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BVerfG Beschluss v. - 2 BvL 21/14

Unzulässigkeit einer Richtervorlage zum Treaty Override in § 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG - mangelnde Darlegung der Entscheidungserheblichkeit, insb zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der vorgelegten Norm

Gesetze: Art 100 Abs 1 S 1 GG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, Art 12 DBA IRL, Art 22 DBA IRL, § 50d Abs 8 S 1 EStG, § 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG, § 155 S 1 FGO, § 293 ZPO

Instanzenzug: ,

Gründe

A.

1Die Vorlage des Bundesfinanzhofs betrifft zwei Vorschriften über die Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Sie wirft die Fragen auf, ob die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) angeordnete Überschreibung der in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehenen Ausnahme von der Besteuerung ("Treaty Override") sowie die mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgte Bestimmung des Verhältnisses dieser Regelung zur Vorschrift des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

I.

21. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Sie werden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG mit allen Einkünften aus den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten zur Einkommensteuer herangezogen, die sie während ihrer unbeschränkten Steuerpflicht erzielen. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, wo Steuerpflichtige ihre Einkünfte erzielen. Sie unterliegen vielmehr mit ihren gesamten, weltweit erzielten Einkünften der Einkommensteuer (sog. Welteinkommensprinzip).

32. a) Mit dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom (BGBl II 1964 S. 267, nachfolgend: DBA-Irland 1962) vereinbarten die Bundesrepublik Deutschland und Irland unter anderem Folgendes:

Artikel XII DBA-Irland 1962

"(1) 1Vorbehaltlich der Artikel (…) können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staate besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. 2Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staate besteuert werden.

(2) (…)

(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels können Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr erbracht werden, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet."

Art. XXII DBA-Irland 1962

"(2) 1Im Falle einer in der Bundesrepublik unbeschränkt steuerpflichtigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

(a) Bei einer Person, die im Sinne des Artikels II Absatz (1) Buchstabe (d) in der Bundesrepublik ansässig ist, gilt folgendes:

(aa) Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands und die innerhalb Irlands gelegenen Vermögensteile ausgenommen, die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in Irland besteuert werden können, es sei denn, daß Buchstabe (bb) gilt. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die auf diese Weise ausgenommenen Einkünfte und Vermögensteile bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen. (…)

(3) Für die Zwecke dieses Artikels gelten Gewinne oder Vergütungen, die durch eine in einem Vertragstaat ausgeübte freiberufliche oder unselbständige Tätigkeit erzielt werden, als Einkünfte aus Quellen innerhalb dieses Vertragstaates, und die Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen erbringt, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person betreibt, gelten als in diesem Vertragstaat erbracht."

Artikel II DBA-Irland 1962

"(1) Soweit sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt, bedeuten für die Zwecke dieses Abkommens: (…)

(d) (i) Die Ausdrücke 'ein Vertragstaat' und 'der andere Vertragstaat', die Bundesrepublik Deutschland oder Irland, wie es sich aus dem Zusammenhang ergibt.

(ii) Der Ausdruck 'eine in Irland ansässige Person' eine Person, die im Sinne der Steuergesetze von Irland in Irland ansässig ist und im Sinne der Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik hat, und der Ausdruck 'eine in der Bundesrepublik ansässige Person' eine Person, die im Sinne der Steuergesetze der Bundesrepublik ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat und im Sinne der Steuergesetze von Irland nicht in Irland ansässig ist. (…)"

4Der Bundestag hat diesem Abkommen mit Gesetz vom zugestimmt (BGBl II S. 266).

5b) Nach diesen Regelungen sind bestimmte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer freigestellt. Die Vorlage des Bundesfinanzhofs bezieht sich auf Einkünfte, die von einer (nur) in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen und nicht in Irland ansässigen natürlichen Person aus einer Tätigkeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erzielt werden, sofern das Luftfahrzeug von einem in Irland ansässigen Unternehmen betrieben wird und die tatsächliche Geschäftsführung dieses Unternehmens ebenfalls in Irland liegt. Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 weist das Besteuerungsrecht in diesem Fall Irland zu; die Einkünfte gelten nach Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962 für Zwecke dieses Artikels als aus Quellen innerhalb Irlands stammend und sind in der Folge nach Art. XXII Abs. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der deutschen Steuer freizustellen. Das in § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG verankerte Welteinkommensprinzip ist in diesen Fällen aufgrund der vorrangigen Bestimmungen des DBA-Irland 1962 nicht anwendbar. Deutschland darf die Einkünfte nach Art. XXII Abs. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 2 DBA-Irland 1962 lediglich bei der Berechnung des Steuersatzes für andere Einkünfte berücksichtigen, die in Deutschland der Besteuerung unterliegen.

