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BGH Beschluss v. - VII ZB 16/24

Leitsatz

1.    Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (Anschluss an , MDR 2024, 927; Beschluss vom - IX ZB 30/23, NJW 2024, 1660; Beschluss vom - XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512).

2a.    Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis des Gerichts, ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren.

2b.    Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen "Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises" besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehört für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist.

Gesetze: § 130a Abs 3 ZPO, § 233 ZPO, § 517 ZPO

Instanzenzug: Az: 19 U 143/23 Beschlussvorgehend Az: 89 O 57/21

Gründe

1Der Kläger, ein ehemaliger Handelsvertreter der Beklagten, hat erstinstanzlich im Wege der Stufenklage zunächst die Erteilung eines Buchauszugs, erforderlichenfalls die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt, ergänzende Abrechnung von Provisionen nach Erteilung des Buchauszugs, Zahlung restlicher Provision sowie eines Handelsvertreterausgleichs geltend gemacht. Im Lauf des Verfahrens ist der ursprüngliche Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs übereinstimmend für erledigt erklärt und der auf Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt gerichtete Antrag zurückgenommen worden.

2Das die auf ergänzende Abrechnung sowie auf Zahlung weiterer Provision und eines Handelsvertreterausgleichs gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom , eingegangen bei Gericht am , hat der Kläger gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Schreiben ist durch Rechtsanwalt M.           , der der den Kläger vertretenden Rechtsanwaltskanzlei angehört, einfach signiert und durch das besondere Anwaltspostfach von Rechtsanwalt R.                 , der ebenfalls der den Kläger vertretenden Rechtsanwaltskanzlei angehört, an das Berufungsgericht übersandt worden. Am ist Rechtsanwalt M.            durch die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts unter Benennung des Aktenzeichens mitgeteilt worden, dass die Berufung vom am beim Berufungsgericht eingegangen ist. Auf Antrag von Rechtsanwalt R.                  mit Schriftsatz vom ist die Berufungsbegründungsfrist durch Verfügung des stellvertretenden Vorsitzenden vom selben Tag antragsgemäß bis zum verlängert worden. Die Berufungsbegründung, mit der lediglich der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 592.819,17 € weiterverfolgt worden ist, ist von Rechtsanwalt M.            einfach signiert und am von seinem elektronischen Anwaltspostfach an das Berufungsgericht übersandt worden.

3Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom , dem Klägervertreter am zugegangen, gerügt hatte, dass die Frist zur Einlegung der Berufung durch den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom nicht gewahrt worden sei, hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom erneut Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist beantragt.

4Das Berufungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.

5Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsfrist.

II.

6Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - ausgeführt:

7Das angefochtene Urteil des Landgerichts, das Verkündungsprotokoll sowie der Verkündungsvermerk seien dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung der Berufung sei bis zum18. Januar 2024 gelaufen. Die Zustellung einer Ausfertigung des Urteils nach § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO sei keine Voraussetzung mehr für den Beginn der Frist. Der bei der Zustellung einer elektronischen Abschrift nach § 169 Abs. 4 ZPO dem Gericht unterlaufene Zustellungsmangel, dass weder eine beglaubigte Abschrift des Urteils an den Klägervertreter zugestellt worden sei noch die Voraussetzungen des § 169 Abs. 5 ZPO vorgelegen hätten, sei gemäß § 189 ZPO geheilt worden. Lasse sich eine formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder sei das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gelte es gemäß § 189 ZPO in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet gewesen sei oder habe gerichtet werden können, tatsächlich zugegangen sei. Vorliegend seien das Urteil, der Verkündungsvermerk und das Verkündungsprotokoll Rechtsanwalt M.           übersandt worden. Dieser sei gemäß § 172 Abs. 1 ZPO der richtige Zustellungsadressat. Der Empfangswille des Prozessbevollmächtigten des Klägers stehe aufgrund der Übersendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses an das Gericht am fest.

8Die Berufung sei innerhalb der Frist des § 517 ZPO nicht ordnungsgemäß eingelegt worden. Bei elektronischer Einreichung nach § 130a ZPO müsse das elektronische Dokument gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Gemäß § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO stelle der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern (im Folgenden: beA) und der elektronischen Poststelle des Gerichts einen sicheren Übermittlungsweg dar.

9Der Schriftsatz vom , mit dem die Berufung habe eingelegt werden sollen, sei nicht qualifiziert signiert worden. Entgegen der Ansicht des Klägers sei es nicht ausreichend, dass die Berufungsschrift durch Rechtsanwalt M.           einfach signiert und ausweislich des Prüfvermerks vom durch Rechtsanwalt R.                  per beA an das Gericht übermittelt worden sei. Die Formanforderungen seien nur gewahrt, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des Versenders übereinstimme. Diesen Anforderungen genüge der Schriftsatz vom nicht.

