Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
2In dem zugelassenen Krankenhaus der Klägerin wurde vom 16. bis ein bei der beklagten Krankenkasse (KK) gesetzlich Versicherter stationär behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung auf der Grundlage der Fallpauschale E71C 2067,04 Euro in Rechnung (Behandlung A). Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Prüfung zur Frage der primären/sekundären Fehlbelegung. Der MDK gelangte in einem Gutachten vom auf der Grundlage der vom Krankenhaus angeforderten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass eine stationäre Behandlung medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Mit einfachem Brief versandte die Beklagte ein Schreiben vom an die Klägerin. Inhalt des Schreibens war die Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung und die Aufrechnung eines Erstattungsanspruchs in Höhe des gesamten Rechnungsbetrages zur Erfüllung eines unstreitigen Vergütungsanspruchs aus stationärer Behandlung anderer Versicherter (Behandlung B).
3Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Zahlung von 2067,04 Euro nebst Zinsen (bzgl Behandlung B) sowie eine Aufwandspauschale von 300 Euro geltend gemacht. Ihr seien weder ein MDK-Gutachten noch eine Leistungsentscheidung der Beklagten zugegangen. Die Beklagte hat eine Hilfswiderklage auf Erstattung gezahlter 2367,04 Euro nebst Prozesszinsen (bzgl Behandlung A) erhoben. Das SG hat die Beklagte nach Beweiserhebung durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens verurteilt, an die Klägerin 2067,04 Euro nebst Zinsen seit dem (bzgl Behandlung B) zu zahlen. Auf die Hilfswiderklage hat es die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 1148,69 Euro nebst Zinsen seit dem (bzgl Behandlung A) zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage und die Hilfswiderklage abgewiesen. Es hat die Aufrechnungserklärung der Beklagten wegen des nicht nachgewiesenen Zugangs der Leistungsentscheidung als unwirksam angesehen. Allerdings sei der Hilfswiderklage (bzgl Behandlung A) teilweise stattzugeben gewesen, weil nach dem Sachverständigengutachten ein stationärer Aufenthalt nur vom 16. bis erforderlich gewesen sei. Deshalb habe ein Vergütungsanspruch nur iHv 816,85 Euro bestanden (Urteil vom ). Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin, die sich nur gegen ihre Verurteilung zur teilweisen Zahlung des mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Erstattungsanspruchs gerichtet hat, das SG-Urteil geändert und die Hilfswiderklage der Beklagten vollständig abgewiesen. Dem Erstattungsanspruch der Beklagten stehe die materielle Präklusionswirkung des § 8 Satz 3 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) 2014 entgegen. Die Beklagte sei mit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs aufgrund von Umständen, die bereits Gegenstand eines Prüfverfahrens gewesen seien, nach Ablauf der neunmonatigen Frist für die Mitteilung ihrer abschließenden Entscheidung ausgeschlossen. Die vom SG erhobenen Beweise unterlägen einem Beweisverwertungsverbot (Urteil vom ).
4Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 2 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 Satz 2 und § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V, von § 76 Abs 1 SGB IV sowie § 17c KHG iVm § 8 PrüfvV 2014. § 8 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 stellten keine Präklusionsregelung dar, sondern eine Ausschlussfrist. Diese sei wegen ihrer fehlenden Vereinbarkeit mit höherrangigem Bundesrecht unbeachtlich und hindere daher die Durchsetzung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der Beklagten nicht.
7Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Gründe
8Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG geändert und die Hilfswiderklage der Beklagten in vollem Umfang abgewiesen.
