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BGH Urteil v. - II ZR 154/23

Leitsatz

1a.    Die Abgrenzung eines normalen Austauschgeschäfts von einer verdeckten Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen wird auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom (BGBl. I S. 2026) danach vorgenommen, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsleiter das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also durch betriebliche Gründe gerechtfertigt war.

1b.    Nach welchen Maßstäben der danach gebotene Drittvergleich vorzunehmen und inwieweit dabei ein Beurteilungsspielraum anzuerkennen ist, muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Eigenart der Leistungsbeziehung zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär ermittelt werden.

1c.    Die Entscheidung der Hauptversammlung über die Zustimmung zu einem Vergleich mit Organmitgliedern, die zugleich Aktionäre der Aktiengesellschaft sind, unterliegt regelmäßig keiner umfänglichen Inhaltskontrolle hinsichtlich der Angemessenheit des Vergleichsinhalts, sondern lediglich einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle.

2.    Entstanden im Sinn des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ist der Anspruch bei reinen Vermögensschäden mit der Pflichtverletzung und dem Eintritt der ersten Schadensposition, und zwar hinsichtlich sämtlicher sich daraus entwickelnder Schäden sowie für sich aus dem Primärschaden entwickelnde Folgeschäden.

3.    Die Angabe der wesentlichen Vertragsinhalte nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG oder weitergehende freiwillige Angaben in der Bekanntmachung können das Erfordernis, den Gegenstand der Beschlussfassung in der Einberufung anzugeben, nicht ersetzen. Dies setzt zugleich einer pauschalen Bezugnahme in der Einberufung auf den weiteren Inhalt der Bekanntmachung Grenzen. Eine pauschale Bezugnahme kann insbesondere nicht die Angabe des Gegenstands einer zustimmungsbedürftigen Beschlussfassung ersetzen.

Gesetze: § 57 Abs 1 S 1 AktG, § 57 Abs 1 S 3 AktG, § 93 Abs 4 S 3 AktG, § 121 Abs 3 S 2 AktG, § 124 Abs 2 S 3 AktG, MoMiG

Instanzenzug: Az: II ZR 154/23 Beschlussvorgehend OLG Celle Az: 9 U 93/22 Urteilvorgehend Az: 23 O 63/21

Tatbestand

1Die beklagte Volkswagen AG ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Zur Zeit der Einberufung der ordentlichen Hauptversammlung 2021 am waren 295.089.818 stimmberechtigte Stammaktien ausgegeben. Von den durch diese vermittelten Stimmrechten entfielen rund 53,3 % auf die Porsche Automobil Holding SE (im Folgenden: Porsche SE), rund 20 % auf das Land Niedersachsen und rund 17 % auf die Q.             . Im Übrigen entfielen sie auf weitere Aktionäre, darunter die Kläger und deren Streithelfer.

2Im sog. "VW-Dieselskandal" war Software der Steuerungseinheiten (zumindest) für den zwischen 2002 und 2008 von der Beklagten entwickelten Dieselmotor EA 189 dahingehend manipuliert worden, dass der Fahrverlauf von Abgastests erkannt und je nach erkanntem Fahrverlauf zwischen zwei verschiedenen Modi umgeschaltet wurde ("Defeat Device"), um im Prüfstand die strengen US-amerikanischen Emissionsgrenzwerte einhalten zu können. Gegenüber dem Prüfstand-Modus ergaben Messungen im realen Fahrbetrieb um den Faktor 15 bis 35 höhere NOx-Emissionen. Die US-amerikanische Environmental Protection Agency (EPA) veröffentlichte am eine Notice of Violation, mit welcher sie bekannt gab, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen der Modelljahre 2009 bis 2015 mit den Dieselaggregaten EA 189 und EA 288 Unregelmäßigkeiten bei NOx-Emissionen festgestellt worden seien. Daraufhin informierte die Beklagte mit Ad-hoc-Mitteilung vom darüber, dass bei Dieselaggregaten des Typs EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit ca. 11 Millionen Fahrzeugen auffällige Abweichungen bei den Emissionswerten zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb festgestellt worden seien. Dem Volkswagen Konzern entstanden wegen dieser Manipulation bis zum Aufwendungen in Höhe von ca. 32,2 Mrd. €. Gegen die Beklagte und andere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns wurden zahlreiche zivilrechtliche Einzel- und Sammelklageverfahren von Kunden sowie Klagen von Verbraucher- und/oder Umweltverbänden in Deutschland und im Ausland anhängig. Ferner wurden von Anlegern aus Deutschland und dem Ausland gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Kursverluste im Zusammenhang mit dem Dieselskandal mit einem Volumen von mehr als 9,7 Mrd. € gerichtlich geltend gemacht. Vorstandsvorsitzender der Beklagten war vom bis Prof. Dr.            W.             . In den Jahren 2012 bis 2014 belief sich dessen jährliche Vergütung auf ca. 15 Mio. €, im Jahr seines Ausscheidens auf rund 7 Mio. €.          S.        war von Januar 2010 bis zum Mitglied des Vorstands der Beklagten sowie vom bis zum Vorstandsvorsitzender der Audi AG. Er erhielt in den Jahren 2015 bis 2017 eine jährliche Vergütung zwischen 3,7 und 5,2 Mio. €, im Jahr seines Ausscheidens in Höhe von 2,7 Mio. €.

3Der Aufsichtsrat der Beklagten gab im Oktober 2015 zu "Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Dieselthematik" eine Untersuchung der Rechtsanwaltssozietät G.               in Auftrag. Das Oberlandesgericht Celle bestellte im Jahr 2017 gemäß § 142 Abs. 2 AktG einen Sonderprüfer. Untersucht werden sollte die Verantwortung von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten für die Veränderungen der Motorsteuersoftware, insbesondere der Zeitpunkt, ab welchem diese Organe Kenntnis von den Manipulationen hatten oder ihnen diese bekannt sein mussten. Der Prüfer trat die Sonderprüfung aus Altersgründen nicht an. Das Oberlandesgericht Celle bestellte im Jahr 2020 einen neuen Sonderprüfer.

4Vor dem Hintergrund möglicher Organhaftungsansprüche schlossen die Beklagte und die Audi AG am Haftungsvergleiche mit Prof. Dr.           W.            und                 S.         . Die Haftungsvergleiche sahen Leistungen von Prof. Dr. W.           in Höhe von 11,2 Mio. € und von S.         in Höhe von 4,1 Mio. € vor. Prof. Dr. W.             sollte seine Leistungspflicht teilweise und S.       vollständig durch Verzicht auf Ansprüche gegen die Beklagte und die Audi AG erfüllen. Die jeweiligen Haftungsvergleiche enthielten umfassende Erledigungsklauseln zu dem als "Dieselthematik" bezeichneten Sachverhalt und sonstigen Manipulationen, Verfälschungen oder Falschangaben von/zu Abgas-, Verbrauchs- oder Leistungswerten von Motoren aus dem Volkswagen Konzern (bezeichnet als "Relevanter Sachverhalt"). Von der Abgeltung und Erledigung wurden unter Hinweis auf § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG Ansprüche ausgenommen, bei denen seit ihrer Entstehung noch keine drei Jahre abgelaufen sind. Im Übrigen verpflichtete sich die Beklagte nach Ziffer 3.1 der Haftungsvergleiche, Prof. Dr. W.          und S.        unter bestimmten Voraussetzungen von Ansprüchen Dritter im Zusammenhang mit dem "Relevanten Sachverhalt" freizustellen. Die Wirksamkeit der Haftungsvergleiche stand mit Ausnahme der zu einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung getroffenen Abrede unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Hauptversammlungen dem jeweiligen Haftungsvergleich zustimmen und keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt.

5Zudem schlossen am die Beklagte, die Audi AG und die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG einerseits mit Versicherungsunternehmen, die an der für den Volkswagen Konzern bestehenden Directors & Officers Liability Insurance (D&O-Versicherung) beteiligt waren, andererseits eine als "Deckungsvergleich" bezeichnete Vereinbarung. Die D&O-Versicherer verpflichteten sich zur Zahlung von rund 270 Mio. €, wovon 34,18 % an Audi und 14,50 % an Porsche weitergeleitet werden sollten, zur Abgeltung und Erledigung aller Deckungsansprüche auf Grund oder im Zusammenhang mit dem "Relevanten Sachverhalt". Darüber hinaus verpflichtete sich die Beklagte in Form von echten Verträgen zugunsten Dritter, eine zukünftige Inanspruchnahme von amtierenden und ehemaligen Vorstandsmitgliedern und sämtlicher weiterer "versicherter Personen" im Zusammenhang mit dem "Relevanten Sachverhalt" dauerhaft zu unterlassen.

6Wiederum wurden unter Hinweis auf § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG Ansprüche ausgenommen, bei denen seit ihrer Entstehung noch keine drei Jahre abgelaufen sind. Die Wirksamkeit des Deckungsvergleichs stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Hauptversammlungen dem jeweiligen Haftungsvergleich zustimmen und keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt.

7Die in der Einberufung zur ordentlichen Hauptversammlung am angegebene Tagesordnung umfasste Beschlussfassungen über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020 (Tagesordnungspunkte 3 und 4), über die Zustimmung zu den Haftungsvergleichen mit Prof. Dr. W.             und S.         (Tagesordnungspunkte 10 a] und b]) und die Zustimmung zum Deckungsvergleich mit den D&O-Versicherern (Tagesordnungspunkt 11). Die Tagesordnung enthielt zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 eine Kurzbeschreibung zum Gegenstand der Vergleichsvereinbarungen, die Information, dass die Vergleiche der Zustimmung der Hauptversammlung bedürften und den Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand, den jeweiligen Vergleichsvereinbarungen zuzustimmen. Die Bekanntmachung gab den Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen in einem Abschnitt "Weitere Informationen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11" wieder und enthielt einen Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands der Beklagten zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 zum Inhalt der Vergleichsvereinbarungen, ihren rechtlichen Rahmenbedingungen, zu den Beweggründen für den Abschluss der Vergleichsvereinbarungen, zur gerichtlich angeordneten Sonderprüfung und eine zusammenfassende Zustimmungsempfehlung. Die mitgeteilte Tagesordnung umfasste ferner zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 den Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats, die Entlastung für die im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des jeweils anderen Organs zu erteilen.

8In der in virtueller Form durchgeführten Hauptversammlung vom wurden die Beschlussvorschläge ausweislich der Niederschrift im Nachgang zum Bericht des Vorstands und nach Beantwortung von 640 vorab eingereichter Fragen mit einer Mehrheit von jeweils über 99% der Stimmen angenommen. Die Kläger erklärten gegen die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 10a, 10b und 11 Widerspruch zur Niederschrift.

9Der Kläger zu 1 will die Nichtigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 festgestellt wissen, hilfsweise deren Nichtigerklärung. Der Kläger zu 2 verlangt die Nichtigerklärung der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 10 und 11, hilfsweise die Feststellung ihrer Nichtigkeit. Der Streithelfer der Kläger verlangt die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 10 und 11, hilfsweise deren Nichtigerklärung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger und ihres Streithelfers zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger und ihr Streithelfer ihre Begehren weiter.

Gründe

10Die Revision ist teilweise begründet.

A.

11Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

12Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien weder nichtig noch anfechtbar. Die Zustimmungsbeschlüsse verletzten durch ihren Inhalt nicht Vorschriften, die ausschließlich oder überwiegend den Schutz der Gläubiger der Gesellschaft bezweckten. In den Haftungsvergleichen und im Deckungsvergleich sei keine verdeckte Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 AktG zu sehen. Es sei offengeblieben, ob Prof. Dr. W.              und S.        Aktionäre der Beklagten gewesen seien. Das Landgericht habe eine Einlagenrückgewähr aber zurecht bereits aus anderen Gründen verneint. Ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei bei einer Gesamtschau der Vertragsinhalte nicht feststellbar. Bei den Vereinbarungen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 handele es sich nicht um schlichte Austauschverträge, sondern um Vergleiche (§ 779 BGB), denen ein gegenseitiges Nachgeben zum Zwecke der Streitbeilegung wesensimmanent sei. Die Ermittlung eines etwaigen Missverhältnisses allein anhand einer Saldierung der Erklärungen und Verpflichtungen verbiete sich damit und auch die zuvor bestandenen Rechtsverhältnisse könnten nicht außer Betracht bleiben.

13Die Haftungsvergleiche und der Deckungsvergleich stünden in einem inneren Zusammenhang und seien als Gesamtregelung zu sehen, die zu einem Zufluss eines im dreistelligen Millionenbereich liegenden Betrags an die begünstigten Gesellschaften, vorrangig der Beklagten habe führen sollen, ungeachtet späterer Entwicklungen und Erkenntnisse. Ohne Vergleich wären im Jahr 2021 keine Zahlungen erfolgt. Die Beklagte hätte Prof. Dr. W.         , S.        und die D&O-Versicherer mit ungewissem Ausgang und ungewisser Dauer unter den Augen der Öffentlichkeit gerichtlich in Anspruch nehmen müssen. Die darin liegende, im Kern unternehmerische Entscheidung der Beklagten über eine umfassende gesellschaftsinterne Regelung sei aus Rechtsgründen nicht als unangemessen zu beanstanden. Den Vergleichen fehle es auch unter Berücksichtigung des Klägervortrags nicht offenkundig an einer wirtschaftlichen Rechtfertigung gemessen an den Unternehmensinteressen der Beklagten. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die enthaltenen Verzichte auf oder Vergleiche über Organhaftungsansprüche nicht auch mit Nichtaktionären vereinbart worden wären. Die Kläger selbst gingen davon aus, dass eigentlicher Beweggrund der Vereinbarungen ein Schlussstrich mit dem unlauteren Versuch sei, Fehlverhalten weiterer Organmitglieder zu vertuschen. Dies lasse nicht den Schluss zu, dass die Verzichte den begünstigten Personen in einer etwaigen Aktionärseigenschaft hätten dienen sollen.

14Die Beschlüsse seien auch nicht wegen eines Verstoßes gegen formelle oder materielle Vorschriften anfechtbar. Die Anfechtung lasse sich nicht darauf stützen, dass die Vergleichsabschlüsse als Tagesordnungspunkte entgegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG mit der Einberufung der Hauptversammlung nicht hinreichend bekannt gemacht worden seien. Es sei nicht erforderlich gewesen, die Vergleichsinhalte in der Tagesordnung selbst weiter zu fixieren, es genüge die schlagwortartige Mitteilung und die Bezugnahme auf den vollständigen Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen und den umfassenden Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands.

15Auch ergebe sich die Anfechtbarkeit nicht daraus, dass unter Verstoß gegen § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG die Beschlussgegenstände unzureichend bekannt gemacht worden seien. Die Anforderungen an die Bekanntmachung seien erfüllt. Die Beklagte habe die Vergleiche schlagwortartig in der Tagesordnung, darüber hinaus in ihrem vollständigen Wortlaut und schließlich auch durch die Erörterung der wesentlichen Inhalte und der ihnen zugrundeliegenden Erwägungen bekanntgemacht, so dass die Aktionäre ausreichend und zutreffend informiert gewesen seien.

16Eine Informationspflichtverletzung ergebe sich ferner auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unvollständigen Information (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG) und namentlich nicht daraus, dass aus den gegebenen Informationen für den verständigen Durchschnittsaktionär nicht erkennbar werde, welchen finanziellen Umfang die durch die Beklagte eingegangenen Freistellungsverpflichtungen insbesondere im Verhältnis zu den Mittelzuflüssen aus den Eigenbeiträgen von Prof. Dr. W.           und S.         sowie auch den Leistungen aus dem Deckungsvergleich hätten oder künftig haben könnten. Die entsprechenden Regelungen lägen im Wortlaut vor. Die Informationen verhielten sich zudem zu laufenden gerichtlichen und behördlichen Verfahren im In- und Ausland, so dass einem verständigen Durchschnittsaktionär klar gewesen sein müsse, dass die Freistellungsverpflichtungen erheblich ins Gewicht fallen könnten. Auch eine fehlerhafte Information in Gestalt einer Irreführung über den Vertragsinhalt durch die so erteilten Informationen sei nicht gegeben. So habe die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die zeitnahen Zuflüsse von finanziellen Mitteln aus den Vergleichen eines der Hauptmotive für die Vergleichsabschlüsse gewesen sei, dabei aber auf den Gesamtzufluss aus den Haftungsvergleichen und dem Deckungsvergleich abgestellt und diesen auch nicht als feste Größe dargestellt, die nicht von weiteren Vertragsregelungen beeinflusst werden könne.