63. a) Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom (BGBl I S. 2645) schränkte der Gesetzgeber die hiernach geltende Steuerfreistellung zunächst durch die Regelung des § 50d Abs. 8 EStG ein. Dieser lautet auszugsweise:

1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. (…)

7Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorschrift mit Beschluss des Zweiten Senats vom - 2 BvL 1/12 - (BVerfGE 141, 1) für verfassungsgemäß erklärt.

8b) Mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom (BGBl I S. 2878; nachfolgend: JStG 2007) ergänzte der Gesetzgeber die Vorschrift des § 50d EStG um einen Absatz 9, dessen Satz 1 in der vorliegend maßgeblichen Fassung wie folgt lautet:

1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, wenn

1. (…)

2. die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist.

9Der Besteuerungsvorbehalt des § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG betrifft in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige und gilt für sämtliche der Einkommensteuer unterworfenen Einkunftsarten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG. Die Nummer 2 der erstgenannten Regelung schließt die Anwendung der in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Ausnahmen von der deutschen Besteuerung aus, wenn die Einkünfte nur deshalb im anderen Staat nicht der Besteuerung unterliegen, weil der Steuerpflichtige - worauf es bei natürlichen Personen allein ankommt - nicht im anderen Staat aufgrund seines Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist (vgl. BRDrucks 622/06, S. 101 ff.).

10c) Für das Verhältnis des § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG unter anderem zur Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG traf der Gesetzgeber in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG zunächst folgende Regelung:

Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken, sowie Absatz 8 und § 20 Abs. 2 bleiben unberührt.

11Der Bundesfinanzhof deutete diese Regelung mit Urteil vom (BFHE 236, 327) dahin, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit keine Anwendung finde, weil unter den Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG zugleich ein Besteuerungsverzicht im Sinne des § 50d Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 1 EStG anzunehmen sei und § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG die Regelung des § 50d Abs. 8 EStG unberührt lasse. Daraufhin fasste der Gesetzgeber § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG mit dem Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom (BGBl I S. 1809; nachfolgend: AmtshilfeRLUmsG) wie folgt neu:

Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.

12Zur zeitlichen Anwendung dieser Neufassung bestimmte der Gesetzgeber in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG:

§ 50d Absatz 9 Satz 3 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1809) ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.

II.

131. Der Kläger des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Kläger) erzielte in den Jahren 2007 bis 2010 als Pilot bei einer Fluggesellschaft mit Sitz in Irland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seinen Wohnsitz hatte er in diesem Zeitraum in Deutschland. Von der Fluggesellschaft zunächst einbehaltene und an die irische Finanzbehörde abgeführte Steuern wurden dem Kläger auf seinen Antrag hin in voller Höhe erstattet.

142. Nachdem das Finanzamt im Wege eines internationalen Auskunftsaustausches zwischen Deutschland und Irland Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Kläger in Irland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hatte, wurde er im weiteren Verlauf unter vollständiger Berücksichtigung der von ihm als Pilot erzielten Einkünfte zur Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2010 herangezogen.

15Der Kläger legte jeweils Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 ein, die das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückwies. Die Einkünfte des Klägers seien zwar nach dem DBA-Irland 1962 von der Besteuerung auszunehmen. Denn der Kläger sei als Pilot im internationalen Flugverkehr tätig gewesen und der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung seines Arbeitgebers habe sich in Irland befunden. Allerdings komme § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG zur Anwendung. Soweit der (BFHE 236, 327) entschieden habe, dass einer Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG die Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG entgegenstehe, sei diese Entscheidung nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.