10Der Kläger könne sich auch nicht auf einen vom Gericht geschaffenen Vertrauenstatbestand berufen. Dass mit dem gerichtlichen Schreiben vom , mit dem der Eingang des Schriftsatzes bestätigt und das Aktenzeichen mitgeteilt worden sei, eine inhaltliche Prüfung bezüglich der Frage, ob die Berufung form- und fristgerecht eingelegt worden ist, erfolgt sei, lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen.

11Eine Hinweispflichtverletzung sei nicht zu erkennen. Der Anspruch auf ein faires Verfahren könne eine gerichtliche Hinweispflicht auslösen, wenn ein Rechtsmittel nicht in der vorgesehenen Form übermittelt worden sei. Aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren folge aber keine generelle Verpflichtung der Gerichte dazu, die Formalien eines als elektronisches Dokument eingereichten Schriftsatzes sofort zu prüfen, um erforderlichenfalls sofort durch entsprechende Hinweise auf die Behebung formeller Mängel hinzuwirken. Dadurch, dass die Berufungsschrift neben dem vollen Namenszug von Rechtsanwalt M.            auch noch dessen eingescannte handschriftliche Unterschrift enthalten habe, habe nach Eingang des Dokuments kein Anlass bestanden, die einfache Signatur mit dem Prüfvermerk abzugleichen.

12Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 233 ff. ZPO lägen nicht vor. Die Fristversäumung sei nicht unverschuldet gewesen, weil der Kläger sich den Rechtsirrtum seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Von einem Rechtsanwalt sei zu verlangen, dass er sich anhand der einschlägigen Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiere. Der Fall, dass der Rechtsirrtum des Rechtsanwalts ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen sei, sei nicht gegeben.

III.

13Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, § 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

141. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die angefochtene Entscheidung verletzt den Kläger in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), welche es den Gerichten verbieten, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Rn. 8, NJW-RR 2019, 500;Beschluss vom - XII ZB 167/11 Rn. 4, NJW-RR 2013, 1010).Einen solchen Verstoß rügt die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.

152. Der Kläger hat zwar die Berufungsfrist versäumt (dazu unter a). Ihm ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (dazu unter b).

16a) Die Berufungsfrist ist durch die Berufungsschrift vom , eingegangen beim Berufungsgericht am , nicht gewahrt worden, weil sie nicht in der nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Form eingereicht worden ist.

17aa) Die Berufungsfrist, die gemäß § 517 ZPO einen Monat beträgt und mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu laufen beginnt, hat, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, mit der Zustellung des landgerichtlichen Urteils an den Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am zu laufen begonnen. Dies nimmt die Rechtsbeschwerde hin. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

18bb) Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass die elektronisch übermittelte Berufungsschrift des Klägers vom die Frist des § 517 ZPO nicht gewahrt hat, weil die Berufung nicht entsprechend den Anforderungen des § 130a Abs. 3 ZPO ordnungsgemäß eingelegt worden ist.

19Ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (vgl. Rn. 5, MDR 2024, 927; Beschluss vom - IX ZB 30/23 Rn. 10, NJW 2024, 1660; Beschluss vom - XII ZB 215/22 Rn. 11, NJW 2022, 3512; vgl. auch Rn. 16 m.w.N., BAGE 172, 186 und BSG, Beschluss vom16. Februar 2022 - B 5 R 198/21 B Rn. 8 f., NJW 2022, 1334).

20Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz vom , mit dem die Berufung eingelegt werden sollte, nicht. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Schriftsatz vom nicht qualifiziert elektronisch signiert worden. Den Formanforderungen ist nicht dadurch genügt worden, dass die Berufungsschrift von dem den Kläger vertretenden Rechtsanwalt M.            einfach signiert worden und durch Rechtsanwalt R.                  , der ebenfalls Mitglied der den Kläger vertretenden Rechtsanwaltskanzlei ist, per beA an das Berufungsgericht übermittelt worden ist. Denn die Person, die durch die einfache Signatur die Verantwortung für das Dokument übernommen hat, ist mit dem Versender des elektronischen Dokuments nicht identisch.

21b) Dem Kläger ist jedoch gemäß § 233 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Berufungsfrist zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Notfrist des § 517 ZPO von einem Monat einzuhalten. Dabei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich.