17Die Bekanntmachung sei auch nicht unvollständig, weil es an der namentlichen Benennung der in dem Deckungsvergleich von Haftung freigestellten "versicherten Personen" gefehlt habe. Für den verständigen Aktionär seien die betroffenen amtierenden Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats bestimmbar gewesen. Insbesondere habe festgestanden, dass außer Prof. Dr. W.              und S.         kein ehemaliges oder amtierendes Organmitglied der Beklagten in Anspruch genommen worden sei und in der Zukunft auch nicht in Anspruch genommen werden solle. Auf dieser Grundlage sei den Aktionären eine ausreichend informierte Entscheidung über ihre Teilnahme an der Hauptversammlung und die Abstimmung in der Hauptversammlung möglich gewesen. Aus der Informationspflicht des § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG folge nicht, dass es in Ansehung einer Ungewissheit der Aktionäre über das Bestehen von Organhaftungsansprüchen gegen die "versicherten Personen" der Vorlage oder detaillierter Angaben zu den internen Gutachten von G.                und L.             oder der Untersuchungsergebnisse von J.            bedurft hätte. Hierbei handele es sich um Informationen zur wirtschaftlichen Herleitung des Vergleichs, die generell nicht geschuldet seien. Zudem seien die Aktionäre auch hinreichend über die wirtschaftliche Herleitung informiert gewesen. Weitere Angaben wie zur tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Prof. Dr. W.              und S.         seien keine wesentliche Information im Sinne des § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG. Es hätten zudem wirksame Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG vorgelegen.

18Die Beklagte habe nicht entgegen ihrer Pflicht aus § 131 Abs. 1 AktG unrichtige Auskünfte erteilt, Auskünfte verweigert oder unzureichend erteilt. Auskünfte zu den Vermögensverhältnissen von Prof. Dr. W.              und S.           seien bereits nicht "wesentlich" für die Ausübung der Aktionärsrechte im Rahmen des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Im Übrigen habe die Beklagte auch keine detaillierten Erkenntnisse über die Vermögensverhältnisse von S.            und Prof. Dr. W.             , zumindest trügen die Kläger dies nicht mit Substanz vor. Eine zur Anfechtung berechtigende Informationspflichtverletzung liege auch nicht in der unterlassenen Mitteilung eines Rechtsmissbrauchs, namentlich zu Interessenkonflikten bzw. eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen den Vertragsparteien. Eine Information zu den hinter den Vertragsschlüssen stehenden Motiven sowie deren Herleitung sei nicht geschuldet.

19Ein Anfechtungsgrund ergebe sich nicht aus einer Verletzung materiellen Rechts. Es liege kein Verstoß gegen die dreijährige Sperrfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG vor, dies schon deswegen, weil die Haftungsvergleiche und der Deckungsvergleich sämtliche Ansprüche aus ihrem Geltungsbereich ausgenommen hätten, deren Entstehung kürzer als drei Jahre zurückgelegen habe. Die Drei-Jahres-Frist sei typisierend und verlängere sich nicht, wenn der volle Schadensumfang noch nicht absehbar sei. Gegen eine ungeschriebene Voraussetzung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, eine angeordnete Sonderprüfung nach § 142 Abs. 2 AktG abzuschließen, sei nicht verstoßen worden. Eine Sonderprüfung sei zuletzt in Ansehung der Beschlüsse des nicht mehr angeordnet gewesen, ob es zu einer neuen Anordnung noch kommen könne, sei offen.

20Die Anfechtbarkeit ergebe sich nicht aus einem Stimmverbot der Porsche SE, der Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen und der Q.                           gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG. Denn keiner dieser Aktionäre werde durch die Zustimmungsbeschlüsse von Verbindlichkeiten befreit, da die Verzichte die Organhaftung von natürlichen Personen beträfen, so dass in der Person der als Gesellschaften organisierten Aktionäre kein Stimmverbot vorliegen könne. Es fehle überdies an jeglichen Darlegungen zu gegebenenfalls begünstigten für sie aufgetretenen Stimmrechtsvertretern. Eine fehlerhafte Berücksichtigung der Stimmen habe abgesehen davon keinen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis gehabt, weil selbst bei Abzug der Stimmen der drei größten Hauptaktionäre die verbleibenden Streubesitz-Aktionäre den Vergleichsvereinbarungen mit Mehrheiten von über 99 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt hätten.

21Die Beschlüsse seien nicht gemäß § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG anfechtbar, weil die Porsche SE, die Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen oder die Q.                              mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Beklagten oder deren übriger Aktionäre zu erlangen gesucht hätten und der Beschluss geeignet sei, diesem Zweck zu dienen. Wenn der Sondervorteil darin bestehen solle, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten Ansprüche aus §§ 117, 317 AktG haben verjähren ließen und durch den Haftungsverzicht veranlasst würden, nicht gegen Mitglieder der Familien P.          und Pi.      auszusagen, die Beklagte ferner auf konzernrechtliche Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche verzichte, erschließe sich bereits nicht, inwiefern das Unterlassen einer Inanspruchnahme der Porsche SE durch die Beklagte zurechenbar aus den zustimmungsbedürftigen Vergleichen folgen solle. Ein Verzicht auf Ansprüche gegen die Porsche SE sei in den Vergleichen zu Tagesordnungspunkt 10 und 11 nicht enthalten. Etwaige allenfalls psychisch vermittelte Folgewirkungen der Zustimmung im Interesse der Porsche SE oder der in den Organen tätigen Mitglieder der Familien P.           und Pi.    seien keine zurechenbaren Sondervorteile der Aktionärin Porsche SE. Zu Sondervorteilen zugunsten der weiteren beiden Hauptaktionäre fehle es an Vortrag der Kläger.

22Die Zustimmungsbeschlüsse verstießen nicht wegen des Inhalts der ihnen zugrundeliegenden Vergleiche oder unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsmissbrauchs gegen materielles Recht. Die Hauptversammlungsbeschlüsse unterlägen keiner materiellen Beschlussinhaltskontrolle. Es handele sich nicht um Grundlagenbeschlüsse und der Minderheitenschutz habe schon in dem Widerspruchsrecht nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG Berücksichtigung gefunden.

23Eine Gesetzeswidrigkeit wegen eines im Verhältnis zur Beklagten oder der Minderheit treuwidrigen Abstimmungsverhaltens sei nur anzunehmen, wenn die Mehrheit der Aktionäre bei der Beschlussfassung in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB zum Nachteil der Aktiengesellschaft oder zum Nachteil der Minderheit der Aktionäre gehandelt habe, nicht bereits dann, wenn die Mehrheit nur ohne gerechtfertigten Grund durch den Beschluss auf ihr als wohlbegründet bekannte Regressansprüche verzichte. Ein individueller Rechtsmissbrauch sei danach zu verneinen. Ein Treuerechtsverstoß der Beklagten gegenüber (Minderheits-)Aktionären dergestalt, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich die Möglichkeiten des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG während der Corona-Pandemie mit der Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung ausgenutzt habe, um die Organhaftungsansprüche vor Abschluss laufender Strafverfahren "geräuschlos" unter Umgehung eines "vollwertigen" Auskunftsrechts in einer Präsenzhauptversammlung zu "beseitigen", hätten die Kläger schon nicht hinreichend dargelegt.

24Zudem seien auch die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten für das Geschäftsjahr 2020 weder nichtig noch anfechtbar. Ein die Anfechtung rechtfertigendes Verhalten von Vorstand oder Aufsichtsrat im Geschäftsjahr 2020, das sich als schwerwiegender und eindeutiger Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstelle, liege nicht vor. Soweit die Beklagte mit Blick auf Ansprüche gegen die Porsche SE im Jahr 2020 keine verjährungshemmenden Maßnahmen eingeleitet, eine unzureichende Aufklärung des Dieselskandals im Jahr 2020 nicht nachgeholt, Vermögensverhältnisse von Prof. Dr. W.              und S.      sowie der Aufsichtsratsmitglieder nicht geprüft und G.              auch nicht den Zusammenhang zwischen Dieselskandal und einem "Projekt Deutschland" habe prüfen lassen sollen, fehle es an Darlegungen dazu, dass solche angeblichen Gesetzesverstöße für die stimmberechtigten Aktionäre erkennbar ("eindeutig") gewesen seien. Ein etwaiger Verstoß wegen ermessensfehlerhafter Beschlussvorschläge der Organe der Beklagten für die Hauptversammlung vom falle schon nicht in den für die Entlastung relevanten Zeitraum des Geschäftsjahres 2020.

B.

25Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise Stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die in der Hauptversammlung der Beklagten vom zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 gefassten Beschlüsse nicht der Anfechtung nach § 243 Abs. 1 AktG unterliegen. Soweit die Revision der Kläger und ihres Streithelfers darüber hinaus von der Nichtigkeit dieser Beschlüsse ausgeht und sich gegen die zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse wendet, bleibt ihr Rechtsmittel ohne Erfolg.

26I. Die Revision ist unbeschränkt zugelassen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Zulassungsentscheidung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen. Eine Beschränkung der Zulassung auf einen revisionsrechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffes geht damit nicht einher.

27II. Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 sind nicht nichtig. Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beschlüsse nicht wegen eines Gesetzesverstoßes anfechtbar seien (§ 243 Abs. 1 AktG).

281. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 nicht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig sind.

29a) Nach § 241 Nr. 3 AktG ist ein Beschluss nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft gegeben sind. Dazu zählen die Vorschriften zur Kapitalerhaltung in § 57 AktG (, ZIP 2012, 1753 Rn. 13).

30b) Das Berufungsgericht hat eine verbotene Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG im Ergebnis zutreffend verneint. Dabei ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass Prof. Dr. W.             und S.         Aktionäre der Beklagten gewesen sind.

31aa) Das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG erfasst jede von der Gesellschaft dem Aktionär erbrachte, auf seiner Gesellschafterstellung beruhende Leistung, auf die ihm das Aktiengesetz keinen Anspruch gewährt und die auch nicht aufgrund einer speziellen gesetzlichen Regelung zugelassen ist (, ZIP 1992, 1081; Urteil vom - XI ZR 294/07, ZIP 2008, 118, 119; Urteil vom - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 15 - Dritter Börsengang; Urteil vom  - II ZR 94/15, BGHZ 213, 224 Rn. 15). Von einer verbotenen Zuwendung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG ist nach § 57 Abs. 1 Satz 3 Fall 2 AktG nicht auszugehen, wenn eine Leistung der Gesellschaft an den Aktionär durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt ist. Im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des Senats maßgebliche "bilanzielle" Betrachtungsweise (, BGHZ 179, 71 Rn. 12 - MPS) können dabei nicht bezifferbare Vorteile oder ein Eigeninteresse der Gesellschaft keine ausreichende Kompensation für eine Leistung an einen Aktionär sein (, BGHZ 190, 7 Rn. 25 - Dritter Börsengang).

32bb) In der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wurde für die Beurteilung der Frage, ob eine verbotene Leistung an den Aktionär erbracht wurde, auf den sog. Drittvergleich abgestellt, bei dem die Abgrenzung eines normalen Austauschgeschäfts von einer verdeckten Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen danach vorgenommenen wurde, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsleiter das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also durch betriebliche Gründe gerechtfertigt war (, ZIP 2008, 118, 119; vgl. , WM 1987, 348, Urteil vom - II ZR 113/94, ZIP 1996, 68 jeweils zu § 30 GmbHG). Dabei wurde das Kriterium des Drittvergleichs auch als Maßstab für die Beantwortung der Frage herangezogen, ob der Leistung aus dem Vermögen der Gesellschaft eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht (, ZIP 1996, 68) oder ob von einem Missverhältnis zwischen der Leistung der Gesellschaft und der vom Aktionär zu erbringenden Gegenleistung auszugehen ist (, ZIP 2012, 1753 Rn. 12).

33Entgegen der Sicht der Revision hat der Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden, ob dem sog. Drittvergleich unter Berücksichtigung des durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom (BGBl. I S. 2026) eingefügten § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG jenseits des dort verankerten Vollwertigkeitsgebots noch Bedeutung zukommt. Im Schrifttum wird dies mit unterschiedlicher Begründung im Einzelnen überwiegend bejaht und eine betriebliche Rechtfertigung einer Leistung an einen Aktionär im Einzelfall auch dann in Betracht gezogen, wenn die Leistung der Gesellschaft nicht durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt ist (Arnold/Notz in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 57 Rn. 76; MünchKommAktG/Bayer, 6. Aufl., § 57 Rn. 51 f.; Fleischer in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 57 Rn. 44; Koch, AktG, 19. Aufl., § 57 Rn. 23; Lieder in Bürgers/Lieder, AktG, 6. Aufl., § 57 Rn. 26; Paefgen in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 57 AktG Rn. 5; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009, S. 160 Fn. 312; Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, 253, 254, 258, 265; Koch, ZGR 2022, 337, 360; wohl auch BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg, Stand , § 57 Rn. 25; aA KK­AktG/Drygala, 3. Aufl., § 57 Rn. 48, 52; wohl auch Grigoleit/Rachlitz, AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 14; ähnlich Kuntz in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., § 30 Rn. 77 für § 30 GmbHG).

34Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung im Schrifttum an. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung in § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG klarstellen, dass eine verbotene Auszahlung bei einem Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär immer dann nicht vorliegt, wenn eine vertragliche Leistung an den Gesellschafter durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückerstattungsanspruch gegen diesen gedeckt wird. Es soll den Gesellschaften namentlich ermöglicht werden, mit ihren Gesellschaftern alltägliche und wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zu unterhalten und abzuwickeln (vgl. RegE eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BT-Drucks. 16/6140, S. 41, 52).

35Aus diesem Regelungsanliegen, das der Senat zum Anlass genommen hat, nicht an seiner Rechtsprechung aus dem Novemberurteil (, BGHZ 157, 72) festzuhalten (vgl. , BGHZ 179, 71 Rn. 12 - MPS), kann nicht abgeleitet werden, dass die nach der älteren Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des sog. Drittvergleichs anerkannten Grundsätze eingeschränkt werden sollten. Diese Sichtweise würde dem vom Gesetzgeber verfolgen Ziel, wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären zu eröffnen, in vielen Fällen entgegenstehen (Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, 253, 256). Das Kriterium des Drittvergleichs behält daher weiterhin Bedeutung für die Beurteilung, ob die Leistung auf der Gesellschafterstellung des Aktionärs beruht, denn nur in diesem Fall kann es sich um eine verbotene Zuwendung nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG handeln (, ZIP 2008, 118 Rn. 16; Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, S. 253, 255, 263; aA Koch, ZGR 2022, 337, 351 f.).

36Nach welchen Maßstäben der danach gebotene Drittvergleich vorzunehmen ist und inwieweit dabei unter Berücksichtigung des Normzwecks von § 57 Abs. 1 AktG, im Interesse der Gläubiger das Grundkapital der Aktiengesellschaft zu erhalten und die nicht partizipierenden Aktionäre vor verdeckten Gewinnausschüttungen zu bewahren (vgl. , BGHZ 190, 7 Rn. 19 - Dritter Börsengang), ein Beurteilungsspielraum anzuerkennen ist (, WM 1987, 348), muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Eigenart der Leistungsbeziehung zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär ermittelt werden (Lieder in Bürgers/Lieder, AktG, 6. Aufl., § 57 Rn. 26 f.; Koch, AktG, 19. Aufl., § 57 Rn. 25; Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, S. 253, 254; Koch, ZGR 2022, 337, 362; vgl. Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 62 zu § 30 GmbHG).

