Instanzenzug: Az: 13 UF 70/24vorgehend AG Berlin-Kreuzberg Az: 150 F 6832/23
Gründe
1Die Antragstellerin und der Antragsteller sind Unterpächter einer Kleingartenparzelle auf dem Vereinsgelände eines Gartenvereins. Sie nehmen den Antragsgegner, den ehemaligen Pächter einer anderen Parzelle auf dem Gelände des Gartenvereins, auf Unterlassung in Gestalt von Betretungs- und Näherungsverboten in Anspruch.
2Am verschaffte sich der Antragsgegner unbefugten Zutritt zur Parzelle der Antragsteller, begoss dort mehrere Pflanzenkübel und freistehende Pflanzen mit einer schädlichen Substanz und beschädigte ein auf dem Grundstück abgestelltes Fahrrad. Die Antragsteller erwirkten - ebenso wie der Hauptpächter ihres Kleingartens - gegen den Antragsgegner am bei dem Familiengericht K. eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, die ein bis zum befristetes Betretungs- und Näherungsverbot in Bezug auf die Kleingartenparzelle der Antragsteller aussprach. Am wurde als Ergebnis einer im Gartenverein durchgeführten „Schlichtungsverhandlung“ eine von dem Hauptpächter, dem Antragsgegner und Vertretern des Gartenvereins unterzeichnete Vereinbarung abgeschlossen, die unter anderem das Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Gartenverein zum beinhaltete und in der es dem Antragsgegner untersagt wurde, die Parzelle der Antragsteller zu betreten oder sich ihr ohne vorherige Zustimmung „auf mehr als“ 20 Meter zu nähern, solange die Antragsteller oder der Hauptpächter Nutzer dieser Parzelle seien. Im Hinblick auf diese Vereinbarung sprach das Familiengericht K. am die Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens aus. In der Folgezeit kam es innerhalb des Gartenvereins zu Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf einen möglichen Wiedereintritt des Antragsgegners. In einem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom teilte der Antragsgegner mit, dass die gerichtliche Anordnung im August 2021 ausgelaufen sei und er sich durch das „Schreiben zum Vereinsausschluss“ nicht gebunden fühle, da dieses einen unverhältnismäßigen Inhalt habe.
3Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom vor der Zivilabteilung des Amtsgerichts L. Klage erhoben und den Ausspruch von ordnungsmittelbewehrten Betretungs- und Näherungsverboten in Bezug auf ihr Kleingartengrundstück beantragt. Das Amtsgericht L. hat mit Beschluss vom den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Familiengericht K. verwiesen, welches seinerseits mit Beschluss vom die Übernahme abgelehnt und die Sache dem Kammergericht zur „Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts“ vorgelegt hat. Das die angetragene Zuständigkeitsbestimmung mit der Begründung abgelehnt, dass der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. mangels Zustellung nicht in Rechtskraft habe erwachsen können, so dass die Sache dort anhängig geblieben sei; im Übrigen hat das Kammergericht auf die Anfechtbarkeit von Rechtswegverweisungen hingewiesen. Gegen den anschließend vom Amtsgericht L. förmlich zugestellten Verweisungsbeschluss vom haben sich die Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde gewendet, die das zurückgewiesen hat.
4Im Erörterungstermin vor dem Familiengericht K. am haben die Antragsteller die Verweisung des Verfahrens an die Zivilprozessabteilung des örtlich zuständigen Amtsgerichts beantragt und hilfsweise den Antrag aus ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom gestellt. Das Familiengericht hat die Anträge durch Beschluss vom insgesamt zurückgewiesen und dies im Hinblick auf die hilfsweise gestellten Unterlassungsanträge damit begründet, dass Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz mangels Wiederholungsgefahr ersichtlich nicht mehr zu ergreifen und die auf die Schlichtungsvereinbarung vom gestützten Ansprüche vor den Zivilgerichten geltend zu machen seien. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist vor dem Kammergericht ohne Erfolg geblieben.
5Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihren auf den Ausspruch von Betretungs- und Näherungsverboten gerichteten Hilfsantrag weiter.
B.
6Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der Beschlüsse von Beschwerdegericht und Familiengericht und zur Zurückverweisung der Sache an die Familienabteilung des Amtsgerichts.
7Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:
8Die Entscheidung des Familiengerichts hinsichtlich der Ablehnung einer (Weiter-)Verweisung des Verfahrens an ein Zivilgericht sei nicht zu beanstanden. Die Verweisung der Zivilabteilung des Amtsgerichts an das örtlich zuständige Familiengericht sei nach Zurückweisung der sofortigen Beschwerde durch das Landgericht bindend geworden. Die Entscheidung des Landgerichts sei nicht objektiv willkürlich gewesen, sondern maßgeblich auf den verwirrenden Vortrag der Antragsteller in ihrer Antragsschrift zurückzuführen. Soweit die Antragsteller im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Verweisungsbeschluss klargestellt hätten, dass es um die Durchsetzung der Schlichtungsvereinbarung gehe, hätte die Berücksichtigung dieses Vortrags möglicherweise zu einer anderen Einschätzung des Landgerichts geführt und es sei deshalb anzuerkennen, dass dessen Entscheidung fehlerhaft gewesen sei. Eine Anhörungsrüge hätten die Antragsteller aber nicht eingelegt. Die erneute Verweisung an ein Zivilgericht habe auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Antragsänderung erfolgen können, denn dem Begehren der Antragsteller liege auch nach der Verweisungsentscheidung des Landgerichts ein unveränderter Lebenssachverhalt zugrunde.
9Schließlich habe das Amtsgericht ebenfalls mit Recht abgelehnt, zivilrechtliche Ansprüche der Antragsteller „im Rahmen des Gewaltschutzverfahrens“ zu prüfen. Dabei sei umstritten, ob die Prüfung auch zivilrechtlicher Ansprüche nach §§ 823, 1004 BGB jedenfalls dann geboten sei, wenn sich der Antrag neben einem Antrag nach § 1 GewSchG auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt beziehe. Im vorliegenden Fall hätten die Antragsteller indessen zu keinem Zeitpunkt Ansprüche nach dem Gewaltschutzgesetz dargelegt, sondern in der Antragsschrift allenfalls in losem Zusammenhang auf eine Wiederholungsgefahr im Sinne des Gewaltschutzgesetzes hingewiesen. Wäre das Verfahren nur deshalb nach den Vorschriften des Familienverfahrensrechts zu führen, hätte es der Anspruchsteller in der Hand, durch bloße Benennung des Gewaltschutzgesetzes die erleichterten Verfahrensvorschriften in Familiensachen - insbesondere den Amtsermittlungsgrundsatz und die erleichterten Beweismöglichkeiten - für sich zu nutzen. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben.
10Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
111. Das Beschwerdegericht geht ersichtlich selbst davon aus, dass das Verfahren keine in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallende Gewaltschutzsache im Sinne von §§ 111 Nr. 6, 210 FamFG zum Gegenstand hat. Gegen diese Beurteilung lassen sich keine durchgreifenden Bedenken erheben.
12a) Nach § 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag die zum Schutz des Geschädigten erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn der Täter vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG). Dem steht es gleich, wenn der Täter mit einer solchen Verletzungshandlung widerrechtlich gedroht hat (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG) oder in die Wohnung oder in das befriedete Besitztum einer anderen Person widerrechtlich und vorsätzlich eingedrungen ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a GewSchG) oder eine andere Person durch wiederholtes Nachstellen oder die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln unzumutbar belästigt hat (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG). Stützt der Geschädigte seinen Anspruch auf einen Sachverhalt, der den Tatbestand des § 1 GewSchG erfüllt, ergibt sich hieraus nach §§ 111 Nr. 6, 210 FamFG die Zuständigkeit des Familiengerichts, das sein Verfahren nach den Regeln zu führen hat, die sich aus dem allgemeinen Teil des Familienverfahrensgesetzes und ergänzend aus den §§ 211 bis 216 a FamFG ergeben.
13Es besteht für den Anspruchsteller im persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Gewaltschutzgesetzes kein Wahlrecht, den Erlass von im Gewaltschutzverfahren möglichen Schutzanordnungen entweder vor den Familiengerichten oder - unter Verzicht auf die verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Gewaltschutzgesetzes - vor den allgemeinen Zivilgerichten geltend zu machen (aA Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck Familienrecht 7. Aufl. § 210 FamFG Rn. 7; Schwab FS Picker S. 743, 759). Zwar hat der Gesetzgeber § 1 GewSchG als ausschließlich verfahrensrechtliche Vorschrift konzipiert (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 373/11 - FamRZ 2014, 825 Rn. 13) und die dort regelbeispielhaft genannten Schutzanordnungen könnten beim Vorliegen eines materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruchs analog §§ 823, 1004 BGB - wie vor dem Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes - ohne weiteres auch von einem allgemeinen Zivilgericht ausgesprochen werden (vgl. MünchKommBGB/Duden 9. Aufl. § 3 GewSchG Rn. 4; Cirullies/Cirullies Schutz bei Gewalt und Nachstellung 3. Aufl. Rn. 20; Löhnig/Gietl Zivilrechtlicher Gewaltschutz 3. Aufl. Rn. 80). Der Gesetzgeber hat indessen die Frage nach der funktionellen Zuständigkeit im Verhältnis der Spruchkörper für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Familiensachen untereinanderdurch § 17 a Abs. 6 GVG Im Übrigen kann ein Beteiligter den Verfahrensgegenstand und damit auch die Rechtsanwendung durch das Gericht grundsätzlich nicht auf eine bestimmte rechtliche Bewertung eines Sachverhalts begrenzen (vgl. Stein/Jonas/Kern ZPO 23. Aufl. vor § 128 Rn. 190); ebenso wenig kann dem Anspruchsteller ohne eine besondere gesetzliche Grundlage zugestanden werden, gegen die Anwendung eines eigentlich einschlägigen Verfahrensrechts zu optieren.
