Instanzenzug: LG Berlin I Az: 538 KLs 17/19
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 900 Euro verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen und angeordnet, dass er für die vom 15. bis erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen ist. Die auf die festgesetzte Tagessatzhöhe beschränkte, mit der Sachrüge und Verfahrensbeanstandungen geführte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Anordnung der Haftentschädigung ist diese aufzuheben.
21. Die Revision des Angeklagten erweist sich aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführten Gründen als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Gegenerklärung des Beschwerdeführers vom lag dem Senat vor und war Gegenstand der Beratung. Insoweit ist ergänzend zu bemerken:
3a) Es kann offenbleiben, ob sich der von dem Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom erklärte Verzicht auf die Einvernahme bis dahin noch nicht gehörter Zeugen auch auf die Zeugen A. und C. erstreckte. Die Rüge mit der Angriffsrichtung, die Strafkammer habe ihre Aufklärungspflicht verletzt (§ 244 Abs. 2 StPO), weil sie diese Zeugen nicht vernommen habe, ist schon aus den vom Generalbundesanwalt genannten weiteren Gründen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Im Übrigen lässt sich der Rüge eine (weitergehende) Angriffsrichtung in Bezug auf Vernehmung von (sechs) anderen Zeugen, die in einem in der Hauptverhandlung vom gestellten Hilfsbeweisantrag benannt worden sind, nicht entnehmen.
4b) Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, ergeben sich die Anknüpfungstatsachen für die Bemessung der Tagessatzhöhe der Geldstrafe aus den Urteilsgründen und sind beweiswürdigend unterlegt (vgl. , NStZ-RR 2015, 335 f.). Das Landgericht hat unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten dessen monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 27.000 Euro geschätzt (§ 40 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 StGB). Dabei durfte es den Nutzungsvorteil des mietfreien Wohnens in der Immobilie seines Sohnes als Einkommen in die Berechnung einstellen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom – 32 Ss 147/11, NStZ-RR 2012, 138; zu einer eigengenutzten Immobilie vgl. auch ), ebenso wie (geschätzte) Einnahmen aus der Vermietung von Wohn- und Gewerberäumen, wobei das Landgericht Aufwendungen (insbesondere Steuern und Kindesunterhalt) berücksichtigt hat. Auf der Grundlage des sich danach ergebenden Nettoeinkommens, das der Angeklagte an einem Tag hat oder haben könnte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 StGB), hat das Landgericht die Tagessatzhöhe von 900 Euro rechtsfehlerfrei festgesetzt.
52. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist die gemäß § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 StrEG getroffene Anordnung, ihn für die vom 15. bis erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen, aufzuheben.
6Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet (§ 8 Abs. 3 StrEG). Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit ausgeführt:
Der am festgenommene Angeklagte verbüßte auf der Grundlage des Haftbefehls vom mit der Berichtigung vom und der Änderung vom bis zu dessen Aufhebung mit Beschluss vom Untersuchungshaft. Der hierfür dem Grunde nach ausgesprochenen Entschädigung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (§ 2 Abs. 1 StrEG) steht allerdings entgegen, dass dieser Zeitraum nach der vorrangig zu beachtenden Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. , Rn. 11 bei juris) von Amts wegen auf die festgesetzte Geldstrafe anzurechnen ist.
Der Angeklagte wurde wegen keiner der im Haftbefehl ihm zur Last gelegten Straftaten verurteilt: Der Vorwurf Nr. 1 und der Vorwurf Nr. 2, auf den der Haftbefehl ausweislich der Änderung vom zuletzt nicht mehr gestützt worden war, sind – wie sich aus dem Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift erschließt – im Vorwurf Nr. I.1 der Anklageschrift aufgegangen. Von diesem wurde der Angeklagte indessen freigesprochen. Die Vorwürfe Nr. 3 und Nr. 4 des Haftbefehls sind als Vorwürfe Nr. 6 und Nr. 7 in die Anklageschrift übernommen worden. Sie sind jedoch mit gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Zwischen den im Haftbefehl aufgenommenen Vorwürfen und dem Vorwurf der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, dessentwegen der Angeklagte mit dem verfahrensgegenständlichen Urteil schuldig gesprochen und zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt wurde, besteht allerdings die von § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB vorausgesetzte Verfahrensidentität. Von der Möglichkeit des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB hat das Landgericht keinen Gebrauch gemacht.
Da der Zeitraum der verbüßten Untersuchungshaft die Höhe der – fiktiv in eine entsprechende Freiheitsstrafe umgewandelten – Geldstrafe nicht übersteigt, hat die Entscheidung über eine Entschädigung vollständig zu entfallen. Sie ist daher aufzuheben.
7Dem schließt sich der Senat an. Einer Kostenentscheidung bedarf es insoweit nicht (vgl. Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., StrEG § 8 Rn. 5, 6).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:091025B5STR254.25.0
Fundstelle(n):
GAAAK-04051