37cc) Die Revision wendet sich danach im Ergebnis ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht seine Beurteilung, ob die Vergleichsvereinbarungen von einem gewissenhaften nach kaufmännischen Grundsätzen handelnden Geschäftsleiter unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen worden wären, auf die Prüfung beschränkt hat, ob es den Vergleichsvereinbarungen offenkundig an einer wirtschaftlichen Rechtfertigung fehlt. Die Entscheidung der Hauptversammlung über die Zustimmung zu einem Vergleich mit einem Mitglied des Vorstands, das zugleich Aktionär der Aktiengesellschaft ist, unterliegt regelmäßig keiner umfänglichen Inhaltskontrolle hinsichtlich der Angemessenheit des Vergleichsinhalts, sondern lediglich einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle.

38(1) Ob eine nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG untersagte Vermögenszuwendung im Wege eines Vergleichs (§ 779 Abs. 1 BGB) erfolgt, richtet sich nach der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum danach, ob der Abschluss des Vergleichs aus Sicht der Aktiengesellschaft unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands gerechtfertigt ist (OLG Dresden, GmbHR 2002, 1245, 1246; Arnold/Notz in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 57 Rn. 86;MünchKommAktG/Bayer, 6. Aufl., § 57 Rn. 73; Fleischer in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 57 Rn. 21; Ehmann/Walden, NZG 2013, 806, 807; Fleischer, AG 2015, 133, 137; vgl. auch , ZIP 1992, 1081; enger: Haas in Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 4. Aufl., Rn. 19.73; Wigand, Verzicht, Vergleich und sonstige Haftungsbeschränkungen im Gesellschaftsrecht, 2012, S. 343).

39(2) Ein Vergleich über Haftungsansprüche gegenüber Mitgliedern des Vorstands, die auch Aktionäre der Gesellschaft sind, unterliegt nicht den engen Beschränkungen, die aus dem Befreiungsverbot gemäß § 66 Abs. 1, Abs. 2 AktG folgen.

40(a) Ein Vergleich, der unter § 66 Abs. 1 AktG fallende Ansprüche betrifft, ist nach der Rechtsprechung des Senats trotz des dort enthaltenen Verbots, die Aktionäre von ihren Leistungspflichten zu befreien, zulässig, wenn er wegen tatsächlicher oder rechtlicher Ungewissheit über den Bestand oder Umfang des Anspruchs geschlossen wird und sich dahinter nicht nur eine Befreiung in der Form eines Vergleichs versteckt (, BGHZ 191, 364 Rn. 22). Ein Vergleich, durch den die Ungewissheit darüber, was der Gesetzeslage entspricht, durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, wird trotz eines Widerspruchs zu zwingendem Recht wirksam, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich nicht verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft ist, wobei Zweifel an der Durchsetzbarkeit des Anspruchs nicht genügen (, BGHZ 191, 364 Rn. 23, 26).

41(b) Der Abschluss eines Vergleichs über Haftungsansprüche unterliegt diesen Beschränkungen nicht, weil es um die dem Befreiungsverbot (§ 66 Abs. 1, Abs. 2 AktG) vorgelagerte Frage geht, ob eine verbotene Leistung an den Aktionär überhaupt vorliegt. Ein solcher Vergleich kann im Einzelfall auch dann abgeschlossen werden, wenn Bestand und Umfang der Ansprüche keinem Zweifel unterliegen (Verse, ZGR 2012, 875, 889; Paefgen in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 66 AktG Rn. 11).

42(3) Die Entscheidung der Hauptversammlung über die Zustimmung zu einem Vergleich nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG dient dem Schutz des Gesellschaftsvermögens und der Minderheitsaktionäre (, BGHZ 202, 26 Rn. 20). Ein weiter Beurteilungsspielraum der Hauptversammlung wird bereits durch das Bedürfnis nahegelegt, bei der Zustimmung zum Vergleich vielfältige gesellschaftsbezogene Interessen abzuwägen.

43Die Zustimmung ist eine unternehmerische Entscheidung, die unter Beachtung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und des Gesellschaftswohls zu treffen ist (Harnos, Gerichtliche Kontrolldichte im Gesellschaftsrecht, 2021, S. 604; weitergehend Bayer/Scholz, ZIP 2015, 149, 151). Dem entsprechen die Wertungen des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG, der anknüpfend an die Rechtsprechung des Senats (, BGHZ 135, 244) deutlich macht, dass gesetzlicher Ausgangspunkt nicht die "Organhaftung um jeden Preis" ist, sondern überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls der gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung entgegenstehen können (vgl. RegE eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, BT-Drucks. 15/5092, S. 20). Berücksichtigt werden kann dabei etwa die weitere Rufschädigung des Unternehmens nach außen, das "Wachhalten" eines Skandals in der Öffentlichkeit durch eine lange Prozessdauer und die damit verbundene fortgesetzte Medienberichterstattung, die Beeinträchtigung des Betriebsklimas oder auch die Behinderung der Organtätigkeit durch Bindung der Kräfte für den Prozess (vgl. Bezzenberger/Bezzenberger in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 158, 164 zu § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG; zur Interessenabwägung bei der Sonderprüfung Verse/Gaschler in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 142 Rn. 243 ff.; , BGHZ 135, 244, 255 zum Pflichtenkreis des Aufsichtsrats). Die Gewichtung dieser Umstände und die Entscheidung darüber, ob die (weitere) Geltendmachung der Ansprüche oder vielmehr eine endgültige Regelung möglicher Haftungsansprüche in einem Vergleich dem Wohl der Gesellschaft entspricht, obliegt in erster Linie der Hauptversammlung und darf grundsätzlich auch unter Berücksichtigung des Verbots der Einlagenrückgewähr nicht durch eine gerichtliche Kontrolle unterlaufen werden (vgl. OLG Dresden, GmbHR 2002, 1245, 1246).

44(4) Die Normziele von § 57 Abs. 1 AktG, im Interesse der Gläubiger das Grundkapital der Aktiengesellschaft zu erhalten und die nicht partizipierenden Aktionäre vor verdeckten Gewinnausschüttungen zu bewahren (vgl. , BGHZ 190, 7 Rn. 19 - Dritter Börsengang), werden bereits durch die dreijährige Sperrfrist, die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG sowie die gläubigerschützenden Vorkehrungen in § 93 Abs. 5 AktG unterstützt.

45Die Sperrfrist von drei Jahren soll sicherstellen, dass zur Zeit des Vergleichsschlusses das Ausmaß der Schädigung erkennbar ist (dazu näher unter 2. a] aa]). Die Frist schützt damit auch das Gesellschaftskapital, da übereilten Vergleichsschlüssen entgegengewirkt wird. Der Bindung der Entscheidung über die Zustimmung zu einem Vergleich an das Gesellschaftswohl wird zudem maßgeblich durch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG Rechnung getragen, namentlich dadurch, dass für die Entscheidung über die Zustimmung die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet und die Wirksamkeit der Zustimmung davon abhängig ist, dass nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt (Dietz-Vellmer, NZG 2011, 248, 252; Habersack in Festschrift Baums, 2017, S. 531, 543; Harnos, Gerichtliche Kontrolldichte im Gesellschaftsrecht, 2021, S. 604 f.). Abgesehen von der damit verbundenen Legitimationswirkung rechtfertigt sich ein weiter Beurteilungsspielraum der Hauptversammlung daraus, dass deren Entscheidung typischerweise weniger von strukturellen Interessenkonflikten betroffen ist als eine Entscheidung der die Gesellschaft vertretenden Mitglieder des Aufsichtsrats. Bei der Entscheidung der Hauptversammlung tritt die eigene Beteiligung des Organmitglieds zudem regelmäßig in den Hintergrund, wenn Aktien bzw. entsprechende Bezugsrechte als Bestandteil einer anreizorientierten Vergütung gewährt wurden (vgl. BeckOGK­AktG/Fleischer, Stand , § 87 Rn. 49) und diese keine nennenswerte Machtposition in der Gesellschaft vermitteln.

46Schließlich treffen § 93 Abs. 5 Sätze 1 bis 3 AktG spezifische gläubigerschützende Vorkehrungen für den Verzicht auf oder den Vergleich über Organhaftungsansprüche. Der Vergleich oder Verzicht bleibt gegenüber den Gläubigern unter den dort genannten Voraussetzungen ohne Wirkung (Bayer/Scholz in Melot de Beauregard/Lieder/Liersch, Managerhaftung-HdB, § 3 Rn. 593; Koch, AktG, 19. Aufl., § 93 Rn. 172) und nach § 93 Abs. 5 Satz 4 AktG wird das Verfolgungsrecht im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter ausgeübt.

47(5) Dass der Gesetzgeber den vorgenannten Schutzvorkehrungen auch mit Blick auf die gläubigerschützende Kapitalerhaltung Effektivität beimisst, zeigt darüber hinaus § 50 AktG, der die Ansprüche aus der Gründung (§§ 46 bis 48 AktG) erfasst. Die Vorschrift bezweckt neben dem Minderheitenschutz auch die Sicherung der Kapitalaufbringung vor nachteiligen Absprachen und schützt damit das Gesellschaftsvermögen (RGZ 133, 33, 38; Ehricke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 50 Rn. 7). Dennoch lässt die Vorschrift den Verzicht und Vergleich unter den in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG genannten Voraussetzungen zu.

48dd) Die Beklagte muss entgegen der Sicht der Revision nicht darlegen und beweisen, dass die Vergleichsvereinbarungen unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen worden wären. Das Berufungsgericht ist der Sache nach vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger für das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrunds darlegungs- und beweispflichtig sind (vgl. , ZIP 2012, 1753 Rn. 28). Etwas anderes lässt sich weder aus § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG ableiten noch ist eine allgemeine Vermutung anzuerkennen, dass die Gesellschaft für die von ihr erbrachte Leistung keinen angemessenen Gegenwert erhalten hat (Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, S. 253, 262; Koch, ZGR 2022, 337, 371 f.; aA Riedel, Unzulässige Vermögenszuwendungen und ihre Rechtsfolgen im Recht der Aktiengesellschaft, 2004, S. 125 f.; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz, AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 17).

49ee) Die Revision zeigt ausgehend von diesen Maßstäben nicht auf, dass es den Vergleichsvereinbarungen unter dem Blickwinkel des Kapitalschutzes offenkundig an einer wirtschaftlichen Rechtfertigung gefehlt hat. Die entsprechende Beurteilung obliegt in erster Linie dem Tatrichter (vgl. , BGHZ 191, 364 Rn. 31). Die Würdigung des Berufungsgerichts ist im vorliegenden Fall aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

50(1) Das Berufungsgericht hat für seine Beurteilung zutreffend die mit den Haftungs- und Deckungsvergleichen getroffene Gesamtregelung in den Blick genommen. Ob es insoweit bereits genügt, dass mehrere Vereinbarungen bei wirtschaftlicher Betrachtung als einheitliches Geschäft anzusehen sind (T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, 2005, S. 236 f.; Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, S. 253, 269; vgl. auch OLG Karlsruhe, WM 1984, 656) muss der Senat nicht entscheiden. Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf die Regelungen in Ziffer 5.1 Buchst. c der Haftungsvergleiche und Ziffer 3.10 des Deckungsvergleichs einen inneren Zusammenhang der Vereinbarungen festgestellt. Dieser Zusammenhang war auch rechtlicher Natur, weil die Haftungsvergleiche unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass die Hauptversammlungen der Gesellschaften dem Deckungsvergleich zustimmen und keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt. Die Revision erhebt diesbezüglich auch keine Einwände.

51(2) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Beurteilung der Angemessenheit der Vereinbarungen habe vertretbar in den Vordergrund gestellt werden können, dass unter Berücksichtigung der zu leistenden Eigenbeiträge in den Haftungsvergleichen (Tagesordnungspunkt 10) und der Zahlungen der D&O-Versicherer in den Deckungsvergleichen (Tagesordnungspunkt 11) ein dreistelliger Millionenbetrag an die begünstigten Gesellschaften, darunter vorrangig die Beklagte, fließen würde. Damit sollte ein Rechtsgrund für die Beklagte geschaffen werden, diese Mittel ungeachtet späterer Entwicklungen und Erkenntnisse dauerhaft einbehalten zu dürfen, ohne sich dem Risiko von Rückgewähransprüchen ausgesetzt zu sehen. Dass ohne die Vergleiche offensichtlich ein wirtschaftlich besseres Ergebnis für die Beklagte hätte erzielt werden können, lässt sich aus den für die revisionsgerichtliche Prüfung maßgeblichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ableiten. Dass die Haftungsprozesse nach der Behauptung der Kläger nicht mit allzu hohen Prozessrisiken verbunden gewesen seien, spielt dabei unter Berücksichtigung des Umstands, dass die wirtschaftlichen Vorteile aus den Vergleichen im Wesentlichen auf den Leistungen der D&O-Versicherer beruhen und den Rahmen des Versicherungsschutzes weitgehend ausschöpfen, nur eine untergeordnete Rolle. Von einer aus wirtschaftlicher Sicht offensichtlich unvertretbaren Regelung kann vor diesem Hintergrund auch nicht deswegen ausgegangen werden, weil die Beklagte in den Haftungsvergleichen zugleich Freistellungsverpflichtungen eingegangen ist.

52(3) Vertretbar konnte angesichts eines bis Ende 2020 eingetretenen Gesamtschadens von 32,2 Mrd. € und dem Zeitablauf seit dem Bekanntwerden der Manipulationen an Dieselmotoren im September 2015 ein ganz erhebliches Interesse der Beklagten daran angenommen werden, die Haftungsansprüche gegen Organmitglieder und korrespondierende Deckungsansprüche gegen D&O­Versicherer einer einvernehmlichen Erledigung zuzuführen, um einen "Schlussstrich" zu ziehen, einen zeitnahen Kapitalzufluss bei Meidung von Prozessrisiken zu erreichen und mit der Prozessführung verbundene Imageschäden zu vermeiden. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass der Vorwurf der Kläger, es werde der unlautere Versuch unternommen, das Fehlverhalten weiterer Organmitglieder und der Porsche SE zu vertuschen, für sich genommen nicht geeignet ist, die Angemessenheit der vergleichsweisen Regelungen in Frage zu stellen. Insbesondere lässt sich daraus nicht ableiten, dass sich in einem greifbaren Alternativszenario erkennbar ein wirtschaftlich günstigeres Ergebnis für die Beklagte hätte erzielen lassen.

53ff) Ob im Einzelfall eine weitergehende, auf die Beurteilung der Angemessenheit der in einem Vergleich getroffenen Regelungen und deren Rechtfertigung durch das Gesellschaftswohl gerichteten Prüfungspflicht des Gerichts eröffnet sein kann, bedarf keiner abschließenden Erörterung.

54(1) Dies wird erwogen, wenn anzunehmen ist, dass die Mehrheitsentscheidung der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 3 Satz 4 AktG auf einer konkret festgestellten Interessenkollision beruht, die zwar die Schwelle eines Stimmverbots nach § 136 Abs. 1 AktG nicht erreicht, bei der die den Beschluss tragende Mehrheit aber dennoch ein gesteigertes Interesse an der Enthaftung der Vorstandsmitglieder hat, wie etwa bei einer engeren persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Aktionär und dem betroffenen Geschäftsleiter (Harnos, Gerichtliche Kontrolldichte im Gesellschaftsrecht, 2021, S. 605, allerdings mit Hinweis auf das Vetorecht der Minderheit nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG; vgl. auch OLG Dresden, GmbHR 2002, 1245, 1246). Eine weitergehende Kontrolle des Beschlusses wird ferner dann erwogen, wenn die Hauptversammlung nicht den Anforderungen des § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG entsprechend über den Vergleichs- und Verzichtsvorschlag informiert wurde oder den Aktionären nach § 131 Abs. 1 AktG für die sachgemäße Entscheidung über die Zustimmung erforderliche Auskünfte über den Vergleich und dessen Wirkungen nicht erteilt wurden (Harnos, Gerichtliche Kontrolldichte im Gesellschaftsrecht, 2021, S. 604).