9Die zulässig im Gleichordnungsverhältnis als Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG (stRspr; vgl zu den auf einen Erstattungsanspruch gestützten Leistungsklagen der KKn gegen Krankenhäuser - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 8 mwN) erhobene Widerklage (§ 100 SGG) ist unbegründet. Ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte es nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) versäumt hat, der Klägerin innerhalb der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung nach § 8 Satz 1 PrüfvV 2014 (leistungsrechtliche Entscheidung) mitzuteilen. § 8 PrüfvV 2014 enthält keine zu einem dauerhaften Prozesshindernis für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs oder zu seinem Erlöschen führende Ausschlussfrist, sondern nur eine materielle Präklusionsregelung mit der Rechtsfolge, dass die KK mit der Aufrechnung des Erstattungsanspruchs ausgeschlossen ist (dazu 1.). Darüber hinaus ergeben sich aus System und Zweck der das Prüfverfahren betreffenden Regelungen, dass die Durchsetzbarkeit eines nach Ende des Prüfverfahrens durch Fristablauf ohne Mitteilung einer abschließenden Entscheidung fortbestehenden Erstattungsanspruchs erheblichen weiteren Einschränkungen unterworfen ist. Mit Ablauf der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 ohne Mitteilung der abschließenden Entscheidung ist die KK unabhängig von einem Verschulden so zu stellen, als habe sie das Prüfverfahren nicht eingeleitet. Dies hat zur Folge, dass die KK den von der Zustimmung des Krankenhauses unabhängigen Zugriff auf die Erkenntnisse des Prüfverfahrens und die im Prüfverfahren vom MDK erhobenen Daten, insbesondere die vom Krankenhaus vorgelegten Patientenunterlagen verliert, nicht jedoch der Erstattungsanspruch selbst untergeht oder dessen gerichtliche Durchsetzbarkeit gänzlich ausgeschlossen ist (dazu 2.). Die vom Gericht gleichwohl angeforderten und vom Krankenhaus lediglich vorbehaltlos übersandten Behandlungsunterlagen sowie darauf gestützte Sachverständigengutachten unterliegen allerdings in einem solchen Fall einem Beweisverwertungsverbot (dazu 3.). So verhält es sich im Falle der Klägerin. Das Beweisverwertungsverbot ist hier zu seiner effektiven Durchsetzung mit einer Beweislastumkehr verbunden. Diese hat zur Folge, dass die Klägerin, obwohl die Beklagte nur entsprechend dem kompensatorischen Beschleunigungsgebot (vgl dazu - SozR 4-2500 § 112 Nr 10 RdNr 30 ff) die Zahlung erbracht hat, ausnahmsweise nicht länger die Beweislast für ihren Vergütungsanspruchs trägt, sondern die Beklagte die volle Beweislast für ihren Erstattungsanspruch (dazu 4.).
101. Die Versäumung der Frist für die in § 8 Abs 1 Satz 1 PrüfvV 2014 geforderte abschließende Entscheidung schließt nach den §§ 8 ff PrüfvV 2014 (dazu a) allein die Aufrechnung des Erstattungsanspruchs mit Vergütungsforderungen des Krankenhauses aus, bewirkt aber nicht den Untergang eines bestehenden Erstattungsanspruchs. Dies folgt aus dem Zweck der PrüfvV unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien zu § 17c Abs 2 KHG sowie des Wirtschaftlichkeitsgebots und steht im Einklang mit dem Wortlaut des § 8 PrüfvV 2014 und der Systematik der Regelungen der §§ 8 f PrüfvV 2014 (dazu b).
11a) Auf die im Jahr 2015 durchgeführte Krankenhausbehandlung des Versicherten ist die aufgrund § 17c Abs 2 KHG (idF des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom , BGBl I 2423) erlassene und am in Kraft getretene PrüfvV 2014 anwendbar (§ 12 Abs 1 PrüfvV 2014; vgl - BSGE 133, 126 = SozR 4-2500 § 275 Nr 36, RdNr 12). Die KK hat nach § 8 Satz 1 PrüfvV 2014 dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Gemäß § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 hat diese Mitteilung innerhalb von neun Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs 3 PrüfvV 2014 zu erfolgen, wobei diese Frist nach § 8 Satz 4 PrüfvV 2014 als Ausschlussfrist wirkt. Hieran anschließend bestimmt § 9 PrüfvV 2014, dass die KK einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV 2014 fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen kann. Dabei sind der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen.
12b) Die Regelungen des § 8 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 über die für die KK im Prüfverfahren geltenden Fristen sind bei offenem Wortlaut (vgl - SozR 4-5560 § 17c Nr 15 RdNr 42, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) ermächtigungskonform unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V) und des Beschleunigungszwecks der PrüfvV 2014 auszulegen (dazu aa). Unter Berücksichtigung der Systematik der PrüfvV wird damit kein Ausschluss des Erstattungsanspruchs geregelt (dazu bb). Dies steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur PrüfvV 2016 (dazu cc).
13aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats eröffnet § 17c Abs 2 KHG nicht die Möglichkeit, das Verfahren der PrüfvV so auszugestalten, dass bei Versäumung von Fristen Vergütungs- oder Erstattungsansprüche endgültig untergehen oder einem dauerhaften Prozesshindernis unterliegen. So bewirkt § 7 PrüfvV 2014 zu Lasten der Krankenhäuser nur eine materielle Präklusion (vgl - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33, RdNr 23 ff). Nichts anderes gilt nach § 8 PrüfvV 2014 für die Erstattungsansprüche der KKn. Das ergibt sich aus dem von KKn und Krankenhäusern gleichermaßen zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebot der § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V. Die Vereinbarung materiell-rechtlicher Ausschlussfristen im Zusammenhang mit der Prüfung von Krankenhausabrechnungen hätte zur Folge, dass KKn im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet wären, Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert wären, Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen (vgl - BSGE 112, 156, 166 ff = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 35).
14§ 8 PrüfvV 2014 dient vorrangig, aber nicht allein, der Beschleunigung und Verfahrenskonzentration. Die Regelung schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse der KK sowie der Versichertengemeinschaft an der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots und dem Interesse des Krankenhauses an einem zügigen Abschluss des Prüfverfahrens sowie der Rechtssicherheit (vgl - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33, RdNr 24; - BSGE 133, 126 = SozR 4-2500 § 275 Nr 36, RdNr 21). Aus den Gesetzesmaterialien zu § 17c Abs 2 KHG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber darüber hinaus eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist als Sanktion für die Verletzung von Mitwirkungspflichten der KKn im Prüfverfahren anordnen wollte.
15bb) Bestätigt wird dies durch das Regelungssystem des § 8 PrüfvV 2014. Die Regelung in § 9 Satz 1 PrüfvV 2014, nach der die Aufrechnung nur mit einem einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV 2014 fristgerecht festgestellten Erstattungsanspruch zulässig ist, setzt das Fortbestehen eines Erstattungsanspruchs auch ohne fristgemäße Mitteilung voraus. Wenn die Vertragsparteien der PrüfvV 2014 einen materiell-rechtlich wirkenden Ausschluss des Erstattungsanspruchs bei Fristversäumnis gewollt hätten, wäre es nicht nachvollziehbar, warum sie nur den Ausschluss der Aufrechnung vorgesehen, nicht aber geregelt haben, dass der Erstattungsanspruch bereits selbst ausgeschlossen ist. § 9 Satz 1 PrüfvV 2014 ergibt nur dann einen Sinn, wenn dem die Vorstellung zugrunde liegt, dass bei versäumter Mitteilung des Erstattungsanspruchs als möglichem Ergebnis einer abschließenden Entscheidung dieser Erstattungsanspruch weder endgültig untergeht noch einem dauerhaften Prozesshindernis unterliegt.
16cc) Davon ausgehend hat der Senat bereits zu der für Behandlungsfälle ab dem geltenden PrüfvV 2016 entschieden, dass die Versäumung der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 für die Bezifferung des Erstattungsanspruchs nach § 8 Satz 2 PrüfvV 2016 nicht zu einem Erlöschen des Erstattungsanspruchs führt, sondern (lediglich) die Aufrechnung der nicht einvernehmlich als bestehend festgestellten Erstattungsforderung mit einer unstreitigen Vergütungsforderung des Krankenhauses ausschließt ( - SozR 4-5560 § 17c Nr 15 RdNr 38, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Trotz der Bezeichnung der Frist als Ausschlussfrist (§ 8 Satz 4 PrüfvV 2014) handelt es sich nicht um eine den Verlust des Erstattungsanspruchs bewirkende materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl - BSGE 132, 152 = SozR 4-2500 § 301 Nr 10, RdNr 24 mwN). Die Systematik der §§ 8 und 10 PrüfvV 2016 - § 10 PrüfvV 2016 entspricht dabei § 9 PrüfvV 2014 - schließt vielmehr eine Auslegung aus, dass die PrüfvV die lediglich nicht fristgemäß erfolgte Mitteilung des bezifferten Erstattungsanspruchs mit einem vollständigen Ausschluss des Anspruchs sanktionieren will (im Einzelnen aaO, RdNr 40 ff). Daran hält der Senat auch für die PrüfvV 2014 und auch für die Frist zur Mitteilung der abschließenden Entscheidung fest.
