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OFD Nordrhein-Westfalen - S 2334 -14 - 2025 - 3806

Lohnsteuerliche Behandlung von sogenannten „Firmenfitness-Programmen“

Kurzinformation Einkommensteuer

Bezug: BStBl 2021 II S. 232

Bezug: BStBl 2022 I S. 242

Seit einigen Jahren werden Firmenfitness-Programme vertrieben. Dabei handelt es sich – vereinfacht ausgedrückt – um eine kostenpflichtige Zugangsberechtigung zu einer Vielzahl von Sport- und Gesundheitsangeboten für Mitarbeiter der am Firmenfitness-Programm teilnehmenden Arbeitgeber. Einige Arbeitgeber ermöglichen ihren Arbeitnehmern mit Hilfe verschiedener Anbieter (z. B. Gympass, Urban-Sports-Club, Hansefit, EGYM Wellpass) die Teilnahme an sogenannten „Firmenfitness-Programmen“.

Bei der steuerlichen Beurteilung bitte ich jedoch darauf zu achten, dass die konkreten Verträge zu prüfen sind, da es verschiedenste Anbieter gibt und auch die Vertragsinhalte von Fall zu Fall unterschiedlich sind.

Steuerlich ist zu beurteilen, ob beim Arbeitnehmer aufgrund dieser Gestaltung ein geldwerter Vorteil entsteht, der als Arbeitslohn zu versteuern ist. Darüber hinaus ist zu entscheiden, wie dieser geldwerte Vorteil zu ermitteln ist. Im Laufe des Jahres 2024 wurde diese Frage mehrfach von den Lohnsteuer-Referatsleitern auf Bund/Länder-Ebene besprochen. Nach den Erörterungen auf Bund-/Länderebene ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

  • Die Vorteile aus der Nutzung eines Firmenfitness-Angebots sind dem Grunde nach Arbeitslohn von dritter Seite.

  • Der übliche Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist regelmäßig der Preis, den private Endverbraucher für vergleichbare Angebote am Markt zu entrichten haben. Der übliche Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG kann nicht aus den kumulativen Mitgliedsbeiträgen verschiedener Fitnessstudios ermittelt werden.

  • Sofern die jeweilige Firmenmitgliedschaft ausschließlich arbeitgeberbezogen, also nur Arbeitnehmern bestimmter Arbeitgeber (sog. „Firmenkunden“) oder arbeitgeberunabhängigen Gruppen, aber nicht oder nicht zu vergleichbaren Bedingungen auch privaten Endverbrauchern am Markt angeboten werden, kann kein üblicher Endpreis am Abgabeort im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ermittelt werden.

In diesen Fällen ist es nach den Grundsätzen des (BStBI 2021 II S. 232) nicht zu beanstanden, wenn der Sachbezug in Höhe der entsprechenden Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer und sämtlicher Nebenkosten angesetzt wird. Dies schließt die vom Arbeitgeber getragenen Aufwendungen mit ein, die bei einer Bewertung des Sachbezugs nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers nicht als Arbeitslohn zu erfassen wären.

Zur Aufteilung und Zurechnung der vom Arbeitgeber getragenen laufenden und einmaligen Kosten sind folgende Grundsätze zu beachten:

a) Aufteilung auf die Arbeitnehmer (laufende Kosten)

Entstehen dem Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer direkt zuordenbare laufende Kosten, sind diese den einzelnen Arbeitnehmern jeweils zuzurechnen. Entstehen dem Arbeitgeber für die registrierten Arbeitnehmer (Arbeitnehmer, die das Angebot tatsächlich angenommen haben) nicht direkt zuordenbare laufende Kosten, sind diese gleichmäßig auf die registrierten Arbeitnehmer aufzuteilen.

Entstehen dem Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der registrierten Arbeitnehmer laufende Kosten, sind diese auf die Anzahl der Arbeitnehmer zu verteilen, die das Angebot annehmen könnten; diese Verteilung umfasst jene Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber, ggf. beschränkt auf eine vertraglich vereinbarte Höchstanzahl, eine Teilnahmeberechtigung einräumt.

Hinweis:

Bei der Aufteilung der laufenden Kosten auf die registrierten Arbeitnehmer haben Arbeitgeber monatlich zu prüfen, ob die laufenden Kosten ggf. neu zu berechnen sind (Änderung der registrierten Arbeitnehmer).

b) Zeitliche Verteilung einmaliger Kosten

Einmalige Kosten, die entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen für einen bestimmten Zeitraum entstehen, sind auf die Laufzeit gleichmäßig zu verteilen. Wird vertraglich kein bestimmter Zeitraum vereinbart, sind einmalige Kosten auf die Mindestvertragslaufzeit oder den Zeitraum bis zur frühestmöglichen Kündigung gleichmäßig zu verteilen. Anschließend sind diese Kosten unter Berücksichtigung der unter a) genannten Grundsätze auf die Arbeitnehmer aufzuteilen.

Sind dem Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der registrierten Arbeitnehmer einmalige Kosten entstanden, bestehen keine Bedenken, wenn bei der Ermittlung der anteiligen Kosten für alle Arbeitnehmer, die das Angebot annehmen könnten, auf die Anzahl der Arbeitnehmer zum Vertragsabschluss oder zu einem hierfür vertraglich festgelegten Zeitpunkt abgestellt wird. Dies gilt auch, wenn sich die tatsächliche Anzahl der Arbeitnehmer im Laufe der Vertragslaufzeit ändert.

c) Zurechnung

Ein geldwerter Vorteil entsteht nur für Arbeitnehmer, die das Angebot tatsächlich angenommen haben. Auf die tatsächliche Nutzung der einzelnen Angebote durch den Arbeitnehmer kommt es nicht an.


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Wichtiger Praxishinweis bei erteilten und aktuellen Anrufungsauskünften:

Es ist möglich, dass die bisherige steuerliche Beurteilung dazu geführt hat, dass die obengenannten Kosten bisher nach Rz. 3 des zur Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezug nicht als geldwerter Vorteil und damit nicht als Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern angesehen worden sind, sondern als „notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers“ beurteilt worden sind (quasi als „Setup-Gebühr“ wie bei Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten).

Aufgrund der abweichend oben dargestellten Auffassung sind die bereits in der Vergangenheit erteilten Anrufungsauskünfte zu überprüfen und mit Wirkung für die Zukunft entsprechend zu ändern. Bezüglich des genauen Zeitpunkts sollte jedoch berücksichtigt werden, dass dem Arbeitgeber dabei Gelegenheit zu geben ist, im Vertrauen auf die erteilte Auskunft getroffene lohnsteuerliche Dispositionen rückgängig zu machen. Bei Anrufungsauskünften, die aktuell eingehen, ist die oben angegebene Auffassung zu vertreten.

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 2334 -14 - 2025 - 3806

Fundstelle(n):
DAAAJ-99439