Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/3 KLs 5/22
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten Me. K. und Ma. Ka. jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten (Angeklagter K.) bzw. drei Jahren (Angeklagter Ka.), den Angeklagten Moh. I. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten Mou. I. wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung näher bezeichneter Betäubungsmittel und Cannabis angeordnet. Von den dagegen gerichteten, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten hat lediglich das Rechtsmittel des Angeklagten Mou. I. den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.
21. Die den Angeklagten Mou. I. betreffende Revision ist teilweise gerechtfertigt.
3a) Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen verfügte der Angeklagte am in seinem Zimmer der gemeinsam mit seinem älteren Bruder bewohnten Wohnung über 96,9 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 26,55 Gramm THC und 28,08 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 17,16 Gramm KHCl. Das aufgefundene Rauschgift war zu seinem Eigenkonsum bestimmt. Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall wegen „Besitzes von Betäubungsmitteln (Kokain und Haschisch) in nicht geringer Menge“ verurteilt.
4b) Der Schuldspruch in Fall II.2. der Urteilsgründe bedarf der Anpassung an das zum in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz. Der Strafausspruch ist von der Schuldspruchänderung nicht betroffen. Allerdings unterliegt die diesen Angeklagten betreffende Einziehung von 96,6 Gramm Cannabisharz der Aufhebung.
5aa) Soweit die Strafkammer den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, ist der Schuldspruch zwar rechtsfehlerfrei, weil das vom Angeklagten aufbewahrte Kokain einen Wirkstoffgehalt von 17,16 Gramm Kokainhydrochlorid und damit das 3,43-fache der nicht geringen Menge aufwies. Der Schuldspruch ist indessen, soweit es den Besitz von Cannabis betrifft, gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO zu ändern, weil der geringere Schuldgehalt eines Verstoßes gegen das Konsumcannabisgesetz im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen ist. Dabei schließt der Senat aus, dass das Landgericht, was ohnehin im Schuldspruch keinen Ausdruck fände, aufgrund der geringen Überschreitung der nicht geringen Menge um weniger als das Anderthalbfache (vgl. , NJW 2025, 2492, 2495 Rn. 26) von der Regelwirkung des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG ausgegangen wäre. § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
6bb) Der Strafausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs unberührt. Das Landgericht hat die Strafe – weiterhin nach § 52 Abs. 2 StGB zutreffend – § 29a Abs. 2 BtMG entnommen. Dass es bei Berücksichtigung des verminderten Schuldgehalts eines tateinheitlich hinzutretenden Verstoßes gegen das Konsumcannabisgesetz zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, schließt der Senat aus.
7cc) Jedoch unterliegt die Einziehungsentscheidung der Aufhebung, soweit das Landgericht zulasten des Angeklagten 96,6 Gramm Cannabisharz eingezogen hat. Hat der Angeklagte – wie hier – Cannabis im Besitz, kann zwar die Gesamtbesitzmenge eingezogen werden. Die Einziehung erfordert indes die Ausübung tatrichterlichen Ermessens (, NJW 2025, 2492, 2497 Rn. 43), an der es fehlt (vgl. , Rn. 8). Die die Einziehungsentscheidung tragenden Feststellungen sind von der Aufhebung nicht betroffen. Sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und durch den neuen Tatrichter durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück, weil die Zuständigkeit der Jugendkammer nicht (mehr) gegeben ist.
82. Im Übrigen hat die auf die Sachrügen veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass weder die Urteilsfeststellungen noch die Sachbehandlung nach Urteilserlass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung erkennen lassen, die eine Kompensation rechtfertigen könnte.ie Dauer des Revisionsverfahrens auf dem Umstand, dass der Senat die Beratung der Sache mit Blick auf den Anfragebeschluss des Senats vom (2 StR 107/24), der zu der oben genannten Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom – GSSt 1/24 – geführt hat, zurückgestellt hatte und die Beratung erst nach deren Bekanntmachung im Juli 2025 wieder aufnehmen konnte. Die Durchführung des Vorlageverfahrens zum Großen Senat für Strafsachen ist keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung, die Anlass zur Kompensation gäbe (vgl. mwN).
Menges Zeng Grube
Schmidt Zimmermann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:221025B2STR354.24.0
Fundstelle(n):
IAAAK-03865