172. § 8 Satz 4 PrüfvV 2014 bestimmt im Hinblick auf den Ausschluss, abgesehen vom Verlust der Aufrechnungsbefugnis der KK (vgl RdNr 10), keine ausdrücklichen Rechtsfolgen für den Fall, dass die KK überhaupt keine abschließende Entscheidung trifft oder diese dem Krankenhaus nicht innerhalb der Frist zugeht. Regelungssystem und -zweck sind jedoch zwei weitere Rechtsfolgen zu entnehmen. Mit dem fruchtlosen Ablauf der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 endet in jedem Fall das Prüfverfahren (dazu a). Mit dem Abschluss des Prüfverfahrens ohne eine abschließende Entscheidung verliert die KK im Sinne einer materiellen Präklusion zugleich den Zugriff auf die Erkenntnisse des Prüfverfahrens (also auch auf die gutachtlichen Stellungnahmen des MDK) und die im Prüfverfahren vom MDK erhobenen Daten, insbesondere die vom Krankenhaus vorgelegten Patientenunterlagen. Die im Prüfverfahren erhobenen Daten dürfen im Anschluss an dieses im Gerichtsverfahren nur verwendet werden, wenn und soweit eine abschließende Entscheidung fristgerecht erfolgt ist (dazu b). Anderenfalls verbleibt der KK mangels Zugriffs auf die Unterlagen und Erkenntnisse des Prüfverfahrens nur die Möglichkeit, ihren Erstattungsanspruch auf ihr in anderer Weise rechtmäßig bekannt gewordene Daten zu stützen (dazu c).
18a) Die Versäumung der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 hat zur Folge, dass das Prüfverfahren auch ohne abschließende Entscheidung der KK und ohne die Feststellung des Erstattungsanspruchs abgeschlossen ist.
19Schon das Erfordernis einer abschließenden Entscheidung selbst als auch die Fristgebundenheit dieser Entscheidung sprechen für die Annahme, dass das völlige Unterlassen einer abschließenden Entscheidung das Prüfverfahren nicht offenhalten kann. Soweit die KK dagegen eine abschließende Entscheidung trifft, diese jedoch nach Ablauf der Frist dem Krankenhaus zugeht, greift die Ausschlussfrist des § 8 Satz 4 PrüfvV 2014 ein, die eine Nachholung unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt. Ein danach denkmöglich verbleibendes, dauerhaft nicht abgeschlossenes Prüfverfahren wäre jedoch mit dem Zweck des Prüfverfahrens unvereinbar.
20Das Bedürfnis nach einem Abschluss des Prüfverfahrens auch ohne eine dem Krankenhaus (fristgemäß) mitgeteilte Entscheidung der KK ergibt sich aus dem Beschleunigungszweck der PrüfvV (vgl - BSGE 132, 152 = SozR 4-2500 § 301 Nr 10, RdNr 28). Das von der KK eingeleitete Verfahren der MDK-Prüfung soll nicht in die Länge gezogen werden. Aus diesem Grund schließt etwa § 7 Abs 5 PrüfvV 2014 als materielle Präklusionsregelung wiederholte oder unzeitige Datenänderungen durch die Krankenhäuser aus (vgl zur PrüfvV 2014 aaO RdNr 14 f; zur PrüfvV 2016 - SozR 4-2500 § 301 Nr 11 RdNr 16) und enthält § 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV 2014 eine weitere materielle Präklusion zu Lasten des Krankenhauses bezüglich vom MDK angeforderter, aber vom Krankenhaus nicht fristgerecht vorgelegter Unterlagen (vgl - BSGE 132, 143 = SozR 4-2500 § 275 Nr 33 RdNr 17 f). Im Gegenzug schließt auch der mit der Frist nach § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 verbundene Zweck eine Verzögerung des Abschlusses des Prüfverfahrens durch die KK aus. Dieser steht nur die in § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 vorgesehene Frist zur Verfügung, eine Korrektur der Abrechnung festzustellen und dem Krankenhaus unter Bezifferung des Erstattungsanspruchs mitzuteilen. Mit Ablauf der Frist muss deshalb das Prüfverfahren auch ohne die Feststellung eines Erstattungsanspruchs enden, wenn es seinen Sinn nicht verlieren soll.
