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BGH Urteil v. - VI ZR 147/24

Leitsatz

Zur Umsatzsteuer als Schaden der Bundesrepublik Deutschland bei der Beseitigung von Unfallschäden an einer Autobahn beim sogenannten "A-Modell".

Gesetze: § 249 Abs 2 S 2 BGB

Instanzenzug: Az: 9 S 111/23 Urteilvorgehend Az: 275 C 187/22

Tatbestand

1Die Klägerin verlangt vom beklagten Haftpflichtversicherer die Erstattung von Umsatzsteuer als Schadensersatz aus abgetretenem Recht.

2Die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümerin der Bundesautobahn A 8 schloss mit der autobahnplus A8 GmbH (im Folgenden: Konzessionsnehmerin) einen Konzessionsvertrag mit dem Titel "Betreibermodell BAB A 8 West (A-Modell) / München - Augsburg". Darin verpflichtete sich die Konzessionsnehmerin gegen Entgelt zum Bau bzw. Ausbau sowie Erhalt des genannten Autobahnabschnitts. In der Präambel dieses Vertrags heißt es auszugsweise:

"    ‘Drittgewalt‘: durch Dritte verursachte Ereignisse, die die Substanz oder Funktion des Konzessionsgegenstands zerstören, schädigen oder in sonstiger Weise beeinträchtigen, einschließlich Unfallschäden, Vandalismus (z.B. durch Sprayer), Terrorakte oder Blockaden."

3Unter "§ 24 höhere Gewalt, Drittgewalt" heißt es im Konzessionsvertrag unter anderem:

"24.1.    Wird der Konzessionsgegenstand während des Konzessionszeitraumes ganz oder teilweise infolge höherer Gewalt oder aufgrund Drittgewalt beschädigt, zerstört oder in sonstiger Weise beeinträchtigt, ist der Konzessionsnehmer auf eigene Kosten zur Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands verpflichtet, sofern die Kosten für die Wiederherstellung von einer Versicherung, zu deren Abschluss der Konzessionsnehmer gemäß § 57 verpflichtet ist, gedeckt sind oder gedeckt wären, hätte der Konzessionsnehmer die Versicherung abgeschlossen […].

24.2.     Im Fall von Drittgewalt hat der Konzessionsnehmer ebenfalls den vertraglich geschuldeten Zustand auf eigene Kosten wiederherzustellen, wenn und soweit er den entstandenen Schaden von dem Verursacher, dessen Versicherung oder der Versicherung des Konzessionsnehmers erstattet bekommt. Zu diesem Zweck verpflichtet sich der Konzessionsgeber, etwaige Ansprüche gegen Dritte aufgrund durch Drittgewalt verursachter Schäden an den Konzessionsnehmer abzutreten. Der Konzessionsnehmer ist verpflichtet, alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel und Zwangsvollstreckungsmittel zur Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen Dritte auf eigene Kosten auszuschöpfen und dies dem Konzessionsgeber auf Verlangen in nachprüfbarer Form nachzuweisen, es sei denn, der Konzessionsgeber verzichtet auf die Geltendmachung dieses Rechts, wenn der Konzessionsnehmer ihm nachweist, dass einzelne Rechtsmittel oder Zwangsvollstreckungsmittel aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll sind. Der Terminplan ist gegebenenfalls anzupassen.

24.3.    In dem Umfang, in dem eine Wiederherstellungspflicht nach den §§ 24.1, 24.2 nicht besteht, ist der Konzessionsnehmer nur bis zu einem Betrag von 5 (fünf) Millionen Euro je Schadensereignis zur Wiederherstellung verpflichtet. Die Wiederherstellungspflicht des Konzessionsnehmers nach Satz 1 ist beschränkt auf einen Höchstbetrag von insgesamt 15 (fünfzehn) Millionen Euro, wobei für die Berechnung dieses Höchstbetrags nur solche Schadensereignisse herangezogen werden, die im Einzelfall nach einvernehmlicher Meinung der Parteien angemessene Wiederherstellungskosten von mindestens 250.000 (zweihundertfünfzigtausend) Euro verursacht haben. Der Konzessionsnehmer ist verpflichtet, dem Konzessionsgeber unverzüglich nach dem Eintritt des jeweiligen Ereignisses die Angemessenheit der Wiederherstellungskosten nachzuweisen.

