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BGH Beschluss v. - V ZA 3/25

Instanzenzug: Az: 25 U 276/22vorgehend LG Konstanz Az: E 3 O 107/21

Gründe

I.

1Die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 114, 115 ZPO die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung zu bestreiten, liegen nicht vor.

21. Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Nach § 115 Abs. 1 und 3 ZPO hat die Partei für die Prozessführung grundsätzlich ihr gesamtes Einkommen und ihr Vermögen einzusetzen, soweit dessen Verwertung unter Berücksichtigung des zu belassenden Schonvermögens zumutbar ist (§ 90 Abs. 2, Abs. 3 SGB XII).

32. Dem Kläger ist die Aufbringung der Prozesskosten aus seinem Vermögen (§ 115 Abs. 3 ZPO) möglich und zumutbar.

4a) Er verfügt über ein Sparvermögen in Höhe von              €. Das Vermögen übersteigt das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 DVO von derzeit 10.000 €. Die voraussichtlichen Prozesskosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren belaufen sich auf 3.037,61 € (bei einem Streitwert von 20.845,24 € entstehende Gerichtsgebühren in Höhe von 754 € [2,0 Gerichtsgebühr nach GKG VV Nr. 1242 aF i.V.m. § 71 Abs. 1 GKG] und Anwaltsgebühren in Höhe von 2.273,61 € [2,3 Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3508 aF i.V.m. § 60 Abs. 1 RVG in Höhe von 1.890,60 € nebst Auslagenpauschale von 20 € und Umsatzsteuer in Höhe von 363,01 €]). Damit reicht das vorhandene Vermögen des Klägers zur Bestreitung der voraussichtlichen Prozesskosten aus.

5b) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Sparvermögen solle seiner Altersvorsorge dienen.

6aa) Ob angespartes Vermögen vor der Verwertung von Prozesskosten geschützt ist, bestimmt sich allein nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unterhaltsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Beiträgen zur (zusätzlichen) Altersvorsorge (vgl. , BGHZ 163, 84, 97 ff.; Urteil vom - XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207 Rn. 30) findet entgegen der Ansicht des Klägers im Prozesskostenhilferecht keine Anwendung. Die Prozesskostenhilfe stellt eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (vgl. , NJW-RR 2021, 196 Rn. 10 mwN). Der Bedürftige hat deshalb zunächst alle verfügbaren eigenen Mittel einzusetzen, bevor ihm staatliche Hilfe auf Kosten der Allgemeinheit bewilligt werden kann (vgl. , FamRZ 2010, 1643 Rn. 17; Beschluss vom - XII ZB 55/08, juris Rn. 17, insoweit in VersR 2011, 1028 nicht abgedruckt).

7bb) Das Sparvermögen des Klägers ist nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschützt. Nach dieser Vorschrift ist ein nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes gefördertes Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 EStG nicht für Prozesskosten einzusetzen. Das setzt voraus, dass dem Vermögen ein nach § 5 AltZertG durch die Bundesanstalt für Finanzierungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liegt (vgl. OLG Jena, JurBüro 2015, 5412; jurisPK-SGB XII/Mecke, 2. Aufl., § 90 Rn. 52). Das ist nicht der Fall. Bei dem Sparvermögen des Klägers handelt sich um nicht staatlich gefördertes angespartes Kapital bei einer Bank.

8cc) Dass die Verwertung des Sparvermögens für ihn eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII begründet, hat der Kläger nicht dargelegt.

9(1) Nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist der Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens für Prozesskosten unzumutbar, wenn dies für den Antragsteller und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde; nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ist dies insbesondere der Fall, soweit die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Die bloße Absicht, das angelegte Sparvermögen zur Altersvorsorge bereitzuhalten, genügt dafür aber nicht. Der Antragsteller hat darzulegen, dass das Sparvermögen aufgrund der vertraglichen Gestaltung für die Alterssicherung bestimmt und geeignet ist und dass er für eine angemessene Altersversorgung auf das ungekürzte Sparvermögen angewiesen ist (vgl. , FamRZ 2010, 1643 Rn. 14 ff. zur Lebensversicherung). Im Übrigen kann die Inanspruchnahme von Festgeldanlagen allenfalls dann unzumutbar sein, wenn sie nur mit unangemessenem Verlust verwertet werden können und ein Kredit nicht erlangt werden kann (vgl. Wieczorek/Schütze/Smidt/Hartmann, ZPO, 5. Aufl., § 115 Rn. 27; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 46. Aufl., § 115 Rn. 22; siehe auch , VersR 1978, 670).

10(2) Dass diese Voraussetzungen gegeben sind, ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht. Sein Sparvermögen ist zwar fest angelegt. Der Kläger legt aber weder die Vereinbarung einer Zweckbindung für die Altersversorgung noch die fehlende Möglichkeit einer (Teil-)Kündigung oder einer Beleihung der Festgeldanlagen dar. Auf das Erfordernis, dazu vorzutragen, ist der Kläger bereits mit Beschluss des Berufungsgerichts vom hingewiesen worden. Ergänzende Angaben hat er in seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gemacht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:170725BVZA3.25.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-99515