21b) Trifft die KK keine abschließende Entscheidung oder trifft sie diese erst nach Ablauf der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014, ist ihre Stellung insofern dieselbe, als hätte sie ein Prüfverfahren nicht fristgerecht eingeleitet (vgl dazu - BSGE 134, 172 = SozR 4-2500 § 275 Nr 39, RdNr 33; - SozR 4-2500 § 112 Nr 10 RdNr 31 f). Dies entspricht dem prüfrechtlichen Beschleunigungsgebot. Die Verpflichtung des Krankenhauses, Unterlagen für die Abrechnungsprüfung und die eventuell nachfolgende gerichtliche Kontrolle weiterhin zur Verfügung zu stellen, besteht nur in einem fristgerecht eingeleiteten und ordnungsgemäß durchgeführten Prüfverfahren.
22aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Frist von sechs Wochen nach § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V aF, innerhalb derer das Prüfverfahren einzuleiten und dem Krankenhaus anzuzeigen ist, abschließend den sich aus § 275 Abs 1c Satz 1 SGB V aF ergebenden Beschleunigungsgrundsatz konkretisiert und sichert. Die Frist erlangt nur Bedeutung, wenn dem MDK weitere Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen sind, die über eine Anzeige nach § 301 SGB V und die vereinbarte Vorlage weiterer Unterlagen, wie etwa eines Kurzberichtes, hinausgehen. Der ungenutzte Ablauf der Frist führt lediglich dazu, dass KK und MDK bei einzelfallbezogenen Abrechnungsprüfungen auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus der KK im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung - deren vollständige Erfüllung vorausgesetzt - jeweils zur Verfügung gestellt hat (vgl - SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 17).
23bb) Nach § 276 Abs 2 Satz 2 SGB V dürfen die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten nur für die in § 275 SGB V genannten Zwecke verarbeitet oder genutzt werden. Eine Weitergabe der im Prüfverfahren durch den MDK erhobenen Daten an die KK ist nicht vorgesehen (anders als bei der bis allein auf § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V aF gestützten Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit: - BSGE 122, 87 - SozR 4-2500 § 301 Nr 7, RdNr 15, 25; - SozR 4-7645 Art 9 Nr 1 RdNr 21). Die Nutzung der nach § 275 Abs 1 Nr 1, Abs 1c, § 276 Abs 2 Satz 1 SGB V aF beim Krankenhaus erhobenen (Sozial-)Daten des behandelten Versicherten ist danach auf das Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1, Abs 1c SGB aF beschränkt.
24Die nur beschränkt zulässige Nutzung der im Prüfverfahren erhobenen Daten folgt aus dem prüfrechtlichen Beschleunigungsgebot (vgl - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 30), zu dessen Verwirklichung die Frist des § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V aF und die in der PrüfvV geregelten Verfahrensbestimmungen, insbesondere die dort geregelten Fristen beitragen sollen. Danach soll das Krankenhaus grundsätzlich nur einmal - innerhalb eines fristgerecht eingeleiteten Prüfverfahrens - mit dem Aufwand zur Vorlage von Behandlungsunterlagen belastet werden. Die in § 8 Satz 3 PrüfvV 2014 geregelte Frist für den Abschluss des Prüfverfahrens gewährleistet, dass das Krankenhaus zeitnah und nicht erst mit Ablauf der Verjährungsfrist - im Regelfall also dann, wenn die KK eine abschließende Entscheidung trifft - Gewissheit über das Bestehen oder (das behauptete) Nichtbestehen seines Vergütungsanspruchs erlangt. Diesen auf Ausgleich der Interessen von KK und Krankenhaus ausgerichteten Verfahrensregeln liefe es zuwider, wenn die KK auch nach dem Ende des Prüfverfahrens noch Erstattungsansprüche auf Unterlagen stützen könnte, die im Prüfverfahren mit dem Ziel einer zeitnahen Klärung des Vergütungsanspruchs vorzulegen waren.
25c) Dem Zweck der Beschleunigung und Konzentration würde es widersprechen, wenn die KK nur bei Umsetzung der auf den Einzelfall bezogenen MDK-Begutachtung an die in der PrüfvV geregelten Fristen gebunden wäre und etwa bei vom MDK übersehenen oder ausdrücklich ausgeklammerten Gesichtspunkten (auch zeitlich) unbeschränkt weiter prüfen könnte. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass nicht über die Unterlagenanforderung des MDK nach der PrüfvV 2014, sondern auf anderem Wege zur Verfügung stehende, rechtmäßig erlangte Erkenntnisse, die unmittelbar prüfungsrelevant sind, grundsätzlich einbezogen werden dürfen, solange das Prüfverfahren einschließlich des sich ggf anschließenden Gerichtsverfahrens nicht abgeschlossen ist (vgl - BSGE 133, 126 = SozR 4-2500 § 275 Nr 36, RdNr 21). Aus der mit dem Prüfverfahren verfolgten Konzentration und Beschleunigung folgt aber auch, dass sonstige außerhalb der Datenerhebung beim Krankenhaus liegende Umstände, die für den Prüfgegenstand relevant sind, im Prüfverfahren nicht nur geltend gemacht werden können, sondern rechtzeitig geltend gemacht werden müssen. Unterbleibt dies, sind sie auch im nachfolgenden Gerichtsverfahren ausgeschlossen.