24.4.    In dem Umfang, in dem eine Wiederherstellungspflicht nach den §§ 24.1, 24.2, 24.3 nicht besteht, kann der Konzessionsgeber vom Konzessionsnehmer die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands gegen Übernahme der Kosten, die die Höchstbeträge nach § 24.3 überschreiten, durch den Konzessionsgeber verlangen. Die Kostenabrechnung erfolgt gemäß § 48."

4Die Konzessionsnehmerin schloss mit der Klägerin einen Vertrag mit dem Titel "Betreibermodell BAB A8 (A-Modell) / O&M Vertrag" (im Folgenden: O&M-Vertrag), in dem sich die Klägerin (im Vertrag "O&M GmbH" genannt) verpflichtete, den Betrieb und das Erhaltungsmanagement dieses Autobahnabschnitts zu übernehmen. In der Präambel des O&M-Vertrags heißt es auszugsweise:

"Die O&M GmbH verpflichtet sich in diesem O&M Vertrag, alle Betriebsleistungen und die Leistungen des Erhaltungsmanagements des Konzessionsnehmers sowie alle hierzu gehörenden Risiken zu übernehmen, welche der Konzessionsnehmer nach der Konzessionsvereinbarung übernimmt, es sei denn in diesem O&M Vertrag ist etwas anderes geregelt.

Soweit nicht ausdrücklich in diesem Vertrag anders geregelt, haben die von der O&M GmbH für die Betriebsleistungen und für das Erhaltungsmanagement übernommenen Leistungspflichten und Risiken den gleichen Inhalt wie die entsprechenden Leistungspflichten und Risiken des Konzessionsnehmers nach dem Konzessionsvertrag (‘back to back‘)."

Im O&M-Vertrag heißt es unter "§ 24 höhere Gewalt, Drittgewalt":

"Die O&M GmbH ist im Fall von höherer Gewalt und/oder Drittgewalt nur insoweit zur Wiederherstellung bzw. Instandsetzung verpflichtet, als die beschädigte oder zerstörte Leistung Umfang ihrer Leistungspflicht ist und soweit der Konzessionsnehmer dieses Risiko unter dem Konzessionsvertrag trägt."

5Etwaige Schadensersatzansprüche gegen Dritte aufgrund der Beschädigung dieses Autobahnabschnitts hat die Bundesrepublik Deutschland an die Konzessionsnehmerin abgetreten, die diese wiederum an die Klägerin abgetreten hat.

6Im Jahr 2019 ereigneten sich auf dem Autobahnabschnitt der A 8 München - Augsburg acht Unfälle mit Fahrzeugen, die bei der Beklagten haftpflichtversichert waren. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Die Klägerin führte jeweils unfallbedingte Absicherungs-, Reinigungs-, teilweise auch Instandsetzungsmaßnahmen durch und stellte der Beklagten hierfür Nettobeträge in Rechnung, die diese beglich. Vor dem Hintergrund eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) an die (Gz. III C 2 - S 7100/20/10002 :001) verlangt die Klägerin von der Beklagten den Ersatz von Umsatzsteuer in Höhe von 924,26 € auf die bezahlten Beträge als weiteren Schadensersatz. In dem Schreiben des BMF heißt es unter "II. Errichtung und Erhalt von Streckenabschnitten - A-Modelle":

