Instanzenzug: LG Hof Az: 3 KLs 1900 Js 9410/24
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Untreue in 152 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 457.095,97 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat nach einer Verfahrenseinstellung (§ 206a StPO) den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren in den Fällen B.II.1 bis 6 der Urteilsgründe wegen Verfolgungsverjährung ein (§ 206a StPO, § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB).
3Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die Verjährung für Straftaten nach § 266 Abs. 1 iVm § 263 Abs. 3 StGB beträgt fünf Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB. Sie beginnt mit Tatbeendigung, § 78a Satz 1 StGB. Beendigung tritt bei endgültigem Vermögensverlust ein (Fischer/Fischer StGB § 266 Rn. 187a; ). Danach sind die einzelnen Taten jeweils mit Gutschrift des angewiesenen Geldbetrages auf dem Konto der Angeklagten beendet. Dies war in den Fällen 1 bis 6 spätestens mit der im Fall 6 am (Fall 6, UA S. 6) erfolgten Gutschrift auf dem Konto der Angeklagten (Bl. 90, Anlage) der Fall. Die fünfjährige Verjährungsfrist war somit vor dem am erfolgten allgemeinen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsauftrag abgelaufen, der mit der Bitte, ‚insbesondere’ die Angeklagte zu vernehmen, eine unbedingte Vernehmungsanordnung enthielt (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB; vgl. auch Greger/Weingarten in: Leipziger Kommentar zum StGB, 14. Auflage 2024, § 78c StGB Rn. 22), die den Sachakten als erste verjährungsunterbrechende Maßnahme zu entnehmen ist (Bl. 116).
Die zuvor von der Staatsanwaltschaft in der Einleitungsverfügung vom zugleich getroffene Anordnung der Vernehmung der Angeklagten, die ‚allerdings vorläufig zurückgestellt [wurde], um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden’ (Bl. 39), genügt für die Verjährungsunterbrechung nicht, weil sie zunächst ausdrücklich nicht durchgeführt werden und damit keine Außenwirkung erzeugen sollte. Sie richtete sich nicht an ein Ermittlungsorgan (vgl. Greger/Weingarten a.a.O.; BayObLG DAR 2022, 38).“
4Dem schließt sich der Senat an.
52. Die Teileinstellung des Verfahrens führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Entfallen der insoweit verhängten sechs Einzelstrafen.
63. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat dennoch Bestand (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Der Zusammenzug der verbleibenden 146 Einzelstrafen mit einer Einsatzstrafe von einem Jahr und zwei Monaten in 76 Fällen und weiteren 70 Einzelstrafen zwischen Geldstrafe von 150 Tagessätzen und Freiheitsstrafe von elf Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erweist sich nach wie vor als sehr straff. Der Senat schließt deshalb im Hinblick auf die Anzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen und Geldstrafen aus, dass das Landgericht ohne die in den Fällen 1 bis 6 festgesetzten vier Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten und den zwei Geldstrafen von jeweils 150 Tagessätzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
74. Auch die Einziehungsentscheidung hat Bestand.
8Angesichts der Verjährung der zugrundeliegenden Straftaten der Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe kommt zwar eine Einziehung der Taterträge nach §§ 73, 73c StGB nicht mehr in Betracht. Es hat aber insoweit eine selbständige Einziehung nach § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB zu erfolgen. Nach § 76a Abs. 2 StGB ist die selbständige Einziehung des durch oder für eine verjährte Straftat erlangten Ertrages oder dessen Wertes unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b, 73c StGB auch dann zulässig, wenn – wie hier – die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Dass vorliegend die Einstellung des Verfahrens wegen der bereits vor Beginn der Hauptverhandlung eingetretenen Verfolgungsverjährung durch die Strafkammer unterblieben ist, steht dem nicht entgegen. Denn die Einziehung der durch eine verjährte Straftat erlangten Taterträge sowie des Wertes der Taterträge nach § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB kann auch im subjektiven Verfahren angeordnet werden; eines Übergangs in das objektive Verfahren gemäß §§ 435 ff. StPO bedarf es insoweit nicht ( Rn. 15 mwN).
Jäger Fischer Bär
Allgayer Welnhofer-Zeitler
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:040825B1STR284.25.0
Fundstelle(n):
IAAAJ-99780