26Würde man bei einem nicht durch eine fristgerecht mitgeteilte abschließende Entscheidung beendeten Prüfverfahren diese Grundsätze ebenfalls anwenden, könnte die KK ihren Erstattungsanspruch auf überhaupt keine Beweismittel stützen. Die sich daraus ergebende faktische Wirkung käme einem unzulässigen Ausschluss des Erstattungsanspruchs gleich (vgl dazu 1.). Deshalb muss die KK für den Fall der nicht oder nicht fristgerecht erfolgten abschließenden Erklärung so gestellt werden, als hätte sie das Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V aF nicht eingeleitet.
27Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass einer KK auch bei Nichtdurchführung des Prüfverfahrens ihre Einwände gegen die Vergütungsforderung des Krankenhauses nicht abgeschnitten sind und das Gericht nach § 103 SGG zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verpflichtet ist ( - BSGE 134, 172 = SozR 4-2500 § 275 Nr 39, RdNr 33). Zur Ermittlung besteht für das Gericht allerdings nur Anlass, wenn von den Beteiligten ein dem Gericht nicht bekannter Sachverhalt so vorgetragen wird, dass seine Entscheidungserheblichkeit erkennbar wird und sich daraus Anlass zu Ermittlungen ableiten lässt (vgl - BSGE 77, 140, 144 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 12 S 46; - BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 19). Die gerichtliche Geltendmachung eines nicht nach § 8 Satz 1 und 3 PrüfvV 2014 fristgemäß mitgeteilten Erstattungsanspruchs bedarf daher einer Konkretisierung seiner Begründung mit den der KK in anderer Weise rechtmäßig bekannt gewordenen Daten. Dazu gehören etwa Daten aus einem im Versichertenverhältnis durchgeführten Verwaltungsverfahren (vgl - aaO), Daten aus der ersten und zweiten Stufe der Abrechnungsprüfung oder Daten aus sonstigen, ihr rechtmäßig zugänglichen Quellen wie dem Krankenhausplan zum Umfang des Versorgungsauftrages. Die Ermittlungspflicht des Gerichts wird erst dann ausgelöst, wenn es der KK gelingt, ohne Rückgriff auf die im Prüfverfahren erhobenen Daten und die vom MDK erstellte gutachtliche Stellungnahme allein mit den außerhalb des Prüfverfahrens rechtmäßig zugänglichen Beweismitteln einen Anlass für gerichtliche Ermittlungen aufzuzeigen. Im Übrigen ist die Amtsermittlungspflicht des Gerichts ausgeschlossen und es besteht hinsichtlich der Unterlagen des Krankenhauses ein Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot. Dem Krankenhaus bleibt es allerdings unbenommen, freiwillig Unterlagen vorzulegen oder andere Beweismittel anzubieten.
283. Soweit der Senat bisher die Vorlage von Unterlagen auf jegliche gerichtliche Anforderung ohne Erklärung eines Vorbehalts durch das Krankenhaus als freiwillig angesehen hat ( - BSGE 134, 172 = SozR 4-2500 § 275 Nr 39, RdNr 34), hält er daran nicht in vollem Umfang fest. Freiwillig ist die vom Krankenhaus erfolgte Vorlage von Unterlagen oder Benennung von Beweismitteln nur dann, wenn sie entweder gänzlich ohne Veranlassung des Gerichts oder auf eine zulässige gerichtliche Anforderung erfolgt. Bestand für das Gericht mangels eines von der KK mit Hilfe zulässig erlangter Daten hinreichend aufgezeigten Ermittlungsanlasses bereits ein Beweiserhebungsverbot, unterliegen die gleichwohl mittels Anforderung beim Krankenhaus erhobenen Beweise einem Verwertungsverbot. Auf die Erklärung eines Vorbehaltes kommt es insofern nicht an. Auf eine nicht zulässige gerichtliche Anforderung übersandte Unterlagen sind deshalb nur dann verwertbar, wenn das Krankenhaus ausdrücklich erklärt, dass die Unterlagen ungeachtet des nicht durchgeführten Prüfverfahrens verwertet werden dürfen.
