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BSG Urteil v. - B 1 KR 25/23 R

Instanzenzug: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 9 KR 186/19 KL Urteil

Tatbestand

1Die klagende Krankenhausträgerin wendet sich gegen die Wirksamkeit der "Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 SGB V" (im Folgenden: Notfallstufen-Regelungen).

2Die am zur Umsetzung des in § 136c Abs 4 SGB V erteilten Auftrags beschlossenen, am in Kraft getretenen Regelungen des beklagten Gemeinsamen Bundesausschusses definieren Anforderungen zum Erreichen von drei Stufen der Notfallversorgung. Diese Stufen unterscheiden die Notfallversorgung hinsichtlich der Art und des Umfangs der verschiedenen Notfallvorhaltungen in die Basisnotfallversorgung (Stufe 1, §§ 8 ff Notfallstufen-Regelungen), die erweiterte Notfallversorgung (Stufe 2, §§ 13 ff Notfallstufen-Regelungen) und die umfassende Notfallversorgung (Stufe 3, §§ 18 ff Notfallstufen-Regelungen). Darüber hinaus kann die Versorgung besonderer stationärer Notfälle auch strukturiert durch Krankenhäuser erfolgen, die zwar nicht die Anforderungen der drei Stufen, aber die besonderen Vorgaben eines Moduls in Abschnitt VI (spezielle Notfallversorgung, §§ 23 ff Notfallstufen-Regelungen) erfüllen. Hierzu zählen spezialisierte Kliniken wie überregionale Traumazentren (§ 24 Notfallstufen-Regelungen - Modul Schwerverletztenversorgung) sowie Krankenhäuser mit Stroke Units (§ 27 Notfallstufen-Regelungen - Modul Schlaganfallversorgung) oder einer Chest Pain Unit (§ 28 Notfallstufen-Regelungen - Modul Durchblutungsstörungen am Herzen). In einem weiteren Modul Spezialversorgung (§ 26 Notfallstufen-Regelungen) sind Regelungen für Krankenhäuser enthalten, die weder die Voraussetzung einer Notfallversorgungsstufe noch eines der anderen Module des Abschnitts VI enthalten. Diese Krankenhäuser nehmen nach § 26 Abs 1 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen an der strukturierten Notfallversorgung teil und es werden keine Abschläge erhoben. Zu den Anforderungen an die Basisnotfallversorgung legt der Beschluss unter anderem fest, dass die betreffenden Krankenhäuser mindestens über die Fachabteilungen Chirurgie oder Unfallchirurgie und Innere Medizin am Standort verfügen müssen (§ 8 Notfallstufen-Regelungen). Eine Fachabteilung setzt dabei angestellte Ärzte des Krankenhauses voraus, die 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche innerhalb von 30 Minuten am Patienten verfügbar sind (§ 5 Abs 2 Nr 2 Notfallstufen-Regelungen). Sofern ein Krankenhaus keiner der beschriebenen Stufen zuzuordnen ist und keine der Voraussetzungen eines Moduls in Abschnitt VI erfüllt, nimmt es gemäß § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen nicht an dem gestuften System von Notfallstrukturen nach Maßgabe der Notfallstufen-Regelungen teil. § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen nennt als Ziel der Regelungen, dass bei einer Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung verbindliche Abschläge zu erheben sind.

3Auf der Grundlage dieses Stufensystems schlossen der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) am die zum in Kraft getretene "Vereinbarung über Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung gemäß § 9 Absatz 1a Nummer 5 KHEntgG i.V.m. § 136c Absatz 4 SGB V (Notfallstufenvergütungsvereinbarung)". Krankenhäuser, die eine der definierten Stufen der Notfallversorgung erreichen, erhalten nach § 3 Abs 1 Notfallstufenvergütungsvereinbarung abgestufte jährliche Zuschlagspauschalen in Höhe von 153 000 Euro (Stufe 1), von 459 000 Euro (Stufe 2) und von 688 500 Euro (Stufe 3). Im Falle der Nichtteilnahme eines Krankenhausstandortes an der strukturierten Notfallversorgung nach § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen erfolgt für jeden vollstationären Behandlungsfall ein Rechnungsabschlag in Höhe von 60 Euro nach § 2 Abs 1 Satz 1 iVm § 1 Abs 1 Satz 2 Nr 7 Notfallstufenvergütungsvereinbarung.

4Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Nr 2 SGB V zugelassenen, als reines Belegkrankenhaus geführten Fachkrankenhauses für Augenheilkunde. Das Krankenhaus ist mit 47 Planbetten in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen. Es erfüllt die Anforderungen an die Basisnotfallversorgung mangels angestellter Ärzte und mangels bestehender Fachabteilungen für Chirurgie oder Unfallchirurgie sowie Innere Medizin nicht.

5Das LSG hat die am erhobene Klage der Klägerin auf Feststellung der Nichtigkeit der Abschnitte I bis III des Beschlusses des Beklagten abgewiesen. Die Normenfeststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Die Notfallstufen-Regelungen begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung könne der Gesetzgeber den Beklagten zur Normsetzung ermächtigen. Die Ermächtigung nach § 136c Abs 4 SGB V sei auch hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe formell ordnungsgemäß unter Beachtung seines normativen Gestaltungsspielraums ermächtigungskonform die Notfallstufen rechtmäßig geregelt (Urteil vom ).

6Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit des § 136c Abs 4 SGB V. Es fehle an der hinreichenden demokratischen Legitimation des Beklagten zum Erlass derart grundrechtsrelevanter Entscheidungen. Die Norm genüge in der Zusammenschau mit § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG auch nicht dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Der Gesetzgeber wälze wesentliche grundrechtsrelevante Entscheidungen auf Dritte ab. Es fehlten konkrete Vorgaben dazu, nach welchen Kriterien das "differenzierte" gestufte System einer Notfallversorgung gestaltet sein solle. Nicht ausreichend sei die Beteiligung von medizinischen "Fachgesellschaften", denen Betroffene nicht zwingend angehören müssten und die deren spezifische Interessen nicht unbedingt verträten. Der Gesetzgeber genüge mit der Vorgabe der "Berücksichtigung" einer vom Beklagten beauftragten Folgenabwägung ohne eigene Befassung hiermit seiner Kontroll- und Beobachtungspflicht nicht. Des Weiteren rügt die Klägerin eine Überschreitung der Ermächtigungsnorm des § 136c Abs 4 SGB V durch den Beschluss des Beklagten. Dieser genüge nicht dem gesetzlichen Auftrag der Schaffung eines "differenzierten" Systems von Notfallstrukturen. Die Aufteilung zwischen verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens in § 136c Abs 4 SGB V einerseits und § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG andererseits verkürze die Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen unzulässig. Der Beklagte verletze den ihm als Normersatzgeber eingeräumten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum und verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, indem er mit Blick auf die Besonderheiten spezieller Fachkrankenhäuser eine Schaffung von Ausnahmeregelungen von der Teilnahme an der Notfallversorgung bzw zumindest von der Pflicht zur Zahlung eines Abschlags unterlassen habe.

7Nachdem die Klägerin zunächst ihr Begehren auf Nichtigkeitsfeststellung der Abschnitte I bis III der Notfallstufen-Regelungen unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung weiterverfolgt hatte, hat sie ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung am beschränkt.

10Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Gründe

11Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

12A. Gemäß § 17a Abs 5 GVG prüft das Gericht, das - wie hier - über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

13Das LSG hat den Sozialrechtsweg aber auch zu Recht bejaht. Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Angelegenheiten der GKV sind Streitigkeiten, die entweder die versicherungs- oder leistungsrechtlichen Beziehungen der Krankenkassen zu ihren Mitgliedern und zu den Leistungserbringern auf der Grundlage des SGB V oder auch die Beziehungen der Leistungserbringer untereinander betreffen ( - SozR 4-1500 § 51 Nr 19 RdNr 15). Entscheidend ist, ob das Rechtsverhältnis dem speziellen Recht der GKV unterliegt, die Streitigkeit also ihre Grundlage im Recht der GKV hat und die maßgeblichen Normen dem Recht der GKV zuzuordnen sind (BSG, aaO, mit Verweis auf - juris RdNr 30 und 3 B 31.21 - BVerwGE 176, 66, RdNr 26; siehe zuletzt ausführlich in einer Rechtswegbeschwerde zu § 136b Abs 5a SGB V 3 B 1.25 - juris, insbesondere RdNr 5 mwN). Dies ist hier der Fall. Rechtsgrundlage der von der Klägerin angegriffenen Notfallstufen-Regelungen des Beklagten ist § 136c Abs 4 SGB V, der dem Beklagten den Auftrag erteilt hat, ein gestuftes System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern zu beschließen, das leistungsrechtliche Beziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen ausgestaltet (näher zum mehrschrittig angelegten Regelungssystem unten RdNr 22). Der gesetzgeberische Wille, alle Klagen gegen Entscheidungen des Beklagten als Organ der Selbstverwaltung der GKV unabhängig von der darin geregelten Materie dem Sozialrecht zuzuordnen, zeigt sich zudem mittelbar in § 29 Abs 4 Nr 3 SGG, wonach für Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Beklagten das LSG Berlin-Brandenburg zuständig ist.

14B. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 Abs 1 Satz 1 und 2, Abs 2 Satz 1 und 3 iVm § 64 SGG).