14b)
15Abs. 1 i.V.m. 1004
16Bei dem auf die Anlasstat vom gegründeten Verletzungsunterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr (der als Gewaltschutzsache in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen würde) und dem auf die Vereinbarung vom gestützten vertraglichen Unterlassungsanspruch (der vor den allgemeinen Zivilgerichten zu verfolgen wäre) handelt es sich schon deshalb um verschiedene Verfahrensgegenstände und damit um verschiedene prozessuale Ansprüche, weil sie auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen. Welcher der beiden in Betracht kommenden prozessualen Ansprüche von den Antragstellern geltend gemacht werden sollte oder ob möglicherweise sogar eine Anspruchshäufung - mit der Folge, dass das angegangene Gericht für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten (nur) den rechtswegfremden Anspruch abzutrennen und an das zuständige Familiengericht zu verweisen gehabt hätte (vgl. auch Senatsbeschluss vom - XII ZB 276/20 - FamRZ 2021, 113 Rn. 13 ff.) - beabsichtigt war, lässt sich der Klagebegründung selbst nicht eindeutig entnehmen. Die zulässige (Mit-)Verfolgung eines in die familiengerichtliche Zuständigkeit fallenden Verletzungsunterlassungsanspruchs vor der angerufenen Zivilprozessabteilung des Amtsgerichts aufgrund eines von den Antragstellern möglicherweise ausgeübten Wahlrechts kommt - wie bereits dargelegt - aus Rechtsgründen nicht in Betracht.
17Das Beschwerdegericht hat indessen zur Auslegung des Rechtsschutzbegehrens ergänzend auch die im Schriftsatz vom enthaltene Stellungnahme der Antragsteller im Rechtswegbeschwerdeverfahren herangezogen, wonach es ihnen „um die Umsetzung bzw. Durchsetzung der Schlichtungsvereinbarung vom “ gehe und insofern die „Angelegenheit in den Bereich der ordentlichen Gerichte fallen“ dürfte. Die darauf beruhende Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass die Antragsteller mit ihrem Antrag nur einen schuldrechtlichen Unterlassungsanspruch und keinen als Gewaltschutzsache in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallenden Verletzungsunterlassungsanspruch verfolgen, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Auch die Rechtsbeschwerde hält dies für richtig.
182. Das Beschwerdegericht hat ebenfalls zutreffend angenommen, dass der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom nach seiner rechtskräftigen Bestätigung im Rechtswegbeschwerdeverfahren durch den nach § 17 a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 6 GVG hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit der Familiengerichte bindend geworden ist.
19Ein Beschluss zur Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht eines anderen Rechtswegs unter Erklärung der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist dabei der nochmaligen Überprüfung im weiteren Verfahren des Empfangsgerichts entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist. Sofern das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt oder zurückgenommen worden oder erfolglos geblieben ist, wird die Verweisung für das Empfangsgericht hinsichtlich des eröffneten Rechtswegs gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend; dies gilt gemäß § 17 a Abs. 6 GVG für das Verhältnis der für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zuständigen Spruchkörper zu den Familiengerichten entsprechend. Diese Bindungswirkung entfällt - anders als bei Verweisungsbeschlüssen nach § 281 ZPO oder § 3 FamFG - wegen der nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 bis 6 und Abs. 6 GVG gegebenen Anfechtungsmöglichkeiten auch dann nicht ohne weiteres, wenn sich die Verweisung als objektiv willkürlich erweist (vgl. BGH Beschlüsse vom - X ARZ 61/15 - NJW-RR 2015, 957 Rn. 9 und vom - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125 Rn. 12). Zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass selbst ein Gehörsverstoß im Rechtswegverweisungsverfahren, der dort durch eine Anhörungsrüge hätte geltend gemacht werden können, die Bindungswirkung der Verweisung nicht in Frage stellen kann (vgl. auch - NJW 2003, 2990, 2991 zu Gehörsverstößen des Ausgangsgerichts).
