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BGH Beschluss v. - XIII ZB 78/22

Instanzenzug: LG Amberg Az: 32 T 727/22vorgehend AG Schwandorf Az: 8 XIV 13/22 B

Gründe

1Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Anordnung des Ausreisegewahrsams hat den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, weil das Amtsgericht von dem ihm nach § 62b Abs. 1 Satz 1 AufenthG zustehenden Anordnungsermessen keinen Gebrauch gemacht hat.

2Die Anordnung von Ausreisegewahrsam ist nach dieser Vorschrift nur rechtmäßig, wenn das Haftgericht nicht nur das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 62b Abs. 1 Satz 1 AufenthG festgestellt, sondern auch sein Anordnungsermessen pflichtgemäß ausgeübt und eine Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Betroffenen und dem staatlichen Interesse an der zügigen Durchführung der Abschiebung vorgenommen hat, wobei die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gründe - wenn auch in knapper Form - in der Entscheidung darzulegen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 7/24, juris Rn. 10; vom - XIII ZB 2/23, juris Rn. 1, jew. mwN).

3Diesen Anforderungen haben weder Amts- noch Landgericht erkennbar Rechnung getragen. Den Ausführungen des Amtsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass es sich der Notwendigkeit einer Ermessensausübung bewusst war. Der Beschluss enthält weder eine Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Betroffenen und dem staatlichen Interesse an der zügigen Durchführung seiner Abschiebung noch Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Gewahrsamsanordnung. Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 62b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 2 AufenthG vorliegen und ausgeführt, dass deshalb Ausreisegewahrsam anzuordnen war (vgl. , juris Rn. 11). Auch dem tags zuvor ergangenen und in Bezug genommenen Beschluss über die einstweilige Anordnung der Freiheitsentziehung lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Ermessensausübung entnehmen. Der Mangel ist im Beschwerdeverfahren nicht geheilt worden (vgl. aaO Rn. 12 mwN).

4Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Roloff                                Tolkmitt                                Holzinger

                Kochendörfer                             Pastohr

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:201025BXIIIZB78.22.0

Fundstelle(n):
CAAAK-03024