Gründe
1I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nebst Umlagen iHv 5826,86 Euro für Sonntags- und Nachtarbeitszuschläge in Fällen, in denen Beschäftigte die Sonntags- oder Nachtarbeit wegen Urlaubs oder Krankheit tatsächlich nicht geleistet haben und diese Zuschläge von Arbeitgeberseite nicht gezahlt sein sollen. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Beklagte gemäß § 131 Abs 5 SGG gegeben waren.
2Die Klägerin betreibt ein Hotel mit Restaurant und Seminarräumen. Die Beklagte führte hinsichtlich des Zeitraums vom bis zum eine Betriebsprüfung durch. Sie machte eine Nachforderung iHv 5826,06 Euro geltend. Diese beträfe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die nicht ausbezahlt worden seien, auf die die jeweiligen Arbeitnehmer jedoch Anspruch in Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder im Urlaub gehabt hätten sowie darauf entfallende Umlagen (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).
3Das SG hat die Bescheide auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin gestützt auf § 131 Abs 5 Satz 1 SGG aufgehoben. Die den Arbeitnehmern zustehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis seien weder dem Grunde noch der Höhe nach aufgeklärt. Dies bedinge weitere Ermittlungen. Die Beklagte habe es bereits versäumt, die rechtliche Grundlage zu ermitteln, auf der die Klägerin zur Zahlung der Sonntags- und Nachtzuschläge verpflichtet gewesen sei bzw in Bezug auf deren konkrete Ausgestaltung in der Höhe. Dies sei hingegen zur Berechnung des durchschnittlich geschuldeten Arbeitsentgelts notwendig und aufgrund der in der Verwaltungsakte vorliegenden Unterlagen nicht möglich. Da die Klägerin Zuschläge nach einem - auch nach den Angaben im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für ihren Bevollmächtigten - nicht erkennbaren System ausbezahlt habe, könne hieraus weder auf einen Anspruch noch auf dessen konkrete Höhe geschlossen werden (Urteil vom ).
4Im Berufungsverfahren hat das LSG der Beklagten aufgegeben, eine nachvollziehbare Berechnung des Nachforderungsbetrags vorzulegen. Daraufhin hat die Beklagte die Rechenschritte erläutert und insgesamt ein "262-seitiges Konvolut" von Tabellen vorgelegt. Das LSG hat sodann die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 131 Abs 5 SGG seien erfüllt. Die Beklagte habe keinen Versuch unternommen, die der Beitragsforderung zugrundeliegenden Ansprüche der Arbeitnehmer aufzuklären, zumal ihr schon die Arbeitsverträge bei der Betriebsprüfung nicht vorgelegen hätten. Die aufgezeigten notwendigen Ermittlungen seien auch erheblich. Mit den personellen Möglichkeiten eines Gerichts hätten sie nur unter Zurückstellung zahlreicher anderer Verfahren erledigt werden können. Das wiederum hätte die Gewährung effektiven Rechtsschutzes stark gefährdet. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die primär durchzuführende Auswertung der arbeitsvertraglichen Grundlage von 65 betroffenen Arbeitnehmern, gegebenenfalls in Kombination mit einem Tarifvertrag, nicht unerheblich sei. Die noch erforderlichen Ermittlungen könnten von der Beklagten, insbesondere von deren Betriebsprüfdienst, jedenfalls schneller durchgeführt werden (Urteil vom ).
5Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
6II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
71. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
9a) Es kann offenbleiben, inwieweit der dem BSG zugeordnete Rechtssatz dem in Bezug genommenen Urteil entnommen werden kann. Unabhängig davon legt die Beklagte jedenfalls nicht hinreichend dar, inwieweit ein Widerspruch im Grundsätzlichen bestehen soll. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellt (hierzu ausführlich B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 160 RdNr 14 mwN). Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl - juris RdNr 10). Für Ausführungen hierzu hätte schon deshalb Anlass bestanden, weil im Vordergrund des in Bezug genommenen Urteils des BSG die Frage stand, inwieweit nach der damaligen Rechtslage § 131 Abs 5 Satz 1 SGG ausschließlich bei einer Anfechtungsklage oder auch bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zur Anwendung kommen kann.
102. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 und B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4, jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 113 ff). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl - juris RdNr 18 mwN; - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das BSG allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.
11Die Beklagte rügt eine Verletzung von § 131 Abs 5 Satz 1 SGG (in der durch Art 8 Nr 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom <BGBl I 2933> bestimmten und ab dem gültigen Fassung). Danach kann das SG binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht (Satz 5) den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, soweit die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art oder Umfang erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Die Beklagte ist der Auffassung, sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen von § 131 Abs 5 Satz 1 SGG seien nicht erfüllt, weshalb die Vorinstanzen verfahrensfehlerhaft nach dieser Norm entschieden hätten. Es bestehe kein Ermittlungsdefizit. Sie habe davon ausgehen können, dass eine tarifliche Bindung der Arbeitnehmer als Anspruchsgrundlage ausscheide. Gleiches gelte für Ansprüche aus einer betrieblichen Übung. Soweit insoweit eine andere Meinung vertreten werde, ergebe sich aus den gesamten Ermittlungsarbeiten und dem Prüfbescheid "(im Wege der Interpretation)", dass sie hier von einer betrieblichen Übung des Arbeitgebers ausgegangen sei. Zudem sei es nicht möglich, die konkrete Ausgestaltung eines Anspruchs auf Ausgleich für Nachtarbeit zu ermitteln. Falls dennoch ein Ermittlungsdefizit bejaht werde, sei dies nicht erheblich. Das SG habe lediglich die fehlende Einholung von Unterlagen moniert. Unzutreffend sei insbesondere die Behauptung, das SG müsse die arbeitsvertragliche Grundlage der 65 betroffenen Arbeitnehmer auswerten. Dies erscheine unrealistisch. Die Auswertung von 65 Verträgen wäre nur dann erforderlich, wenn alle 65 Arbeitnehmer unterschiedliche Verträge mit der Klägerin abgeschlossen hätten. "Realistisch" erscheine vielmehr die Annahme, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern gleiche vertragliche Arbeitsbedingungen vorgebe. Um dies herauszufinden, erscheine die Sichtung einiger weniger Vertragsunterlagen ausreichend. Eine Zurückverweisung sei auch nicht sachdienlich. Sie unterstelle nur, dass die Beklagte in der Lage sei, die Berechnungen computergestützt vorzunehmen. Schließlich habe das SG das ihm zukommende Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Die gegebenenfalls nachzuholenden Nachberechnungen müssten von der Beklagten "händisch" durchgeführt werden, was nicht weniger zeitintensiv wäre als eine Berechnung durch das Gericht. Die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltung verzögere das gesamte Verfahren erheblich.
12Einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel bezeichnet die Beklagte dadurch nicht. Sie beurteilt vielmehr das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 131 Abs 5 Satz 1 SGG anders als die Vorinstanzen. Zwar ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 131 Abs 5 Satz 1 SGG vom Rechtsmittelgericht uneingeschränkt überprüfbar. Zu beachten ist allerdings, dass es vorliegend um eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geht. Im Rahmen einer solchen Nichtzulassungsbeschwerde kann die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Daher ist unerheblich, dass das Verfahren nach § 131 Abs 5 Satz 1 SGG Ausnahmecharakter hat und die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen sind (vgl - SozR 4-2500 § 106d Nr 8 RdNr 17 mwN). Hinzu kommt, dass die Beklagte zwar das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen verneint, im Kern ihrer Argumentation dann aber doch darauf abstellt, dass die Gerichte, die - nach Meinung der Beklagten unnötigen - geforderten Sachverhaltsermittlungen genauso vornehmen könnten wie sie selbst. Die Beklagte gelangt nach alledem lediglich zu einer anderen Rechtsmeinung als die Vorinstanzen.
133. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
144. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:150425BB12BA924B0
Fundstelle(n):
HAAAJ-97138