"1. Nach dem A-Modell für den mehrstreifigen Autobahnausbau in der Variante Mischmodell ist vorgesehen, dass ein Privater (‘Konzessionsnehmer‘) den Bau bzw. den Ausbau eines Autobahnstreckenabschnitts (‘Konzessionsstrecke‘) sowie dessen Erhalt für die Dauer eines Vertragszeitraums von 30 Jahren übernimmt und als Gegenleistung neben einer im Einzelfall vereinbarten sog. Anschubfinanzierung einen Teilbetrag der auf diesem Streckenabschnitt vom Streckenbetreiber/Bund (‘Konzessionsgeber‘) erhobenen Maut erhält. […]

12. Ist bei Public-Private-Partnerships im Bundesfernstraßenbau im sog. ‘A-Modell‘ nach dem Konzessionsvertrag vorgesehen, dass ein Privater (‘Konzessionsnehmer‘) den Betrieb des Konzessionsgegenstands übernommen hat, und ist der Private dabei zur umgehenden Beseitigung und Absicherung von Unfallschäden sowie auch zur Geltendmachung und Abrechnung von Unfallschäden mit dem Unfallverursacher verpflichtet, so sind diese Leistungen Teil seiner umsatzsteuerbaren und mangels Steuerbefreiung umsatzsteuerpflichtigen Gesamtleistung an den Konzessionsgeber. Tritt der Konzessionsgeber zu diesem Zweck etwaige Ansprüche gegen Dritte aufgrund von durch Drittgewalt verursachten Schäden an den Konzessionsnehmer ab und berechtigt ihn, diese unmittelbar gegen den Schädiger geltend zu machen, so stellen die Zahlungen, die der Konzessionsnehmer von Unfallverursachern bzw. deren Versicherungen erhält, zusätzliches Entgelt für seine steuerbare und steuerpflichtige Leistung an den Konzessionsgeber dar.

13. Setzt der Konzessionsnehmer zur Erfüllung seiner Aufgaben einen Nachunternehmer ein, welcher für ihn die Betriebspflichten aus dem Konzessionsvertrag übernimmt, so erbringt der Nachunternehmer umsatzsteuerbare und mangels Steuerbefreiung umsatzsteuerpflichtige Leistungen an den Konzessionsnehmer. Hat der Nachunternehmer im Schadensfall die Abwicklung mit der Versicherung, die Abrechnung und die Beseitigung der Schäden auf eigene Rechnung durchzuführen und verpflichtet sich der Konzessionsnehmer zu diesem Zweck, die entsprechenden Ansprüche gegen Verursacher oder Versicherer, welche er vom Konzessionsgeber abgetreten bekommen hat, an den Nachunternehmer insoweit weiter abzutreten, so handelt es sich bei den Zahlungen, die der Nachunternehmer von den Schädigern bzw. deren Versicherungen erhält, um zusätzliches Entgelt für seine steuerbare und steuerpflichtige Leistung an den Konzessionsnehmer."

7Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 924,26 € nebst Prozesszinsen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

I.

8Das Berufungsgericht (LG Köln, BeckRS 2024, 18165) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 924,26 € wegen unfallbedingter Absicherungs-, Reinigungs- und Instandsetzungsmaßnahmen folge nicht aus § 823 Abs. 1 BGB, da kein Rechtsgut der Klägerin verletzt worden sei. Ein solcher Anspruch folge auch nicht aus § 7 StVG, § 115 VVG i.V.m. § 398 BGB. Es könne offenbleiben, ob hinsichtlich der Schadenshöhe der abgetretenen Ansprüche auf die Bundesrepublik Deutschland oder unter Heranziehung der Grundsätze der Drittschadensliquidation auf die Klägerin als wirtschaftlich Geschädigte abzustellen sei. Denn in beiden Fällen fehle es an einer durch die Instandsetzung von Unfallbeschädigungen erbrachten umsatzsteuerbaren Leistung. Steuerbar sei grundsätzlich nur eine Leistung gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der Leistende müsse seine Leistung erkennbar um einer Gegenleistung willen erbringen. An einem solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt fehle es im Verhältnis der Klägerin zur Bundesrepublik Deutschland. Die Abtretung von Schadensersatzforderungen gegen Dritte und die hierauf vereinnahmten Zahlungen folgten aus dem Gesichtspunkt des schadensrechtlichen Vorteilsausgleichs und des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots.