151. Die Klägerin hat im Revisionsverfahren keine der Zulässigkeit entgegenstehende Klageänderung vorgenommen. Sie begehrt nach dem in der Revision beschränkten Antrag (nur noch) die Feststellung, dass § 1 Abs 1 Satz 3 und § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen (Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 SGB V, Beschluss des Beklagten vom , BAnz AT vom B4, zuletzt geändert durch Beschluss vom , BAnz AT B2) nichtig sind. Das klägerische Vorbringen, für Krankenhäuser wie das ihrige habe es einer Ausnahmeregelung von der Teilnahme an der Notfallversorgung oder zumindest einer Ausnahme von der Pflicht zur Zahlung eines Abschlags bedurft, dient nur der Begründung des zunächst weiter gefassten, die Nichtigkeit der Abschnitte I bis III der Notfallstufen-Regelungen umfassenden, Feststellungsantrages. Es stellt aber im Sinne des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs keine Änderung des Streitgegenstandes und damit keine im Revisionsverfahren unzulässige (§ 168 Satz 1 SGG) Klageänderung von einer Normenfeststellungsklage hin zu einer Normenerlassklage dar.

162. Die Revisionsbegründung genügt auch den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Sie hat die Unverhältnismäßigkeit der vom Beklagten beschlossenen Notfallstufen-Regelungen geltend gemacht, aus denen sich für die Klägerin ein Vergütungsabschlag für jeden stationären Behandlungsfall ergibt. Dies hat die Klägerin auf den Umstand gestützt, dass Fach- und Belegkrankenhäuser die Anforderungen zumindest der Basisnotfallversorgung oder eines der Module nicht erfüllen könnten. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich auf die Verfassungswidrigkeit aufgrund fehlender demokratischer Legitimation, auf die Verletzung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes (Art 20 Abs 3, Art 12 Abs 1 GG) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art 20 Abs 3 GG) als hinreichend bestimmte Verfassungsgrundsätze sowie auf eine fehlerhafte Auslegung des § 136c Abs 4 SGB V als Norm des Bundesrechts stützt. Damit zeigt sie ausreichend auf, warum sie die Gründe des angefochtenen LSG-Urteils für unrichtig erachtet. Sie wird damit den im Beschluss des Großen Senats des aufgestellten Anforderungen gerecht (GS 1/17 - BSGE 127, 133 = SozR 4-1500 § 164 Nr 9, RdNr 33).

17Die Rüge der fehlerhaften Auslegung steht entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht im Widerspruch zur zuvor behaupteten Verfassungswidrigkeit der Norm, sondern es handelt sich lediglich um einen zweiten Begründungsstrang, dessen konsequente Befolgung die (aus der Sicht der Klägerin nur hypothetische) Annahme der Verfassungsmäßigkeit durch das Gericht unterstellen muss.

18C. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt.

19Die Klage ist als Normenfeststellungsklage statthaft. Die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 GG gebietet es, die Feststellungsklage gegen untergesetzliche Rechtsnormen als statthaft zuzulassen, wenn die Normbetroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm abzuwarten oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (stRspr; vgl - BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11 mwN). Erforderlich ist also ein besonderes - über das für die allgemeine Feststellungsklage zu fordernde Interesse hinausgehendes - Feststellungsinteresse (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 55 RdNr 10d).

201. Die streitgegenständlichen Regelungen des Beklagten sind untergesetzliche Rechtsnormen in diesem Sinne. Der Beklagte regelt hierin abstrakt-generell, welche Notfallstufen an welche Voraussetzungen geknüpft sind und in welchen Fällen eine Nichtteilnahme an der Notfallversorgung vorliegt. Die Regelungen sind auch außenwirksam. Sie sind als Beschluss ergangen. Dieser ist für die Träger des Beklagten, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer nach § 91 Abs 6 SGB V verbindlich (vgl zur Einordnung von Mindestmengenbestimmungen des Beklagten - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 25; - BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 12 f). Dass auch der Gesetzgeber von der grundsätzlichen Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen Rechtsnormen des Beklagten ausgeht, zeigt sich spätestens seit der mit der Änderung des SGG und des ArbGG vom (BGBl I 444) eingeführten Regelung des § 29 Abs 4 SGG unter Verzicht auf die Einführung einer § 47 VwGO entsprechenden Regelung im SGG (vgl - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BT-Drucks 16/7716 S 16 f "Zu Nummer 2"). Nach § 29 Abs 4 Nr 3 SGG ist für Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Beklagten das LSG Berlin-Brandenburg zuständig.

212. Die Klägerin hat auch ein besonderes Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit der § 1 Abs 1 Satz 3, § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen, jedenfalls soweit sie nach diesen Regelungen als nicht teilnehmend an der Notfallversorgung gilt und deshalb Vergütungsabschläge befürchten muss. Zwar tritt die Wirkung dieser Normen nicht bereits ohne anfechtbaren weiteren Vollzugsakt ein (dazu a); es ist ihr aber nicht zumutbar, solche Vollzugsakte abzuwarten (dazu b).

22a) Aus dem Beschluss selbst ergibt sich weder bereits unmittelbar die Einstufung in eine bestimmte Notfallstufe noch die Rechtsfolge eines Zu- oder Abschlags. Das tatsächliche Eintreten von Zu- und Abschlägen erfolgt vielmehr über ein mehrschrittiges Verfahren. So bestimmt zunächst § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG, dass - basierend auf dem Stufensystem des Beklagten - die Vertragsparteien auf Bundesebene die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung vereinbaren. Dem sind der GKV-Spitzenverband, der Verband der PKV sowie die DKG mit der Notfallstufenvergütungsvereinbarung vom ("Vereinbarung über Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung gemäß § 9 Absatz 1a Nummer 5 KHEntgG i.V.m. § 136c Absatz 4 SGB V") nachgekommen. Nach § 1 der Notfallstufenvergütungsvereinbarung prüfen die Parteien der Pflegesatzvereinbarung (§ 11 KHEntgG iVm § 18 Abs 2 KHG) die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen für eine Teilnahme an der Notfallversorgung für jeden Krankenhausstandort und stellen die Einstufung in die Notfallstufe bzw das Modul der speziellen Notfallversorgung in der Budgetverhandlung verbindlich fest. § 2 Notfallstufenvergütungsvereinbarung bestimmt im Falle der Feststellung der Nichtteilnahme eines Krankenhausstandortes an der Notfallversorgung sodann einen Rechnungsabschlag iHv 60 Euro für jeden vollstationären Behandlungsfall (Abs 1), der entsprechend eines von den Vertragsparteien auf Bundesebene zu vereinbarenden Entgeltschlüssels nach § 301 SGB V (Abs 2 Satz 1) gesondert in der jeweiligen Rechnung auszuweisen ist (Abs 2 Satz 2).

23b) Es ist der Klägerin nicht zumutbar, die Umsetzung der Regelungen des Beschlusses durch die Notfallstufenvergütungsvereinbarung auf Grundlage von § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG, durch die Budgetvereinbarung nach § 11 Abs 1 KHEntgG und den Abschlag für die Vergütung eines jeden Behandlungsfalles abzuwarten. Denn ihre Einwendungen würden sich auch auf den weiteren Regelungsebenen zur Umsetzung des Abschlags allein gegen die in den Notfallstufen-Regelungen festgelegten Bedingungen der Nichtteilnahme richten (vgl zu dem aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nur eingeschränkten Ausschluss einer Klage gegen den Beschluss des Beklagten bei der Nutzenbewertung nach § 35a Abs 8 SGB V - SozR 4-2500 § 35a Nr 6 RdNr 15 f, 36 ff, insbesondere RdNr 44; - SozR 4-2500 § 35a Nr 10 RdNr 13, für BSGE und SozR vorgesehen).

24aa) Aus dem Regelungssystem ergibt sich für betroffene Krankenhäuser eine Vielzahl denkbarer Angriffspunkte und Prozessbeteiligter. Neben der - hier gewählten - Klage gegen den Beschluss des Beklagten hätten etwaige Einwendungen zunächst im Rahmen der Vertragsverhandlungen für die (inzwischen abgeschlossene) Notfallstufenvergütungsvereinbarung vorgebracht werden können. Des Weiteren könnten die Krankenhäuser ihre Einwendungen im Rahmen der Vertragsverhandlungen bei der Feststellung der Notfallstufen nach § 1 Abs 1 Notfallstufenvergütungsvereinbarung geltend machen. In beiden Fällen gilt, dass bei einer Nichteinigung die Schiedsstelle entscheidet (§ 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntgG iVm § 18a Abs 6 KHG bzw § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufenvergütungsvereinbarung iVm § 18a Abs 1 KHG). Gegen die Entscheidung der Schiedsstelle ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 18a Abs 6 Satz 12 KHG; zur Klage gegen die den Schiedsspruch genehmigende Behörde vgl 3 C 16.12 - BVerwGE 146, 369 = Buchholz 451.75 KHEntgG Nr 4). Schließlich kann das Krankenhaus auch gegen die einzelne, mit einem Abschlag belegte Krankenhausabrechnung vorgehen, indem es durch die Nichtumsetzung der Vereinbarung das Risiko eines Rechtsstreits mit seinem Kostenschuldner eingeht. Hierfür wären bei gesetzlich Versicherten mit den jeweiligen Krankenkassen Rechtsstreite auf dem Sozialrechtsweg zu führen, für die übrigen Patienten (Versicherte in der PKV, Beihilfeberechtigte, Anspruchsberechtigte freier Heilfürsorge etc) wären Rechtsstreite über abschlagsfreie Rechnungen dem Zivilrechtsweg zugewiesen.

