Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung der Gegenleistung
I. Abstandnahme von Ermittlungen
1. Übernimmt der Erwerber eines Grundstücks die Kosten der Übergabe der verkauften Sache (§ 448 BGB, z. B. die Vermessungskosten) oder die Kosten für die Löschung von Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, Dienstbarkeiten, Reallasten, Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten, so gehören diese Kosten als „sonstige Leistungen“ im Sinne des § 9 Absatz 1 Nummer 1 GrEStG zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Zur Gegenleistung rechnen auch die dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen, wie z. B. das kurzfristige unentgeltliche Weiterbewohnen eines veräußerten Grundstücks durch den Verkäufer oder das Recht des Veräußerers eines landwirtschaftlichen Grundstücks, dieses noch abernten zu dürfen.
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sind unabhängig von der Höhe der Hauptleistung Ermittlungen, die allein wegen des Werts dieser sonstigen Leistungen oder wegen des Werts vorbehaltener Nutzungen anzustellen wären, nicht durchzuführen, wenn angenommen werden kann, dass der Wert dieser sonstigen Leistungen oder vorbehaltenen Nutzungen nicht mehr als 2.500 Euro beträgt. In diesen Fällen kann der Wert der sonstigen Leistungen oder der vorbehaltenen Nutzungen bei der Ermittlung des Werts der Gegenleistung außer Ansatz bleiben. Die Gründe für die Abstandnahme von Ermittlungen sind aktenkundig zu machen.
Werden jedoch zur Erledigung des Steuerfalls Ermittlungen aus anderen Gründen erforderlich, so sind auch Feststellungen wegen des Werts der „sonstigen Leistungen“ oder der vorbehaltenen Nutzungen zu treffen.
2. Wird ein Grundstück zusammen mit anderen Gegenständen erworben, deren Erwerb nicht der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegt, so ist die Gesamtgegenleistung grundsätzlich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Grundstücks zum gemeinen Wert z. B. des Zubehörs und der Betriebsvorrichtungen aufzuteilen.
Beim Erwerb eines Unternehmens im Ganzen, zu dem auch ein Grundstück gehört, ist die Gesamtgegenleistung nach dem Verhältnis des Teilwerts des Grundstücks zu dem Teilwert der sonstigen erworbenen Gegenstände zu verteilen, wenn der Betrieb fortgesetzt wird (, BStBl II 1978 S. 320).
Von besonderen Ermittlungen zur Feststellung der Werte ist in der Regel abzusehen, wenn der von den an dem Rechtsvorgang Beteiligten angesetzte oder mitgeteilte Wert der nicht der Steuer unterliegenden Gegenstände 15 % der Gesamtgegenleistung, höchstens jedoch 50.000 Euro, nicht übersteigt. In diesen Fällen ist der Wert der sonstigen Gegenstände, deren Erwerb nicht steuerbar ist, von der Gesamtgegenleistung abzusetzen. Die Gründe für das vereinfachte Verfahren sind aktenkundig zu machen. Diese Ausnahmeregelung gilt nur, wenn der für die sonstigen Gegenstände angesetzte oder mitgeteilte Wert nicht offensichtlich unangemessen erscheint.
II. Abstandnahme von Überwachungen
1. Enthält ein Rechtsvorgang die Bestimmung, dass sich die Gegenleistung bei Eintritt einer Bedingung erhöhen soll, so ist die Grunderwerbsteuer in jedem Fall sofort endgültig festzusetzen (, BStBl II 1996 S. 162).
a) Sofern sich bei Eintritt der Bedingung die Gegenleistung voraussichtlich nicht um mehr als 2.500 Euro erhöhen wird, ist von einer Überwachung abzusehen.
b) Bei Rechtsvorgängen mit aufschiebenden Bedingungen, die den Wert der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung voraussichtlich um mehr als 2.500 Euro erhöhen werden, ist der Eintritt der Bedingung regelmäßig zehn Jahre lang zu überwachen. Mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung wird die aufschiebend bedingt vereinbarte Gegenleistung zur nachträglichen zusätzlichen Gegenleistung im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG. Insoweit entsteht deshalb gemäß § 14 GrEStG mit dem Eintritt der Bedingung eine neue Grunderwerbsteuer mit eigener Festsetzungsfrist. Diese Steuer ist durch einen selbständigen Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen.
2. In Fällen, in denen die ganze Gegenleistung aufschiebend bedingt ist und § 3 Nummer 2 GrEStG nicht greift, ist der Erwerb gemäß § 8 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG sofort endgültig aus dem Wert des Grundstücks zu besteuern. Bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung ist die Grunderwerbsteuer dann nach dem Wert der Gegenleistung zu bemessen und festzusetzen. Der ursprüngliche Bescheid ist aufzuheben (§ 175 Absatz 1 Nummer 2 AO). Auch in diesen Fällen ist der Eintritt der Bedingung regelmäßig auf die Dauer von zehn Jahren zu überwachen.
3. Ist beim Erwerb eines Grundstücks die Flächengröße noch nicht bekannt und berechnet sich die Höhe der Gegenleistung nach der Fläche des Grundstücks, so ist die Grunderwerbsteuer sofort endgültig festzusetzen, wenn sich die Gegenleistung durch das Vermessungsergebnis voraussichtlich nicht um mehr als 2.500 Euro erhöhen wird. Ansonsten ist die Steuer vorläufig festzusetzen und der Bescheid ist bei Vorliegen des genauen Vermessungsergebnisses zu ändern.
Wurde die Grunderwerbsteuer nach Satz 1 endgültig festgesetzt und ermäßigt sich die Gegenleistung aufgrund der Vermessung, so ist auf entsprechenden und vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellten Antrag der Grunderwerbsteuerbescheid nach § 173 Absatz 1 Nummer 2 AO zu ändern.
4. In den Fällen, in denen von einer Überwachung abgesehen wird, sind die Gründe dafür aktenkundig zu machen.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und ist im Allgemeinen Informationssystem eingestellt.
Um die Gründe entsprechend I.3 und II.4 aktenkundig zu machen, sind diese in Kurzform in der Registerkarte „Vermerke“ in der Vermerkzeile 6 zu hinterlegen. Sollten umfangreichere Angaben notwendig sein, sind ein Aktenvermerk zu fertigen und zur Akte zu nehmen sowie ein Verweis auf den Aktenvermerk in der Vermerkzeile 6 anzubringen.
Zusatz Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt:
Zur Vereinfachung und Unterstützung der Ermittlungstätigkeit verweise ich auf den „Gegenleistungskatalog“ (s. GrESt-Kartei ST § 9 GrEStG Karte 1), durch den der Bearbeiter der Grunderwerbsteuerstelle schnellstmöglich in die Lage versetzt werden soll zu entscheiden, ob sich weitere Ermittlungen unter Berücksichtigung der Nichtaufgriffsgrenze in Höhe von 2.500 Euro lohnen.
Die Vereinfachungsregelungen sind großzügig auszulegen.
Bei den Erwerben von Ein- und Zweifamilienhäusern sind keine Ermittlungen allein wegen der Höhe der Vermessungskosten durchzuführen. Gleiches gilt für die Erhöhung der Gegenleistung in Abhängigkeit von der Flächengröße (Vermessungsergebnis), soweit es sich nicht um außergewöhnlich große Grundstücksflächen (> als 10.000 qm) handelt.
Ministerium der Finanzen
Sachsen-Anhalt v. - 43 -
S 4521 - 5
Fundstelle(n):
GrESt-Kartei
ST GrEStG § 9 Karte Karte
4
OAAAJ-99645