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FG München  v. - 4 K 702/24

Gesetze: BayGrStG Art. 1 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 1 Abs. 2, BayGrStG Art. 1 Abs. 3, BayGrStG Art. 3 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 3 Abs. 2, BayGrStG Art. 4 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 4 Abs. 1 S. 2, BayGrStG Art. 6 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 6 Abs. 2 S. 1, BayGrStG Art. 7 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 8 Abs. 1 S. 1, BayGrStG Art. 8 Abs. 1 S. 2, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 105 Abs. 2 S. 1, GG Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7, GG Art. 125b Abs. 3, AO § 163, AO § 227, GrStG § 32, GrStG § 33, GrStG § 34

Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen GrundsteuergesetzesBayGrStG – vom (GVBl. S. 638, BayRS 611-7-2-F) zur Ermittlung der Grundsteuer B (im Streitfall: Einfamilienhaus mit Garage)

Leitsatz

1. Die Regelungen im Bayerischen Grundsteuergesetz zu den Äquivalenzbeträgen der Grundsteuer B (Grundstücke des Grundvermögens), die von den bundesrechtlichen Regelungen des Grundsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes abweichen, sind sowohl formell als auch materiell verfassungskonform und verstoßen insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausgestaltung der Grundsteuer B in Bayern als wertunabhängiges Flächenmodell ist vom Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt und mit dem Grundsatz der Lastenfreiheit vereinbar. Eine Berücksichtigung der Grundstückswerte bei der Bemessung der Grundsteuer ist nicht zwingend geboten; eine Bemessung der Grundsteuer anhand der wertunabhängigen Grundstücks- und Gebäudeflächen ist folgerichtig und entspricht einer realitäts- und gleichheitsgerechten Bemessungsgrundlage.

2. Aus Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG kann kein „abweichungsfester Kern” abgeleitet werden, wonach die Grundsteuer in ihren Grundzügen nach dem bisherigen wertabhängigen Verfahren zu ermitteln wäre (vgl. ). Vielmehr sollte mit Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG eine „umfassende abweichende Regelungskompetenz” eröffnet werden.

3. Das BayGrStG lässt sowohl den Belastungsgrund – die Möglichkeit zur Nutzung der allgemeinen gemeindlichen Infrastruktur und der Inanspruchnahme von kommunalen Leistungen – als auch das Bemessungsziel hinreichend deutlich erkennen. Durch die Bemessung der Grundsteuer B anhand des wertunabhängigen Flächenmodells erfolgt eine folgerichtige und realitätsgerechte Abbildung des Belastungsgrundes in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander. Die Begründung des Gesetzgebers, wonach den einzelnen Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern in der Regel umso mehr Aufwand für bestimmte lokale öffentliche Leistungen ihrer Gemeinde zuordenbar ist, je größer das zu besteuernde Grundstück ist (Bayerischer Landtag, LT-Drs. 18/15755, S. 11), ist bei typisierender Betrachtungsweise realitätsgerecht.

4. Auch die Differenzierung bei den Äquivalenzzahlen nach Art. 3 BayGrStG nach der Fläche des Grund und Bodens (Äquivalenzzahl grundsätzlich 0,04 EUR je m²) und Gebäudeflächen (Äquivalenzzahl 0,50 EUR je m²) begegnet keinen (insbesondere verfassungsrechtlichen) Bedenken. Eine erheblich höhere Äquivalenzzahl für bebaute Grundstücke ist realitätsgerecht, da von den Personen, die das Gebäude als Wohn- oder Nutzfläche nutzen, im Regelfall eine größere Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur und höhere Aufwendungen zu erwarten sind als von einem unbebauten Grundstück.

5. Dass das BayGrStG die individuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen Grundstückseigentümer und deren persönliche Verhältnisse unberücksichtigt lässt, ergibt sich in zulässiger Weise aus der Ausgestaltung der Grundsteuer als Objektsteuer. Um im Einzelfall unverhältnismäßige Steuerfestsetzungen zu vermeiden, können die Gemeinden bei der Erhebung Ansprüche aus dem Grundsteuerschuldverhältnis gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG erlassen, soweit nach dem durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Systemwechsel nach Lage des einzelnen Falles eine unangemessen hohe Steuerbelastung eintritt.

6. Eine Regelung zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks ist beim wertunabhängigen Flächenmodell nicht geboten und wäre darüber hinaus nicht folgerichtig.

7. Dass für Wohnflächen die Grundsteuermesszahl nur 70 %, für Grund und Bodens dagegen 100 % beträgt (Art. 4 Abs. 1 BayGrStG), ist sachlich gerechtfertigt; mit der niedrigeren Steuermesszahl für Wohnflächen möchte der Gesetzgeber das Bedürfnis der Bevölkerung nach bezahlbarem Wohnraum fördern.

Fundstelle(n):
MAAAJ-99222

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