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BGH Beschluss v. - 6 StR 222/25

Instanzenzug: LG Verden Az: 2 KLs 23/24

Gründe

1Das Landgericht hat die Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich ihre auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen traten bei der Beschuldigten erstmals 2022 Symptome einer psychiatrischen Erkrankung auf. Sie befand sich deswegen bereits mehrfach in stationärer Behandlung und erhielt Medikamente, die ihr verabreicht werden mussten, weil sie nicht krankheitseinsichtig und zu einer zuverlässigen Einnahme nicht in der Lage war.

3Am verschlechterte sich der psychische Zustand der Beschuldigten, die gemeinsam mit ihrem Ehemann bei der siebenköpfigen Familie ihres Sohnes zu Besuch weilte. Sie wurde unruhig, rief immer wieder „Ruhe“, warf Gegenstände umher und machte auffällige Handbewegungen. Nachdem sie sich zunächst im Wohnzimmer und später neben ihrem Ehemann im Schlafzimmer hingelegt hatte, stand sie am nächsten Morgen früh auf und setzte im Wohnzimmer an zwei Stellen Wäschestücke in Brand, weil sie krankheitsbedingt den Drang verspürte, „etwas anzuzünden“. Kurz nach dem Übergreifen der Flammen auf das Mobiliar erkannte die Beschuldigte die Gefahr für ihre Familienangehörigen und weckte ihren Ehemann mit den Worten „Es brennt! Es brennt!“. Alle Bewohner konnten das Haus rechtzeitig verlassen. Das Feuer zerstörte das Wohnzimmer und Teile der Fassade. Die Flammen schlugen durch das Fenster bis zu den Dachbalken des Dachüberstandes, die anbrannten. Die Schäden beliefen sich auf mindestens 40.000 Euro.

4Sachverständig beraten ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass bei der Beschuldigten eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder differentialdiagnostisch eine schizoaffektive Störung bestehe. Zwar sei eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, beide Krankheitsbilder erfüllten aber vom Schweregrad das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung. Die Unrechtseinsichtsfähigkeit der Beschuldigten sei bei Tatbegehung „mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgehoben im Sinne des § 20 StGB, jedenfalls aber sicher feststehend erheblich eingeschränkt im Sinne des § 21 StGB“ gewesen.

52. Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB hat keinen Bestand, weil deren Voraussetzungen nicht festgestellt sind.

6a) Nach § 63 StGB darf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruhte (st. Rspr.; vgl. , Rn. 7; Urteil vom – 1 StR 463/18, Rn. 15; Beschluss vom – 3 StR 407/15, NStZ 2016, 402). Ist die Einsichtsfähigkeit des Täters eingeschränkt, liegen die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht vor, wenn er das Unrecht seines Tuns im Tatzeitpunkt dennoch einsah. Eine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich vielmehr erst dann von Bedeutung, wenn sie tatsächlich das Fehlen der Unrechtseinsicht zur Folge hat und dem Täter dies vorzuwerfen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 564/24, Rn. 7; vom ‒ 3 StR 229/23, Rn. 15; vom – 1 StR 332/12). Die bloße Feststellung, die Einsichtsfähigkeit sei bei Tatbegehung „sicher feststehend“ erheblich vermindert gewesen, reicht daher nicht zur Annahme von § 21 StGB und belegt damit auch nicht diese notwendige Voraussetzung des § 63 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 79/23, Rn. 7; vom – 1 StR 504/12, Rn. 14; vom – 4 StR 437/09, Rn. 4).

7b) Die Strafkammer hat festgestellt, dass die Unrechtseinsichtsfähigkeit der Beschuldigten bei Ausführung der Anlasstat sicher erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war. Den Urteilsgründen lässt sich aber auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht zweifelsfrei entnehmen, dass ihr deshalb die Einsicht in das Unrecht ihres Tuns fehlte.

83. Das angefochtene Urteil unterliegt deshalb der Aufhebung. Die Feststellungen zur inneren und äußeren Seite der Anlasstat können jedoch bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO), weil sie auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen und von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260625B6STR222.25.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-97279