwirksam und die am eingegangene Berufungsbegründung nicht fristgerecht eingereicht.
11Die am von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten per Telefax eingereichte Berufungsbegründung sei nicht formwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen der § 130d Satz 1, § 130a ZPO nicht genüge. Eine Ausnahme nach § 130d Satz 2 ZPO sei nicht anzunehmen. Der Beklagten sei es nicht gelungen, bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach die vorübergehende Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen nach § 130d Satz 3 ZPO glaubhaft zu machen.
12Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe zur Glaubhaftmachung geltend gemacht, es habe im beA-Postfach eine Softwareaktualisierung gegeben und ihre alte beA-Karte habe daher derzeit nicht funktioniert, so dass die Übermittlung mittels beA nicht habe erfolgen können. Der beA-Support sei noch am informiert worden und habe sich um eine Freischaltung bis 20:00 Uhr am bemüht. Eine Freischaltung sei erst am möglich gewesen.
13Aus diesen Ausführungen gehe nicht schlüssig und nachvollziehbar hervor, ob die Prozessbevollmächtigte der Beklagten die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorgehalten habe. Der beA-Account sei nach ihrem Vortrag für sie aufgrund fehlender neuer beA-Karte nicht nutzbar gewesen. Zwar führe etwa eine Störung des beA oder des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs sowie der temporäre Ausfall der Netzwerkkarte grundsätzlich zu einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit. Der zur Glaubhaftmachung gehaltene Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten lasse aber gerade offen, ob die Funktionsunfähigkeit auf einer technischen Störung beruht habe oder auf den Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer alten beA-Karte zurückzuführen gewesen sei. Zu den erforderlichen technischen Einrichtungen, die ein "professioneller Einreicher" für die Übermittlung elektronischer Dokumente vorzuhalten habe, gehöre nicht nur ein entsprechendes Endgerät, sondern auch die erforderliche gültige beA-Karte. Mangele es an der notwendigen Ausstattung, beruhe eine Unmöglichkeit der Übermittlung nicht auf technischen Gründen.
14Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe die Möglichkeit des Ablaufs der Gültigkeitsdauer ihrer beA-Karte als Störungsursache nicht ausgeräumt. Sie habe sich in ihrer Glaubhaftmachung nicht dazu geäußert, ob sie im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung überhaupt eine gültige beA-Karte vorgehalten habe oder ob und gegebenenfalls wann deren Gültigkeitsdauer abgelaufen gewesen sei. Sie sei auch nicht darauf eingegangen, wann sie Kenntnis davon gehabt habe, dass ihre alte beA-Karte nicht funktioniere, und sie habe nicht dargelegt, dass sie sich rechtzeitig um eine neue Karte bemüht habe. Die Ersatzeinreichung sei damit unwirksam.
15Zudem könne eine Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen nur glaubhaft machen, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichere. Eine solche Schilderung und Glaubhaftmachung seien vorliegend nicht erfolgt.
16Unverzüglich - und somit ohne schuldhaftes Zögern - sei die Glaubhaftmachung nur dann, wenn sie zeitlich der Ersatzeinreichung unmittelbar nachfolge. Die Glaubhaftmachung im Schriftsatz vom - soweit diese als ausreichend zu betrachten wäre - sei damit verspätet erfolgt.
17Der Beklagten habe nach formgerechter Berufungsbegründung am auch nicht Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung gewährt werden können, da sie nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie die Berufungsbegründungsfrist unverschuldet versäumt habe. Die rechts- und formfehlerhafte Ersatzeinreichung der Berufungsbegründung durch ihre Prozessbevollmächtigte sei der Beklagten zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO).
18Mit ihrer Rechtsbeschwerde wendet sich die Beklagte allein gegen die Verwerfung der Berufung als unzulässig wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
II.
19Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (siehe nur Senatsbeschlüsse vom - VIII ZB 21/22, NJW-RR 2023, 701 Rn. 10; vom - VIII ZB 65/23, NJW 2025, 1508 Rn. 11; vom - VIII ZB 12/25, WRP 2025, 1340 Rn. 8; jeweils mwN), sind nicht erfüllt. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
20Insbesondere verletzt der Beschluss des Berufungsgerichts - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - die Beklagte nicht in ihrem Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).