55(2) Die Informationspflichtverletzungen, auf denen die Beschlussfassungen der Hauptversammlung der Beklagten im vorliegenden Fall beruhen (dazu näher unter 2. und 3.), rechtfertigen jedenfalls im vorliegenden Fall keine weitergehende Prüfung der Angemessenheit der getroffenen Regelungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die unzureichende Beschreibung des Gegenstands des Deckungsvergleichs (Tagesordnungspunkt 11) in der Tagesordnung zwar verfahrensfehlerhaft war, die Information über den wesentlichen Inhalt der Vergleichsvereinbarung gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG in der Bekanntmachung aber ordnungsgemäß erfolgt ist (dazu unten 3.). Soweit mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine Informationspflichtverletzung wegen der unzureichenden Beantwortung der Frage nach den Vermögensverhältnissen von Prof. Dr. W.             und S.          nicht verneint werden kann (dazu unten 5.), erreicht das daraus möglicherweise folgende Informationsdefizit kein hinreichendes Gewicht, um eine Einschränkung des Beurteilungsspielraums der Hauptversammlung unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks des Verbots der Einlagenrückgewähr zu rechtfertigen.

562. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Haftungsvergleiche und der Deckungsvergleich nicht unter Verstoß gegen § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG abgeschlossen worden sind. Es muss daher nicht entschieden werden, ob ein solcher Verstoß die Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse begründet oder zu ihrer Nichtigkeit führen würde (Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 93 Rn. 534).

57a) Für mögliche Ersatzansprüche der Beklagten, die den Haftungsvergleichen mit Prof. Dr. W.          und S.         als Hauptgegenstand zugrunde liegen, war die Drei-Jahres-Frist bereits abgelaufen. Die Frist begann entsprechend § 187 Abs. 1 BGB in Bezug auf Prof. Dr. W.           spätestens mit dem auf den folgenden Tag und in Bezug auf S.        spätestens im Dezember 2016. Die Fristen waren abgelaufen, als im Juni 2021 die Vergleichsvereinbarungen getroffen wurden.

58aa) Maßgeblich für den Fristbeginn ist die Entstehung der Ansprüche (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG). Entstanden ist der Anspruch bei reinen Vermögensschäden mit der Pflichtverletzung und dem Eintritt der ersten Schadensposition, und zwar hinsichtlich sämtlicher sich daraus entwickelnder Schäden sowie für sich aus dem Primärschaden entwickelnde Folgeschäden (Haas in Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 4. Aufl., § 19 Rn. 66). Es genügt, dass der Schaden dem Grunde nach entstanden ist und damit die Möglichkeit besteht, eine Feststellungs- oder Stufenklage zu erheben (vgl. , ZIP 2019, 1323 Rn. 13 für § 199 BGB). Für den Beginn der Drei-Jahres-Frist kommt es entgegen der Sicht der Revision nicht darauf an, ob die Schadensfolgen zu diesem Zeitpunkt vollständig überschaubar und aufgeklärt waren. Auch "hemmt" eine mangelnde endgültige Überschaubarkeit nicht den (weiteren) Fristablauf und verlängert nicht die Frist (Fleischer, AG 2015, 133, 138; MünchKommAktG/Spindler, 6. Aufl., § 93 Rn. 309; Oltmanns, Verzichts- und Vergleichsvereinbarungen zwischen einer AG und ihrem Vorstandsmitglied, 2020, S. 181; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 93 Rn. 519; Harbarth/Höfer, NZG 2016, 686, 687; Mertens, Festschrift Fleck, 1988, S. 209, 210 f.). Abweichend von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt es auch nicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Gesellschaft von den tatsächlichen Grundlagen der entstandenen Organhaftungsansprüche an (Fleischer, AG 2015, 133, 138; Unmuth, Vergleich und Verzicht im aktienrechtlichen Organhaftungsrecht aus der Perspektive des Aufsichtsrats, 2018, S. 42; MünchKommAktG/Spindler, 6. Aufl., § 93 Rn. 309). Entsprechend steht das nicht abgeschlossene Strafverfahren weder dem Vergleich als solchem entgegen, noch zögert es den Lauf der Drei-Jahres-Frist hinaus.

59(1) § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG stellt nach seinem Wortlaut ausdrücklich auf die Entstehung des Anspruchs ab, nicht etwa auf die vollständige Verwirklichung des mit der Pflichtverletzung verbundenen Schadens oder die Erkennbarkeit des Schadensumfangs. Der Wortlaut deckt sich mit dem Sprachgebrauch im Recht der Verjährung (§ 199 Abs. 1 Nr. 1, § 200 BGB), was ein gleichlaufendes Verständnis zumindest nahelegt (Harbarth/Höfer, NZG 2016, 686, 688; Oltmanns, Verzichts- und Vergleichsvereinbarungen zwischen einer AG und ihrem Vorstandsmitglied, 2020, S. 179).

60(2) Einem an das Verjährungsrecht angelehnten Verständnis stehen entgegen der Sicht der Revision gesetzessystematische Überlegungen nicht entgegen. Namentlich folgt aus dem Umstand, dass eine entsprechende Anwendung der subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) auf die Sperrfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG schon nach dem Gesetzeswortlaut abzulehnen ist, nicht, dass eine verjährungsrechtliche Anlehnung des Fristenlaufs ausscheiden müsste. Damit ist schon deswegen keine selektive, unsystematische "Anleihe" verbunden, weil auch das Verjährungsrecht nicht stets an subjektive Umstände anknüpft, wie gerade die aktienrechtliche Sonderregelung zur Verjährung in § 93 Abs. 6 AktG zeigt, die gemäß § 200 BGB mit der objektiven Entstehung des Ersatzanspruchs beginnt, ohne dass es auf eine Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankäme (vgl. , ZIP 2015, 1220 Rn. 21).

61(3) Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Sperrfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG spricht gegen ein Verständnis, nach dem der Fristbeginn vom Eintritt oder der Erkennbarkeit des gesamten Schadens abhängt (vgl. Harbarth/Höfer, NZG 2016, 686, 688; Oltmanns, Verzichts- und Vergleichsvereinbarungen zwischen einer AG und ihrem Vorstandsmitglied, 2020, S. 179 f.). In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Aktiengesetzes 1965 heißt es, die Drei-Jahres-Frist solle verhindern, dass über einen Verzicht oder Vergleich bereits zu einem Zeitpunkt entschieden werde, in dem sich noch kein abschließendes Bild über die Auswirkungen der schädigenden Handlung gewinnen lasse. Dafür erscheine jedoch eine Frist von drei Jahren ausreichend. Es könne angenommen werden, dass sich im Allgemeinen schon nach drei Jahren die Folgen der Handlung übersehen ließen. Die zuvor im Aktiengesetz vorgesehene Frist von fünf Jahren sei zu lang, weil regelmäßig nach Ablauf von fünf Jahren der Ersatzanspruch der Gesellschaft bereits verjährt sein werde, so dass ein Verzicht oder Vergleich nicht mehr in Betracht komme. Für eine Verkürzung der Frist spreche ferner, dass ein Verzicht oder Vergleich auch im Interesse der Gesellschaft liegen könne, weil er einen Schwebezustand beende (RegE eines Aktiengesetzes, BT-Drucks. IV/171, S. 132).

62Dies macht deutlich, dass die Überschaubarkeit des Schadens zwar ein relevantes Kriterium für die Möglichkeit des Verzichts auf oder Vergleichs über Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder sein sollte, der Gesetzgeber diesem aber typisiert durch die Drei-Jahres-Frist Rechnung tragen wollte und nicht durch eine auf den Einzelfall bezogene Betrachtung, damit die Möglichkeit eines Verzichts oder Vergleichs durch die Sperrfrist nicht übermäßig eingeschränkt oder gar vollständig ausgeschlossen wird. Der Gesellschaft soll es namentlich eröffnet sein, einen durch den Haftungsfall entstandenen Schwebezustand zu beenden. Dem könnte, wie die Revision selbst erkennt, in komplexen Fällen nicht Rechnung getragen werden. Die Gesetzesbegründung bringt zudem den Aspekt der klaren Berechenbarkeit der Frist und die hohe Gewichtung der damit verbundenen Rechtssicherheit zum Ausdruck (vgl. auch Oltmanns, Verzichts- und Vergleichsvereinbarungen zwischen einer AG und ihrem Vorstandsmitglied, 2020, S. 179), der ein Abstellen auf die konkrete Erkennbarkeit des Gesamtschadens im Einzelfall ebenfalls zuwiderliefe. Für einen Gleichlauf spricht schließlich das in der Begründung zum Ausdruck kommende Anliegen, den Abschluss eines Vergleichs vor dem Eintritt der Verjährung eines Ersatzanspruchs zu ermöglichen.

63bb) Der Ablauf der Sperrfrist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG und die Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses sind nicht dadurch beeinflusst worden, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am eine Sonderprüfung gem. § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG angeordnet war. Entgegen der Sicht der Revision führte die Anordnung der Sonderprüfung im November 2017 auch nicht zu einer Hemmung der Sperrfrist entsprechend § 204 Abs. 1 BGB.

64(1) Die Möglichkeit einer (fortzusetzenden) Sonderprüfung steht dem Verzicht oder Vergleich nicht entgegen.

65(a) Zwar wird in der Literatur vertreten, es bestehe das Erfordernis, die Vergleichsmöglichkeit nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG teleologisch zu beschränken, wenn die Hauptversammlung nur zustimme, um das in § 142 Abs. 2 AktG verbürgte Aufklärungsinteresse zu unterminieren. Das Quorum des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG sei mit 10 % wesentlich höher als das nach § 142 Abs. 2 AktG für eine Sonderprüfung erforderliche Antragsquorum und vermittle daher keinen ausreichenden Schutz vor einem stillen Entzug des Rechts zur Beantragung einer gerichtlichen Prüferbestellung. Wie § 142 Abs. 2 AktG verdeutliche, messe das Gesetz der Einschätzung der Aktionärsmehrheit jedenfalls dann, wenn "Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung" in Rede stünden, nur eine eingeschränkte Bedeutung bei (Meinert, ZHR 187 [2023], 671, 699 f.).

66(b) Dieser Auffassung vermag sich der Senat aber nicht anzuschließen. Dabei muss nicht entschieden werden, welche Auswirkungen es hat, dass die Sonderprüfung im Streitfall zunächst nach § 142 Abs. 2 AktG gerichtlich angeordnet wurde und die Anordnung infolge einer gerichtlichen Entscheidung nach der Beschlussfassung der Hauptversammlung bis auf weiteres nicht durchgeführt werden kann. Auch muss nicht näher betrachtet werden, ob der weiteren Durchführung einer Sonderprüfung allein durch den Abschluss der hier in Rede stehenden Vergleiche die Grundlage entzogen wurde (vgl. dazu Meinert, ZHR 187 [2023], 671, 700 ff.).

67Das Gesetz enthält für eine solche, über den Wortlaut von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG hinausgehende Einschränkung der Norm keine Anhaltspunkte und es muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eventuelle Nachteile für Aktionärsminderheiten im Sinne des § 142 Abs. 2 AktG, die auf dem Abschluss eines Vergleichs über Ersatzansprüche gegen Organe beruhen, bewusst hingenommen hat. In früheren Fassungen des Aktiengesetzes waren das Minderheitsquorum für den Antrag auf die gerichtliche Anordnung einer Sonderprüfung und das Widerspruchsquorum beim Verzicht oder Vergleich aufeinander abgestimmt. Nach Art. 222a ADHGB 1884 konnte eine mit dem Widerspruchsquorum harmonisierte Minderheit von 10 % des Grundkapitals die Sonderprüfung beantragen. Zum Aktiengesetz 1965 war noch im Regierungsentwurf ein Gleichklang dahingehend vorgesehen, dass neben einem Aktienbesitz von 10 % auch ein solcher mit einem Nennbetrag von zwei Millionen DM jeweils das Sonderprüfungsantragsrecht und das Widerspruchsrecht vermitteln sollte (RegE eines Aktiengesetzes, BT-Drucks. IV/171, S. 132 und S. 162). Jedoch wurde das Nennbetragsquorum durch den Rechtsausschuss des Bundestags für das Sonderprüfungsantragsrecht sodann gestrichen, während es für das Widerspruchsrecht beibehalten wurde (s. BT-Drucks. IV/3296 S. 43 und S. 73). Durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom (BGBl. I 2005, S. 2802 - UMAG) ist der Schwellenwert für den Antrag auf Bestellung der Sonderprüfer dann auf die Empfehlungen des 63. Deutschen Juristentags und der Regierungskommission Corporate Governance hin an denjenigen für das Klagezulassungsverfahren nach § 148 Abs. 1 Satz 1 AktG angeglichen worden, um die gerichtliche Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen Organe der Gesellschaft nach § 148 AktG zu erleichtern (RegE eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, BT-Drucks. 15/5092, S. 18). Der Gesetzgeber hat die Quoren für das Widerspruchsrecht nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG einerseits und den Antrag nach § 142 Abs. 2 AktG danach bewusst voneinander entkoppelt und den der Anspruchsverfolgung dienenden Charakter der Sonderprüfung nach § 142 Abs. 2 AktG in den Vordergrund gestellt. Dass die antragsberechtigte Minderheit darüber hinaus die der Aktionärsmehrheit zukommenden Verfügungsbefugnisse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG einschränken können soll, ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon lässt sich ein zielgerichtetes Unterlaufen des von § 142 Abs. 2 AktG verbürgten Aufklärungsinteresses in tatsächlicher Hinsicht kaum sinnvoll von dem Interesse an der Beseitigung eines Schwebezustands abgrenzen, das bei der Neubemessung der Sperrfrist von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ausdrücklich als legitimer Anwendungsbereich der Norm angesehen wurde (vgl. oben aa] [3]).

68(2) Aus den vorstehenden Gründen scheidet es auch aus, eine laufende, anstehende oder auch nur mögliche Sonderprüfung als Grund anzuerkennen, die Drei-Jahres-Frist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bis zum Abschluss der Sonderprüfung nicht laufen zu lassen. Dies würde im Ergebnis ebenfalls bedeuten, dass die wesentlich kleinere Minderheit gemäß § 142 Abs. 2 AktG entgegen der Wertung des Gesetzes, die in dem höheren Widerspruchsquorum des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ihren Ausdruck findet, jedenfalls bis auf weiteres verhindern könnte, dass eine ganz überwiegende Mehrheit einen Verzicht oder Vergleich beschließt. Entsprechend fehlt es entgegen der Sicht der Revision auch an einer Grundlage für eine entsprechende Anwendung von § 204 Abs. 1 BGB (Meinert, ZHR 187 [2023], 671, 703).

69cc) Die Drei-Jahres-Frist gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG war bereits bei Abschluss der Vergleichsvereinbarungen im Juni 2021 abgelaufen.

70(1) Die möglichen Pflichtverletzungen von Prof. Dr. W.          fallen nach den für das Revisionsverfahren maßgeblichen Feststellungen des Berufungsgerichts in die Zeit vor seinem Ausscheiden aus dem Vorstand am .

71In dem Vergleich wird die maßgebliche Pflichtverletzung als Unterlassen beschrieben, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0 l TDI-Dieselmotoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären. Selbst wenn es sich bei diesem Pflichtverstoß um ein fortdauerndes Unterlassen gehandelt haben sollte, bei dem die Verjährung nicht beginnt, solange der Eingriff noch andauert (vgl. , BGHZ 219, 356 Rn. 18), wäre die vorgeworfene Pflichtverletzung mit dem Ausscheiden aus dem Vorstand abgeschlossen gewesen. Die umfassende (interne) Aufklärung des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen konnte Prof. Dr. W.             nur als amtierendes Organmitglied kraft seiner Weisungsbefugnisse veranlassen.

72Bei dem Vorwurf, Prof. Dr. W.             habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden, ist schon von keinem fortdauernden Unterlassen auszugehen, weil die gestellten Fragen im behördlichen Verfahren umgehend zu beantworten waren. Jedenfalls ist auch insoweit keine über das Ausscheiden aus dem Vorstand hinausgehende Pflichtverletzung angesprochen, die den wesentlichen Gegenstand der Vergleichsvereinbarungen bildet. Maßgebliche Schäden durch die möglichen Pflichtverletzungen von Prof. Dr. W.            waren bereits mit dem Verkauf und der weiteren Auslieferung der mit der unzulässigen Softwarefunktion ausgestatteten Fahrzeuge in Nordamerika ab August 2015 entstanden.