163. Der vom Kläger nachfolgend erhobenen Klage gab das Schleswig-Holsteinische - vollumfänglich statt. Die Revision zum Bundesfinanzhof ließ es nicht zu. Konkrete Ermittlungen zum irischen Steuerrecht (vgl. § 155 Satz 1 Finanzgerichtsordnung <FGO> i.V.m. § 293 Zivilprozessordnung <ZPO>) stellte das Finanzgericht nicht an.

17Zur Begründung führte das Finanzgericht aus, die als solche unstreitigen Einkünfte des Klägers seien in Deutschland nach Art. XII Abs. 3 in Verbindung mit Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Einkommensteuer auszunehmen. Die Bestimmung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG stehe dem nicht entgegen. Zwar sei deren Tatbestand erfüllt. Denn Irland komme das Besteuerungsrecht für die in Rede stehenden Vergütungen des Klägers zu, verzichte nach seinem Steuerrecht aber auf die Einkommensbesteuerung. Allerdings scheide die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nach dem (BFHE 236, 327) im Hinblick auf die Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG aus.

184. Nach Zulassung der vom Finanzamt erstrebten Revision hat der Bundesfinanzhof das Revisionsverfahren mit Beschluss vom ausgesetzt und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG verstößt. Weiter hat er dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 50d Abs. 9 Satz 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG - die mit Wirkung auch für die Vergangenheit das Verhältnis von § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG zu § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG neu ordnen - wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG verfassungswidrig sind.

19a) Er sei davon überzeugt, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gegen Völkervertragsrecht verstoße und den Kläger damit in seinem subjektiven Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletze. In Übereinstimmung mit seinen (früheren) Vorlagen in den Verfahren 2 BvL 1/12 (hierzu Beschluss des Zweiten Senats vom , BVerfGE 141, 1) und 2 BvL 15/14 (hierzu Beschluss des Zweiten Senats vom ) sei er der Auffassung, dass der Gesetzgeber durch Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet werde, im Sinne einer prinzipiellen Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes Völkervertragsrecht zu beachten. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG könne danach keinen Bestand haben, weil ein Rechtfertigungsgrund für die Verletzung von Völkervertragsrecht nicht zu erkennen sei.

20b) Weiter sei er der Überzeugung, dass die in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG vorgesehene rückwirkende Anwendung der in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG neugefassten Verhältnisbestimmung zu § 50d Abs. 8 EStG verfassungswidrig sei, weil sie das Vertrauen des Klägers in die früher geltende Regelungslage verletze. Der Vorschrift komme eine echte Rückwirkung zu, die nicht zulässig sei. Die Voraussetzungen für eine von der Rechtsprechung gebilligte Ausnahme von der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung lägen nicht vor. Zwar sei § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG in der Fassung des JStG 2007 auslegungsbedürftig gewesen, jedoch sei die Vorschrift weder völlig unverständlich abgefasst noch erweise sie sich als systemwidrig und verworren. Soweit die Finanzverwaltung eine vom (BFHE 236, 327) abweichende Auffassung vertreten habe und in den Gesetzesmaterialien hierauf verwiesen werde, berücksichtige eine solche Sichtweise nicht, dass es Aufgabe der Fachgerichte sei, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung verbindlich zu klären.

21c) Die dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorgelegten Gesetzesbestimmungen seien entscheidungserheblich.

22aa) Der Kläger unterliege mit seinen Einkünften der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland.

23bb) Die Einkünfte seien allerdings nach Art. XII Abs. 3 in Verbindung mit Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Einkommensteuer auszunehmen. Bei den Einkünften des Klägers handele es sich um solche aus Quellen innerhalb Irlands, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen nur dort besteuert werden dürften. Dies ergebe sich aus Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962, nach dem Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Luftfahrzeugen erbringe, die von einem in einem Vertragsstaat ansässigen Unternehmen betrieben würden, als in diesem Vertragsstaat erbracht gälten. Die Vergütungen für solche Dienstleistungen könnten nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befinde, im Streitfall also in Irland.