25bb) Auf allen Ebenen ist dabei jeweils inzident auch die Wirksamkeit der Notfallstufen-Regelungen des Beklagten zu prüfen.

26(1) Dies gilt insbesondere für die Notfallstufenvergütungsvereinbarung. Die Notfallstufen-Regelungen legen die Einstufung der Krankenhäuser in eine Stufe der Notfallversorgung oder ein Modul (dazu bereits oben RdNr 2) abschließend fest. Mit § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen ist auch vorgegeben, dass jedes Krankenhaus, welches keiner der Stufen oder Module zuzuordnen ist, nicht an dem gestuften System von Notfallstrukturen teilnimmt (näher dazu unten RdNr 76 f). Die nach § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG abzuschließende Vereinbarung auf Bundesebene über Zu- und Abschläge hat sich auf diese Einstufung zu "beziehen". Auch der Beklagte versteht das von ihm festgelegte System der Notfallstrukturen nach § 1 Abs 2 Notfallstufen-Regelungen als Grundlage für die Vereinbarung auf Bundesebene. Es bedarf hier keiner Entscheidung, inwiefern diese Vereinbarung innerhalb der vom Beklagten geregelten Stufen, insbesondere hinsichtlich der Nichtteilnahme, noch Differenzierungen bei den Zu- oder Abschlägen vorsehen kann. Den Regelungen des § 17b Abs 1a Nr 1 KHG, § 9 Abs 1 Nr 3, Abs 1a Nr 5 KHEntgG ist iVm der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/5372 S 3, 37, 69, 92) zu entnehmen, dass für den Fall der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung jedenfalls im Grundsatz ein Abschlag anfallen soll. In der Notfallstufenvergütungsvereinbarung sind Ausnahmen hiervon nicht vorgesehen.

27(2) Gleiches gilt für die Budgetebene. Die Klägerin erfüllt nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Notfallversorgung nach Maßgabe der Notfallstufen-Regelungen bereits aufgrund ihres auf das Gebiet der Augenheilkunde beschränkten Versorgungsauftrages nicht. Dieser Umstand stand zwischen den Beteiligten auch von Anfang an nicht im Streit. Aufgrund der Verbindlichkeit der Notfallstufen-Regelungen nach § 91 Abs 6 SGB V für die Klägerin sowie die Krankenkassen und ihre Verbände ist eine andere Einstufung des Krankenhauses der Klägerin auf der Ebene der Budgetvereinbarung nicht zulässig.

28Nach § 1 Notfallstufenvergütungsvereinbarung ist die Mitwirkung der Klägerin an der Feststellung der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung in der Budgetvereinbarung nach § 11 KHEntgG vorgesehen. Die Klägerin wäre gezwungen, sich einer solchen Feststellung trotz eindeutig und unstreitig vorliegender Voraussetzungen zu verweigern und Rechtsschutz gegen den vorherzusehenden Schiedsspruch zu suchen.

29(3) Schließlich gilt auch nichts anderes für die Abrechnungsebene der einzelnen Behandlungsfälle. Da nicht zu erwarten wäre, dass die Überprüfung des Schiedsspruchs zur Budgetvereinbarung vor der jeweiligen Leistungserbringung abgeschlossen wäre, müsste die Klägerin auf der Vergütungsebene parallel zu einem Rechtsstreit über die Budgetvereinbarung in jedem stationären Fall die abschlagsfreie Vergütung abrechnen und sich insoweit sehenden Auges einer Vielzahl von Rechtsstreiten über die Höhe der Vergütung aussetzen. In jedem dieser Verfahren wäre bei einem feststehenden Sachverhalt implizit die Nichtigkeit der hier angegriffenen Notfallstufen-Regelungen zu prüfen.

30cc) Es ist der Klägerin im Sinne effektiven Rechtsschutzes unzumutbar, bei einem - wie hier - feststehenden, zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalt mit klar vorgezeichneter, wenn auch nicht unmittelbar durch die Regelung eintretender Rechtsfolge, auf den Rechtsschutz gegen die Umsetzungsakte verwiesen zu werden. Die potentielle Befassung der Gerichte in drei Rechtswegen bei erheblichen Kostenrisiken mit letztlich ein und derselben übergeordneten Rechtsfrage - Nichtigkeit der Notfallstufen-Regelungen - begründet auch die Unzumutbarkeit des Verweises auf die Subsidiarität der Normenfeststellungsklage jedenfalls dann, wenn - wie hier - keine anderen Streitpunkte auf Tatbestandsebene vorliegen und die Entscheidung über die Nichtigkeit Auswirkungen auf eine Vielzahl von Einzelabrechnungen hat.

31D. Die Klage ist insoweit unbegründet, als die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit von § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen begehrt.

32§ 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen enthält unter der Überschrift "Ziel der Regelung" folgende Bestimmung: "Bei einer Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung sind verbindliche Abschläge zu erheben." Damit hat der Beklagte keine Regelung im Sinne einer Rechtsnorm getroffen. Der Beklagte war zur Anordnung von Zu- oder Abschlägen als Rechtsfolge des von ihm beschlossenen Stufensystems nicht befugt (dazu 1.). Nach dem Wortlaut der Bestimmung und einer systematischen Auslegung der Notfallstufen-Regelungen liegt eine eigenständige Regelung durch den Beklagten über die Rechtsfolgen der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung zwar nahe. Regelungen des Beklagten sind jedoch in den durch den Wortlaut eröffneten und durch die Entstehungsgeschichte sowie das Regelungssystem und den Regelungszweck gezogenen Grenzen ermächtigungskonform auszulegen. Es spricht nicht nur eine Vermutung dafür, dass normativ wirkende Regelungen des Beklagten mit der Ermächtigungsgrundlage vereinbar sind, sondern das in dieser Vermutung zum Ausdruck kommende Prinzip verlangt auch im Zweifel eine ermächtigungskonforme Auslegung dieser Regelungen (vgl zu diesem methodischen Vorgehen bei Parlamentsgesetzen - BVerfGE 2, 266, 282 = juris RdNr 40). Unter Einbeziehung der Tragenden Gründe zum Beschluss vom enthält § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen bei ermächtigungskonformer Auslegung eine lediglich deklaratorische Wiedergabe der gesetzgeberischen Absicht (dazu 2.).

331. § 136c Abs 4 SGB V ermächtigt den Beklagten allein zur Regelung eines gestuften Systems von Notfallstrukturen in Krankenhäusern, einschließlich einer Stufe für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung, nicht aber zur Regelung von sanktionierenden Rechtsfolgen, insbesondere auch nicht nach § 137 SGB V. § 136c Abs 4 SGB V ist zwar in einer Vorschrift geregelt, die die amtliche Überschrift "Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Qualitätssicherung und Krankenhausplanung" trägt. Die möglichen Sanktionen sind jedoch abweichend von § 137 Abs 1 SGB V, der auch auf die Qualitätsanforderungen nach § 136c SGB V verweist, abschließend in § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG geregelt (vgl RdNr 22). Dies folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte (vgl BT-Drucks 18/5372 S 66 und S 69 f), dem Regelungszweck und der Regelungssystematik. Das vom Beklagten nach § 136c Abs 4 SGB V festzulegende Notfallstufensystem zielt nicht darauf ab, den Krankenhäusern vorzugeben, eine bestimmte qualifizierte Notfallversorgung vorzuhalten. Es soll Voraussetzungen beschreiben, die eine Förderung (Zuschlag) bei qualifizierter Notfallversorgung gebieten und bei Nichteinhaltung der Anforderungen an die allgemeine Notfallversorgung zugunsten der Kostenträger eine Abschöpfung von Kostenvorteilen (Abschlag) für nicht vorgehaltene, finanziell belastende Vorkehrungen zur allgemeinen Notfallversorgung bedingen. Es gilt dabei, keine Pflicht durchzusetzen, was Voraussetzung für die Anwendung des § 137 SGB V wäre. Die Krankenhäuser sind nach den Notfallstufen-Regelungen zu Recht im Einklang mit § 136c Abs 4 SGB V nicht zur Einhaltung einer bestimmten qualifizierten Notfallversorgung verpflichtet worden. Die Notfallstufen-Regelungen dienen allein dazu, bestehende Strukturen der Krankenhäuser mit Blick auf die nach § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG zu veranlassenden Rechtsfolgen in einem Stufensystem wertend zu beschreiben (vgl BT-Drucks 18/5372 S 66; ausführlich zum Ganzen unten RdNr 45, 65 ff).

34Nach § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG haben die Vertragsparteien auf Bundesebene die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung zu vereinbaren. Die Zu- und Abschläge müssen sich auf das vom Beklagten zu beschließende Stufensystem beziehen. Der Gesetzgeber hat damit beide Regelungskompetenzen klar gegeneinander abgegrenzt und unterschiedlichen Beteiligten im System zugewiesen.

352. Der Wortlaut des § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen entspricht dem Charakter einer Rechtsnorm. An den Tatbestand "Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung" ist die Rechtsfolge "Erhebung verbindlicher Abschläge" geknüpft. Umgekehrt ist § 1 Abs 1 Satz 2 Notfallstufen-Regelungen zu entnehmen, dass Krankenhäuser bei der Teilnahme an der Notfallversorgung Zuschläge erhalten.