73(2) Gegenüber S.          ist der Vorwurf maßgeblich, dieser habe seine Sorgfaltspflichten als Vorstandsmitglied der Beklagten und Vorstandsvorsitzender der Audi AG verletzt, weil er es in der Zeit ab dem bis zum in fahrlässiger Weise unterlassen habe, unverzüglich auf eine zielgerichtete und systematische Untersuchung der EU-Dieselmotoren 3,0 l V6 TDI und 4,2 l V8 TDI hinzuwirken, um feststellen zu lassen, ob die Emissionskontrollsysteme der betroffenen Fahrzeuge unzulässige Abschalteinrichtungen enthielten.

74Durch das vorgeworfene Unterlassen sind spätestens im Dezember 2016 Maßnahmen verhindert worden, die den Verkauf betroffener Fahrzeuge mit den damit für die Beklagte verbundenen Nachteile eingeschränkt hätten, sodass ein hierauf beruhender Schaden bereits ab Dezember 2016 eingetreten war.

75b) Ein Verstoß gegen die Sperrfrist gem. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte in den Haftungsvergleichen mit Prof. Dr. W.              und S.         Freistellungsverpflichtungen übernommen hat.

76aa) Die Übernahme einer einem Organmitglied z.B. in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren auferlegten Geldsanktion durch die Gesellschaft ist an den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zu messen, wenn das sanktionierte Verhalten zugleich eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis zwischen Organmitglied und Gesellschaft darstellt (, BGHZ 202, 26 Rn. 11, 18 ff.). Entsprechend dem Zweck von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, das Gesellschaftsvermögen zu schützen, unterliegen auch entsprechende Freistellungsverpflichtungen dem Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung, weil die Gesellschaft sich in gleicher Weise einen Nachteil zufügt, den nach § 93 AktG eigentlich der Vorstand zu tragen hätte, und das Erfordernis einer Zustimmung der Hauptversammlung auch hier der Gefahr einer kollegialen Verschonung des Vorstands oder einer Selbstenthaftung der Organe vorbeugt (vgl. , BGHZ 202, 26 Rn. 18 ff.; siehe auch Hoffmann-Becking, ZGR 2015, 618, 627).

77bb) Die von der Beklagten übernommenen Freistellungsverpflichtungen verstoßen nicht gegen die Sperrfrist gem. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Dabei muss nicht allgemein entschieden werden, wann die Sperrfrist zu laufen beginnt, wenn sich die Vermögenseinbuße der Gesellschaft auf die Freistellung von Ansprüchen Dritter beschränkt (vgl. dazu Ried, AG 2019, 441, 443; Rehbinder, ZHR 148 [1984], 555, 572 f.). Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall, in dem die durch die Freistellung bewirkte Vermögenseinbuße bei wirtschaftlicher Betrachtung eine andere, auf den vermeintlichen Pflichtverletzungen beruhende Vermögenseinbuße vertieft (hierzu Krieger, Festschrift Bezzenberger, 2000, S. 211, 218; Hoffmann-Becking, ZGR 2015, 618, 625), die Drei-Jahres-Frist einheitlich nach den oben unter a) dargestellten Grundsätzen beginnt. Danach ist, wie oben näher begründet, die Sperrfrist gewahrt.

78c) Soweit durch die Haftungsvergleiche (Tagesordnungspunkt 10) oder den Deckungsvergleich (Tagesordnungspunkt 11) die Geltendmachung weiterer unter § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG fallender Ersatzansprüche gegen Organmitglieder ausgeschlossen wurde, liegt ein Verstoß gegen die Drei-Jahres-Frist gem. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ebenfalls nicht vor, weil Ansprüche, für welche die Drei­Jahres­Frist noch nicht abgelaufen war, nach Ziffer 1.8 des Haftungsvergleichs Prof. Dr. W.            , Ziffer 1.6 des Haftungsvergleichs S.          und Ziffer 3.8 des Deckungsvergleichs von der Erledigungswirkung der Vergleichsvereinbarungen ausgenommen wurden. Diese Bestimmungen sind nicht wegen eines Gesetzesverstoßes unwirksam.

79aa) Der Rechtmäßigkeit dieser Bestimmungen steht nicht entgegen, dass § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG die Möglichkeit einer solchen Regelung nicht ausdrücklich vorsieht. Mit der Rechtsfolge, Ansprüche von der (verzichtsgleichen) Regelungswirkung der Vergleichsvereinbarungen auszunehmen, sind diese Bestimmungen gerade darauf ausgerichtet, das Normziel der Sperrfrist zu verwirklichen, weil entsprechende Ansprüche weiterhin von dem zuständigen Gesellschaftsorgan verfolgt werden können.

80bb) Soweit die Revision geltend macht, bereits die einer "salvatorischen Klausel" immanente Abgrenzung von innerhalb und außerhalb der Sperrfrist entstandenen Ansprüchen stelle eine rechtsgeschäftliche Regelung in Bezug auf beide Anspruchsgruppen dar, so dass allein deswegen gegen § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG verstoßen werde, kann dem nicht gefolgt werden. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG verbietet nur, auf entstandene Ansprüche vor Ablauf der Drei­Jahres­Frist zu verzichten, nicht aber, solche Ansprüche in der Form einer Ausschlussklausel in eine Regelung einzubeziehen.

81cc) Auf das Argument der Revisionsbegründung, die "salvatorische Klausel" schaffe im Hinblick auf den Grundsatz der Schadenseinheit Abgrenzungsprobleme zwischen Ansprüchen, die von der (verzichtsgleichen) Regelungswirkung erfasst und solchen, die von ihr ausgenommen würden, lässt sich ein Verstoß gegen § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ebenfalls nicht stützen. Die Bestimmungen schüren unter dem Gesichtspunkt der Sperrfrist gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG gerade keine Rechtsunsicherheit, denn sie zielen nicht darauf ab, Ansprüche abweichend von dem Schadenseinheitsgrundsatz aufzuteilen, etwa bestimmte Schadensposten, die einheitlich zu einem Ersatzanspruch zählen, von der Verzichtswirkung auszunehmen. Im Gegenteil knüpfen die Bestimmungen an den Wortlaut von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG an und nehmen solche Ansprüche von der Abgeltungswirkung der Vergleichsvereinbarungen aus, für die ein Vergleich nicht eröffnet ist.

823. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler einen gemäß § 243 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AktG zur Anfechtung berechtigenden Verstoß gegen die Informationspflichten nach § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 AktG verneint. Danach ist der wesentliche Inhalt eines Vertrags, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, bekanntzumachen. Die Norm ist auf Vergleichsvereinbarungen nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG anwendbar (vgl. , BGHZ 146, 288, 294; Fleischer, AG 2015, 133, 136).

83a) Ob ein Verstoß gegen § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 AktG schon deswegen ausscheidet, weil die Beklagte den Aktionären die vollständigen Vertragstexte der Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs zur Verfügung gestellt hat, muss der Senat nicht entscheiden (bereits offengelassen von , BGHZ 119, 1, 12). Zu dieser im Gegensatz zu anderen zustimmungsbedürftigen Verträgen (§ 52 Abs. 2 Satz 2 und 5, § 179a Abs. 2 Satz 1 und 4, § 293f Abs. 1 Nr. 1 AktG) im Fall des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht zwingenden Veröffentlichung (vgl. , BGHZ 119, 1, 11; Fleischer in Fleischer/Kalss/Vogt, Enforcement im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2015, S. 124, 134 f.) wird teilweise angenommen, mit ihr werde dem Bekanntmachungserfordernis ohne weiteres genügt (BeckOGK AktG/Rieckers, Stand , § 124 Rn. 34; Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 124 Rn. 74; aA MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 124 Rn. 25; jedenfalls bei komplexen Vertragswerken verneinend Großkomm. AktG/Butzke, 5. Aufl., § 124 Rn. 50 f.; Koch, AktG, 19. Aufl., § 124 Rn. 18; wohl auch KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 124 Rn. 44).

84b) Den Anforderungen an die Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts der Vergleichsvereinbarungen gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 AktG genügt der Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11.

85aa) Soll die Hauptversammlung über einen Vertrag, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, beschließen, ist der wesentliche Inhalt des Vertrags bekanntzugeben, weil der Vertrag selbst Gegenstand der Beschlussfassung ist. In diesem Fall genügt die Bekanntmachung der Tagesordnung nicht, um den Aktionären ausreichende Informationen darüber zu verschaffen, über was sie abstimmen sollen. Bei solchen Verträgen ist es erforderlich, die Aktionäre schon vor der Hauptversammlung über den wesentlichen Inhalt zu unterrichten, um ihnen eine angemessene Zeit zur Bildung ihres Urteils zu lassen und damit sie entscheiden können, ob sie wegen der Wichtigkeit des Tagesordnungspunkts persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen oder nicht und welche Weisungen sie ihren Vertretern erteilen wollen (, BGHZ 234, 19 Rn. 18; vgl. auch , BGHZ 153, 32, 36; Urteil vom  - II ZR 255/18, BGHZ 226, 224 Rn. 13). Diese Funktion können nur inhaltlich zutreffende, vollständige und widerspruchsfreie Angaben erfüllen, es sei denn, es sind Umstände betroffen, die für die Meinungsbildung keine Relevanz haben (Koch, AktG, 19. Aufl., § 124 Rn. 18; Fleischer in Fleischer/Kalss/Vogt Enforcement im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2015, S. 136). Die Bekanntgabe der wesentlichen Inhalte des Vertrags muss den Aktionären ein ungefähres Bild von dessen Vorteilen und Nachteilen vermitteln. Hierfür sind die den Vertrag kennzeichnenden und auch kritische Punkte mitzuteilen (OLG Schleswig, Urteil vom - 5 U 57/04, ZIP 2006, 421, 425; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 124 Rn. 52; Fleischer in Fleischer/Kalss/Vogt, Enforcement im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2015, S. 134).

86bb) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Bekanntmachung diesen Anforderungen genügt. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.

87(1) Die Regelungen im Deckungsvergleich über den Verzicht zu Gunsten amtierender und ehemaliger Vorstandsmitglieder (Ziffer 3.6) und sämtlicher weiterer versicherter Personen (Ziffer 3.7) sind ihrem wesentlichen Inhalt nach bekanntgemacht worden. Dabei mag es unzulässig sein, insbesondere bei komplexen Vertragswerken die Bekanntgabe des wesentlichen Vertragsinhalts durch einen Verweis auf den vollständig vorgelegten Vertrag zu ersetzen (siehe oben a). Zulässig und im Hinblick auf das Informationsinteresse der Aktionäre auch sachgerecht ist es aber jedenfalls, die Darstellung des wesentlichen Vertragsinhalts um Verweise auf bestimmte Vertragsbestimmungen zu ergänzen, wie es vorliegend erfolgt ist. Dies versetzt den Aktionär in die Lage, sich gezielt weitere Informationen zum Vertragsinhalt zu verschaffen und unterstützt daher eine effektive und umfassende Vorbereitung auf die Beschlussfassung.

88(a) Die Namen der Personen, zu Gunsten derer im Deckungsvergleich die Geltendmachung von Ansprüchen dauerhaft ausgeschlossen wird, waren nicht anzugeben. Als wesentlicher Gesichtspunkt wird zwar die Benennung der Vertragsparteien angesehen (LG Frankfurt am Main, ZIP 2005, 579, 580; MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 124 Rn. 24; Koch, AktG, 19. Aufl., § 124 Rn. 17). Die Drittbegünstigten im Deckungsvergleich sind aber nicht als Vertragspartner anzusehen, auch nicht mit der Erwägung, dass diese unmittelbar Ansprüche, Rechte oder sonstige Vorteile aus der Vereinbarung erworben haben. Verwendet das Vertragswerk - auch aus Gründen der Praktikabilität - Sammelbezeichnungen, die größere Personengruppen nach allgemeinen Kriterien definieren, ergibt sich für die Bekanntmachung kein weitergehender Informationsbedarf, wenn hinreichend deutlich wird, wer von der Regelung in welcher Weise erfasst wird. Dies ist hier der Fall.

89Die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts teilt in Abschnitt "D. Wesentlicher Inhalt der Vergleichsvereinbarungen" unter "II. Deckungsvergleich" als "wesentliche Verpflichtung" mit, dass Ansprüche gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder sowie gegen sämtliche sonstige versicherte Personen, mit Ausnahme einzelner namentlich genannter Personen, dauerhaft nicht geltend zu machen sind. Im Hinblick auf die Hauptversammlungszuständigkeiten gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bzw. § 117 Abs. 4, § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ergab sich für die Aktionäre ein Informationsbedarf vorrangig in Bezug auf die amtierenden und ehemaligen Organmitglieder der Beklagten. Diesbezüglich werden die amtierenden und ehemaligen Mitglieder des Vorstands ausdrücklich genannt und mit Hilfe der Bezugnahme auf den Begriff der "versicherten Personen" konnten die Aktionäre mit zumutbarem Aufwand anhand der in Abschnitt C. des Berichts zum D&O-Versicherungsprogramm gegebenen Informationen bestimmen, dass dieser Personenkreis weiter gefasst war und amtierende und ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrats mit umfasste. Die Aktionäre konnten der Bekanntmachung auch entnehmen, dass weitere Personen von der Regelung über den Verzicht umfasst waren, die nicht abschließend bestimmbar waren. Insoweit genügte allerdings als wesentliche Information, dass die im einzelnen genannten Ansprüche aus den Versicherungen vollständig erschöpft waren und auch keine Ansprüche gegen die versicherten Personen mehr geltend gemacht werden konnten. Damit wurde dem Informationsbedürfnis der Aktionäre für den Zweck einer effektiven Vorbereitung auf die Hauptversammlung genügt. Eine weitergehende Individualisierung war auch deswegen nicht geboten, weil die von Aufsichtsrat und Vorstand der Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchungen nach deren Bericht keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen anderer Organmitglieder ergeben haben. Soweit die Aktionäre diese Annahme kritisch hinterfragen wollten, stand Ihnen hierfür das Fragerecht zur Verfügung.

90(b) Die Art der Darstellung der von den verzichtsgleichen Wirkungen des Deckungsvergleichs profitierenden Personen ist noch hinreichend klar und damit nicht irreführend.

91Ein Informationsdefizit ergibt sich für die Aktionäre allerdings daraus, dass amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder als Begünstigte des Verzichts genannt und die im Hinblick auf die Verzichtswirkung nach § 117 Abs. 4, § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bedeutsame Gruppe der amtierenden und ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder nicht ausdrücklich erwähnt wird. Insoweit fielen die Aufsichtsratsmitglieder zwar unter den Begriff der "versicherten Personen", was sich, wie oben dargestellt, nur aus den Erläuterungen dieses Begriffs in Abschnitt C. des Berichts ergab. Eine Irreführung lässt sich daraus aber im Ergebnis nicht ableiten. In dem gleichen Abschnitt wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufarbeitung der Dieselthematik mit Blick auf mögliche Organhaftungsansprüche durch die Vereinbarungen haftungsrechtlich und versicherungsrechtlich endgültig erledigt werden sollte. Dieses Ziel der Vereinbarungen wird unter "B. Hintergrund der Vergleichsvereinbarung" in der Einleitung wie folgt vorangestellt: "Mit diesen Vergleichen beabsichtigt Volkswagen, die rechtliche Aufarbeitung der Dieselthematik in Bezug auf die zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten der Organmitglieder abzuschließen." Damit wurde hinreichend deutlich, dass auch etwaige Ansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder endgültig erledigt werden sollten.

