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Landesamt für Steuern Niedersachsen - S 2241-St 222/St 221-3035/2022

Rückwirkender Teilwertansatz bei Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6, 7 EStG; , BStBl 2025 II S. 111 Ergänzung des § 6 Abs. 5 EStG durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024)

Bezug: BStBl 2025 II S. 111

I. Rechtsprechung des BFH

Der BFH hat mit dem o. b. Urteil vom entschieden, dass ein Verstoß gegen die Körperschaftsteuerklausel in § 6 Abs. 5 S. 6 EStG nur (dann) vorliegt, wenn die stillen Reserven im übertragenen Wirtschaftsgut erstmals einem Körperschaftsteuer-Subjekt zuzurechnen sind. War das Wirtschaftsgut bereits einer Körperschaft zuzurechnen und gehen die stillen Reserven von dieser auf eine andere Körperschaft über, so sei dies kein Anwendungsbereich der Körperschaftsteuerklausel (teleologische Reduktion).

Das BFH-Urteil widerspricht damit der Verwaltungsauffassung.

II. Gesetzliche Neuregelung im JStG 2024

Um die bisher geltende Verwaltungsauffassung wieder herzustellen, wurde deshalb mit dem JStG 2024 vom , BStBl I 2024 S. 1484, in § 6 Abs. 5 EStG folgender Satz 7 ergänzt:

„Eine unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut im Sinne des Satz 5 und 6 liegt auch vor, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt.“

Dieser Satz gilt gem. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG (n.F.) in den Fällen der Realteilung entsprechend.

Liegt eine Übertragung eines Wirtschaftsgutes i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vor, ist eine Buchwertfortführung unzulässig, soweit sich an dem übertragenen Wirtschaftsgut der unmittelbare oder mittelbare Anteil einer Körperschaft begründet oder erhöht. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Anteil vor der Übertragung bereits einer anderen Körperschaft zuzurechnen war.

Im Ergebnis wird die Anwendung der Körperschaftsteuerklauseln in § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG – entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung – auch dann sichergestellt, wenn stille Reserven durch eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG unmittelbar oder mittelbar von einer Körperschaft auf andere Körperschaften überspringen (Nichtanwendungsgesetz).

Die Neuregelungen in § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG sowie § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2024 sind für Übertragungen einzelner Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem (= Tag des Gesetzesbeschlusses im Bundestag) stattfinden (§ 52 Abs. 12 Satz 18 EStG).

Für Übertragungen vor dem ist das o. b. BFH-Urteil hingegen allgemein anzuwenden.

Bisher ruhende Einspruchsverfahren bitte ich daher unter Beachtung des o. b. BFH-Urteils zu erledigen.

III. Beispiel

Sachverhalt:

An der M-GmbH und Co. KG (M-KG) ist die natürliche Person M zu 20 % und die E-GmbH zu 80 % beteiligt. Am (Variante am 19. Oktober 2024) überträgt die M-KG ein Grundstück steuerneutral nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in das Gesamthandsvermögen der T-KG, an der die M-KG zu 100 % beteiligt ist. Am wird die M-KG nach §§ 20, 25 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft (M-GmbH) rückwirkend zum zu Buchwerten formgewechselt. Liegt ein Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG vor?

Lösung (Übertragung am = Altfall):

Der Formwechsel der M-KG in die M-GmbH stellt zwar grundsätzlich einen Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG dar, auch wenn zivilrechtlich kein Rechtsträgerwechsel vorliegt. Aber nach Ansicht des BFH sind keine stillen Reserven aufzudecken, soweit diese auf die E-GmbH entfallen (= hier im Umfang von 80 %), da insoweit die stillen Reserven bereits im Körperschaftsteuerregime verhaftet waren. Im Ergebnis müssen aufgrund des Sperrfristverstoßes nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG die aufgedeckten stillen Reserven nur insoweit versteuert werden, als diese auf die natürliche Person M entfallen (= hier im Umfang von 20 %).

Lösung der Variante (Übertragung am = Neufall):

Der Formwechsel der M-KG in die M-GmbH stellt auch für die E-GmbH einen Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Sätze 6, 7 EStG n. F. dar. Die gesetzliche Neuregelung ist anzuwenden, da das Wirtschaftsgut nach dem 18. Oktober 2024 übertragen wurde. Die stillen Reserven sind daher rückwirkend auf den Übertragungsstichtag zu 100 % aufzudecken. Darauf, dass die stillen Reserven teilweise bereits im Körperschaftsteuerregime verhaftet waren, kommt es nicht mehr an.

ESt-Kartei ND

Diese Karteikarte ersetzt meine bisherige nur für den Dienstgebrauch bestimmte Karteikarte vom , S 2241-St 221/St 222-3035/2022.

Landesamt für Steuern Niedersachsen v. - S 2241-St 222/St 221-3035/2022

Fundstelle(n):
ESt-Kartei ND EStG § 6 Karte Nr. 7.2
PAAAJ-99850