Instanzenzug: Az: 2 KLs 7/22
Gründe
1Das Landgericht hat – jeweils unter Einbeziehung anderweitig verhängter Strafen – die Angeklagten B. und M. S. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren und neun Monaten bzw. von sechs Jahren verurteilt. Die Angeklagte J. S. hat es wegen Beihilfe zum schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach Auflösung einer nachträglichen Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einem Strafbefehl vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es aus zwei weiteren rechtskräftigen Geldstrafen aus Verurteilungen vom und vom eine Gesamtgeldstrafe gebildet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten J. S. erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie – ebenso wie die Revisionen der Angeklagten B. und M. S. insgesamt – unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagte J. S. haben keinen Bestand.
3a) Nach den Feststellungen beging die Angeklagte die hier abgeurteilte Tat am . In der Folgezeit wurde sie wegen drei weiterer Taten zu Geldstrafen verurteilt, nämlich durch Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, wegen einer am begangenen Tat durch zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen sowie wegen einer am begangenen Tat durch Urteil des Amtsgerichts Syke vom zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Aus diesen Geldstrafen bildete das Amtsgericht Delmenhorst sodann mit Beschluss vom eine Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen. Außerdem wurde die Angeklagte wegen zweier Taten, deren Tatzeiten die Strafkammer nicht mitteilt, durch ein weiteres Urteil des Amtsgerichts Syke vom zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt, die – anders als die weiteren Geldstrafen – bereits vollstreckt ist. Für die hier abgeurteilte Tat hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt und hieraus nach Auflösung der nachträglichen Gesamtstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Delmenhorst vom nur unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten gebildet und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Aus den nach dem Auflösen der Gesamtgeldstrafe aus dem Beschluss vom verbleibenden Einzelgeldstrafen vom und vom hat es eine (weitere) Gesamtgeldstrafe in Höhe von 55 Tagessätzen gebildet.
4b) Die Gesamtstrafenaussprüche sind jedenfalls insoweit rechtsfehlerhaft, als neben der hier abgeurteilten Tat auch sämtliche Taten, die im Jahr 2022 zur Verhängung bislang noch nicht vollstreckter Geldstrafen geführt haben, vor dem insoweit zäsurbildenden Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom begangen wurden, weshalb gemäß § 55 Abs. 1 StGB nachträglich aus sämtlichen vier Strafen gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden war (st. Rspr.; vgl. , NStZ-RR 2001, 368, 369; Beschluss vom – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193). In Ansehung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten, denen zufolge eine Vollstreckung der Geldstrafen im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht kommt, kann eine Beschwer durch die fehlerhaft unterbliebene Gesamtstrafenbildung auch nicht ausgeschlossen werden (vgl. Rn. 6). Ob auch die durch Urteil des Amtsgerichts Syke vom verhängten Einzelstrafen in die nachträgliche Gesamtstrafe einzubeziehen waren, vermag der Senat nicht abschließend zu prüfen, weil die Strafkammer die zugehörigen Tatzeiten nicht mitgeteilt hat. Allein der Umstand, dass die Gesamtgeldstrafe vollstreckt ist, schließt eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung hier nicht aus (vgl. Rn. 3, 5 mwN; Beschluss vom – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370).
5c) Da lediglich über die Bildung der Gesamtstrafe erneut zu befinden ist, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Entscheidung hierüber gemäß § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO in das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Dabei wird der zuständige Richter auch das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO in den Blick zu nehmen und zu beachten haben, dass der Angeklagten auch im Fall einer fehlerhaften nachträglichen Gesamtstrafenbildung ein hierdurch erlangter Vorteil auf ihr Rechtsmittel nicht mehr genommen werden darf (vgl. Rn. 9).
6d) Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten J. S. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
72. Die Revisionen der Angeklagten B. und M. S. bleibt aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt (§ 349 Abs. 2 StPO).
Quentin Sturm Scheuß
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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:300725B4STR211.25.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-98827