92(2) Die Pflicht zur Angabe weitergehender Inhalte betreffend die wirtschaftliche Herleitung der (möglichen) Organhaftungsansprüche und dabei insbesondere Beschreibungen der Leistungsfähigkeit der Vertragspartner der Haftungsvergleiche lässt sich aus § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG nicht herleiten (vgl. MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 124 Rn. 24; aA LG München I, AG 2007, 336, 337; Unmuth, Vergleich und Verzicht im aktienrechtlichen Organhaftungsrecht aus der Perspektive des Aufsichtsrats, 2018, S. 161 f.; vgl. für die Aufsichtsratspflichten auch Fleischer, AG 2015, 133, 136). Die Informationspflicht bezieht sich auf Inhalte des Vertrags, nicht auf die dem Vertragsschluss vorgelagerte Willensbildung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz für Verzichte und Vergleiche gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG gerade keine Pflicht des Aufsichtsrats oder Vorstands vorsieht, schriftlich über den angestrebten Vertrag zu berichten. Anders als in Fällen ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten besteht insoweit keine planwidrige Regelungslücke, so dass sich eine Berichtspflicht nicht in richterlicher Rechtsfortbildung begründen lässt (, BGHZ 146, 288, 295; Fleischer, AG 2015, 133, 136). Schriftliche Berichte und mit diesen verbundene Inhalte sind daher als freiwillig anzusehen. Wird die wirtschaftliche Herleitung der Vereinbarung nicht genügend erläutert, können die Aktionäre dies zum Anlass nehmen, den Vergleich abzulehnen oder weitergehende Auskünfte gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG zu verlangen.

93Ob bei dem Abschluss eines Vergleichs gemäß § 779 Abs. 1 BGB Angaben zum Streit oder der Ungewissheit der Parteien und zum Umfang des gegenseitigen Nachgebens zum wesentlichen Vertragsinhalt zählen (so OLG Schleswig, ZIP 2006, 421, 426; vgl. auch Kort, AG 2006, 272, 276), muss nicht abschließend entschieden werden. Das Berufungsgericht hat der Sache nach zutreffend angenommen, dass die Bekanntmachung insoweit hinreichende Angaben enthält. In dem Abschnitt F. "Wesentliche Gründe für die Vergleichsvereinbarungen" führt der Bericht von Vorstand und Aufsichtsrat aus, die konzernweiten Zuflüsse durch die Vergleichsvereinbarungen summierten sich auf knapp 288 Mio. €. Die dem Volkswagen Konzern insgesamt durch die Manipulationen an Dieselmotoren entstandenen und auch die Prof. Dr. W.               und S.         zurechenbaren Schäden lägen aus Sicht der Gesellschaft deutlich über dem vereinbarten Gesamtbetrag. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Personen erreiche auch unter Berücksichtigung der Versicherungssumme bei Weitem nicht die diesen Personen aus Sicht der Gesellschaft zurechenbaren Schäden, so dass eine vollumfängliche Befriedigung der nach Einschätzung der Gesellschaft bestehenden Schadensersatzansprüche schon im Ansatz nicht realistisch sei. Der bis Ende 2020 entstandene Gesamtschaden wurde in dem Bericht mit 32,2 Mrd. € beziffert und es wurde auch mitgeteilt, dass Prof. Dr. W.             und S.         ihre Ersatzpflicht bestritten hätten. Diese Informationen waren auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass in der Bekanntmachung nicht offengelegt wurde, in welcher Höhe die Beklagte Ansprüche gegen Prof. Dr. W.              und S.         geltend gemacht hat oder für gerechtfertigt hielt, genügend, um die Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung über die wesentlichen Eckdaten des Streits und das mit den Vereinbarungen verbundene Nachgeben der Parteien zu informieren. Die Ausführungen in dem Bericht haben hinreichend deutlich gemacht, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Annahme waren, der jeweils zurechenbare Schaden übersteige den realisierbaren Betrag deutlich. Diese Informationen konnten zur Grundlage einer abwägenden Entscheidung der Aktionäre und/oder weitergehender Fragen gemacht werden.

944. Entgegen der Sicht des Berufungsgerichts unterliegt der zu Tagesordnungspunkt 11 gefasste Beschluss allerdings der Anfechtung, weil die Gegenstände der Beschlussfassung in der Einberufung nicht den Anforderungen des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG entsprechend angegeben worden sind. Die Angaben zu den unter Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüssen genügen demgegenüber diesen Anforderungen.

95a) Grundsätzlich genügt die fristgerechte Bekanntmachung der Tagesordnung einschließlich der Beschlussvorschläge (§ 121 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1, § 123 Abs. 1 AktG) als sachgemäße Information der Aktionäre, aufgrund der sie in die Lage versetzt werden, sich mit den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu befassen und aufgrund dieser Vorbereitung ihr Rede-, Frage- und Stimmrecht sinnvoll auszuüben, sowie als Grundlage für die Entscheidung der Aktionäre, ob sie wegen der Wichtigkeit der Tagesordnung persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen oder nicht und welche Weisungen sie ihren Vertretern erteilen wollen (, BGHZ 234, 19 Rn. 17).

96aa) Die Bezeichnung des Tagesordnungspunkts als Teil der in der Einberufung nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG anzugebenden Tagesordnung grenzt den Rahmen ab, innerhalb dessen die Hauptversammlung einen Beschluss fassen kann (Großkomm. AktG/Butzke, 5. Aufl., § 121 Rn. 60; MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 121 Rn. 46; Koch, AktG, 19. Aufl., § 121 Rn. 9; Reichert/Schlitt/Biller, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 6. Aufl., § 5 Rn. 167). Die Tagesordnung muss deshalb den Gegenstand der Verhandlung für die Aktionäre klar und unmissverständlich bezeichnen (Reichert/Schlitt/Biller, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 6. Aufl., § 5 Rn. 166, 167) und ist nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG zwingender Bestandteil der Einberufung selbst.

97bb) Es genügt demgegenüber nicht, die notwendigen Angaben lediglich mit der Einberufung nach § 121 Abs. 4 Satz 1 AktG in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (vgl. RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie - ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 27; Großkomm. AktG/Butzke, 5. Aufl., § 121 Rn. 59; Reichert/Schlitt/Balke, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 6. Aufl., § 5 Rn. 124). Dies entspricht den Vorgaben für börsennotierte Gesellschaften in Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (Abl. L 184, S. 17 - nachstehend Aktionärsrechterichtlinie), die ebenfalls besondere Anforderungen an den Inhalt der Einberufung selbst enthält (Lieder/Bialluch in Kindler/Lieder, European Corporate Law, Art. 5 Directive 2007/36/EG Rn. 13 f.; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., Rn. 29.74). Vom Inhalt der Einberufung ist der weitere Inhalt der Bekanntmachung nach § 124 Abs. 2 und Abs. 3 AktG abzugrenzen (Großkomm. AktG/Butzke, 5. Aufl., § 121 Rn. 61, § 124 Rn. 22; BeckOGK AktG/Rieckers, Stand , § 121 Rn. 32; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl., B. Rn. 75, 78 f., 93 f.; vgl. auch Art. 5 Abs. 4 Buchst. c und d Aktionärsrechterichtlinie).

98cc) Die Angabe der wesentlichen Vertragsinhalte nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG oder weitergehende freiwillige Angaben in der Bekanntmachung können die Angabe des Gegenstands der Beschlussfassung in der Einberufung nicht ersetzen. Zugleich sind einer pauschalen Bezugnahme in der Einberufung auf den weiteren Inhalt der Bekanntmachung Grenzen gesetzt, weil der Informationszweck des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG anderenfalls unterlaufen würde. Insbesondere kann eine solche pauschale Bezugnahme nicht die Angabe des Gegenstands einer zustimmungsbedürftigen Beschlussfassung ersetzen. Beschlussvorschläge der Verwaltung nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG können daher zur weiteren Konkretisierung des in der Tagesordnung nur schlagwortartig, aber klar und unmissverständlich bezeichneten Beschlussgegenstands dienen (KK­AktG/ Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 121 Rn. 71; BeckOGK AktG/Rieckers,Stand , § 121 Rn. 34). Dies gilt auch für die erweiterten Inhalte der Bekanntmachung nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG (MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 121 Rn. 46), allerdings werden diese hierdurch nicht zugleich Inhalt der mit der Einberufung angegebenen Tagesordnung (Drinhausen in Hölters/Weber, AktG, 5. Aufl., § 121 Rn. 25; Wieneke in Festschrift Schwark, 2009, S. 305, 318; aA Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 121 Rn. 48). Um den Anforderungen des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG nachzukommen sind danach bei zustimmungsbedürftigen Verträgen in der Tagesordnung der Vertragspartner und schlagwortartig der Vertragsgegenstand bzw. die Art des Vertrags zu nennen. Die einzelnen Regelungen des Vertrags können dagegen nach § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 AktG bekannt gemacht werden (BeckOGK AktG/Rieckers,Stand , § 121 Rn. 37; MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 121 Rn. 57).

99b) Die bekanntgemachte Tagesordnung wird diesen Anforderungen im Hinblick auf die zum Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse gerecht. Eine hinreichende Konkretisierung des Gegenstands der Hauptversammlung leisten bereits die Bezeichnung der an den Vergleichsvereinbarungen beteiligten Parteien, die Kurzbeschreibung des jeweiligen Vertragsgegenstands und die Wiedergabe der Beschlussvorschläge. Der Bezugnahme auf den vollständigen Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen und den Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands in den weiteren Informationen zur Tagesordnung sowie dem Hinweis auf den bereits vollzogenen Abschluss der Vereinbarungen kam danach nur eine konkretisierende und gegebenenfalls auch eine den Verhandlungsgegenstand begrenzende Bedeutung zu (vgl. Großkomm. AktG/Butzke, 5. Aufl., § 121 Rn. 63). Entgegen der Sicht der Revision ist der Bezeichnung der Tagesordnungspunkte auch nicht zu entnehmen, dass der Beklagten abweichend von den tatsächlichen Bestimmungen der Vergleichsvereinbarungen per Saldo Vermögen zufließen werde. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend befunden. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen. Soweit die Kläger eine weitergehende Erläuterung des Inhalts der Haftungsvergleiche vermissen, sind die Bekanntmachungspflichten nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG betroffen. Im Übrigen hat die in der Einberufung angegebene Tagesordnung wegen der weiteren Konkretisierung des Inhalts der getroffenen Vereinbarungen in zulässiger Weise auf den vollständigen Wortlaut der Haftungsvergleiche Bezug genommen, die in der Bekanntmachung mitgeteilt wurden.

100c) Unzureichend sind demgegenüber die Angaben zur näheren Bezeichnung des Gegenstands der zu Tagesordnungspunkt 11 vorgenommenen Beschlussfassung.

101aa) Die Zustimmung zum Deckungsvergleich erfasst nach Maßgabe von Ziffer 3.6 und 3.7 der Vereinbarung die Verpflichtung, Ansprüche gegen amtierende oder ehemalige Organmitglieder der Gesellschaften auf Grund oder in Zusammenhang mit dem "Relevanten Sachverhalt" dauerhaft nicht bzw. nicht mehr gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen. Hierbei handelt es sich nach der Regelung im Deckungsvergleich um einen echten Vertrag zugunsten der Organmitglieder als Dritte, der ohne Zustimmung der Begünstigten nicht mehr geändert werden kann und unabhängig davon gelten soll, ob es sich um bekannte oder unbekannte, bedingte oder unbedingte Ansprüche oder Rechte aus eigenem oder übergegangenem Recht handelt.

102bb) Mit diesen Erklärungen war ein Verzicht gegenüber sämtlichen amtierenden und ausgeschiedenen Organmitgliedern der Beklagten verbunden, der nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bzw. § 117 Abs. 4, § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung bedurfte. Von dem Zustimmungsvorbehalt nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG erfasst ist nicht nur ein Verzicht in Form eines Erlassvertrags nach § 397 Abs. 1 BGB (vgl. , NZM 2016, 582 Rn. 24; BeckOGK AktG/Fleischer,Stand , § 93 Rn. 349). Erfasst sind auch Rechtsgeschäfte mit vergleichbaren wirtschaftlichen Folgen (OLG München, AG 2018, 758, 761; Koch, AktG, 19. Aufl., § 93 Rn. 162; Unmuth, AG 2020, 890 Rn. 17, 45; vgl. auch , BGHZ 202, 26 Rn. 18). Mit den genannten Regelungen ist die Beklagte gegenüber den aktiven und ehemaligen Organmitgliedern Verpflichtungen eingegangen, die wirtschaftlich dem Abschluss eines Erlassvertrags gleichkommen. Hiervon sind auch die Parteien der Vereinbarung ausgegangen, die in Ziffer 3.8 des Deckungsvergleichs im Hinblick auf § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG Organhaftungsansprüche ausgenommen haben, bei denen seit ihrer Entstehung noch keine drei Jahre abgelaufen sind. Auch der Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 geht davon aus, dass der Deckungsvergleich wegen der darin enthaltenen Regelungen, Organhaftungsansprüche dauerhaft nicht geltend zu machen, nur unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG wirksam wird [Seite 60 der Einladung, Anlage K 7].

103cc) Die in der Einberufung angegebene Tagesordnung enthält zu Tagesordnungspunkt 11 keinen Hinweis darauf, dass der Deckungsvergleich, dessen Wirksamkeit nach Ziffer 7.1 Buchst. c) der Vereinbarung von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig ist, hinsichtlich weiterer amtierender oder ehemaliger Organmitglieder nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bzw. § 117 Abs. 4, § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zustimmungsbedürftige Regelungen enthält. Die Informationen zu Tagesordnungspunkt 10 haben nahegelegt, dass nach diesen Vorschriften relevante Beschlussfassungen lediglich zu Gunsten der ehemaligen Vorstandsmitglieder Prof. Dr. W.               und S.         erfolgen würden und nicht, dass sämtliche amtierenden und ausgeschiedenen Organmitglieder der Beklagten betroffen sind. Die Mitteilung, dass die Beklagte für den Volkswagen Konzern eine D&O-Versicherung bestehend aus einem Grundvertrag, einigen Länderpolicen sowie diversen Exzedentenversicherungsverträgen unterhalte, mag Anlass zu der Vermutung gegeben haben, dass vom Versicherungsschutz weitere Personen erfasst waren. Dies rechtfertigte aus Sicht des durchschnittlich informierten Aktionärs aber nicht die Schlussfolgerung, dass die Vereinbarung weitere nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zustimmungsbedürftige Regelungen enthält, die Gegenstand der Verhandlung und Beschlussfassung in der Hauptversammlung sein sollten.

104Der vollständige Text des Deckungsvergleichs und die Erläuterungen im Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands enthalten zwar entsprechende Informationen. Diese sind aber entgegen der Sicht der Revisionserwiderung nicht mehr Teil der nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG angegebenen Tagesordnung, deren Inhalt unter I. der Einladung wiedergegeben wird. Die Ausführungen unter II. stehen unter der Überschrift "Weitere Informationen zur Tagesordnung" und sind von der Tagesordnung zu unterscheiden. Der durchschnittliche Aktionär, der sich über die Verhandlungs- und Beschlussgegenstände der Hauptversammlung mit Hilfe der auf den Seiten 5 bis 10 oben der Einladung angegebenen Tagesordnung informieren wollte, musste nicht damit rechnen, dass die Informationen zu einer Beschlussfassung über einen Verzicht gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG gegenüber einer Vielzahl weiterer amtierender und ehemaliger Organmitglieder in den weiteren Informationen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 enthalten waren (Seite 20 ff. der Bekanntmachung). Die Bezugnahme auf diese im weiteren Inhalt der Bekanntmachung enthaltenen Informationen hat einen Hinweis auf den Gegenstand weiterer nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zustimmungsbedürftiger Regelungen im Deckungsvergleich nicht vollständig ersetzen können, weil die Tagesordnung selbst keinen hinreichenden Anhaltspunkt über den Gegenstand einer solchen Beschlussfassung enthält. Der Umstand, dass die zustimmungsbedürftigen Erklärungen in den Deckungsvergleich aufgenommen worden sind und insoweit mehrere Beschlussgegenstände zusammengefasst wurden (vgl. , BGHZ 241, 196 Rn. 31), führt nicht zu einer eingeschränkten Informationspflicht.

