Unzulässige Revision
Instanzenzug: ArbG Chemnitz Az: 11 Ca 1685/22 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 252/23 Urteil
Gründe
1Die Parteien streiten zuletzt noch über einen Anspruch des Klägers auf eine persönliche Zulage nach § 14 TVöD-AT.
2I. Der Kläger war in der Zeit vom bis bei dem Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme ua. nach den jeweils geltenden Tarifverträgen, die von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für den Bereich des für den Arbeitgeber zuständigen Kommunalen Arbeitgeberverbands mit diesem abgeschlossen werden.
3Jedenfalls seit dem Jahr 2012 war der Kläger als Sachbearbeiter Wasserrecht im Referat „Wasserbau, Gewässer- und Hochwasserschutz“ der Abteilung „Umwelt, Forst und Landwirtschaft“ eingesetzt. Seit dem erhielt er Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD-AT (VKA). Einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA hat er nicht gestellt.
4Vom bis wurden dem Kläger mehrfach vertretungsweise die Aufgaben der ebenfalls im Referat „Wasserbau, Gewässer- und Hochwasserschutz“ beschäftigten Mitarbeiterin D vorübergehend übertragen. Diese Tätigkeit ist nach Entgeltgruppe 9b TVöD-AT (VKA) bewertet.
5Mit seiner Klage begehrt der Kläger - nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung - zuletzt noch die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Zulage nach § 14 TVöD-AT seit dem .
6Das Arbeitsgericht hat dem Kläger die Zulage für die Zeit vom bis und ab dem zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen sowie die Revision für den Kläger zugelassen.
7Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom Stellung genommen.
8II. Die Revision ist mangels ausreichender Begründung unzulässig. Sie war daher nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO zu verwerfen. Die Entscheidung konnte gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss ergehen.
91. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Allein die Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ebenso wenig wie die Wiedergabe des bisherigen Vorbringens. Es reicht auch nicht aus, wenn der Revisionsführer die tatsächlichen und/oder rechtlichen Würdigungen des Berufungsgerichts lediglich mit formelhaften Wendungen rügt. Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (st. Rspr., zB - Rn. 11 mwN; - 7 AZR 489/21 - Rn. 44; - 4 AZR 456/18 - Rn. 13 mwN; - 3 AZR 456/17 - Rn. 24; - 5 AZR 442/17 - Rn. 20 mwN, BAGE 165, 132).
102. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.
11a) Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, die Klage sei bereits deshalb unschlüssig, weil der Kläger zu den Voraussetzungen der vorübergehenden Übertragung einer „anderen Tätigkeit“ iSv. § 14 Abs. 1 TVöD-AT widersprüchlich vorgetragen habe. Der Kläger gehe trotz des Bestreitens des Beklagten auch in der Berufungsinstanz davon aus, dass ihm die Tätigkeiten von Frau D im Bereich Grundwassernutzung zusätzlich zu seinen eigenen Aufgaben im Bereich Trinkwasserschutz und nicht vollständig an deren Stelle übertragen worden seien. Diese Ansicht decke sich nicht mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen zu den zeitlichen Anteilen der ab dem übertragenen Aufgaben. Danach habe der Kläger ab dem zu mindestens 80 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten im Bereich Grundwassernutzung ausgeübt, welche ihm nach seinem Vorbringen seit 2016 nicht mehr übertragen gewesen sein sollen.
12Unabhängig hiervon und selbständig tragend hat das Landesarbeitsgericht die Klageabweisung zudem darauf gestützt, dass es auch an der zur Begründung des Anspruchs auf die begehrte Zulage erforderlichen Übertragung einer „höherwertigen Tätigkeit“ fehle. Beide Parteien gingen übereinstimmend davon aus, dass sowohl die Tätigkeit des Klägers als Sachbearbeiter Wasserrecht/Trinkwasserschutz als auch die Tätigkeit von Frau D als Sachbearbeiterin Wasserrecht/Grundwassernutzung die tariflichen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 9b TVöD-AT (VKA) erfüllten. Eine Eingruppierung des Klägers in diese Entgeltgruppe sei nur deshalb nicht erfolgt, weil er innerhalb der Ausschlussfrist des § 29b Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA keinen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt habe.
13b) Der Revisionsangriff des Klägers ist nicht geeignet, die gesamte Entscheidung in Frage zu stellen. Der Kläger setzt sich auf Seite 4 ff. der Revisionsbegründung ausschließlich mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts auseinander, es fehle bereits an der Übertragung einer „höherwertigen Tätigkeit“. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der vom Landesarbeitsgericht auf Seite 13 unter I B 2 b (1) der Urteilsgründe ausdrücklich gegebenen ersten und das angefochtene Urteil selbständig tragenden Begründung, die Klage sei bereits deshalb unschlüssig, weil der Kläger zu den Umständen, aufgrund derer die tarifliche Voraussetzung der Übertragung einer „anderen Tätigkeit“ iSv. § 14 Abs. 1 TVöD-AT erfüllt sein solle, widersprüchlich vorgetragen habe, unterbleibt. Es fehlt insoweit an einer Darlegung in der Revisionsbegründung, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung auch hinsichtlich dieses Begründungsansatzes fehlerhaft sein soll, was zur Unzulässigkeit der Revision führt.
14c) Hieran kann auch der Schriftsatz des Klägers vom , mit dem er erstmalig zu der ersten selbständig tragenden Begründung des Landesarbeitsgerichts Stellung nimmt, nichts ändern. Dieses Vorbringen erfolgte nach Ablauf der durch Beschluss vom gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bis zum verlängerten Revisionsbegründungsfrist. Nach Ablauf der Frist zur Begründung der Revision war eine den aufgezeigten Anforderungen Rechnung tragende Ergänzung der Begründung ausgeschlossen. Materiell-rechtliche Sachrügen können nur „nachgeschoben“ werden, wenn die Revision zulässig ist (vgl. zB - Rn. 17 mwN).
15Mit dem Hinweis des Senats hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt.
16III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:260825.B.6AZR86.25.0
Fundstelle(n):
BAAAJ-99016