36Den Tragenden Gründen zum Beschluss ist allerdings zu entnehmen, dass der Beklagte mit § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen keine eigenständige Regelung über zu erhebende Abschläge treffen wollte. Er umschreibt dort den Inhalt des § 1 Abs 1 Notfallstufen-Regelungen dahingehend, dass der gesetzliche Auftrag an den Beklagten wiedergegeben sowie die Verbindung des zu entwickelnden Notfallstufensystems zu den Zu- und Abschlägen dargelegt werde. § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen wiederholt dabei im Übrigen fast wortgleich eine Passage aus der Gesetzesbegründung, wonach bei einer Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung verbindlich Abschläge nach § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG zu erheben sind (BT-Drucks 18/5372 S 92). Diese Passage befindet sich im Abschnitt I "Allgemeine Vorschrift". Die lediglich deklaratorische Absicht des Beklagten wird durch die von ihm vorgenommene Trennung zwischen dem "Ziel der Regelung" nach § 1 Notfallstufen-Regelungen und dem "Gegenstand der Regelung" in § 2 Notfallstufen-Regelungen untermauert. § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen beschränkt sich danach als bloßer Programmsatz auf eine Wiedergabe des in § 136c Abs 4 SGB V und § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG vom Gesetzgeber erteilten Auftrags und die Darlegung der Verbindung zu den auf dieser Grundlage von den Vertragsparteien zu vereinbarenden Zu- und Abschlägen.

37Ob die Notfallstufen-Regelungen, die an weiteren Stellen Vorgaben hinsichtlich Zu- und Abschlägen als Folge der Zuordnung eines Krankenhauses zu einer vom Beklagten festgelegten Stufe machen (§ 3 Abs 2 Satz 4, § 26 Abs 1, §§ 27 und 28 Notfallstufen-Regelungen), wegen Überschreitung der gesetzlichen Ermächtigung nichtig sind, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden.

38E. Im Übrigen ist die Klage begründet. § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen ist nichtig. § 136c Abs 4 SGB V ist von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt (dazu 1.). Der Beklagte war zur verbindlichen Regelung eines Systems von Notfallstrukturen im Krankenhaus noch hinreichend demokratisch legitimiert. § 136c Abs 4 SGB V ist mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu 2.). Der Gesetzgeber hat den Beklagten im Sinne einer sachlich-inhaltlichen Legitimation auch hinreichend normdicht für die Normsetzung angeleitet (dazu 3.). Der Beklagte hat den Normsetzungsauftrag des Gesetzgebers jedoch nicht hinreichend umgesetzt (dazu 4.).

391. Nach Art 74 Abs 1 Nr 19a GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze. Der Kompetenztitel umfasst lediglich einen Ausschnitt aus der Sachaufgabe der Krankenhausversorgung im Bereich finanzieller Fragen, nicht hingegen das Krankenhausplanungsrecht (dazu a). Die vom Beklagten nach § 136c Abs 4 SGB V zu beschließenden Regelungen haben eine allein entgeltrechtliche Relevanz (dazu b). Eine bundesrechtliche Regelung war auch erforderlich iS des Art 72 Abs 2 GG.

40a) Erfasst von Art 74 Abs 1 Nr 19a GG sind die Finanzhilfen und Entgelte für teilstationäre und stationäre Krankenbehandlung (vgl - BVerfGE 114, 196, 222 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 51 = juris RdNr 151). Der Bund hat danach lediglich Spielraum zur Regelung finanzieller Fragen erhalten. Die Bereiche der Krankenhausorganisation und Krankenhausplanung verbleiben dagegen nach der Grundregel des Art 70 Abs 1 GG in der Zuständigkeit der Länder (vgl - BVerfGE 83, 363, 379 = juris RdNr 60). Gesundheitspolitische Fernziele, die den allgemeinen Standard der Krankenhausversorgung weit übersteigen, können nicht mithilfe zwingender Mindestvoraussetzungen für die Aufnahme in den Krankenhausplan nach dem KHG durchgesetzt werden (vgl - BVerfGE 82, 209, 232 = juris RdNr 88). Der Bundesgesetzgeber hat auf Grundlage des Kompetenztitels des Art 74 Abs 1 Nr 19a GG insbesondere das KHG (vgl Entwurf eines Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze <KHG>, BT-Drucks VI/1874 S 10) und das KHEntgG erlassen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser <Fallpauschalengesetz - FPG>, zu Art 5 <KHEntgG> BT-Drucks 14/6893 S 38).

41b) Hiernach beruht auch § 136c Abs 4 SGB V auf einer ausreichenden, sich aus Art 74 Abs 1 Nr 19a GG ergebenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Eine mittelbare Auswirkung auf die GKV macht § 136c Abs 4 SGB V noch nicht zu einer Regelung, die der Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung unterfällt (dazu aa). Die Vorschrift ist allein Grundlage für preisrechtliche Regelungen zugunsten und zulasten der vom KHEntgG erfassten Krankenhäuser (dazu bb).

42aa) Die Einführung von § 136c Abs 4 SGB V iVm § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG erfolgte zum als Teil des Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) vom (BGBl I 2229; vgl auch Wollenschläger/Schmidl in GesR 2016, 542, 547). Regelungsauftrag des § 136c Abs 4 SGB V iVm § 9 Abs 1a KHEntgG ist entgegen der amtlichen Überschrift des § 136c SGB V - Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Qualitätssicherung und Krankenhausplanung - nicht die Qualitätssicherung, aber auch nicht die Krankenhausplanung. Vielmehr bezweckt dieser - als Parallelermächtigung zu den Sicherstellungszuschlagsbeschlüssen nach § 136c Abs 3 SGB V - eine finanzielle Unterstützung für die Vorhaltung von Strukturen. Diese Unterstützung ist über Zuschläge (hier nach § 17b Abs 1a Nr 1 KHG und § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG) von den Vertragspartnern auf Bundesebene zu vereinbaren (Roters in BeckOGK, SGB V, § 136c RdNr 33, Stand ). Dadurch soll die Finanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser gestärkt und strukturell weiterentwickelt werden (BT-Drucks 18/5372 S 37). Auch soll den Anforderungen an die stationäre Versorgung eines demographisch bedingten, veränderten Krankheitsspektrums Rechnung getragen werden (BT-Drucks 18/5372 S 48). Die mit dem zu entwickelnden Stufensystem im Zusammenhang stehende Aussicht von Zu- bzw Abschlägen mag eine - durchaus gewünschte - Motivation für Krankenhäuser erzeugen können, ihre Notfallstrukturen (weiter-) zu entwickeln oder zumindest aufrechtzuerhalten, welche geeignet sein kann, im Ergebnis auch die Qualität der Behandlung für Patienten zu verbessern. Dies gilt aber letztlich im Grundsatz für jede im KHG und KHEntgG geregelte finanzielle Zuwendung an Krankenhäuser. Ungeachtet des Umstandes, dass rund 90 vH der Wohnbevölkerung (vgl https://www.vdek.com/presse/daten/b_versicherte.html) in Deutschland in die GKV einbezogen sind, werden solche Regelungen, wenn sie keinen eindeutigen Bezugspunkt zu Versicherten haben, nicht allein dadurch von Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erfasst, dass sie mittelbar auch die GKV betreffen.

43bb) Der entgeltliche Charakter der Regelung steht ganz im Zentrum.

44Trotz der Verortung im SGB V betrifft das vom Beklagten zu errichtende System von Notfallstrukturen nicht lediglich die Behandlungen von gesetzlich Krankenversicherten, sondern es gilt - unabhängig vom Kostenträger - für alle behandelten Patienten. Anders als § 137 SGB V, der originär qualitätssichernde Vorgaben zunächst lediglich für gesetzlich versicherte Patienten macht und dessen Folgen sich erst über die dynamische Verweisung in § 8 Abs 4 Satz 1 und 2 KHEntgG und § 8 Abs 3 Satz 1 BPflV auch auf nicht gesetzlich versicherte Patienten beziehen (siehe hierzu - juris RdNr 40, für BSGE und SozR vorgesehen), ordnet § 136c Abs 4 SGB V selbst für Krankenhäuser weder Vorgaben noch Rechtsfolgen an, sondern beschränkt seinen Anwendungsbereich ausschließlich auf seinen Regelungsauftrag an den Beklagten. Seine Wirksamkeit für Leistungserbringer entfaltet er von vorneherein erst über das Zusammenspiel mit § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG und erstreckt sich hierüber sodann ohne weitere Differenzierungen auf sämtliche dem Preisrecht des KHG und des KHEntgG unterliegende Behandlungsfälle.

45Die Norm will ein gestuftes System von Notfallstrukturen nicht erst neu schaffen, erst recht nicht bloß für die GKV, sondern das regelungstechnisch von der GKV unabhängig bestehende Krankenhaussystem in verschiedene Stufen einteilen. Für dieses Verständnis spricht maßgeblich die Gesetzesbegründung, wonach der Beschluss von Notfallstufen nicht das Ziel hat, neue und weiterreichende Vorgaben für die Teilnahme an der Notfallversorgung festzulegen, sondern vielmehr als Grundlage für eine differenziertere und aufwandsgerechtere Vereinbarung von Notfallzu- und Notfallabschlägen dienen soll (BT-Drucks 18/5372 S 66). "Der Beschluss verursacht daher keine zusätzlichen Kosten bei den Krankenhäusern, sondern berücksichtigt bestehenden erhöhten oder verminderten Aufwand durch den Umfang der Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an der Notfallversorgung" (BT-Drucks aaO).

