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Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2333.1.1-39/20 St36

Einkommensteuerliche Behandlung der Beiträge und Leistungen an Vorsorgeeinrichtungen der zweiten Säule der liechtensteinischen Altersvorsorge

Bezug: BStBl 2016 I S. 759

1. Adressatenkreis

Die steuerliche Beurteilung der liechtensteinischen Altersversorgung ist überwiegend in Bayern und in Baden-Württemberg relevant. Andere Bundesländer dürften nur von Einzelfällen betroffen sein. Aufgrund der räumlichen Nähe ist in Bayern ein Großteil der betroffenen Fälle beim Finanzamt Lindau erfasst, das bereits vorab informiert wurde.

Diese Verfügung richtet sich vorrangig an die Beschäftigten in den Veranlagungs- und Rechtsbehelfsstellen in den Grenzfinanzämtern zu Liechtenstein, der Sachverhalt kann aber auch in den übrigen Finanzämtern vereinzelt auftreten.

2. Sachverhalt

2.1 Drei-Säulen-Modell

In Liechtenstein beruht das Altersvorsorgesystem auf demselben Prinzip wie in der Schweiz (Drei-Säulen-Modell):


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Erste Säule:
staatliche Vorsorge (AHV/IV)
Zweite Säule:
berufliche Vorsorge (Pensionskassen)
Dritte Säule:
private Vorsorge

Mit der staatlichen Vorsorge wird der Existenzbedarf gedeckt. Sie ist für alle in Liechtenstein wohnhaften Personen obligatorisch. Die berufliche Vorsorge soll darüber hinaus den gewohnten Lebensstandard im Rentenalter ermöglichen und ist nur für Arbeitnehmer obligatorisch, die eine definierte Einkommensschwelle überschreiten. Diese ersten beiden Säulen werden ergänzt durch die private Vorsorge, welche nach individuellen Bedürfnissen gestaltet werden kann.

2.2 Zweite Säule der Liechtensteiner Altersvorsorge

Wie in der Schweiz leisten auch in Liechtenstein sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Beiträge an die Vorsorgeeinrichtungen. Entgegen der Schweizer Regelung kennt das liechtensteinische Recht zur beruflichen Vorsorge (Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge, BPVG und Verordnung zum Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge, BPVV) nur obligatorische Beiträge, d.h. der Arbeitgeber leistet unabhängig von der Höhe der Beiträge des Arbeitnehmers von Gesetzes wegen mindestens die Hälfte der Gesamtbeiträge (Art. 7 Abs. 4 BPVG). Das dadurch entstehende Altersguthaben wird jährlich zu einem durch die Vorsorgeeinrichtungen definierten Zins verzinst und bei Erreichen des Pensionierungsalters als Rente oder Kapital ausbezahlt. Das liechtensteinische Recht kennt grundsätzlich keine Unterscheidung zwischen einem Obligatorium und einem Überobligatorium in der beruflichen Vorsorge wie dies das Schweizer Recht vorsieht. Sämtliches angespartes Kapital ist „obligatorisches“ Kapital.

2.3 Einkommensteuerliche Behandlung der zweiten Säule der Liechtensteiner Alters­vorsorge

Die einkommensteuerliche Behandlung der Vorsorgeeinrichtungen der zweiten Säule der Liechtensteiner Altersvorsorge wurde zwischenzeitlich bundeseinheitlich abgestimmt.

2.3.1 Kein Überobligatorium

Nach dem Ergebnis der Bund-Länderabstimmung verfügt die zweite Säule der Liechtensteiner Altersvorsorge – in Übereinstimmung mit der Auskunft der Steuerverwaltung des Fürstentums Liechtenstein – über kein Überobligatorium und ist damit in vollem Umfang als obligatorische Versicherung anzusehen.

Wegen der grundsätzlichen Vergleichbarkeit gelten die Ausführungen im (BStBl 2016 I S. 759) zur einkommensteuerlichen Behandlung der Beiträge und Leistungen zu Vorsorgeeinrichtungen nach der zweiten Säule der schweizerischen Altersvorsorge zum Obligatorium in der Einzahlungs- und in der Auszahlungsphase entsprechend. Im Einzelnen gilt Folgendes:

2.3.2 Einzahlungsphase

Die gesamten Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Vorsorgeeinrichtungen der zweiten Säule der Liechtensteiner Altersvorsorge sind entsprechend der Randziffern 18 und 19 des (BStBl 2016 I S. 759) zu behandeln.

Beiträge des Arbeitgebers in das Obligatorium sind Zukunftssicherungsleistungen (§ 2 Absatz 2 Nummer 3 LStDV 1990), zu deren Zahlung der Arbeitgeber durch das BPVG gesetzlich verpflichtet ist. Sie sind in vollem Umfang nach § 3 Nummer 62 Satz 1 EStG steuerfrei. Insoweit ist die inländische Beitragsbemessungsgrenze zur Altersvorsorge nicht zu beachten. § 3 Nummer 56, Nummer 63 und Nummer 63a EStG sind nicht einschlägig.

Beiträge des Arbeitnehmers in das Obligatorium stellen Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 Buchstabe a EStG i. V. m. § 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c EStG dar und sind bis zum Höchstbetrag nach § 10 Absatz 3 EStG abziehbar. Der steuerfreie Arbeitgeberanteil ist im Rahmen der Berechnung der abziehbaren Sonderausgaben ebenfalls zu berücksichtigen (§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 6 EStG).

Hinweis

Die Einnahmen der Stpfl. aus nichtselbständiger Arbeit in Liechtenstein unterliegen im Inland nach Art. 14 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Liechtenstein der Anrechnungsmethode. Die Altersvorsorgebeiträge können dabei dem Grunde nach als Sonderausgaben abgezogen werden, da die Beiträge insbesondere nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 Halbsatz 1 EStG).

2.3.3 Auszahlungsphase

Die gesamten Leistungen aus der zweiten Säule der Liechtensteiner Altersvorsorge sind entsprechend der Randziffern 20 bis 25 des (BStBl 2016 I S. 759) zu behandeln.

Das Besteuerungsrecht für die Leistungen aus der zweiten Säule der Altersvorsorge Liechtensteins steht nach Art. 17 Abs. 2 DBA-Liechtenstein Liechtenstein zu. Im Inland sind die Leistungen von der Besteuerung auszunehmen und im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Liechtenstein i. V. m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 EStG).

Leibrenten sind mit dem Besteuerungsanteil nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusetzen. Die Öffnungsklausel nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG ist anwendbar.

Kapitalabfindungen sind als andere Leistungen im Sinne von § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil zu berücksichtigen. Soweit die Voraussetzungen der Öffnungsklausel erfüllt sind, unterliegt die Kapitalabfindung auf Antrag nicht der Besteuerung. Kapitalabfindungen können als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 Nummer 4 EStG ermäßigt besteuert werden, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind.

Soweit hierzu in der Vergangenheit eine andere Auffassung vertreten wurde, wird hieran nicht mehr festgehalten.

Hinweis:

Soweit hierzu in der Vergangenheit eine andere Auffassung vertreten wurde, wird hieran nicht mehr festgehalten.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2333.1.1-39/20 St36

Fundstelle(n):
ZAAAJ-99838