203. Indessen hat das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend beanstandet - die (weiteren) Rechtswirkungen einer zu Unrecht ausgesprochenen, für das Empfangsgericht aber bindenden Verweisung nicht in ihrem vollen Umfang erkannt.
21Verhältnis der für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Familiensachen zuständigen Spruchkörper der ordentlichen Gerichtsbarkeit untereinander dazu, dass das Empfangsgericht bei der Fortführung des Verfahrens grundsätzlich die Prozess- oder Verfahrensordnung seiner eigenen Gerichtsbarkeit („Hausverfahrensordnung“) anzuwenden hat, und zwar nicht nur in der ersten Instanz, sondern auch in den Rechtsmittelinstanzen (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZR 116/23 - FamRZ 2025, 42 Rn. 20 ff.). Wird danach - wie hier - eine in die Zuständigkeit der Spruchkörper für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten fallende allgemeine Zivilsache rechtsfehlerhaft, aber bindend an die Familiengerichtsbarkeit verwiesen, haben die Familiengerichte ihr weiteres Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu führen. Dem entspricht das Verfahren der Instanzgerichte grundsätzlich, wenn auch das Familiengericht in erster Instanz möglicherweise der irrigen Auffassung war, ihm sei als Verfahrensgegenstand (auch) ein als Gewaltschutzsache zu behandelnder Verletzungsunterlassungsanspruch angefallen.
22b) Das Beschwerdegericht hat indessen verkannt, dass mit der rechtsfehlerhaften, aber bindenden Verweisung auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Empfangsgerichts verbunden ist. Dieses hat als Folge der bindenden Verweisung die volle Rechtsschutzfunktion zu übernehmen, die eigentlich das verweisende Ausgangsgericht wahrzunehmen gehabt hätte. Insbesondere hat das Empfangsgericht - im Rahmen seiner eigenen Verfahrensordnung - das für den Verfahrensgegenstand tatsächlich einschlägige materielle Recht anzuwenden (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZR 116/23 - FamRZ 2025, 42 Rn. 26; vgl. auch BVerwG NJW 1967, 2128, 2130; BFH Rpfleger 1992, 82; OLG Hamm OLGZ 1990, 291, 295 f.; OLG Karlsruhe OLGZ 1986, 129, 131). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass das Beschwerdegericht den an sich „rechtswegfremden“ schuldrechtlichen Unterlassungsanspruch der Antragsteller materiell-rechtlich zu prüfen und zu bescheiden gehabt hätte. Um dem Rechtsschutzanspruch der Anspruchsteller trotz der fehlerhaften Verweisung gerecht werden zu können, durfte das Beschwerdegericht von dieser Prüfung nicht mit der Begründung absehen, dass die Antragsteller zu keinem Zeitpunkt Ansprüche nach dem Gewaltschutzgesetz dargelegt hätten und ihnen daher die Verfahrenserleichterungen des Familienverfahrensrechts nicht zugutekommen dürften.
23Auf die vom Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang für entscheidungserheblich und zulassungsrelevant erachtete Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Familiengericht in einer Gewaltschutzsache unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der rechtswegübergreifenden Entscheidungskompetenz entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG berechtigt ist, (auch) über einen in die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte fallenden Unterlassungsanspruch zu entscheiden, wenn sich dieser Anspruch und der von dem Anspruchsteller im Rahmen eines Gewaltschutzverfahrens geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt beziehen, kommt es nicht an. Denn die Kompetenz der Familiengerichte, über den von den Antragstellern (allein) geltend gemachten vertraglichen Unterlassungsanspruch zu befinden, ergibt sich unter den hier obwaltenden Umständen bereits aus der Bindungswirkung der Verweisung nach § 17 a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 6 GVG.
243. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Sie ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an die Familienabteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, das Verfahren nach den Regeln über die Familienstreitsachen unter weitgehender Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) zu führen, weil dies dem Wesen des Rechtsstreits bei einer irrtümlich an die Familiengerichte verwiesenen allgemeinen Zivilprozesssache am ehesten gerecht wird (vgl. dazu Senatsbeschluss vom - XII ZR 116/23 - FamRZ 2025, 42 Rn. 23 und 26). Der Senat sieht entsprechend dem Rechtsgedanken von § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 ZPO und §§ 128 Abs. 4, 577 Abs. 6 Satz 1 ZPO von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren der Rechtsbeschwerde ab, weil über den von den Antragstellern geltend gemachten vertraglichen Unterlassungsanspruch bislang noch keine Sachentscheidung ergangen ist.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:081025BXIIZB502.24.0
Fundstelle(n):
MAAAK-04892