46Die preisrechtliche Ausrichtung der Vorschrift zeigt sich auch an weiteren mit dem KHSG in Kraft getretenen Regelungen. Nach § 10 Abs 3 Satz 1 Nr 6 und 7 KHEntgG in der Fassung des KHSG war die Summe der Zuschläge nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 KHEntgG einschließlich der Zuschläge für die Teilnahme an der Notfallversorgung bei der Bestimmung des Landesbasisfallwertes absenkend, die Summe der Abschläge für die Nichtteilnahme dagegen erhöhend zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber begründete dies damit, dass der mit der Notfallversorgung verbundene Aufwand bereits im Ausgabenvolumen für stationäre Leistungen berücksichtigt sei und Zuschläge zu einer Umverteilung der Vergütung zwischen Krankenhäusern führten, die an der Notfallversorgung teilnähmen, und solchen, die hieran nicht teilnähmen (BT-Drucks 18/5372 S 71). Der Gesetzgeber ging somit offenbar anfänglich durchaus von einem sich selbst finanzierenden Zu- und Abschlagssystem aus. Weder ist dem System jedoch nach den obigen Ausführungen eine Steuerungsfunktion dergestalt immanent, dass eine bestimmte Anzahl von Krankenhäusern mit Notfallversorgung einer bestimmten - gegenfinanzierenden - Anzahl ohne Notfallversorgung gegenübersteht noch wäre eine solche krankenhausplanerische Regelung von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt. Konsequenterweise wurden die Zuschläge für die Teilnahme an der Notfallversorgung sowie Abschläge für die Nichtteilnahme mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vom aus der absenkenden bzw erhöhenden Berücksichtigung auch wieder ausgenommen, um zu ermöglichen, dass die Höhe der Zu- und Abschläge von den Vertragsparteien auf Bundesebene unabhängig von möglichen Rückwirkungen auf den Landesbasisfallwert vereinbart wird und dass eine Vergütung ohne eine Verbindung zu diesem erfolgt (BT-Drucks 19/4453 S 79).

47Die Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen Qualitätssicherung und Preisrecht zeigt sich auch daran, dass dieser in der Gesetzesbegründung klargestellt hat, dass die Kompetenzen des Beklagten, auf der Grundlage von § 136 Abs 1 SGB V Regelungen zur Qualitätssicherung der ambulanten Notfallversorgung und zur Stärkung der sektorenübergreifenden Notfallversorgung zu treffen, von § 136c Abs 4 SGB V unberührt bleiben (BT-Drucks 18/5372 S 92).

482. Der Normsetzungsauftrag des Bundesgesetzgebers an den Beklagten zur verbindlichen Regelung (§ 91 Abs 6 SGB V) eines Systems von Notfallstrukturen ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Beklagte ist hierzu noch hinreichend im Gefüge des GG zur Normsetzung legitimiert. Der Gesetzgeber musste nicht selbst oder im Wege der Rechtsverordnung nach Art 80 GG die Notfallstufen regeln. Allerdings betrifft die sich aus § 136c Abs 4 SGB V ergebende Regelungsbefugnis nicht die fest im SGB V verwurzelten Kernaufgaben des Beklagten im Bereich der Methodenbewertung und der Qualitätssicherung zugunsten der Versicherten des SGB V. Hinsichtlich dieser Regelungsbefugnisse bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu a). Gleichwohl ist auch diese Form der Normsetzung an gesteigerte Voraussetzungen gebunden (dazu b). Der Beklagte darf unter Beachtung dieser Voraussetzungen vom Gesetzgeber eingeschränkt auch außerhalb seiner ihm einfachrechtlich zugewiesenen Kernaufgaben mit der Normsetzung beauftragt werden (dazu c). Die sich daraus ergebenden Voraussetzungen erfüllt § 136c Abs 4 SGB V (dazu d).

49a) Der Senat hat - im Einklang mit den anderen für das SGB V zuständigen Senaten des BSG - in ständiger Rechtsprechung in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen der Methodenbewertung und Qualitätssicherung entschieden, dass der Beklagte zur Normsetzung in der GKV im Einklang mit dem GG befugt ist (vgl - BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff - Therapiehinweise; - BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; - BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19 ff - Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel; - BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 47 ff - Protonentherapie; - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 - Magnetodyn-Methode; - BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 33 - Gesprächspsychotherapie; - BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 22, 26 - Atorvastatin; - BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33 - Atorvastatin; - SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 17 - ICSI; - BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 26 - Gepan instill; - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 26 ff - Mindestmengen Knie-TEP; - BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 22 - Mindestmengen Früh- und Neugeborene; - BSGE 117, 94 = SozR 4-2500 § 137 Nr 5, RdNr 20 - Mindestmengen Knie-TEP; - BSGE 117, 271 = SozR 4-2500 § 108 Nr 3, RdNr 36 - Mindestmengen Knie-TEP; - juris RdNr 36 - Mindestmengen Knie-TEP; - BSGE 118, 122 = SozR 4-2500 § 37 Nr 13, RdNr 21 - Einrichtung Eingliederungshilfe als geeigneter Ort; - SozR 4-2500 § 137 Nr 6 RdNr 17 f - Mindestmengen Früh- und Neugeborene; - BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 42 ff - Iscador; - SozR 4-2500 § 137 Nr 7 RdNr 28 ff - Bauchaortenaneurysma; - SozR 4-2500 § 132a Nr 9 RdNr 21 - HKP-RL; - BSGE 121, 154 = SozR 4-2500 § 103 Nr 19, RdNr 25 - Berufsausübungsgemeinschaft; - juris RdNr 17 ff - Fahrkosten Transplantationszentrum; - BSGE 122, 286 = SozR 4-2500 § 125 Nr 9, RdNr 24 - manuelle Therapie; - juris RdNr 22 - manuelle Therapie; - juris RdNr 22 - manuelle Therapie; - SozR 4-2500 § 33 Nr 51 RdNr 46 ff - Kopforthese; - juris RdNr 47 ff - Kopforthese; - juris RdNr 46 ff - Kopforthese; - BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1, RdNr 35, 47 ff - Liposuktion; - SozR 4-2500 § 103 Nr 26 RdNr 24 - Arztsitz; - BSGE 127, 188 = SozR 4-2500 § 137e Nr 2, RdNr 18 - Proteomanalyse; - SozR 4-2500 § 137c Nr 13 RdNr 43 - Potentialleistung; - BSGE 129, 290 = SozR 4-2500 § 138 Nr 3, RdNr 18 ff - podologische Behandlung; - BSGE 132, 1 = SozR 4-2500 § 103 Nr 32, RdNr 21 - Pathologe; - SozR 4-2500 § 35a Nr 10 RdNr 39, für BSGE und SozR vorgesehen - Arzneimittel; - SozR 4-2500 § 35a Nr 9 RdNr 39, für BSGE und SozR vorgesehen - Arzneimittel; - juris RdNr 45 ff, für BSGE und SozR vorgesehen - PPP-RL; - juris RdNr 45 ff - PPP-RL; - juris RdNr 45 ff - PPP-RL).

50b) Für die Vereinbarkeit der damit verbundenen Lockerung der Regelanforderung uneingeschränkter personeller Legitimation mit dem Demokratieprinzip bedarf es institutioneller Vorkehrungen, die eine nicht Einzelinteressen gleichheitswidrig begünstigende, sondern gemeinwohlorientierte und von Gleichachtung der Betroffenen geprägte Aufgabenwahrnehmung ermöglichen und gewährleisten ( ua - BVerfGE 135, 155, RdNr 158 mwN - Filmabgabe; ua - BVerfGE 136, 194, RdNr 169 - Weinabgabe). Delegiert der Gesetzgeber die Normsetzung auf diese Art, müssen zudem die Möglichkeiten parlamentarischer Beobachtung und Kontrolle unbeeinträchtigt bleiben ( aaO).

51Verfassungsrechtlich kommt es nicht auf die Form der Legitimation, sondern auf das Erreichen eines ausreichenden Legitimationsniveaus an. Eine nur gelockerte oder fehlende personelle Legitimation kann mittels hinreichend bestimmter Vorgaben zu Entscheidungsgrundlagen, Umfang und Reichweite der Entscheidung und ggf weitere inhaltliche Bestimmungen (sachlich-inhaltliche Legitimation) oder durch institutionelle Legitimation kompensiert werden ( - juris RdNr 47, für BSGE und SozR vorgesehen). Maßgeblich ist dabei insbesondere, inwieweit der Beklagte für seine zu treffenden Entscheidungen (ausreichend) gesetzlich angeleitet ist ( - BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 22; aaO).

52c) Die gesetzliche Anleitung erfordert für Regelungszusammenhänge, die - wie hier - über die schon vorgegebene dichte einfachrechtliche Ausformung des Kernaufgabengebiets des Beklagten hinausweisen, dass der übertragene Regelungsauftrag an den Beklagten als Normgeber auf einer besonders qualifizierten Sachnähe zur Thematik des Kernaufgabengebiets beruht. Auch die Betroffenenpartizipation muss vergleichbar sein.