211. Danach dürfen die zivilprozessualen Vorschriften, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind, nicht derart ausgelegt und angewandt werden, dass den Parteien der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom - VIII ZB 29/22, NJW-RR 2024, 60 Rn. 10; vom - VIII ZB 47/23, NJW-RR 2024, 606 Rn. 15; jeweils mwN).
222. Gemessen hieran hat das Berufungsgericht zu Recht und ohne Verletzung des vorgenannten Verfahrensgrundrechts die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Denn innerhalb der bis zum verlängerten Berufungsbegründungsfrist ist eine formgerechte Berufungsbegründung beim Berufungsgericht nicht eingereicht worden.
23a) Gemäß § 130d Satz 1 ZPO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die - wie hier - durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronische Dokumente zu übermitteln. Ein Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (vgl. , NJW 2023, 2484 Rn. 6; Beschluss vom - IX ZB 1/24, NJW 2025, 2165 Rn. 28; jeweils mwN). Dies gilt gemäß § 520 Abs. 5 ZPO auch für Berufungsbegründungen.
24Ein solcher Formverstoß liegt hier nach den rechtsfehlerfreien und insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Denn die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist den Berufungsbegründungsschriftsatz nicht als elektronisches Dokument, sondern lediglich in Form eines Telefaxschreibens beim Berufungsgericht eingereicht.
25b) Das Berufungsgericht hat ebenfalls - wenn auch teilweise nur im Ergebnis - frei von Rechtsfehlern angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung gemäß § 130d Satz 2 und 3 ZPO vorliegend nicht erfüllt sind.
26aa) Nach § 130d Satz 2 ZPO bleibt die Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften (Übermittlung in Papierform oder durch einen Telefaxdienst [Telekopie] gemäß § 130 Nr. 6 ZPO) zulässig, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist (vgl. BT-Drucks. 17/12634, S. 27). Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift (vgl. , NJW-RR 2024, 794 Rn. 14 mwN) bezweckt, dem Rechtssuchenden auch bei technischen Ausfällen eine wirksame Einreichung von Schriftsätzen zu ermöglichen, gleichviel ob die Ursache dafür in der Sphäre des Gerichts oder des Einreichenden zu suchen ist (vgl. BT-Drucks., aaO). Nicht erfasst sind jedoch die Fälle, in denen einer Übermittlung des Schriftsatzes in der Person des Einreichers liegende Gründe entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - IV ZB 7/22, NJW 2023, 1062 Rn. 13 mwN; vom - XII ZB 88/23, NJW 2024, 901 Rn. 8; vom - V ZB 2/23, aaO). Durch die Einschränkung "aus technischen Gründen" und "vorübergehend" wird klargestellt, dass professionelle Einreicher nicht von der Notwendigkeit entbunden sind, die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen (vgl. BTDrucks., aaO S. 28; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 2/23, aaO; vom - VI ZB 19/24, NJW-RR 2025, 629 Rn. 8). Dementsprechend stellen Verzögerungen bei der Einrichtung der technischen Infrastruktur keinen vorübergehenden technischen Grund dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 88/23, aaO; vom - V ZB 2/23, aaO).
27bb) Der Beklagten ist es im vorliegenden Fall - wie das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen hat - nicht gelungen, bei der Einreichung des Berufungsbegründungsschriftsatzes per Telefax am oder unverzüglich danach die vorübergehende Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen glaubhaft zu machen. Es fehlt bereits an einer hinreichenden Darlegung des Vorliegens einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit im vorgenannten Sinne (siehe hierzu nachfolgend unter (1) und (2)). Zudem sind die Schriftsätze vom und vom auch nicht unverzüglich nach dem Bekanntwerden der Zugangsschwierigkeiten am eingereicht worden (hierzu nachfolgend unter (3)).
