Instanzenzug: Az: IX ZR 201/23 Urteilvorgehend Az: I-2 U 124/22 Urteilvorgehend Az: 4c O 48/21 Urteil
Gründe
1Über die statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge entscheidet der Senat in der nach seinen Mitwirkungsgrundsätzen gemäß § 21g GVG berufenen regulären Spruchgruppe und nicht in derselben Besetzung wie in der angegriffenen Entscheidung, bei der ein Mitglied durch Urlaub an der Mitwirkung verhindert war (vgl. , NJW-RR 2006, 63, 64; BeckOK-ZPO/Bacher, 2025, § 321a Rn. 53). Die Anhörungsrüge ist unbegründet.
21. Die Klägerin rügt, die Ausführungen im Senatsurteil vom könnten dahingehend interpretiert werden, dass sie gegen eine Berücksichtigung der Einkaufskosten von Chargen, die zur Erzielung des entgangenen Gewinns gedacht gewesen seien, im Rahmen des Schadensersatzes sprechen. Ein solches Verständnis stünde in klarem Widerspruch zu der Schadensberechnung der Klägerin und wäre nur damit zu erklären, dass der Senat diese nicht (richtig) zur Kenntnis genommen habe.
3Eine Gehörsverletzung ergibt sich daraus nicht. Der Senat hat das entsprechende Vorbringen der Klägerin vollständig berücksichtigt. Anders als die Anhörungsrüge meint, geht der Satz, dass entgangener Gewinn und Einkaufskosten nicht zusammengezählt werden dürfen (vgl. , WM 2025, 592 Rn. 31), nicht am Sachverhalt des Streitfalls vorbei. Der Senat hat das Berufungsurteil im Hinblick auf die Einkaufskosten deshalb aufgehoben, weil das Berufungsgericht sich für die Kausalität des Schadens allein auf eine wegen Zeitablaufs erforderliche Vernichtung der Chargen gestützt und keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Chargen nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zur Erzielung eines Gewinns eingesetzt worden wären. Dies schließt - nachdem der Senat keine eigene Sachentscheidung getroffen, sondern die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat - nicht aus, Schadensersatz in Höhe der Einkaufskosten mit einer anderen Begründung zuzusprechen, etwa deshalb, weil die Klägerin die entsprechenden Chargen nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge veräußert und insoweit neben dem entgangenen Gewinn Umsatzerlöse erzielt hätte, welche die Einkaufskosten gedeckt hätten. Daraus folgt gerade nicht, dass der Senat den Vortrag in der Klageschrift nicht wahrgenommen und in Erwägung gezogen hätte.
42. Soweit sich die Anhörungsrüge darüber hinaus gegen einen Teil der Begründung wendet, mit welcher eine Drittschadensliquidation im Rahmen des Anspruchs aus § 945 ZPO abgelehnt worden ist, liegt ebenfalls keine Gehörsverletzung vor. Der Senat hat seine Rechtsauffassung unter anderem damit begründet, dass kein schutzwürdiges Interesse des Antragsgegners oder des Dritten ersichtlich ist, auch solche Schäden im Wege der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 945 ZPO liquidieren zu können, die aus Sicht des Schädigers nicht auf einer zufälligen Schadensverlagerung beruhen. Wollte man dies anders sehen, wäre dem Antragsgegner die Möglichkeit eröffnet, nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung den Schadensersatzanspruch gegen den Antragsteller durch Vereinbarungen mit Dritten willkürlich zu gestalten und damit die verschuldensunabhängige Haftung unübersehbar auszuweiten (, WM 2025, 592 Rn. 55).
5a) Insoweit rügt die Klägerin, so wenig es gegen diese Überlegung an sich zu erinnern gebe, so sehr treffe sie doch nicht den Streitfall, wie er sich revisionsrechtlich darstelle. Nach dem unwiderlegten Klagevortrag gehe es hier um die Verpachtung des Betriebs der Klägerin an eine Schwestergesellschaft, die weder im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch getätigt worden sei noch irgendeinen Raum für eine willkürliche Gestaltung des Schadensersatzanspruchs oder überhaupt dessen Ausdehnung zulasse. Vielmehr bleibe der Schaden in Form der unveränderten betrieblichen Umstände einschließlich der Kostenstruktur exakt derselbe, wie er auch ohne die Verpachtung entstanden wäre.
6b) Entgegen der Auffassung der Anhörungsrüge hat der Senat diesen Vortrag nicht außer Acht gelassen. Er hat vielmehr die Rechtsfrage der Anwendbarkeit der Grundsätze der Drittschadensliquidation auch mit einer vom konkreten Fall losgelösten Erwägung beantwortet. Da das Revisionsgericht nur zu prüfen hat, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 545 ZPO), stellt es keine Gehörsverletzung dar, wenn zur Beantwortung der Rechtsfrage Gestaltungen und Auswirkungen in Betracht gezogen werden, die im Einzelfall nicht vorliegen mögen und sich die behaupteten Besonderheiten des Einzelfalls auf die Beantwortung der Rechtsfrage nicht auswirken.
Schoppmeyer Möhring Röhl
Harms Weinland
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:100725BIXZR201.23.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-97908