53d) Die Voraussetzungen einer demokratischen Legitimation sind nach diesen unter b) und c) vorgenannten Maßgaben hier noch gegeben.

54Gegenstand der Regelung in § 136c Abs 4 SGB V ist nicht die GKV. Der Beklagte wird nicht im Bereich seiner Kernkompetenz zu Fragen der Methodenbewertung oder der Qualitätssicherung im Rahmen der GKV beauftragt, sondern mit der Schaffung eines Systems von Notfallstrukturen in einem Gebiet, das seinen bisherigen Tätigkeitsbereich deutlich überschreitet. Das steht der Zulässigkeit der Normsetzungsdelegation auf den Beklagten als Institution außerhalb der unmittelbaren Staatsgewalt im Ergebnis jedoch nicht entgegen. Die Existenz des Beklagten beruht auf einer Organisationsentscheidung des Gesetzgebers (hierzu aa). Die parlamentarische Beobachtung und Kontrolle der Aufgabenwahrnehmung ist sichergestellt (hierzu bb). Der Gesetzgeber durfte sich des Beklagten auch für die hier in Rede stehende Aufgabe bedienen (hierzu cc).

55aa) Die Existenz des Beklagten beruht auf einem Organisationsakt des parlamentarischen Gesetzgebers, der mit § 91 Abs 1 SGB V den Beklagten als verselbständigte Organisationseinheit geschaffen hat. Der Gesetzgeber hat die Zusammensetzung des Beklagten und seines für die Normsetzung zuständigen Beschlussgremiums sowie die wesentlichen Vorgaben für die Entscheidungsfindung in § 91 Abs 2, 2a, 4-5a, 7, 9 SGB V geregelt. Diese Organisationsentscheidungen beinhalten ausreichende institutionelle Sicherungen zur Gewährleistung einer gemeinwohlorientierten und von Gleichachtung der Betroffenen geprägten Aufgabenwahrnehmung.

56bb) Die Rückbindung der Normsetzung des Beklagten an den durch Wahlen personell legitimierten Gesetzgeber durch Möglichkeiten parlamentarischer Beobachtung und Kontrolle ist sichergestellt (vgl ua - BVerfGE 135, 155, RdNr 158 - Filmabgabe; ua - BVerfGE 136, 194, RdNr 169 - Weinabgabe). Zwar unterlagen die Notfallstufen-Regelungen zum Zeitpunkt ihres Erlasses am nicht der präventiven Rechtskontrolle durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gemäß § 94 Abs 1 SGB V (vgl zur präventiven Rechtskontrolle - juris RdNr 52, für BSGE und SozR vorgesehen), die dort nur für die vom Beklagten beschlossenen Richtlinien und die die bestehenden Richtlinien ändernden Beschlüsse vorgesehen ist. Denn § 136c Abs 4 SGB V erteilt dem Beklagten ausdrücklich den Auftrag zum Erlass eines Beschlusses und nicht zu einer Richtlinie, was sich sowohl aus der Überschrift des gesamten § 136c SGB V ("Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Qualitätssicherung und Krankenhausplanung") als auch aus dem Wortlaut des § 136c Abs 4 SGB V selbst ("Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt" <Satz 1>, "Die Stellungnahmen sind bei der Beschlussfassung zu berücksichtigen" <Satz 5>, "Der Gemeinsame Bundesausschuss führt vor Beschlussfassung" <Satz 6>, jeweils in der bis geltenden Fassung) ergibt. Auf Beschlüsse fand § 94 SGB V zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Beklagten am grundsätzlich keine Anwendung. Erst in der ab dem geltenden Fassung bestimmt § 136c Abs 6 SGB V, dass § 94 SGB V für Beschlüsse nach § 136c Abs 1 bis 5 SGB V (idF bis ) entsprechend gilt (seit verweist § 136c Abs 6 SGB V auf die noch verbliebenen Absätze 3 bis 5).

57Das BMG hat damit jedoch zumindest für alle Änderungen der Notfallstufen-Regelungen ein Prüfungsrecht nach § 94 SGB V, das es auch wahrgenommen hat (siehe zu den Änderungsbeschlüssen vom <BAnz AT B6>, <BAnz AT B8> und <BAnz AT B2> unter https://www.g-ba.de/richtlinien/103/beschluesse/). Aus der Nichtbeanstandung der hier erfolgten Ausnahmeregelung zur Aufnahmebereitschaft für beatmungspflichtige Intensivpatienten ohne weitere Auflagen oder Änderungswünsche lässt sich entnehmen, dass zumindest keine grundsätzlichen Bedenken gegen den initialen Beschluss zu den Notfallstufen-Regelungen bestanden.

58Darüber hinaus galten für den Beschluss vom jedenfalls die allgemeinen Aufsichtsrechte nach § 91a Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V, §§ 87 bis 89 SGB IV. Hiernach führt das BMG mittels personell legitimierter Amtswalter die Aufsicht über den Beklagten (§ 91a Abs 1 Satz 1 SGB V). Sie erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht (§ 91a Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 87 Abs 1 SGB IV). Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Verpflichtung kann mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden, wenn ihre sofortige Vollziehung angeordnet worden oder sie unanfechtbar geworden ist. Die Aufsicht kann die Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung androhen (§ 91a Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 89 Abs 1 SGB IV). Sie kann auch verlangen, dass die Selbstverwaltungsorgane zu Sitzungen einberufen werden (§ 91a Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 89 Abs 3 Satz 1 SGB IV). Wird ihrem Verlangen nicht entsprochen, kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen leiten (§ 91a Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 89 Abs 3 Satz 2 SGB IV). Im Ergebnis ist auch damit ein ausreichendes Maß an Rückbindung an den Willen des demokratischen Souveräns gewahrt (siehe zu ähnlichen, noch allgemeiner gehaltenen Aufsichtsrechten im Falle der Entscheidungen des ua - BVerfGE 135, 155, RdNr 164 - Filmabgabe; ua - BVerfGE 136, 194, RdNr 174 - Weinabgabe).

59cc) Der Gesetzgeber durfte den in das Regelungssystem des SGB V eingebetteten Beklagten auch mit der Aufgabe der Schaffung eines Systems von Notfallstrukturen betrauen.

60(1) Die von der Regelung betroffenen Krankenkassen sind Leistungsträger und Vergütungsschuldner für den ganz überwiegenden Teil der Patienten. Die Verbände der Leistungserbringer und Kostenträger im GKV-System sind die Trägerorganisationen des Beklagten (§ 91 Abs 1 SGB V). Auch wenn damit - bezogen auf die stationäre Krankenhausversorgung - nicht jegliche Form der Kostenträgerschaft in der Organisation des Beklagten ihren Widerklang findet, so liegt dessen Beauftragung mit den hier streitgegenständlichen Notfallstrukturen noch sehr nah am Kernbereich des SGB V.

61(2) Des Weiteren steht die Qualitätssicherung zwar nicht im Zentrum des zu schaffenden Systems; eine gewisse - vom Gesetzgeber durchaus gewollte - Steuerungswirkung kann diesem jedoch nicht abgesprochen werden. So gehört nach der Gesetzesbegründung zu den wesentlichen Zielen des KHSG insgesamt die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden und wohnortnahen stationären Versorgung der Bevölkerung. Hierzu zähle vor allem auch die gute Erreichbarkeit bedarfsnotwendiger stationärer Versorgungseinrichtungen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Dem soll unter anderem mit den Regelungen zur Differenzierung der Zuschläge für die Notfallversorgung Rechnung getragen werden (BT-Drucks 18/5372 S 48). Auch wenn der Beschluss zu den Notfallstufen nicht das Ziel hat, neue und weiterreichende Vorgaben für die Teilnahme an der Notfallversorgung festzulegen, sondern lediglich als Grundlage dient, einen bereits bestehenden erhöhten oder verminderten Aufwand zu berücksichtigen, muss den wirtschaftlich agierenden Krankenhäusern doch daran gelegen sein, an der Notfallversorgung teilzunehmen und ggf eine möglichst hohe Stufe zu erreichen, um in den Genuss von Zuschlägen zu kommen. Zur Klärung der Frage, was eine qualitativ hochwertige und den Patientenbedürfnissen angepasste Notfallversorgung ausmacht, greift der Gesetzgeber mit dem Beklagten dabei auf eine Organisation zurück, in der er den hierfür notwendigen Sachverstand erkennen darf.

623. Schließlich hat der Gesetzgeber den Beklagten im Sinne einer sachlich-inhaltlichen Legitimation auch hinreichend normdicht für die Normsetzung angeleitet. Die Bedeutung der in der Ermächtigungsgrundlage verwendeten Begriffe der Notfallversorgung und der Notfallstrukturen ist nicht zweifelhaft (dazu a). Aus der Zusammenschau der durch das KHSG eingeführten Regelungen in § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG und § 136c Abs 4 SGB V mit den bereits existierenden Regelungen des KHG über Zu- und Abschläge (§ 17b Abs 1a KHG) ist der Zweck der Regelungen hinreichend bestimmt (dazu b). § 136c Abs 4 Satz 1 SGB V gibt dem Beklagten auf, neben den Stufen einer strukturierten Notfallversorgung auch eine Stufe für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung ausdrücklich zu regeln (dazu c).