24cc) Die abkommensrechtlich vorgesehene Freistellung von einer Besteuerung in Deutschland werde jedoch durch § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG eingeschränkt. Mit dieser Regelung wolle der Gesetzgeber erreichen, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfalle, falls der andere Vertragsstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht an bestimmten Einkünften im Rahmen der dortigen beschränkten Steuerpflicht keinen Gebrauch mache. Dies sei im Streitfall nach den tatrichterlichen, das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des Finanzgerichts zur irischen Rechtslage der Fall. Irland komme abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu, verzichte nach seinem Steuerrecht aber auf die Einkommensbesteuerung. Zwar sei der leistende Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine auf den Arbeitslohn entfallende Steuer einzubehalten und an die Finanzbehörden abzuführen. Dem beschränkt Steuerpflichtigen stehe indes ein Erstattungsrecht zu, von dem der Kläger des Ausgangsverfahrens Gebrauch gemacht habe. Dass die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs antragsgebunden sei, müsse an der Rechtslage ebenso wenig ändern wie der Umstand, dass die Quellensteuerabzugspflicht temporär oder - bei unterbleibendem Erstattungsantrag - final eine doppelte Besteuerung ein und desselben Sachverhalts in Irland zur Folge haben könne. Es verbleibe ungeachtet dessen und ungeachtet des notwendigen Erstattungsantrags dabei, dass die betroffenen Einkünfte nach dem materiellen Recht in Irland abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig seien.

25dd) Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG sei allerdings durch die Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG ausgeschlossen. Dessen Geltung bleibe nach § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG in der Fassung des JStG 2007 unberührt. An der im Urteil des I. Senats des (BFHE 236, 327) geäußerten Rechtsansicht sei insoweit festzuhalten. Im Ergebnis sei der Bundesfinanzhof in diesem Urteil der nahezu einhelligen Auffassung im Schrifttum gefolgt, das sich dem Urteil auch nachfolgend ganz überwiegend angeschlossen habe. Von diesen Grundsätzen sei auch das Finanzgericht ausgegangen. Es habe jedoch übersehen, dass der Gesetzgeber dieser Rechtsprechung zwischenzeitlich mit der Änderung des § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG die Grundlage entzogen habe.

26ee) Ausgehend von der beschriebenen Gesetzesänderung hätte die Revision des Finanzamts Erfolg. Wären die Regelungen in § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG und in § 52 Abs. 59a Satz 9 in Verbindung mit § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG verfassungsgemäß, so wäre das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

B.

27Die Vorlage ist unzulässig.

I.

28Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, wegen einer Verletzung des Grundgesetzes für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist.

29Ein Vorlagebeschluss ist nur dann hinreichend begründet, wenn sich aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts hinreichend ergibt, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 136, 127 <141 Rn. 43>; 159, 149 <169 f. Rn. 57> - Solidaritätszuschlag auf Körperschaftsteuerguthaben; 169, 67 <84 Rn. 33> - Politischer Beamter). Hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Norm muss die Begründung mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und weshalb das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit. Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 159, 149 <170 f. Rn. 58>; 170, 52 <65 Rn. 30> - BAföG; 170, 247 <264 f. Rn. 43> - PolG NRW - Observation; stRspr).

30Das vorlegende Gericht muss dabei den Sachverhalt darstellen, sich mit der fachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, seine insoweit einschlägige Rechtsprechung darlegen und die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 159, 149 <170 Rn. 58>; 159, 183 <205 Rn. 54> - Festsetzungsverjährung bei Erschließungsbeiträgen; 161, 163 <245 Rn. 216> - Erziehungsaufwand im Beitragsrecht der Sozialversicherung; stRspr). Es muss auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingehen, soweit diese für die Entscheidungserheblichkeit von Bedeutung sein können (vgl. BVerfGE 86, 52 <56>; 86, 71 <77>; 105, 48 <56>). § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht jedoch nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen (vgl. BVerfGE 159, 149 <170 f. Rn. 58>; 159, 183 <205 Rn. 54>; 169, 67 <84 f. Rn. 33>; stRspr).

II.