28(1) Die vorübergehende Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument ist gemäß § 130d Satz 3 ZPO bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Dies bedarf zunächst einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 88/23, NJW 2024, 901 Rn. 8 mwN; vom - V ZB 2/23, NJW-RR 2024, 794 Rn. 16; vom - VI ZB 19/24, NJW-RR 2025, 629 Rn. 9), deren Richtigkeit der Rechtsanwalt dann an Eides statt oder unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern (vgl. , NJW 2023, 3367 Rn. 16; , NJW-RR 2024, 331 Rn. 9; jeweils mwN) oder durch andere Beweismittel, wie etwa durch die Vorlage einer Störungsmeldung der Bundesrechtsanwaltskammer, glaubhaft machen muss (§ 294 ZPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom - I ZB 51/23, NJW 2024, 903 Rn. 22; vom - IX ZB 41/23, NJW 2025, 508 Rn. 16). Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht. Glaubhaft zu machen ist daher die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, wobei eine laienverständliche Darstellung des Defekts und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen genügt, aufgrund derer es möglich ist festzustellen, dass Bedienungsfehler unwahrscheinlich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 88/23, aaO; vom - V ZB 2/23, aaO; vom - VI ZB 19/24, aaO).
29Zu den erforderlichen technischen Einrichtungen, die ein professioneller Einreicher für die Übermittlung elektronischer Dokumente vorzuhalten hat, gehört nicht nur ein entsprechendes Endgerät, sondern auch die erforderliche, gültige beA-Karte (vgl. , aaO Rn. 18). Ein Prozessbevollmächtigter, der sich auf die fehlende Funktionsfähigkeit seiner beA-Karte zum Zeitpunkt der Ersatzeinreichung beruft, hat somit die Möglichkeit des Ablaufs der Gültigkeitsdauer seiner beA-Karte als Störungsursache auszuräumen. Hierzu hat er im Einzelfall glaubhaft zu machen, ob er im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung überhaupt eine gültige beA-Karte vorgehalten hat, ob und gegebenenfalls wann deren Gültigkeitsdauer abgelaufen war, wann er hiervon Kenntnis erhalten konnte sowie dass er rechtzeitig eine neue Karte beantragt hat (vgl. , aaO).
30(2) Ausgehend hiervon ist es der Beklagten - wie auch das Berufungsgericht jedenfalls hinsichtlich des Vortrags der Beklagten in den Schriftsätzen vom und angenommen hat - bereits nicht gelungen, eine vorübergehende technische Unmöglichkeit der Einreichung des Berufungsbegründungsschriftsatzes als elektronisches Dokument am hinreichend darzulegen.
31(a) Die Beklagte hat in dem Berufungsbegründungschriftsatz vom lediglich ausgeführt, dass es eine Softwareaktualisierung gebe und die alte beA-Karte ihrer Prozessbevollmächtigten derzeit nicht funktioniere, weswegen die Prozessbevollmächtigte Kontakt zu dem beA-Support aufgenommen habe. Dies stellt jedoch bereits keine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der Abläufe dar, die auf eine vorübergehende technische Unmöglichkeit schließen lässt, zumal die Beklagte dieses Vorbringen auch nicht - etwa durch eine anwaltliche Versicherung ihrer Prozessbevollmächtigten - glaubhaft gemacht hat. Der Vortrag der Beklagten lässt weder erkennen, welche Software aktualisiert worden ist noch ob die von der Prozessbevollmächtigten verwendete beA-Karte zum Zeitpunkt der Einreichung des Berufungsbegründungsschriftsatzes nach den Vorgaben der Betreiberin noch den Zugang zum beA ermöglichen sollte (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 RAVPV). Das Vorbringen, dass die beA-Karte "derzeit nicht funktioniert", gibt - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - keine Auskunft über deren Gültigkeit, sondern lediglich über deren Funktionsfähigkeit im technischen Sinne.
32Anders als die Rechtsbeschwerde meint, lässt auch der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mittels dieser Karte noch am einen Fristverlängerungsantrag im vorliegenden Verfahren an das Berufungsgericht als elektronisches Dokument über ihr beA einreichen konnte, nicht erkennen, ob die von der Prozessbevollmächtigten verwendete Karte einen Monat später, nämlich am , noch gültig war. Nichts anderes gilt im Übrigen auch für den von der Prozessbevollmächtigten angeführten weiteren Umstand, wonach sie noch am einen Schriftsatz als elektronisches Dokument über ihr beA an das Amtsgericht C. habe senden können.