63a) Der Gesetzgeber ist bei der Fassung des § 136c Abs 4 SGB V davon ausgegangen, dass sich das vom Beklagten festzulegende System von Notfallstrukturen auf Patienten beziehen muss, bei denen eine unmittelbare stationäre Versorgung notwendig ist. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 136c Abs 4 SGB V. Eine solche Vorstellung ist jedoch der Gesetzesbegründung klar zu entnehmen. Dieser kommt für den Willen des Gesetzgebers bei fehlenden Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (vgl ua - BVerfGE 133, 168, 205, RdNr 66; , 1 BvR 1375/14 - BVerfGE 149, 126, 154 f, RdNr 74; - BVerfGE 168, 1, 45, RdNr 131).

64aa) Nach der Gesetzesbegründung soll der Beklagte die unterste Stufe des Systems unter Berücksichtigung der Vorgaben für die beim Sicherstellungszuschlag für die Versorgung notwendigen Leistungen der Notfallversorgung (§ 136c Abs 3 SGB V) festlegen. Dazu gehören neben Leistungen der Notfallversorgung im Sinne der rettungsdienstlichen Definition auch Notfälle, bei denen auch ohne drohende Lebensgefahr die unmittelbare diagnostische oder therapeutische Versorgung erforderlich ist (BT-Drucks 18/5372 S 91). Mit dem Begriff der Notfallversorgung wird somit die im Notfall erforderliche stationäre Versorgung von der elektiven Versorgung im Krankenhaus abgegrenzt. Hieraus resultierend gehören zur Notfallversorgung iS des § 136c Abs 4 SGB V alle diagnostischen und therapeutischen Leistungen, die zur Vermeidung von Gesundheitsschäden ohne zeitliche Verzögerung notwendig und nur im Krankenhaus erbringbar sind.

65bb) Mit dem Begriff der Notfallstrukturen zielte der Gesetzgeber auf die in den Krankenhäusern bestehenden Unterschiede bei den vorgehaltenen personellen und sächlichen Mitteln zur Notfallversorgung ab (BT-Drucks 18/5372 S 3, 37, 44). Im Grundsatz sind alle Krankenhäuser im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Versorgung von Notfällen verpflichtet und leisten tatsächlich Notfallversorgung. Nach § 17b Abs 1a KHG zählt die Notfallversorgung zu den (wenn auch nicht oder noch nicht in allen Krankenhäusern gewährleisteten) allgemeinen Krankenhausleistungen. Jedenfalls die Krankenhausgesetze einiger Bundesländer schreiben eine Notfallversorgung für jedes Plankrankenhaus sogar explizit vor (§ 6 Abs 2 Nr 5 des Bremischen Krankenhausgesetzes; § 15a Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Hamburgischen Krankenhausgesetzes; § 33 Abs 1, § 34 Abs 1 des Landeskrankenhausgesetzes in Rheinland-Pfalz; § 10 Abs 1 des Saarländischen Krankenhausgesetzes; § 3 Abs 3 des Krankenhausgesetzes Sachsen-Anhalt; § 18 des Thüringer Krankenhausgesetzes).

66Dabei halten aber auch bei ausdrücklicher landesgesetzlicher Vorgabe zur Gewährleistung der Notfallversorgung nicht alle Krankenhäuser eine personelle und sächliche Ausstattung vor, die zur umfassenden Versorgung eines breiten Spektrums medizinischer Notfälle notwendig ist. Der Gesetzgeber hat den Beklagten daher beauftragt, mittels eines Stufensystems zu definieren, welche Strukturen in welchem Umfang im Krankenhaus für eine solche qualifizierte Notfallversorgung erforderlich sind.

67cc) Diese Unterscheidung zwischen der allgemeinen Notfallversorgung und besonderen Vorhaltungen für die Notfallversorgung hat der Gesetzgeber in § 136c Abs 4 SGB V deutlich zum Ausdruck gebracht. Er unterscheidet dort zwischen einem gestuften System von Notfallstrukturen zur umfassenden Versorgung von Notfällen und der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung dann, wenn nicht einmal eine im Grundsatz von allen zugelassenen Krankenhäusern zu erwartende allgemeine Notfallversorgung gewährleistet wird.

68b) Aus der Zusammenschau der durch das KHSG eingeführten Regelungen in § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG und § 136c Abs 4 SGB V und den bereits existierenden Regelungen des KHG über Zu- und Abschläge (§ 17b Abs 1a KHG) ist der Zweck der Regelungen hinreichend bestimmt.

69aa) Ausgangspunkt des Regelungsauftrages an den Beklagten ist § 17b Abs 1 KHG, wonach für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem gilt, das Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden hat. Mit den hiernach festgelegten Entgelten werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall grundsätzlich vollständig abgebildet. Abweichend hiervon sah § 17b Abs 1 Satz 4 KHG in der im Gesetzgebungsverfahren zum KHSG bis zum geltenden Fassung (mit dem KHSG zum überführt in Abs 1a, zur Notfallversorgung Nr 1) für verschiedene Tatbestände, zu denen auch die Notfallversorgung zählt, Ausnahmen von diesem pauschalierenden Grundsatz vor, da diese nicht in allen Krankenhäusern vorliegen. Diese sind nicht in die Entgelte nach Abs 1 Satz 1 einbezogen und sollen nach bundeseinheitlich hierzu zu vereinbarenden Regelungen gesondert vergütet oder mit einem Abschlag belegt werden. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung oblag auch seinerzeit schon den Vertragsparteien auf Bundesebene (§ 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG). Nach § 2 Nr 1 der hieraufhin von ihnen getroffenen Vereinbarung vom (abrufbar unter https://www.g-drg.de/das-institut/grundsatzvereinbarungen-der-selbstverwaltung/regelungen-fuer-zu-und-abschlaege-gem.-17b-abs.-1-satz-4-khg) erhielten Krankenhäuser, die nicht an der stationären Notfallversorgung teilnahmen, einen Abschlag vom Basisfallwert. Ein Krankenhaus nahm an der stationären Notfallversorgung teil, sofern es dafür zugelassen war, eine Aufnahmebereitschaft Tag und Nacht sowie an Wochenenden (ggf auch in Zusammenarbeit mit mehreren Krankenhäusern) gewährleistet war, eine Meldung gegenüber der Rettungsleitstelle oder einer anderweitig benannten stationären Notfallstelle abgegeben wurde und die Möglichkeit der Intensivüberwachung sowie der Intensivbeatmung bestand. Für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung gebot § 4 Abs 6 KHEntgG in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien auf Bundesebene einen pauschalen Abzug von 50 Euro je vollstationärem Fall. Daneben sollten die für besondere Notfallstrukturen anfallenden Kosten nach der Vorstellung des Gesetzgebers mittels Zuschlägen abgebildet werden, was mangels einer Vereinbarung auf Bundesebene insoweit bis zum Inkrafttreten des KHSG nicht erfolgte. Die Vorschrift des § 17b Abs 1 Satz 4 KHG aF ging damit ersichtlich von dem Grundsatz aus, dass jedes Krankenhaus an der Notfallversorgung beteiligt ist. Abschläge waren hiernach nur für den Fall vorgesehen, dass ein Krankenhaus die allgemeine Notfallversorgung nicht leistete.

70bb) Durch die Festlegung eines Stufensystems, das strukturelle und personelle Unterschiede und Mindestvoraussetzungen bei der Notfallversorgung sowie den zeitlichen Umfang der Vorhaltungen von Notfallleistungen in Krankenhäusern abbildet, sollte mit der Einführung von § 136c Abs 4 SGB V und § 9 Abs 1a Nr 5 KHEntgG erreicht werden, dass künftig Krankenhäuser mit einem hohen Umfang bessergestellt werden als Krankenhäuser mit einem geringeren Umfang (BT-Drucks 18/5372 S 69). Der Gesetzgeber wollte also insbesondere die - bis dahin nicht vereinbarten - Voraussetzungen für Zuschläge für eine besonders qualifizierte Notfallversorgung neu regeln. Die Belegung mit Abschlägen für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung sollte daneben ausdrücklich beibehalten werden (BT-Drucks aaO). Anders als es die Vertragsparteien auf Bundesebene in ihrer Vereinbarung vom bisher festgelegt hatten, nämlich für die einzelnen Tatbestände des § 17b Abs 1 Satz 4 KHG entweder Zuschläge oder Abschläge (Abschläge für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung, siehe § 2 Nr 1; Zuschläge für Vorhaltungskosten zur Sicherstellung der Versorgung und die Aufnahme von Begleitpersonen, siehe § 2 Nr 2 und 3), sollte das vom Beklagten zu entwickelnde Notfallstufensystem sowohl abschlags- als auch zuschlagswürdige Stufen enthalten.

71cc) Dem Gesetzgeber war dabei bekannt, dass die Kalkulation der Fallpauschalen nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG auf Ist-Kostendaten und Ist-Leistungsdaten der Krankenhäuser beruht (BT-Drucks 18/5372 S 55). Die in die Kalkulation der Fallpauschalen eingeflossenen Kosten der Krankenhäuser für die Notfallversorgung bilden den Kostendurchschnitt aller Krankenhäuser in Bezug auf die Notfallversorgung ab. Aufwendungen der Krankenhäuser für eine besondere, vom Gesetzgeber grundsätzlich erwünschte Struktur für die qualifizierte Notfallversorgung im Krankenhaus sind darin nicht enthalten.