31Nach diesen Maßstäben ist die Vorlage unzulässig. Das vorlegende Gericht begründet nicht hinreichend, weshalb im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt sein sollten, es mithin für eine Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die Verfassungsmäßigkeit sowohl dieser Vorschrift als auch des § 50d Abs. 9 Satz 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG betreffend die rückwirkende Regelung des Verhältnisses zu § 50d Abs. 8 EStG ankommen sollte. Der Bundesfinanzhof setzt sich bei der nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 1 EStG erforderlichen Prüfung, ob die vom Kläger als Pilot erzielten Einkünfte nach dem DBA-Irland 1962 von der deutschen Steuer auszunehmen sind, bereits nicht hinreichend mit den dort vorgesehenen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Besteuerung auseinander (1.). Weiter lässt der Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich erkennen, weshalb die nach dem Abkommen von der deutschen Steuer auszunehmenden Einkünfte im Ausgangsverfahren in Irland nur aus dem in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Grund nicht steuerpflichtig sein sollen (2.). Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG kommt es auf die weitere Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG nicht mehr an.

321. Das vorlegende Gericht setzt sich schon nicht mit sämtlichen Voraussetzungen des im Ausgangsverfahren einschlägigen DBA-Irland 1962 für eine Nichtberücksichtigung der Einkünfte des Klägers bei der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auseinander, an die wiederum die Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 1 EStG anknüpft.

33Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sind die Einkünfte des Klägers nach Art. XII Abs. 3 in Verbindung mit Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen. Bei den Einkünften des Klägers handele es sich nach Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962 um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands, weil hiernach Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Luftfahrzeugen erbringe, die von einem in einem Vertragsstaat ansässigen Unternehmen betrieben würden, als in diesem Vertragsstaat erbracht gälten. Die Vergütungen für solche Dienstleistungen könnten nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befinde, im Streitfall also in Irland.

34Hiermit prüft das vorlegende Gericht die Voraussetzungen des DBA-Irland 1962 nur unvollständig. Es nimmt nicht in den Blick, dass die Bestimmung, die die von dem Abkommen erfassten Einkünfte regelt (Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962), weitergehende Anforderungen als Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962 aufstellt, der nur "für die Zwecke dieses Artikels" (nicht: dieses Abkommens) die betroffenen Einkünfte nach bestimmten Kriterien einem Vertragsstaat zuordnet. Nach dem Wortlaut des Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 darf Irland die Einkünfte des Klägers nur dann besteuern, wenn die vergütete Dienstleistung an Bord eines Luftfahrzeugs "im internationalen Verkehr" erbracht wurde. Zu diesem Erfordernis des Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 lässt sich dem Vorlagebeschluss, der letztlich allein auf Art. XXII Abs. 3 des Abkommens abstellt, nichts entnehmen. Der Bundesfinanzhof legt weder dar, dass der Kläger - wovon noch das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung ohne weitere Begründung ausgegangen ist - im maßgeblichen Zeitraum (allein) an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr eingesetzt war, noch begründet er unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden, dass es auf diese in Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 ausdrücklich vorgesehene Voraussetzung aus Rechtsgründen nicht ankomme, sondern die genannte Regelung unabhängig hiervon im Ausgangsverfahren Anwendung finde.

352. Auch begründet das vorlegende Gericht nicht hinreichend, dass die Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG im Ausgangsverfahren vorlägen. Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG erfordert neben den in § 50d Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 1 EStG genannten Voraussetzungen, dass die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil der Steuerpflichtige dort nicht aufgrund seines Wohnsitzes oder ständigen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Diese Voraussetzungen sieht das vorlegende Gericht zwar als gegeben an (a). Die Ausführungen im Vorlagebeschluss lassen indes weder erkennen, weshalb die Einkünfte des Klägers in Irland "nur" aus dem in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG beschriebenen Umstand nicht steuerpflichtig sein sollen (b), noch wird hinreichend dargelegt, dass die Einkünfte des Klägers entsprechend den Erfordernissen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in Irland insgesamt keiner Steuerpflicht unterfallen (c).