10Zwar seien Leistungen der Konzessionsnehmerin oder der Klägerin zur Beseitigung und Absicherung von Schäden am Konzessionsgegenstand Teil ihrer umsatzsteuerpflichtigen Gesamtleistung, für die die Konzessionsnehmerin bzw. die Klägerin ein einheitliches Entgelt erhalte, das der Umsatzsteuer unterliege. Dieses einheitliche Entgelt werde nicht durch vereinnahmte Zahlungen aufgrund von abgetretenen Schadenersatzansprüchen erhöht. Die Klägerin habe durch Vertrag das wirtschaftliche Risiko des Schadenseintritts an Anlagen der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Werde der Konzessionsgegenstand beschädigt, sei die Klägerin gegenüber der Konzessionsnehmerin verpflichtet, diesen Schaden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu beseitigen. Die Klägerin befinde sich im Hinblick auf den Konzessionsgegenstand in einer der Schadensversicherung vergleichbaren Position.

11Eine Umsatzsteuerbarkeit der Instandsetzungsleistungen folge auch nicht aus dem . Nach der dort geäußerten Rechtsauffassung erhöhten die zusätzlich vereinnahmten Zahlungen das Entgelt, das die Konzessionsnehmerin für die einheitliche Gesamtleistung der Instandhaltung der Konzessionsstrecke erhalte. Unterstellt, die Rechtsansicht des BMF treffe zu, würde hierdurch aber nur das von der Klägerin vereinnahmte Entgelt erhöht, das sie von der Konzessionsnehmerin erhalte. Die Klägerin und die Konzessionsnehmerin seien als Unternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorsteuerabzugsberechtigt, sodass sie die auf diese Erhöhung anfallende Umsatzsteuer nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs nicht als Schaden gegenüber Dritten geltend machen könnten. Die Vergütung, die die Konzessionsnehmerin von der Bundesrepublik Deutschland erhalte, bleibe durch unfallbedingte Zahlungen unverändert, sodass auch die Bundesrepublik Deutschland nicht mit einer zusätzlichen, durch die Schadenswiedergutmachung bedingten Umsatzsteuer belastet wäre.

II.

12Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Betrag in Höhe von 924,26 € als weiterer Schadensersatz aus abgetretenem Recht zu.

131. Die Klage ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - hinreichend bestimmt und damit zulässig.

14a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag eine bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit werden der Streitgegenstand abgegrenzt und die Grenze der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts bestimmt. Der Kläger muss die gebotene Bestimmung des Streitgegenstandes vornehmen und kann sie nicht zur Disposition des Gerichts stellen. Eine an sich schon in der Klage gebotene Klarstellung kann von der Partei noch im Laufe des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, nachgeholt werden (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 14 mwN). Bei einem Anspruch aus eigenem und einem Anspruch aus fremdem Recht handelt es sich auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände (Senatsurteil aaO, Rn. 15 mwN).

15b) Zwar hat das Berufungsgericht neben einem Anspruch aus fremden Recht auch einen Anspruch aus eigenem Recht der Klägerin geprüft; aus der Revisionsbegründung ergibt sich aber, dass die Klägerin ihre Klage nur (noch) auf fremdes Recht stützt und den Schaden ersetzt verlangt, der bei der Bundesrepublik Deutschland eingetreten ist. Damit ist die Klage hinreichend bestimmt. Anders als die Revisionserwiderung meint, folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin weder den Konzessionsvertrag noch den O&M-Vertrag vollständig vorgelegt hat, keine Unbestimmtheit der Klage.

