Instanzenzug: LG Bad Kreuznach Az: 2 KLs 1042 Js 9360/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten R. unter Freispruch im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung beider Angeklagter in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten, die jeweils die Verletzung materiellen Rechts beanstanden, haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen beschaffte der Angeklagte R. im Juli 2023 für Mitangeklagte rund 20,4 Kilogramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 1.388,6 Gramm Amphetaminbase und ließ es durch den Angeklagten S. zum Übergabeort bringen (Fall 2 der Urteilsgründe). Zudem verwahrte der Angeklagte R. in seiner Wohnung überwiegend zum gewinnbringenden Weiterverkauf rund 1,2 Kilogramm Amphetamin mit einem Basegehalt von 90,11 Gramm, 92,53 Gramm Marihuana mit einem Gehalt von 8,41 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC), 80,11 Gramm Haschisch mit 19,8 Gramm THC sowie Ecstasy- und LSD-Tabletten und MDMA-Kristalle. Lediglich 63,4 Gramm Amphetamin (4,5 Gramm Base) und 34,53 Gramm Cannabis (5,642 Gramm THC) davon waren neben 2,53 Gramm Kokain für den Eigenkonsum bestimmt (Fall 3 der Urteilsgründe). Der Angeklagte S. bewahrte in seiner Wohnung außer mehreren Messern zu Verteidigungszwecken rund 7,8 Kilogramm Amphetamin mit 786,3 Gramm Base, 2,2 Kilogramm Marihuana mit 258 Gramm THC und 2,9 Kilogramm Haschisch mit 816,9 Gramm THC für den Angeklagten R. in dem Wissen auf, dass die Stoffe für den Weiterverkauf bestimmt waren. Für den eigenen Konsum hatte er rund 173 Gramm Amphetamin und 7 Gramm Marihuana in der Wohnung (Fall 4 der Urteilsgründe).
32. Die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrügen hat in Bezug auf die Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Allerdings sind die Schuldsprüche infolge des am nach der Urteilsverkündung in Kraft getretenen und gemäß § 354a StPO, § 2 Abs. 3 StGB im Revisionsverfahren zu beachtenden Cannabisgesetzes vom (BGBl. 2024 I Nr. 109) entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Dies entzieht hinsichtlich des Angeklagten S. der für Fall 4 festgesetzten Einzelstrafe, der Gesamtstrafe und der Anordnung der Sicherungsverwahrung die Grundlage. Der den Angeklagten R. betreffende Rechtsfolgenausspruch hat demgegenüber Bestand.
4a) Soweit der Angeklagte S. im Fall 4 der Urteilsgründe für den Angeklagten R. Marihuana und Haschisch aufbewahrte, ist ein strafbarer Besitz von Cannabis in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 und 4 KCanG, §§ 27, 52 StGB gegeben. Die darüber hinaus für den Eigenkonsum bestimmten 7 Gramm Marihuana, welche die in § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG genannte Menge nicht übersteigen, sind im Rahmen des Schuldspruchs nicht zu berücksichtigen und berühren den Schuldumfang nicht (s. im Einzelnen , juris Rn. 12 ff., 27). Daneben verbleibt es in Bezug auf das Amphetamin bei der Strafbarkeit wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der – bezogen auf den nicht zum Eigenkonsum bestimmten Anteil – tateinheitlich die Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinzutritt (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52 StGB).
5Die für die Tat verhängte Einzelstrafe ist aufzuheben. Zwar ist die Strafe wegen des aufbewahrten Amphetamins wie zuvor dem Rahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der neuen Rechtslage auf eine geringere Strafe erkannt hätte, da sich mit der Gesetzesänderung der das Cannabis betreffende Unrechts- und Schuldgehalt verringert hat und die davon betroffene Menge gegenüber der Amphetaminmenge nicht ersichtlich untergeordnet ist.
6Der Wegfall der Einzelstrafe hat die Aufhebung der Gesamtstrafe und der Anordnung der Sicherungsverwahrung zur Folge; denn insoweit ist die Grundlage für die vom Landgericht nach § 66 Abs. 3 StGB getroffene Ermessensentscheidung entfallen und nicht auszuschließen, dass die Anordnung bei Berücksichtigung des geringeren Unrechts- und Schuldumfangs unterblieben wäre.
7b) Der Angeklagte R. hat sich im Fall 3 der Urteilsgründe entsprechend dem bisherigen Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln im Hinblick auf das größtenteils zum Weiterverkauf und im Übrigen für den Eigenkonsum vorgesehene Amphetamin sowie auf die sonstigen dem Betäubungsmittelgesetz fortlaufend unterfallenden Substanzen strafbar gemacht. Tateinheitlich hinzu tritt das Handeltreiben mit Cannabis bezüglich der dafür gelagerten Marihuana- und Haschischmengen. Dagegen ist der Besitz der zum eigenen Verbrauch vorgesehenen Teilmenge von 34,5 Gramm Cannabis mangels Überschreitung der in § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG normierten Grenze ungeachtet des darüberhinausgehenden Handelsvorrats straffrei (vgl. , juris).
8Die Schuldspruchänderung berührt den Rechtsfolgenausspruch beim Angeklagten R. nicht, weil das Cannabis gegenüber dem Amphetamin sowohl in Bezug auf die Gesamtmenge als auch hinsichtlich des Wirkstoffanteils von derart nachgeordneter Bedeutung ist, dass die Festsetzung geringerer Strafen durch das Landgericht bei aktueller rechtlicher Bewertung auszuschließen ist. Die strafschärfende Erwägung, dass der Angeklagte R. nicht bloß mit Amphetamin, sondern auch mit Cannabis – in nicht geringer Menge (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG) – sowie mit Ecstasy und LSD-Pillen handelte, gilt unabhängig von der neuen Gesetzeslage fort.
9Danach hat, wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts näher ausgeführt, die den Angeklagten R. betreffende Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB ebenfalls Bestand.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090725B3STR349.24.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-99322