36a) Aus Sicht des Bundesfinanzhofs sind nach den tatrichterlichen Feststellungen des Finanzgerichts zur irischen Rechtslage, die für das Revisionsverfahren bindend seien, die weiteren Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG im Ausgangsverfahren erfüllt. Irland komme abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu, verzichte nach seinem Steuerrecht aber auf die Einkommensbesteuerung. Zwar sei der leistende Arbeitgeber dazu verpflichtet, die auf den Arbeitslohn entfallende Steuer einzubehalten und an die Finanzbehörden abzuführen. Dem beschränkt Steuerpflichtigen stehe indes ein Erstattungsrecht zu, von dem der Kläger Gebrauch gemacht habe. Ungeachtet des notwendigen Erstattungsantrags und der bei seinem Ausbleiben eintretenden Rechtsfolgen verbleibe es dabei, dass die betroffenen Einkünfte nach dem materiellen Recht in Irland abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig seien.

37b) Mit diesen Erwägungen verhält sich das vorlegende Gericht zwar zu der Frage, ob die Einkünfte des Klägers in Irland steuerpflichtig sind. Ihnen kann jedoch ohne weitere Darlegungen zum irischen Steuerrecht nicht entnommen werden, dass die Einkünfte des Klägers - wie von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vorausgesetzt - in Irland "nur deshalb" nicht steuerpflichtig sind, weil der Kläger dort nicht aufgrund seines Wohnsitzes, seines ständigen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nur dann Anwendung findet, wenn die Einkünfte des Klägers in Irland steuerpflichtig gewesen wären, sofern dort - entgegen dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt - eine auf die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Merkmale begründete unbeschränkte Steuerpflicht bestanden hätte (dieser Auffassung hat sich der Bundesfinanzhof nach Erlass des Vorlagebeschlusses ausdrücklich angeschlossen, vgl. BFHE 274, 18; 277, 256). Infolgedessen hätte das vorlegende Gericht entweder darlegen müssen, aus welchen Gründen diese Voraussetzung im Ausgangsverfahren erfüllt ist, oder es hätte unter Berücksichtigung anerkannter Auslegungsmethoden begründen müssen, weshalb es allein auf die von ihm in den Blick genommene Fragestellung ankommen sollte. Diese für die Anwendbarkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG und damit für die Entscheidungserheblichkeit dieser Regelung notwendigen Ausführungen lässt der Vorlagebeschluss vermissen.

38c) Darüber hinaus lässt sich dem Vorlagebeschluss nicht in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise entnehmen, weshalb die Einkünfte des Klägers in Irland insgesamt nicht steuerpflichtig sein, also auch keiner beschränkten Steuerpflicht unterliegen sollen. Der Umstand, dass dem Kläger eine in Irland zunächst erhobene Abzugssteuer auf seinen Antrag hin erstattet wurde, besagt nicht zwingend, dass er in Irland keiner beschränkten Steuerpflicht unterliegt (aa). Soweit das vorlegende Gericht verallgemeinernd anführt, dass Irland auf die Einkommensbesteuerung verzichte und die Einkünfte des Klägers nach dem materiellen Recht Irlands abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig seien, wird dies nicht hinreichend begründet (bb).

39aa) Der Umstand, dass dem Kläger auf seinen Antrag hin eine von seinem Arbeitgeber zunächst einbehaltene und an den irischen Staat abgeführte Steuer in vollem Umfang erstatten worden ist, begründet für sich genommen nicht hinreichend, dass die Einkünfte des Klägers in Irland nicht (beschränkt) steuerpflichtig gewesen sind. Unmittelbar wird mit diesem Umstand nur ein tatsächlich vollzogener, verwaltungstechnischer Vorgang beschrieben, aus dem sich nichts zu den Voraussetzungen und Ursachen der Erstattung ableiten lässt. Die Erstattung einer zunächst einbehaltenen und abgeführten Steuer beruht auch nicht zwingend darauf, dass die Einkünfte in Irland nicht steuerpflichtig waren. Es handelt sich hierbei lediglich um einen von mehreren denkbaren Gründen für die Rückerstattung. Dementsprechend kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände allein aus der Erstattung einer zunächst einbehaltenen und abgeführten Steuer nicht darauf geschlossen werden, dass die betroffenen Einkünfte nicht steuerpflichtig seien. Einen derartigen Rückschluss hat letztlich auch der Bundesfinanzhof nicht gezogen, sondern angenommen, dass Irland nach den im Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) auf die Einkommensbesteuerung verzichte und die Einkünfte des Klägers nach dem materiellen Recht Irlands abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig seien.