162. Aufgrund der Beschädigung ihres Eigentums an der Autobahn A 8 bei acht Unfällen mit Fahrzeugen, die bei der Beklagten haftpflichtversichert waren, standen der Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach Ansprüche auf Ersatz ihres Schadens aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG gegen die Beklagte zu. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Ansprüche, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, im Voraus an die Konzessionsnehmerin abgetreten, die diese wiederum an die Klägerin abgetreten hat. Für die jeweiligen Schäden ist die Beklagte voll einstandspflichtig. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Bundesrepublik Deutschland ein eigener Schaden entstanden (hierzu unter a)), der durch die Instandsetzung seitens der Klägerin nicht auf diese verlagert worden ist. Die Grundsätze der Drittschadensliquidation finden im Streitfall keine Anwendung (hierzu unter b)).

17a) Der Bundesrepublik Deutschland ist durch die Beschädigung ihres Eigentums ein Schaden entstanden. Dass die Konzessionsnehmerin nach dem Konzessionsvertrag und die Klägerin nach dem O&M-Vertrag verpflichtet waren, die Autobahn wieder instand zu setzen, ändert am Eintritt einer Vermögenseinbuße bei der Konzessionsgeberin durch die Beschädigung ihres Eigentums nichts, denn die Instandsetzung erfolgte - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht ohne Gegenleistung der geschädigten Bundesrepublik Deutschland.

18aa) Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Regelungen über die Instandsetzung des Autobahnabschnitts im Konzessions- und O&M-Vertrag uneingeschränkt überprüfen. Typische Vertragsgestaltungen, die über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus regelmäßig mit gleichförmigem Inhalt im geschäftlichen Verkehr verwendet werden, unterliegen im Interesse einer einheitlichen Handhabung einer vollen inhaltlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. , NJW 2022, 947 Rn. 26; vom - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 19 f.; vom - VIII ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 260, juris Rn. 18; jeweils mwN). Bei den Regelungen über die Instandsetzung im Konzessions- und O&M-Vertrag handelt es sich um solche typischen Vertragsgestaltungen, die regelmäßig Verwendung finden, für die ein Interesse an einer einheitlichen Handhabung besteht. Dies zeigen die beim Senat anhängigen Revisionsverfahren gegen Urteile verschiedener Berufungsgerichte mit unterschiedlichen Konzessionsnehmern und Nachunternehmern, die vom Berufungsgericht angeführte Vielzahl an bundesweiten Verfahren zu diesen Fragen und das .

19bb) Nach § 24.2 des Konzessionsvertrags hat sich die Konzessionsnehmerin im Fall der Beschädigung des Autobahnabschnitts durch einen für den Schaden haftenden Schädiger oder Versicherer zwar zur Instandsetzung "auf eigene Kosten" verpflichtet. Dies gilt aber nur, "wenn und soweit" die Konzessionsnehmerin den entstandenen Schaden von dem Verursacher oder dem Versicherer erstattet bekommt. Nach der vertraglichen Grundkonstruktion stellen die Zahlungen Dritter damit die Voraussetzung für die Instandsetzungsleistungen der Konzessionsnehmerin dar. "Zu diesem Zweck" hat sich die Konzessionsgeberin nach § 24.2 des Konzessionsvertrags verpflichtet, Ansprüche gegen Dritte an die Konzessionsnehmerin abzutreten. Eine solche Abtretung ist auch erfolgt. Die Abtretung der Ansprüche gegen den Schädiger und seinen Versicherer stellt also eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Instandsetzungsleistung dar. Diese Schadensersatzansprüche gegen Dritte erhält die Konzessionsnehmerin zusätzlich zu dem Entgelt, das die Bundesrepublik Deutschland der Konzessionsnehmerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für ihre Leistungen nach dem Konzessionsvertrag im Übrigen versprochen hat. Die Abtretung der Schadensersatzansprüche gegen Dritte dient hingegen nicht lediglich dem schadensrechtlichen Vorteilsausgleich oder der Umsetzung des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots.

20Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts lässt die abgestufte Regelung der Instandsetzungspflichten in Fällen von "Drittgewalt" in § 24 des Konzessionsvertrags außer Acht. Nach § 24 des Konzessionsvertrags ist die Konzessionsnehmerin im Fall von "Drittgewalt" nur insoweit zur Instandsetzung verpflichtet, als die Kosten der Instandsetzung von einem Versicherer der Konzessionsnehmerin (§ 24.1) oder vom Schädiger oder seinem Versicherer (§ 24.2) getragen werden. Sind die Voraussetzungen der § 24.1 und § 24.2 des Konzessionsvertrags nicht erfüllt, ist die Konzessionsnehmerin nach § 24.3 des Konzessionsvertrags nur innerhalb bestimmter Betragsgrenzen zur Instandsetzung verpflichtet. Sind diese Grenzen überschritten, ist die Konzessionsnehmerin nach § 24.4 des Konzessionsvertrags zur Instandsetzung nur gegen Übernahme der diese Grenzen überschreitenden Kosten durch die Konzessionsgeberin verpflichtet.

21Weitere tatsächliche Feststellungen, die der hier vertretenen Auslegung des Konzessionsvertrags entgegenstehen könnten, sind auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Revisionsbeklagten nicht zu erwarten.

22b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revisionsbeklagten ist der Klägerin durch die Instandsetzungsmaßnahmen auch kein eigener Schaden entstanden, der die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation rechtfertigen würde (aA , juris Rn. 35-37; AG Dachau, Urteil vom - 2 C 666/22, juris Rn. 43). Weder die von der Revisionsbeklagten angeführten Entscheidungen (, NJW 2016, 1089 Rn. 23 [zu einem Pachtverhältnis]; vom - I ZR 52/82, NJW 1985, 2411, juris Rn. 16 [zur Einlagerung von Ware]; vom - I ZR 33/71, VersR 1972, 1138, juris Rn. 13 [zum Versendungskauf]) noch der von ihr angeführte § 644 BGB sind im Streitfall einschlägig.

23Die Klägerin hat im O&M-Vertrag die der Konzessionsnehmerin nach dem Konzessionsvertrag obliegende Instandsetzungspflicht im gleichen Umfang übernommen. Die Konzessionsnehmerin hat im Gegenzug die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche der Bundesrepublik Deutschland an die Klägerin weiter abgetreten. Die Klägerin erhält diese Schadensersatzansprüche damit für ihre Leistungen zusätzlich zu einem weiteren von der Konzessionsnehmerin nach dem O&M-Vertrag geschuldeten Entgelt.

243. Da der Zessionar die Forderung grundsätzlich in der Form erwirbt, wie sie zuvor in der Person des Zedenten bestand (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 62 mwN), und die Bundesrepublik Deutschland nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Klägerin die auf die Leistung der Konzessionsnehmerin angefallene Umsatzsteuer als Schaden der Bundesrepublik Deutschland aus abgetretenem Recht ersetzt verlangen. Die Höhe des von der Klägerin hierfür geltend gemachten Betrags von 924,26 € hat die Revisionserwiderung nicht angegriffen.

25a) Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dieser schließt nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Angefallen ist die Umsatzsteuer, wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat (Senatsurteil vom - VI ZR 351/12, NJW 2013, 3719 Rn. 9; BT-Drucks. 14/7752, S. 23 re. Sp.). Ziel des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ist, den Ersatz von Umsatzsteuer auszuschließen, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 654/15, NJW 2017, 1310 Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, S. 13 li. Sp.). Nicht ersatzfähig ist eine angefallene Umsatzsteuer, soweit sie der Geschädigte als Vorsteuer abziehen kann (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Den in der Abzugsmöglichkeit liegenden Vorteil muss sich der Geschädigte auf seinen Schaden anrechnen lassen (Senatsurteil vom - VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rn. 17 mwN).

