Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes -BayGrStG- vom (GVBl. S. 638, BayRS 611-7-2-F)
zur Ermittlung der Grundsteuer B
Leitsatz
1. Die Regelungen im Bayerischen Grundsteuergesetz zu den Äquivalenzbeträgen der Grundsteuer B (Grundstücke des Grundvermögens),
die von den bundesrechtlichen Regelungen des Grundsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes abweichen, sind sowohl formell
als auch materiell verfassungskonform und verstoßen insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs.
1 GG. Die Ausgestaltung der Grundsteuer B in Bayern als wertunabhängiges Flächenmodell ist vom Entscheidungsspielraum des
Gesetzgebers gedeckt und mit dem Grundsatz der Lastenfreiheit vereinbar. Eine Berücksichtigung der Grundstückswerte bei der
Bemessung der Grundsteuer ist nicht zwingend geboten; eine Bemessung der Grundsteuer anhand der wertunabhängigen Grundstücks-
und Gebäudeflächen ist folgerichtig und entspricht einer realitäts- und gleichheitsgerechten Bemessungsgrundlage.
2. Aus Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG kann kein „abweichungsfester Kern” abgeleitet werden, wonach die Grundsteuer in ihren Grundzügen
nach dem bisherigen wertabhängigen Verfahren zu ermitteln wäre (vgl. ). Vielmehr
sollte mit Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG eine „umfassende abweichende Regelungskompetenz” eröffnet werden.
3. Das BayGrStG lässt sowohl den Belastungsgrund –die Möglichkeit zur Nutzung der allgemeinen gemeindlichen Infrastruktur
und der Inanspruchnahme von kommunalen Leistungen– als auch das Bemessungsziel hinreichend deutlich erkennen. Durch die Bemessung
der Grundsteuer B anhand des wertunabhängigen Flächenmodells erfolgt eine folgerichtige und realitätsgerechte Abbildung des
Belastungsgrundes in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander. Die Begründung des Gesetzgebers, wonach den einzelnen Grundstückseigentümerinnen
und Grundstückseigentümern in der Regel umso mehr Aufwand für bestimmte lokale öffentliche Leistungen ihrer Gemeinde zuordenbar
ist, je größer das zu besteuernde Grundstück ist (Bayerischer Landtag, LT-Drs. 18/15755, S. 11), ist bei typisierender Betrachtungsweise
realitätsgerecht. Soweit für bestimmte Städte und Gemeinden insgesamt über- oder unterdurchschnittliche Aufwendungen im Vergleich
zu anderen Kommunen entstehen, kann dies durch eine entsprechende Anpassung der Hebesätze berücksichtigt werden.
4. Auch die Differenzierung bei den Äquivalenzzahlen nach Art. 3 BayGrStG nach der Fläche des Grund und Bodens (Äquivalenzzahl
grundsätzlich 0,04 EUR je m²) und Gebäudeflächen (Äquivalenzzahl 0,50 EUR je m²) begegnet keinen (insbesondere verfassungsrechtlichen)
Bedenken.
5. Dass das BayGrStG die individuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen Grundstückseigentümer und deren persönliche Verhältnisse
unberücksichtigt lässt, ergibt sich in zulässiger Weise aus der Ausgestaltung der Grundsteuer als Objektsteuer.
6. Eine Regelung zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks ist beim wertunabhängigen Flächenmodell nicht
geboten und wäre darüber hinaus nicht folgerichtig.
7. Dass für Wohnflächen die Grundsteuermesszahl nur 70 %, für Grund und Bodens dagegen 100 % beträgt (Art. 4 Abs. 1 BayGrStG),
ist sachlich gerechtfertigt; mit der niedrigeren Steuermesszahl für Wohnflächen möchte der Gesetzgeber das Bedürfnis der Bevölkerung
nach bezahlbarem Wohnraum fördern.
Fundstelle(n): CAAAJ-99221
In den folgenden Produkten ist das Dokument enthalten:
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende
NWB-Paket und testen Sie dieses
kostenfrei