40bb) Für diese Annahmen fehlt es im Vorlagebeschluss indes an einer hinreichenden Begründung. Zwar verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass das Finanzgericht entsprechende Feststellungen zur irischen Rechtslage getroffen habe, an die er gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden sei. Das Finanzgericht führt zur Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG jedoch nur aus, dass Irland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht für die in Rede stehenden Vergütungen des Klägers zukomme und nach seinem Steuerrecht auf die Einkommensbesteuerung verzichte. Weitergehende Erwägungen zur irischen Rechtslage enthält das Urteil des Finanzgerichts nicht. Auf dieser Grundlage hätte der Bundesfinanzhof näher begründen müssen, weshalb für ihn nach § 118 Abs. 2 FGO bindend feststehen soll, dass Irland auf die Einkommensbesteuerung verzichtet und die Einkünfte des Klägers nach dem materiellen Recht Irlands abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig sind.

41(1) Es ist bereits nicht zu ersehen, weshalb der Bundesfinanzhof die Ausführungen des Finanzgerichts dahingehend versteht, dass die Einkünfte des Klägers nach dem materiellen Recht Irlands abstrakt nicht beschränkt steuerpflichtig seien. Das Finanzgericht hat irische Steuernormen gar nicht in den Blick genommen und sich daher weder zur Reichweite der beschränkten Steuerpflicht in Irland noch zu den Voraussetzungen und der Reichweite des von ihm angenommenen Verzichts Irlands auf die Einkommensbesteuerung geäußert. Infolgedessen hätte der Bundesfinanzhof näher begründen müssen, aus welchen Gründen er den vom Finanzgericht ohne weitere Prüfung angenommenen Verzicht Irlands auf die Einkommensbesteuerung gerade auf Bestimmungen des irischen Steuerrechts über die Reichweite der beschränkten Steuerpflicht zurückführt und ihn nicht etwa aus sonstigen Vorschriften des irischen Steuerrechts, wie einer persönlichen oder sachlichen Steuerbefreiung oder einem allgemein beziehungsweise im Einzelfall ausgesprochenen Erlass, ableitet.

42(2) Zudem hätte der Bundesfinanzhof näher erläutern müssen, warum den Ausführungen des Finanzgerichts bindende Feststellungen zum Inhalt des irischen Steuerrechts im Sinne des § 118 Abs. 2 FGO zu entnehmen sein sollen. Das Finanzgericht vermittelt in seinem Urteil - anders als dies in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Allgemeinen verlangt wird (vgl. BFHE 177, 492 <495>; 241, 562 <570 Rn. 38>; 257, 35 <49 Rn. 61>; 260, 312 <318 Rn. 33>; 261, 132 <137 f. Rn. 24>; 276, 189 <204 Rn. 67>) - keinen über kursorische Ausführungen hinausgehenden Überblick über den Inhalt des irischen Steuerrechts. Es hat weder konkrete, das Ausgangsverfahren betreffende Bestimmungen des irischen Steuerrechts bezeichnet noch einschlägige Rechtsprechung der irischen Gerichte angeführt und schließlich auch nicht dargelegt, wie die maßgeblichen irischen Steuernormen in Fällen, die mit demjenigen des Ausgangsverfahrens vergleichbar sind, in der dortigen Verwaltungspraxis angewandt wurden. Stattdessen beschränkt es sich darauf, ohne Begründung und ohne Angabe einer Erkenntnisquelle ein Ergebnis der Anwendung des irischen Steuerrechts anzunehmen, nämlich einen in Irland bestehenden Verzicht auf die Einkommensbesteuerung. Dass darin vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Anforderungen an die Ermittlung ausländischen Rechts eine hinreichende, das Revisionsgericht bindende Feststellung liegen soll, wäre vom vorlegenden Gericht näher zu begründen gewesen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:ls20251021.2bvl002114

Fundstelle(n):
BAAAK-03876