72dd) Der Gesetzgeber hatte nicht die Absicht, den Beklagten mit der Festlegung neuer und weiterreichender Vorgaben zu beauftragen. Dieser sollte ausgehend vom erhöhten oder verminderten Aufwand der Krankenhäuser allein die Teilnahme oder Nichtteilnahme durch ein Stufensystem regeln (BT-Drucks 18/5372 S 66). Daraus ist als Vorgabe für den Beklagten abzuleiten, dass die nach § 136c Abs 4 SGB V festzulegenden Stufen gegenüber einer grundsätzlich von allen Krankenhäusern zu leistenden allgemeinen Notfallversorgung ein Mehr oder ein Weniger darstellen müssen. Krankenhäuser mit allgemeiner Notfallversorgung werden mit der Vergütung nach § 17b Abs 1 KHG bereits kostengerecht vergütet.

73ee) Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Struktur des Fallpauschalensystems selbst. Die in § 17b Abs 1a KHG (§ 17b Abs 1 Satz 4 KHG aF) geregelten Zu- und Abschläge stellen eine Ausnahme vom pauschalierenden Grundsatz dar. Das setzt voraus, dass ein "Normalbereich" existiert, in dem das Krankenhaus schlicht seine durch die Fallpauschale vergüteten Leistungen erbringt. Da die Zu- und Abschläge sich nicht lediglich auf die Behandlungsfälle mit Notfallversorgung, sondern auf sämtliche Rechnungen des Krankenhauses auswirken, wäre die von den Vertragsparteien vereinbarte allgemeine Fallpauschale nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG anderenfalls in jedem einzelnen Fall "falsch" und müsste durch Zu- bzw Abschlag nach oben oder nach unten korrigiert werden. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Grundverständnis eines pauschalierenden Systems.

74c) Nach § 136c Abs 4 Satz 1 SGB V beschließt der Beklagte ein gestuftes System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern, einschließlich einer Stufe für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung. Das beinhaltet nicht nur den Auftrag, zuschlagswürdige Strukturen der Notfallversorgung im Krankenhaus festzulegen, sondern auch zu definieren, unter welchen Voraussetzungen ein Krankenhaus an der Notfallversorgung nicht ausreichend im Sinne der beschriebenen allgemeinen Notfallversorgung teilnimmt. Sollen nur verminderte Aufwendungen für die Notfallversorgung zu einem Abschlag führen können, ist es erforderlich, die Umstände festzulegen, unter denen ein Krankenhaus nicht einmal die allgemeine Notfallversorgung leistet.

754. Der Beklagte hat den Normsetzungsauftrag des Gesetzgebers insoweit nicht hinreichend umgesetzt. Als unterhalb des Gesetzesrechts stehende normative Regelung unterliegt der Beschluss der formellen und inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen selbst als untergesetzliche Normen erlassen hätte (vgl nur - BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1, RdNr 35). Bei der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe und bei der Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Verfahrens unterliegt der Beklagte der vollen gerichtlichen Überprüfung (stRspr; BSG, aaO, mwN).

76Mit § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen hat der Beklagte geregelt, dass ein Krankenhaus bei Nichterfüllung der Voraussetzungen einer Stufe oder eines Moduls nicht an der Notfallversorgung teilnimmt (dazu a). Der Regelungsauftrag des Gesetzgebers erforderte aber eine Definition der Umstände, unter denen ein Krankenhaus auch die allgemeine Notfallversorgung nicht leistet (dazu b).

77a) Der Beklagte hat die Stufe der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung lediglich als Gegensatz zur Teilnahme nach Maßgabe der Abschnitte III-VI der Notfallstufen-Regelungen festgesetzt. In § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen hat der Beklagte zwar wörtlich nur geregelt, dass ein Krankenhaus bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für eine Stufe oder ein Modul der Notfallversorgung nicht am gestuften System der Notfallstrukturen teilnimmt, sodass man vom Wortlaut her auch annehmen könnte, betroffene Krankenhäuser würden damit lediglich keine Zuschlags-Stufe erreichen, ohne dass hiermit etwas zur Nichtteilnahme an der allgemeinen Notfallversorgung festgelegt wäre. Zur Auslegung von § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen ist aber § 3 Abs 1 Notfallstufen-Regelungen einzubeziehen. Dort ist die Notfallversorgung nach Art und Umfang der Vorhaltungen grundsätzlich dreistufig angelegt. Dies wird ergänzt durch Module für die Versorgung besonderer stationärer Notfälle (§ 4 Notfallstufen-Regelungen). Nach den Notfallstufen-Regelungen erfordert die Teilnahme an der Notfallversorgung damit grundsätzlich die Erfüllung der Voraussetzungen einer der Stufen (Abschnitt III-V) oder eines der Module (Abschnitt VI). Für die unter diesen Voraussetzungen erfolgende Beteiligung an der Notfallversorgung soll dem Krankenhaus nach dem in § 1 Abs 1 Notfallstufen-Regelungen wiedergegebenen Ziel der Regelungen ein Zuschlag zustehen (Satz 2), anderenfalls ein Abschlag entstehen (Satz 3). Im Kontext der Regelungen in § 1 Abs 1 und § 3 Abs 1 Notfallstufen-Regelungen ist die Nichtteilnahme an dem gestuften System daher gleichbedeutend mit einer Nichtteilnahme des Krankenhauses an der Notfallversorgung. Hierfür spricht auch der sich an § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen anschließende Satz 2, wonach unbeschadet der Teilnahme oder Nichtteilnahme an dem gestuften System von Notfallstrukturen die allgemeinen Pflichten zur Hilfeleistung im Notfall unberührt bleiben. Auch dieser geht somit lediglich von den Möglichkeiten einer Teilnahme am gestuften System (= Zuschläge) und einer Nichtteilnahme am gestuften System (= Abschläge) aus.

78b) § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen erfüllt den Auftrag zur Festlegung einer Stufe für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung aus § 136c Abs 4 Satz 1 SGB V nicht.

79Die Stufe für die Nichtteilnahme soll den verminderten Aufwand für die Vorhaltungen zur Notfallversorgung abbilden (siehe oben RdNr 67, 72 ff). Das vom Beklagten festgelegte System bildet hingegen nur den erhöhten Aufwand für die Vorhaltung von Strukturen für eine umfassende Notfallversorgung ab.

80Der Beklagte bestimmt mit der Nichtteilnahme als bloßer Gegensatz zur - im Sinne des Stufensystems schon qualifizierten - Basisnotfallversorgung bislang nicht, ab wann die Vorhaltungen eines Krankenhauses auch für eine allgemeine Notfallversorgung nicht mehr genügen. Bei Krankenhäusern mit Vorhaltungen unterhalb der Stufe für die Basisnotfallversorgung mag es an einem erhöhten Aufwand für die von ihnen geleistete Notfallversorgung fehlen. Ein Vergütungszuschlag ist zwar nicht erforderlich. Sie haben aber auch nicht notwendigerweise einen gegenüber der im Fallpauschalensystem berücksichtigten Notfallversorgung geringeren Aufwand, der Grund für einen Abschlag wäre.

81Die vom Beklagten festzulegende Stufe der Nichtteilnahme erfordert daher, die Bedingungen positiv festzulegen, unter denen ein Krankenhaus sich auch an der allgemeinen Notfallversorgung nicht beteiligt. Dem Beklagten ist dabei durch den Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Senat darf insoweit nicht seine eigenen Wertungen anstelle der vom Beklagten zu treffenden Wertungen setzen (stRspr; vgl - BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 27; - BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 21; - BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1, RdNr 35) und eine bestimmte Ausgestaltung nicht vorwegnehmen. Eine Orientierung an den bisher von den Vertragsparteien in § 2 Nr 1 der Vereinbarung vom geregelten Voraussetzungen für die Teilnahme an der Notfallversorgung ist ebenso denkbar wie die Anlehnung an die Definitionen in den Krankenhausgesetzen der Länder oder das Schaffen neuer Voraussetzungen. Maßgeblich ist dabei die Berücksichtigung des Umstandes, dass die Notfallversorgung nach der Vorstellung des Gesetzes zu den allgemeinen Krankenhausleistungen zählt, die im Grundsatz von allen Krankenhäusern erbracht werden soll. Vor diesem Hintergrund dürfen die Anforderungen an die Teilnahme an der allgemeinen Notfallversorgung nicht überspannt werden.

82F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 3 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin zwar im Hinblick auf den Antrag auf Nichtigkeitsfeststellung des § 1 Abs 1 Satz 3 Notfallstufen-Regelungen nicht durchdringen konnte, sie ihr wesentliches Ziel - das Nichtzahlenmüssen von Abschlägen - mit der Nichtigkeitsfeststellung des § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen jedoch bereits erreicht hat.

83Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG. Maßgebend ist insoweit die Summe der Abschläge, welche für die Klägerin seit bis zum Tag der mündlichen Verhandlung zunächst im erstinstanzlichen und später dann im Revisionsverfahren bei Feststellung der Nichtteilnahme an der Notfallversorgung auf der Grundlage des § 3 Abs 2 Satz 1 Notfallstufen-Regelungen angefallen wären. Der Senat hat die Festsetzung des LSG insoweit abgeändert und war hierzu auch befugt (§ 63 Abs 3 GKG, vgl - BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 23; - BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 33).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:020425UB1KR2523R0

Fundstelle(n):
FAAAJ-97477