105dd) Ein Hinweis in der Tagesordnung ist entgegen der Sicht der Revisionserwiderung auch nicht mit Blick darauf entbehrlich, dass der "Verzicht" über Ersatzansprüche im Sinne von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG kein wesentlicher Bestandteil des Vertrags ist. Die Beschreibung des Gegenstands der Beschlussfassung in der Tagesordnung dient dem Zweck, dass die Aktionäre deren Bedeutung abschätzen können (Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl., B. Rn. 80). Der Verpflichtung, keine Ansprüche gegenüber amtierenden und ehemaligen Organmitgliedern aus dem "Relevanten Sachverhalt" geltend zu machen, kommt angesichts der materiellen Wirkungen einer Beschlussfassung der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht nur eine "rechtstechnische" Bedeutung zu, weil nach dem Ergebnis der Prüfungen bei der Beklagten keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen weiterer amtierender und ehemaliger Organmitglieder bestanden.

1065. Das Berufungsgericht hat überdies die Anfechtbarkeit der zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse gemäß § 243 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AktG wegen einer Verletzung des Fragerechts nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Fassung des Gesetzes vom (BGBl. I S. 3328 - nachstehend COVMG aF) rechtsfehlerhaft verneint.

107a) Zur Zeit der Hauptversammlung im Juli 2021 konnte der Vorstand entscheiden, die Hauptversammlung unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG aF ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abzuhalten. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 COVMG aF ist den Aktionären in diesem Fall ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation einzuräumen und der Vorstand hat nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen zu entscheiden, wie er Fragen beantwortet. Dieses Fragerecht unterliegt denselben Einschränkungen wie das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG (BeckOGK AktG/Poelzig, Stand , § 131 Rn. 302). Ein Ermessen des Vorstands sollte sich nach dieser Fassung der Bestimmung nur noch auf das "Wie" der Beantwortung der von den Aktionären gestellten Fragen beziehen und in Abweichung von dem in § 131 AktG geregelten Auskunftsrecht ein Ermessen des Vorstands insoweit bestehen, als dass Fragen und deren Beantwortung zusammengefasst werden können, soweit dem Vorstand dies sinnvoll erscheint (Bericht des Rechtsausschusses u.a. zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, BT­Drucks. 19/25322, S. 21 f.). Eine inhaltliche Beschränkung des Fragerechts gegenüber dem Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG kann danach allenfalls durch eine ihrerseits ermessensfehlerfreie Anpassung des Verfahrens der Auskunftserteilung an das Pandemiegeschehen bzw. die Bedingungen einer virtuellen Hauptversammlung gerechtfertigt sein (vgl. KG, ZIP 2021, 2634, 2637; BeckOGK AktG/Poelzig, Stand , § 131 Rn. 306 ff.; Bungert/Strothotte, DB 2021, 830, 832; enger wohl MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 131 Rn. 259; Götze, NZG 2021, 213, 214 f.; Lieder, ZIP 2021, 161, 167).

108Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Maßgebend für die Erforderlichkeit ist der Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement für seine Entscheidung benötigt. Ausreichend - aber auch erforderlich - ist, dass die begehrte Auskunft für einen objektiv denkenden Durchschnittsaktionär ein für seine Urteilsfindung wesentliches Element bildet (, BGHZ 160, 385, 389; Beschluss vom - II ZB 5/12, NZG 2014, 423 Rn. 26). Die den für die Beurteilung der Erforderlichkeit zu treffenden Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob dieser den Rechtsbegriff der Erforderlichkeit der Auskunftserteilung zutreffend erfasst und sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. , NZG 2014, 423 Rn. 30).

109b) Einer daran ausgerichteten Prüfung hält die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht stand.

110aa) Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung einen fehlerhaften Maßstab zu Grunde, soweit es unter Hinweis auf seine Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG die "Wesentlichkeit" der Auskunft für die Ausübung der Aktionärsrechte im Rahmen der Entscheidung über die Zustimmung zu den Haftungsvergleichen gemäß Ziffer 10 der Tagesordnung verneint. Mit der Darstellung des wesentlichen Vertragsinhalts nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG werden typischerweise nicht sämtliche für die Entscheidung über die Zustimmung zu einem Vergleich nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG erforderlichen Informationen mitgeteilt (dazu bereits näher oben 3. b).

111bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer Prüfung auch dann nicht Stand, wenn seine Bezugnahme so aufzufassen sein sollte, dass die verlangten Auskünfte zu den Vermögensverhältnissen von Prof. Dr. W.             und S.         nicht erforderlich seien, weil sie die wirtschaftliche Herleitung der geschlossenen Vergleichsvereinbarungen betreffen. Bei der Zustimmung zu einem Vertrag ist die wirtschaftliche Herleitung der wesentlichen Vertragspflichten regelmäßig ein wesentliches Beurteilungselement für den objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär, weil nur auf der Grundlage dieser Informationen die Angemessenheit der übernommenen Pflichten beurteilt werden kann (allgemein Großkomm. AktG/Decher, 5. Aufl., § 131 Rn. 231). Dies gilt auch und in besonderer Weise für einen Vergleich, der nach § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Unabhängig davon, ob der Abschluss des zustimmungsbedürftigen Vergleichs durch den Aufsichtsrat als unternehmerische Entscheidung anzusehen ist, die nur auf Grund angemessener Information getroffen werden kann und auf deren Grundlage eine sorgfältige Abwägung und Gegenüberstellung der Folgen einer streitigen Rechtsdurchsetzung gegenüber den Vor- und Nachteilen eines Vergleichs unter Berücksichtigung der Bereitschaft des Organmitglieds eröffnet ist, einen Vergleich abzuschließen (Dietz­Vellmer, NZG 2011, 248, 251; Fleischer, AG 2015, 133, 145 ff.; MünchHdbGesR IV/Hoffmann-Becking, 6. Aufl., § 26 Rn. 38; aA Bayer/Scholz, ZIP 2015, 149, 152), bedarf es aus Sicht des objektiv urteilenden Aktionärs der Information über die Gründe, die den Aufsichtsrat veranlasst haben, den Vergleich mit dem zur Zustimmung vorgelegten Inhalt abzuschließen (Fritz, Der Organhaftungsvergleich zwischen Aktien- und D&O-Versicherungsrecht, 2021, S. 114). Werden bei der Bemessung der Vergleichssumme der Deckungsbetrag einer Haftpflichtversicherung und/oder die Vermögensverhältnisse des Organmitglieds bzw. dessen begrenzte Leistungsfähigkeit berücksichtigt, handelt es sich regelmäßig um Informationen, die für die Entscheidung über die Zustimmung oder Ablehnung des Vergleichs von wesentlicher Bedeutung sind (Dreher/Fritz, AG 2022, 3, 11; weitergehend Fritz, Der Organhaftungsvergleich zwischen Aktien­ und D&O-Versicherungsrecht, 2021, S. 115 f.; vgl. auch Scheel in Goette/Arnold, Handbuch Aufsichtsrat, 2. Aufl., § 4 Rn. 2043; zu den korrespondierenden Pflichten des Aufsichtsrats, vgl. Koch, AktG, 19. Aufl., § 93 Rn. 160; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, 2. Aufl., § 111 Rn. 21 f.; Fleischer, AG 2015, 133, 136; Habersack in Festschrift Baums, 2017, S. 531, 542; Wilsing in Festschrift für Haarmann, 2015, S. 259, 271).

112cc) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich in diesem Punkt unter Berücksichtigung der für die Beurteilung des Revisionsgerichts maßgeblichen Feststellungen (§ 559 ZPO) auch nicht im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO).

113(1) Der Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 gibt als wesentlichen Grund für den Abschluss der Vergleichsvereinbarungen unter anderem an, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Personen auch unter Berücksichtigung der Versicherungssumme bei weitem nicht die diesen Personen aus Sicht der Gesellschaft zurechenbaren Schäden erreiche, wobei die Beklagte nach den in der Hauptversammlung erteilten Informationen bei Prof. Dr. W.         von einem Schaden in Höhe von rund 2,5 Mrd. € und bei S.       von rund 300 Mio. € ausgegangen ist. Entsprechend waren Auskünfte zur Vermögenslage der in Anspruch genommenen Mitglieder des Vorstands zumindest insoweit für eine informierte Entscheidung über die Zustimmung erforderlich, soweit es darum ging, diese Beurteilung von Vorstand und Aufsichtsrat nachzuvollziehen. Die Auskünfte zu den jeweils von der Beklagten und der Audi AG bezogenen Einkommen vor Abzug von Steuern sowie zum Barwert von Altersversorgung bzw. Ruhegehaltsansprüchen genügen insoweit nicht, weil sich aus diesen Angaben nicht erschließt, in welchem Umfang etwaige Haftungsansprüche durch eigenes Vermögen der ehemaligen Vorstandsmitglieder gedeckt gewesen wären.

114(2) Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben auch nicht mit ausreichender Sicherheit die Schlussfolgerung, dass den Aktionären auf der Grundlage der erteilten Informationen klarstellend zu den Ausführungen im gemeinsamen Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands vor Augen stand, dass der Aufsichtsrat die Bemessung der Haftungsbeiträge von Prof. Dr. W.             und S.           nicht unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, sondern allein im Hinblick auf die bezogene Vergütung und die Ruhegehaltsansprüche vorgenommen hat. Zwar hat das Landgericht, ohne wörtliche Wiedergabe der Frage und der erteilten Auskunft in der Hauptversammlung, festgestellt, die Beklagte habe die vom Kläger zu 2 gestellte Frage nach den Vermögensverhältnissen dahin beantwortet, dass sie die genauen privaten Vermögensverhältnisse von Prof. Dr. W.          und S.         nicht kenne und Angaben zu dem von der Beklagten und der Audi AG bezogenen Einkommen und dem Barwert von Pensionsansprüchen gemacht. Zudem ist mitgeteilt worden, dass der Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung über den Abschluss der Vergleiche das jeweils von Volkswagen und Audi bezogene Einkommen berücksichtigt habe.

115Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann daraus jedoch nicht zuverlässig abgeleitet werden, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die im Bericht des Vorstands und des Aufsichtsrats wiedergegebene Annahme, die finanzielle Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Personen reiche bei weitem nicht zur Deckung der ihnen zurechenbaren Schäden, für die Aktionäre in Bezug auf die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse der ehemaligen Vorstände klargestellt wurde. Schon die Auskunft, die "genauen" Vermögensverhältnisse seien nicht bekannt, lässt offen, welche konkreten Informationen der Beklagten diesbezüglich vorlagen. Denkbar erscheint, dass der Aufsichtsrat aus seinen Erkenntnissen zur bezogenen Vergütung Rückschlüsse auf die Vermögensverhältnisse von Prof. Dr. W.           und S.          abgeleitet und auf dieser Grundlage einen an den angenommenen Vermögensverhältnissen orientierten Vergleichsbetrag für angemessen erachtet hat. Denkbar erscheint aber auch, dass der Aufsichtsrat angesichts der Schadenshöhe im Hauptversammlungsbericht nur eine (spekulative) Evidenzbetrachtung vorgenommen und den Vergleichsbetrag unabhängig von der konkreten Vermögenslage der Vorstände allein an den in der Hauptversammlung erteilten Informationen über die bezogene Vergütung und die Ruhegehaltsansprüche der ehemaligen Vorstände orientiert hat.

116dd) Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann schließlich nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, die Beklagte habe "keine detaillierten" Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse von Prof. Dr. W.              und S.        gehabt und müsse Tatsachen, welche sie nicht kenne, nicht beauskunften. Das Berufungsgericht hat eine Ermittlungspflicht unter den hier gegebenen Verhältnissen zu Unrecht verneint.

117(1) Den Vorstand trifft eine Vorbereitungspflicht. Er muss sich auf Grundlage der Tagesordnung auf Fragen vorbereiten, die der durchschnittliche Aktionär stellen könnte (KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 131 Rn. 453; BeckOGK AktG/Poelzig, Stand , § 131 Rn. 216), insbesondere, wenn im Hinblick auf den Gegenstand der Tagesordnung damit zu rechnen ist, dass von einem erhöhten Informationsbedarf der Aktionäre auszugehen ist (Großkomm. AktG/Decher, 5. Aufl., § 131 Rn. 282). Dies gilt erst recht, wenn Aktionäre - wie hier - die Fragen vorab einreichen und daher ein größerer Zeitraum für die Vorbereitung zur Verfügung steht (vgl. Weber/Sieber in Fritz, COVInsAG, § 1 COVGesMG Rn. 79).

118(2) Eine entsprechende Vorbereitungspflicht in Bezug auf die Vermögensverhältnisse der betroffenen ehemaligen Vorstandsmitglieder kann hier schon deswegen nicht verneint werden, weil der Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands die mangelnde Leistungsfähigkeit ausdrücklich als wesentlichen Grund für den Abschluss der Vergleichsvereinbarungen benennt und es daher absehbar war, dass es hierzu ergänzende Fragen der Aktionäre geben konnte. Der Bericht konkretisiert nicht, auf welche Tatsachen sich diese Annahme gestützt hat. Nachdem das Berufungsgericht bereits im Ausgangspunkt eine Ermittlungspflicht in Bezug auf die Vermögensverhältnisse verneint hat, lässt sich seinen Feststellungen auch nicht entnehmen, dass der Beklagten die Erteilung weiterer Auskünfte nicht möglich war.

119(3) Soweit das Berufungsgericht der Sache nach annimmt, die Beklagte habe von entsprechenden Ermittlungen absehen können, um die gütliche Einigung nicht zu gefährden, stellt es die Voraussetzungen eines Rechts zur Verweigerung der Auskunft (etwa § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG) nicht fest.

120III. Die Revision wendet sich dagegen ohne Erfolg gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, soweit diese die Nichtigkeit und die Anfechtbarkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 verneint.

1211. Ein Entlastungsbeschluss ist anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten ist, welches eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellt (, BGHZ 153, 47, 51; Urteil vom - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 388; Urteil vom - II ZR 48/11, BGHZ 194, 14 Rn. 9 - Fresenius; Urteil vom - II ZR 399/18, ZIP 2020, 2183 Rn. 29; Urteil vom  - II ZR 65/19, BGHZ 229, 27 Rn. 91). Der Rechtsverstoß muss zudem in tatsächlicher Hinsicht eindeutig vorliegen. Bedarf der Sachverhalt weiterer Aufklärung oder ist er strittig, muss die Hauptversammlung in Kenntnis des unklaren oder strittigen Sachverhalts über die Entlastung entscheiden. Erteilt die Hauptversammlung in einem solchen Fall Entlastung, entscheidet sie in den Grenzen des ihr zukommenden Ermessens. Der Entlastungsbeschluss ist dann nicht rechtswidrig (, BGHZ 229, 27 Rn. 91). Die Rechtswidrigkeit beruht darauf, dass sich die Hauptversammlungsmehrheit über eine eindeutige Rechts- oder Satzungslage hinwegsetzt, mithin ihr Entlastungsermessen überschreitet. Daher muss ihr der Verstoß im Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannt oder zumindest erkennbar gewesen sein (OLG Stuttgart, AG 2016, 370, 373; AG 2012, 298; OLG Köln, AG 2010, 219; KK­AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 243 Rn. 313; BeckOGK AktG/Drescher, Stand , § 243 Rn. 171; BeckOGK AktG/Hoffmann, Stand , § 120 Rn. 53; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 120 Rn. 55; Decher, Festschrift Hopt, 2010, S. 499, 509; aA Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 243 Rn. 15). Schließlich muss der Verstoß in die Entlastungsperiode fallen (OLG Stuttgart, AG 2016, 370, 374; MünchKommAktG/Kubis, 6. Aufl., § 120 Rn. 50).

1222. Hieran gemessen hat das Berufungsgericht einen Anfechtungsgrund rechtsfehlerfrei verneint.

123a) Der Kläger zu 2 macht nicht geltend, dass die stimmberechtigten Aktionäre die vermeintlichen Pflichtverletzungen kannten oder diese entgegen der Annahme des Berufungsgerichts jedenfalls erkennbar waren. Das Berufungsgericht hat hierzu keine näheren Feststellungen getroffen und aus dem von der Revision in Bezug genommenen Klägervorbringen wird dies nicht deutlich.

124b) Die Revision zeigt auch nicht auf, dass der Vorwurf einer ermessensfehlerhaften Vorlage der Beschlussvorschläge über die Zustimmung zu den Haftungsvergleichen in den für die Entlastung relevanten Zeitraum des Geschäftsjahres 2020 fällt. Abgesehen davon ergibt sich schon aus dem Streit über die Rechtmäßigkeit der zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 gefassten Zustimmungsbeschlüsse, dass hier keine eindeutige Verletzung von Pflichten in Rede steht.