26b) Nach diesen Grundsätzen ist die Umsatzsteuer als Schaden der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB angefallen. Der Konzessionsgegenstand ist auf Veranlassung der Konzessionsnehmerin tatsächlich instandgesetzt worden. Mit der Instandsetzung hat die Klägerin nicht nur ihre eigene vertragliche Verpflichtung aus dem O&M-Vertrag erfüllt, sie hat zugleich die von der Konzessionsnehmerin im Rahmen des Konzessionsvertrags übernommene Vertragspflicht erfüllt. Die durchgeführte Instandsetzung stellt eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung der Konzessionsnehmerin gegenüber der geschädigten Bundesrepublik Deutschland dar.

27aa) Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Für das Erfordernis einer entgeltlichen Leistung muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (BFHE 277, 508 Rn. 23; BFHE 219, 455 Rn. 25 f.; jeweils mwN; zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem , DStR 2024, 2821 Rn. 16; vom - C-713/21, MwStR 2023, 254 Rn. 49 f. [zur Abtretung eines Anspruchs als Vergütung für eine Leistung]). Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (BFH, NZM 2019, 834 Rn. 18 mwN).

28Dagegen sind Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen grundsätzlich kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung (BFH, NZM 2019, 834 Rn. 19; BFHE 231, 248 Rn. 14; jeweils mwN).

29bb) Wie bereits ausgeführt, hat die Bundesrepublik Deutschland die ihr gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche an die Konzessionsnehmerin abgetreten, wie in § 24.2 des Konzessionsvertrags als Gegenleistung vereinbart. Diese Abtretung dient nicht dem schadensrechtlichen Vorteilsausgleich oder der Umsetzung des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots. Vielmehr handelt es sich bei den abgetretenen Schadensersatzansprüchen um das von der Bundesrepublik Deutschland für die Instandsetzung ihres Eigentums der Konzessionsnehmerin im Streitfall versprochene "Entgelt". Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang im oben genannten Sinn zwischen der von der Konzessionsnehmerin erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert.

30Dass die Zahlung der Beklagten auf die abgetretenen Schadensersatzansprüche nicht an die Konzessionsnehmerin, sondern an die Klägerin erfolgt, steht dem Charakter der abgetretenen Ansprüche als "Entgelt" im Verhältnis zwischen Konzessionsnehmerin und Konzessionsgeberin - anders als das Berufungsgericht meint - nicht entgegen. Denn die Zahlung erfolgt nur deshalb an die Klägerin, weil die Konzessionsnehmerin ihre gegenüber der Bundesrepublik Deutschland übernommene Instandsetzungsverpflichtung nicht selbst erfüllt, sondern sich hierzu der Klägerin bedient hat und dieser dafür als Gegenleistung den Schadensersatzanspruch der Bundesrepublik Deutschland abgetreten hat.

31Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hindert auch der Umstand, dass die Zahlung auf den abgetretenen Anspruch aus Sicht des Schädigers und seines Versicherers zur Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG dient, nicht, diesen Schadensersatzanspruch im Verhältnis zwischen Konzessionsgeberin und -nehmerin als vertraglich vereinbartes "Entgelt" für die Instandsetzungsleistung der Konzessionsnehmerin anzusehen.

32cc) Die geschädigte Bundesrepublik Deutschland ist nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt. Sie ist als Betreiberin der Bundesautobahnen nach § 2b Abs. 1 Satz 1 UStG keine Unternehmerin im Sinne der §§ 2, 15 UStG (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rn. 18 ff.; , MwStR 2017, 158 - National Roads Authority zu Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG). Darauf, ob die Konzessionsnehmerin oder die Klägerin nach § 15 UStG vorsteuerabzugsberechtigt ist, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Streitfall nicht an. Entgegen der Ansicht der Revisionsbeklagten ist im Streitfall auch die Frage der Verlagerung der Umsatzsteuer-Leistungspflicht nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG nicht entscheidend.

III.

33Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.

Seiters                         von Pentz                         Oehler

                Müller                               Linder

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:010725UVIZR147.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-99671