33(b) Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom ihren Vortrag dahingehend präzisiert hat, dass ihre Prozessbevollmächtigte aufgrund einer Zertifikatsumstellung der beA-Karte am keinen Zugang (mehr) zu ihrem beA gehabt habe und erst am eine Registrierung mit einer neuen beA-Karte möglich gewesen sei, reicht auch dieses Vorbringen zur Darlegung einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit im Sinne des § 130d Satz 2, 3 ZPO nicht aus. Denn es lässt - entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde - nicht erkennen, ob die alte Karte trotz der Zertifikatsumstellung (vgl. zur Bedeutung des Zertifikats Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 31a BRAO Rn. 74) noch gültig war und nur aufgrund einer technischen Störung am nicht mehr funktionierte oder ob die Karte durch die Zertifikatsumstellung ihre Gültigkeit verloren hatte und die Prozessbevollmächtigte hiervon vorab so rechtzeitig in Kenntnis gesetzt worden ist, dass sie sich eine neue gültige beA-Karte hätte beschaffen können. Auch den von der Beklagten zur Glaubhaftmachung vorgelegten E-Mails der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich auch zu diesem Zweck herangezogen werden können, ist nicht zu entnehmen, warum die Registrierung mit einer neuen beA-Karte notwendig war.
34(c) Schließlich erlauben auch die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - nicht den Schluss auf eine technische Ursache für den fehlenden Zugang zu dem beA der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Die Beklagte hat zwar in diesem Schriftsatz vorgetragen, die alte beA-Karte ihrer Prozessbevollmächtigten sei ausweislich des dieser hierfür erteilten Zertifikats noch bis zum gültig gewesen, und hat insofern auf einen Screenshot des für diese Karte ausgestellten Zertifikats verwiesen. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, ob und inwieweit sich die im August 2024 vorgenommene Zertifikatsumstellung auf die Gültigkeit der Karte ausgewirkt hat und die Prozessbevollmächtigte von diesen Auswirkungen vorab in Kenntnis gesetzt worden ist. Allein der Hinweis, die Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung sei ein unvorhersehbares und unverschuldetes Ereignis, lässt nicht erkennen, welche Informationen die Prozessbevollmächtigte zu der bevorstehenden Zertifikatsumstellung erhalten hat. Wenn die Prozessbevollmächtigte jedoch rechtzeitig darauf hingewiesen worden sein sollte, dass ihre alte beA-Karte nach der Zertifikatsumstellung nicht mehr gültig sein würde, hätte sie sich rechtzeitig um eine neue beA-Karte als Teil der technischen Einrichtungen kümmern müssen. Insofern kommt es - anders als die Rechtsbeschwerde meint - auch nicht darauf an, ob die Prozessbevollmächtigte noch am ihre beA-Karte nutzen konnte.
35(3) Darüber hinaus sind die Angaben in den Schriftsätzen vom und auch nicht mehr als unverzüglich im Sinne von § 130d Satz 3 ZPO anzusehen.
36(a) Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit hat nach der Intention des Gesetzgebers möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen (vgl. BT-Drucks. 17/12634, S. 28). Eine unverzügliche Nachholung der erforderlichen Glaubhaftmachung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise gemäß §§ 129, 130 Nr. 6 ZPO einzureichenden Schriftsatz verbleibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom - IX ZB 17/22, NJW 2023, 456 Rn. 11; vom - V ZB 15/22, NJW 2023, 2883 Rn. 19; vom - IV ZB 31/23, NJW-RR 2024, 1506 Rn. 7). Ein Wahlrecht, eine bei der Ersatzeinreichung sogleich mögliche Darlegung und Glaubhaftmachung zunächst zu unterlassen und diese erst später (unverzüglich) nachzuholen, besteht nicht (vgl. , aaO).
37(b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Vorbringen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 26. August und - wie auch das Berufungsgericht jedenfalls mit Blick auf den letztgenannten Schriftsatz richtig erkannt hat - als verspätet anzusehen. Denn die Beklagte hat nicht aufgezeigt, warum nicht bereits am zu der Gültigkeit der damals verwendeten beA-Karte und den Folgen der Zertifikatsumstellung hätte vorgetragen werden können. Dies legt auch die Rechtsbeschwerde nicht dar.
III.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt
Dr. Matussek Dr. Reichelt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:071025BVIIIZB21.25.0
Fundstelle(n):
RAAAK-05294