22aa) Ein etwaiges Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers war jedenfalls nicht ursächlich dafür, dass der Kläger die Berufungsfrist nicht gewahrt hat. Die Wiedereinsetzung ist unabhängig von einem Verschulden der Partei gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG zu gewähren, wenn sie geboten ist, weil das Gericht seine prozessuale Fürsorgepflicht verletzt hat (vgl. Rn. 8, juris; Beschluss vom - VI ZB 49/16 Rn. 13, MDR 2017, 1381; Beschluss vom - VII ZB 78/09 Rn. 13, MDR 2011, 747; Beschluss vom - VI ZB 37/08 Rn. 9 m.w.N., MDR 2009, 285; Rn. 38, BAGE 171, 28; Rn. 10, NJW 2018, 2222).

23Welche Prüfungs- und Fürsorgepflichten das angerufene Gericht hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Einerseits ist der Richter aufgrund der ihn treffenden prozessualen Fürsorgepflicht zur Rücksichtnahme auf die Beteiligten verpflichtet. Andererseits muss auch die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlichen Belastungen geschützt werden. Aus der verfassungsrechtlich begründeten Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte und dem Anspruch auf ein faires Verfahren folgt danach keine generelle Verpflichtung der Gerichte dazu, die Formalien eingereichter Schriftstücke sofort zu prüfen, um erforderlichenfalls sofort durch einen entsprechenden Hinweis auf die Behebung formeller Mängel hinzuwirken (vgl. Rn. 10, NJW 2006, 1579; Rn. 39, BAGE 171, 28; BH Rn. 15, juris). Eine Partei darf aber grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis, ist der Partei Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren (vgl. Rn. 12 f., MDR 2011, 747; Beschluss vom - VI ZB 37/08 Rn. 10 f., MDR 2009, 285; Rn. 39, BAGE 171, 28; BH Rn. 15, juris).

24bb) Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht vor. Denn es ist davon auszugehen, dass bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Hinweis so rechtzeitig hätte erteilt werden können, dass er die Berufung formgerecht hätte übermitteln und einlegen können. Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen "Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises" besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem beA versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des beA ist. Es stellt keine nennenswerte Belastung für die Funktionsfähigkeit des angerufenen Gerichts dar, zeitnah nach Eingang eines elektronischen Dokuments zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Übermittlung erfüllt sind (vgl. Rn. 40, BAGE 171, 28; vgl. BGH, Beschluss vom14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08 Rn. 10, MDR 2009, 285: nicht unterschriebene Berufungsschrift). Das Gericht muss auf Mängel des Formats im Sinne von § 130a Abs. 2 ZPO nach § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO unverzüglich hinweisen. Das setzt eine entsprechende Prüfung des elektronischen Dokuments voraus. Solange die Akte dem Richter im ordnungsgemäßen Geschäftsgang nicht vorgelegen hat, kommt es für die leichte Erkennbarkeit des Mangels auf den Wissensstand des zuständigen Geschäftsstellenbeamten an (vgl. Rn. 40, BAGE 171, 28; Rn. 10, NZM 2016, 446; Beschluss vom - IV ZB 17/10 Rn. 15, NJW 2012, 78). Für die Geschäftsstellenbeamtin war die Abweichung der elektronischen Signatur des Rechtsanwalts M.           von Rechtsanwalt R.                     als dem Inhaber des beA, aus dem der Schriftsatz übermittelt worden ist, ohne Weiteres erkennbar. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie die Eingangsbestätigung schon am , einen Tag nach Eingang der Berufungsschrift, an deren Unterzeichner, Rechtsanwalt M.          , und nicht an den Übermittler des Schriftsatzes, Rechtsanwalt R.                    , übersandt hat.

25Für die danach gebotene äußerliche Prüfung des Transfervermerks genügt in der Regel ein Zeitraum von zehn bis zwölf Kalendertagen (vgl. Rn. 11, MDR 2009, 285; Rn. 40, BAGE 171, 28), der nicht unterschritten ist. Bei Eingang der Berufungsschrift am standen noch 30 Kalendertage bis zum Fristablauf am offen.

26cc) Die weiteren Voraussetzungen, unter denen dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsfrist zu gewähren ist, liegen vor. Der Kläger hat die Wiedereinsetzung fristgerecht innerhalb der nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beachtenden zweiwöchigen Frist beantragt, die gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag beginnt, an dem das Hindernis behoben ist und die versäumte Prozesshandlung innerhalb dieser Frist gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt. Der Kläger ist durch den Hinweis der Beklagten in der Berufungserwiderung vom , die seinen Prozessbevollmächtigten am zugegangen ist, darauf hingewiesen worden, dass die Berufung nicht formgerecht eingelegt worden ist. Mit am bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Datum hat der Kläger die Einlegung der Berufung nachgeholt und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

IV.

27Die Kostenentscheidung beruht auf § 238 Abs. 4 ZPO.

Pamp                             Jurgeleit                             Graßnack

                  Sacher                             Hannamann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:200825BVIIZB16.24.0

Fundstelle(n):
HAAAK-00465