C.

125Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, soweit die Kläger und ihr Streithelfer die Nichtigerklärung des in der Hauptversammlung der Beklagten am zu Tagesordnungspunkt 11 gefassten Beschlusses anstreben. Im Übrigen ist die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

126I. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Sache zur Endentscheidung reif, soweit die Kläger und ihr Streithelfer die Nichtigerklärung des zu Tagesordnungspunkt 11 gefassten Beschlusses verlangen.

1271. Wie oben unter B. II. 4. c) näher ausgeführt, verletzt der zu Tagesordnungspunkt 11 gefasste Beschluss das Gesetz, weil die Gegenstände der Beschlussfassung in der Einberufung der Hauptversammlung nicht den Anforderungen des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG entsprechend angegeben worden sind.

1282. Der Kläger zu 2 ist zur Anfechtung befugt (§ 245 Satz 1 Nr. 1 AktG). Er hat den Anfechtungsgrund innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG geltend gemacht.

129a) Anfechtungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie mit der Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung geltend gemacht werden. Ausreichend, aber erforderlich ist, dass der Kläger die Anfechtungsgründe ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern nach geltend macht, was nicht bedeutet, dass der jeweilige rechtliche Gesichtspunkt bezeichnet oder der Tatsachenkomplex vollständig und in allen Einzelheiten vorgetragen sein muss. Entscheidend ist, dass innerhalb der Monatsfrist die Angriffsrichtung vorgegeben wird (, BGHZ 229, 27 Rn. 96 mwN). Für die Fristwahrung genügt es, dass die Klage, mit der der Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, innerhalb der Anfechtungsfrist eingereicht und "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zugestellt wird (, BGHZ 180, 9 Rn. 51 - Kirch/Deutsche Bank; Urteil vom - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32, Rn. 11; Urteil vom - II ZR 98/21, ZIP 2023, 1638 Rn. 12).

130b) Diese Frist ist gewahrt. Die Anfechtungsklage des Klägers zu 2, mit der ein Verstoß gegen die Bekanntmachungspflichten gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG wegen unzureichender Bekanntmachung der Tagesordnung mit der Begründung gerügt wird, in ihr werde die Beschlussfassung über den Verzicht auf Ansprüche gegen amtierende und ehemalige Organmitglieder nicht angegeben, ist am , mithin innerhalb der gemäß § 187 Abs. 1 BGB an diesem Tag ablaufenden Monatsfrist eingereicht worden und nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses am auf die Vorschusskostenrechnung vom hin am gemäß § 170 Abs. 3 ZPO an jeweils ein Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats zugestellt worden (vgl. , BGHZ 180, 9 Rn. 51 - Kirch/Deutsche Bank).

1313. Der zu Tagesordnungspunkt 11 gefasste Beschluss ist wegen des Verstoßes gegen § 121 Abs. 3 Satz 2, § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG für nichtig zu erklären.

132a) Die nicht ordnungsgemäße Bekanntmachung der Tagesordnung führt als Gesetzesverstoß regelmäßig auf eine Anfechtungsklage hin zur Nichtigerklärung der die entsprechenden Tagesordnungspunkte betreffenden Beschlüsse. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Nichtigerklärung bei einem Gesetzes- oder Satzungsverstoß nach § 243 Abs. 1 AktG die Relevanz des Verfahrensverstoßes für das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrecht eines objektiv urteilenden Aktionärs maßgebend, im Sinne eines dem Beschluss anhaftenden Legitimationsdefizits, das bei einer wertenden, am Schutzzweck der verletzten Norm orientierten Betrachtung die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit gemäß § 243 Abs. 1 AktG rechtfertigt (, BGHZ 149, 158, 164 f.; Urteil vom - II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 36 f.; Urteil vom - II ZR 288/02, BGHZ 160, 253, 255 f.; Urteil vom - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 391 f.; Urteil vom - II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 74). Die Anfechtbarkeit ist danach nur dann ausgeschlossen, wenn dem Verfahrensverstoß die für eine sachgerechte Meinungsbildung eines objektiv urteilenden Aktionärs erforderliche Relevanz fehlt (, BGHZ 226, 224 Rn. 33).

133b) Die Relevanz ist bei Bekanntmachungsmängeln im Sinne von § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG regelmäßig zu bejahen. Nach dieser Vorschrift dürfen über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sind, keine Beschlüsse gefasst werden. Der Regelung liegt die gesetzliche Wertung zugrunde, dass Bekanntmachungsmängel für das Teilhaberecht des Aktionärs grundsätzlich von Bedeutung sind (, BGHZ 149, 158, 164 f.; Urteil vom - II ZR 288/02, BGHZ 160, 253, 255 f.; Urteil vom - II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 75; Urteil vom - II ZR 255/18, BGHZ 226, 224 Rn. 34 f.). Gründe, ausnahmsweise die erforderliche Relevanz des Bekanntmachungsmangels für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre zu verneinen, sind nicht ersichtlich. Eine atypische Sondersituation, in der dem Bekanntmachungsmangel ausnahmsweise keine Bedeutung zukommt (vgl. , BGHZ 216, 110 Rn. 76 f.; Urteil vom - II ZR 255/18, BGHZ 226, 224 Rn. 37), liegt nicht vor.

1344. Die zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse sind nicht allein deswegen nichtig oder für nichtig zu erklären, weil der zu Tagesordnungspunkt 11 gefasste Beschluss der Hauptversammlung der Anfechtung unterliegt.

135a) Für den Fall mehrerer, rechtlich oder sachlich zusammenhängender Beschlüsse gilt § 139 BGB nicht (, BGHZ 205, 319 Rn. 31). Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann jedoch die des anderen mit erfassen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Beschluss ansonsten bezugslos wäre, er ohne den anderen schon aus logischen Gründen nicht gefasst worden wäre oder er wegen sachlicher Widersprüchlichkeit gar nicht ohne den anderen durchgeführt werden kann. Ein sachlicher Zusammenhang allein genügt nicht (KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3.  Aufl., § 241 Rn. 34 f.; BeckOGK AktG/Drescher, Stand , § 241 Rn. 119).

136b) Die zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse über die Zustimmung zu den Haftungsvergleichen standen nach der Ziffer 5.1 Buchst. c) zwar unter der aufschiebenden Bedingung, dass die aufschiebende Bedingung des Deckungsvergleichs mit den D&O Versicherern eintritt, mithin die Hauptversammlung der Gesellschaften dem Deckungsvergleich zustimmen und keine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals der jeweiligen Gesellschaft erreichen, gegen die Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erhebt. Ob diese rechtliche Verknüpfung der Vergleichsvereinbarungen genügen könnte, die Zustimmungsbeschlüsse in ihrem rechtlichen Schicksal miteinander zu verbinden, muss der Senat nicht entscheiden. Nach Ziffer 5.1 Satz 3 der Haftungsvergleiche soll der Eintritt der aufschiebenden Bedingung weder rückwirkend noch für die Zukunft durch die Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage entfallen. In dieser Regelung kommt der Wille zum Ausdruck, dass es bei der einmal eingetretenen Bedingung unabhängig vom Ergebnis einer solchen Klage bleiben soll.

137c) Die zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse verstoßen auch nicht deswegen gegen § 57 Abs. 1 AktG, weil durch die Nichtigerklärung des zu Tagesordnungspunkt 11 gefassten Beschlusses von einer verdeckten Rückgewähr von Einlagen ausgegangen werden muss. Für die Beurteilung, ob die vereinbarten Leistungen eine verbotene Rückgewähr bewirken, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichsvereinbarungen an (vgl. , ZIP 1992, 1152, 1154; Fleischer in Festschrift Krieger, 2020, S. 253, 258 f.). Der zur Nichtigerklärung des zu Tagesordnungspunkt 11 gefassten Beschlusses führende Informationsfehler wurde nach Vergleichsschluss verursacht und war zu diesem Zeitpunkt von einem gewissenhaften nach kaufmännischen Grundsätzen handelnden Geschäftsleiter nicht vorhersehbar.

138II. Soweit das Berufungsurteil hinsichtlich des auf Nichtigerklärung der zum Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse gerichteten Begehrens der Kläger und des Streithelfers aufgehoben wurde, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif.

1391. Die Anfechtung ist entgegen der Sicht des Landgerichts nicht gemäß § 1 Abs. 7 COVMG aF ausgeschlossen. Wie unter B. II. 5. a) näher ausgeführt, kann eine inhaltliche Beschränkung des Fragerechts nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 COVMG aF gegenüber dem Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG allenfalls durch eine ihrerseits ermessensfehlerfreie Anpassung des Verfahrens der Auskunftserteilung an das Pandemiegeschehen bzw. die Bedingungen einer virtuellen Hauptversammlung gerechtfertigt sein. Wird eine Frage ungeachtet dieser Beschränkungen fehlerhaft oder unvollständig beantwortet, greift der Anfechtungsausschluss nach § 1 Abs. 7 COVMG aF nicht (Koch, AktG, 16. Aufl., § 243 Rn. 73; Drinhausen in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl., COVMG § 1 Rn. 14; aA Götze in Goette/Arnold, Handbuch Aufsichtsrat, 2. Aufl., § 12 Rn. 35; Weber/Sieber in Fritz, COVInsAG, § 1 COVGesMG Rn. 79; Götze, NZG 2021, 213, 215; Mayer/Jenne/Miller, BB 2021, 899, 900 f.). Ein weitergehendes Verständnis vom Anfechtungsausschluss ist zwar vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt. Der Anfechtungsausschluss sollte aber lediglich verhindern, dass die Erleichterungen des Gesetzes von den Gesellschaften aus Sorge vor Anfechtungsklagen nicht in Anspruch genommen werden (Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, BT-Drucks. 19/18110, S. 27). Angesichts dessen wurde bereits für die vorhergehende, bis zum geltende Fassung von § 1 Abs. 2 und Abs. 7 COVMG (BGBl. I S. 569) vertreten, dass der Anfechtungsausschluss auf die Besonderheiten der virtuellen Hauptversammlung beschränkt sei und bei fehlerhaften Auskünften nicht zum Tragen komme (Tröger, BB 2020, 1091, 1097). Jedenfalls mit der Einschränkung der Befugnisse zur Ausgestaltung der virtuellen Hauptversammlung in Bezug auf das Fragerecht der Aktionäre in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 COVMG aF ist ein umfassender Anfechtungsausschluss vom Sinn und Zweck der Norm nicht mehr gedeckt (Koch, AktG, 16. Aufl., § 243 Rn. 73). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass die Auskunft im Hinblick auf das Pandemiegeschehen oder die Bedingungen einer virtuellen Hauptversammlung nur eingeschränkt erteilt werden konnte.

1402. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilen, ob die zu Tagesordnungspunkt 10 gefassten Beschlüsse nach § 243 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AktG, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 COVMG aF anfechtbar sind. Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung der unter II. 5. aufgezeigten Maßstäbe, gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien, zu würdigen haben, ob die Aktionäre auf der Grundlage der in der Hauptversammlung erteilten Informationen davon ausgehen konnten, dass der Aufsichtsrat die Bemessung der Haftungsbeiträge von Prof. Dr. W.            und S.         nicht unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, sondern, ggf. allein, im Hinblick auf die bezogene Vergütung und die Ruhegehaltsansprüche vorgenommen hat und ob daran anknüpfend weitergehende Auskünfte für die sachgerechte Entscheidung über die Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen mit Prof. Dr. W.              und S.         erforderlich waren. Dies richtet sich danach, ob bei einer Gesamtbetrachtung der Gründe, die für den Abschluss der Vergleichsvereinbarungen angeführt wurden, weitergehende Informationen über die Vermögenslage der ehemaligen Vorstände als wesentliches Beurteilungselement bei der Entscheidung über die Zustimmung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG anzusehen waren. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Würdigung zu dem Ergebnis gelangen, dass nach diesen Maßstäben ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 COVMG aF vorliegt, ergeben sich aus dem Erfordernis der Wesentlichkeit gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG keine weitergehenden Voraussetzungen für die Anfechtung (vgl. BeckOGK AktG/Drescher, Stand , § 243 Rn. 125, 131).

141III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1421. Ein Sondervorteil gemäß § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG kann entgegen der Sicht des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, dieser folgte nicht zurechenbar aus den zustimmungsbedürftigen Vergleichen. Sondervorteil ist jeder Vorteil, der bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige, mit den Interessen der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre unvereinbare Bevorzugung erscheint (, BGHZ 138, 71, 80 f. - Sachsenmilch; Beschluss vom - II ZR 148/07, ZIP 2009, 1317 Rn. 4; Urteil vom - II ZR 65/19, BGHZ 229, 27 Rn. 87; OLG Köln, ZIP 2014, 263, 266). Der Sondervorteil muss nicht auf der Beschlussfassung selbst beruhen, es genügt, dass der Beschluss geeignet ist, den Sondervorteil zu vermitteln (KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 243 Rn. 443). Dies wäre schon dann der Fall, wenn sich die Gesellschaft veranlasst sieht, eine nachteilige Maßnahme zu ergreifen, um dem Aktionär oder einem Dritten den Erwerb eines Vorteils zu ermöglichen (MünchKommAktG/Schäfer/Diregger, 6. Aufl., § 243 Rn. 77). Soweit Aktionäre entsprechend der Behauptung der Kläger ihre Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen in der Erwartung erteilt haben sollten, dass konzernrechtliche Ansprüche gegen die Porsche SE dann von der Beklagten nicht verfolgt würden, läge eine entsprechende Veranlassung vor. Das Berufungsgericht wird sich insoweit mit der Beurteilung des Landgerichts auseinanderzusetzen haben, nach der es dem entsprechenden Vorbringen der Kläger an Substanz fehle. Soweit das Berufungsgericht einen Sondervorteil teilweise mit der Begründung verneint hat, dieser trete nicht bei der Aktionärin Porsche SE, sondern allenfalls bei einigen von deren Familienaktionären ein, verkennt es, dass es nach § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG genügt, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft zu erlangen sucht.

1432. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beschlüsse über die Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen keiner materiellen Inhaltskontrolle unterliegen (Dietz-Vellmer, NZG 2011, 248, 252; Fleischer, AG 2015, 133, 136 f.; Habersack in Festschrift Baums, 2017, S. 531, 542 f.; Hasselbach, NZG 2016, 890, 892; Koch, AktG, 19. Aufl., § 93 Rn. 166). Dem Berufungsgericht ist allerdings nicht darin zu folgen, dass von einem Gesetzesverstoß nur unter den Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der zustimmenden Mehrheit im Sinne des § 826 BGB zum Nachteil der Gesellschaft oder der Minderheit der Aktionäre gesprochen werden kann (vgl. RGZ 68, 314, 16 f.). Vielmehr unterfällt der Beschluss insoweit einer aus der Treuepflicht der Gesellschafter abgeleiteten Missbrauchskontrolle (vgl. , ZIP 2009, 2195 Rn. 20 [zur GmbH]; Fleischer, ZIP 2014, 1305, 1308; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 243 Rn. 285). Diese Kontrolle ist im Hinblick auf den institutionalisierten Minderheitsschutz in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG und die dort vorgesehene Drei-Jahres-Frist eng begrenzt (Fleischer, AG 2015, 133, 137). Insbesondere ist es der Aktionärsmehrheit eröffnet, innerhalb der durch § 93 Abs. 4 und 5 AktG gesteckten Grenzen eine "Selbstschädigung" der Gesellschaft zu beschließen und dabei in Kauf zu nehmen, dass der maßgebliche Sachverhalt noch nicht abgeschlossen ist (vgl. , BGHZ 29, 385, 390; Habersack in Festschrift Baums, 2017, S. 531, 543).

Born                         B. Grüneberg                         Sander

            von Selle                                Adams

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:080725UIIZR154.23.0

Fundstelle(n):
BB 2025 S. 2305 Nr. 41
ZIP 2025 S. 2420 Nr. 40
ZIP 2025 S. 4 Nr. 41
AAAAK-01662