294. Es steht nach den im Gerichtsverfahren nicht ausgeschlossenen Beweismitteln nicht fest, dass der Beklagten gegen die Klägerin der widerklagend geltend gemachte, nach dem SG-Urteil noch rechtshängige Erstattungsanspruch von 1148,69 Euro zusteht. Die eine sekundäre Fehlbelegung begründenden Tatsachen sind nicht bewiesen. Sowohl die Behandlungsunterlagen des Krankenhauses als auch das darauf gestützte Sachverständigengutachten unterliegen einem Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot (dazu a). Sonstige, außerhalb des Prüfverfahrens in zulässiger Weise dem LSG zugängliche, aber nicht berücksichtigte Beweismittel sind von der Beklagten nicht mit einer zumindest hilfsweise erhobenen Verfahrensrüge (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) geltend gemacht worden. Die Folgen dieser Beweislosigkeit trägt die Beklagte (dazu b).
30a) Die Klägerin hat zwar nach Erhebung der Widerklage auf die gerichtliche Verfügung vom am Behandlungsunterlagen vorgelegt, ohne einen Vorbehalt zu erklären. Das SG hätte die Behandlungsunterlagen des Krankenhauses aber bereits nicht anfordern dürfen. Denn eine Amtsermittlungspflicht bestand im Hinblick auf den von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht. Das Prüfverfahren war mit Ablauf der Frist von neun Monaten nach § 8 Satz 3 PrüfvV 2014, beginnend mit der Prüfanzeige des MDK (§ 6 Abs 3 PrüfvV 2014) vom , am ohne eine leistungsrechtliche Entscheidung der Beklagten beendet. Die Beklagte hatte den Zugriff auf die Behandlungsunterlagen der Klägerin und die Stellungnahme des MDK verloren. Den mit der Widerklage geltend gemachten Erstattungsanspruch hatte sie aber allein auf das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des MDK vom gestützt und damit nicht auf außerhalb des Prüfverfahrens zugängliche Beweismittel. Hinreichende Anhaltspunkte für die gerichtliche Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen haben nicht bestanden. Die erhobenen Beweise unterliegen einem umfassenden Beweisverwertungsverbot. Das gilt für die hier auf der Grundlage der Krankenakte gewonnenen Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, wonach aus medizinischer Sicht eine Entlassung aus der stationären Behandlung am möglich gewesen wäre und damit eine sekundäre Fehlbelegung für zwei Tage vorgelegen hätte. Davon ist das LSG zutreffend ausgegangen.
31b) Zwar trägt auch im Erstattungsstreit grundsätzlich das Krankenhaus die Beweislast für die den Vergütungsanspruch begründenden Umstände, hier also für die medizinische Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung vom 16. bis . Der in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallende Abschluss des Prüfverfahrens ohne Mitteilung einer abschließenden Entscheidung mit dem daraus folgenden "Verfall" der im Prüfverfahren erhobenen Daten und erlangten Erkenntnisse erfordert jedoch eine Beweislastumkehr zugunsten des Krankenhauses (vgl für den Fall der Nichteinleitung des Prüfverfahrens - BSGE 134, 172 = SozR 4-2500 § 275 Nr 39, RdNr 37 f mwN; - SozR 4-2500 § 112 Nr 10 RdNr 32). Die Beweislosigkeit geht damit zu Lasten der Beklagten. Nachdem die Voraussetzungen für einen Abschlag auf die von der Klägerin abgerechnete Vergütung nach DRG E71C wegen Unterschreitung der für diese Fallpauschale geltenden unteren Grenzverweildauer nach § 1 Abs 3 der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 (Fallpauschalenvereinbarung - FPV 2015) nicht aufgrund außerhalb des Prüfverfahrens in zulässiger Weise zugängliche Beweismittel feststellbar sind, besteht kein Erstattungsanspruch der Beklagten.
324. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 sowie § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:120625UB1KR824R0
Fundstelle(n):
SAAAK-03600