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BGH Beschluss v. - IX ZR 55/24

Instanzenzug: OLG Zweibrücken Az: 2 U 11/22vorgehend LG Kaiserslautern Az: 4 O 524/19

Gründe

I.

1Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Vergütung von Steuerberaterleistungen für die Jahre 2008 bis 2015. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. In dem der Zurückweisung vorausgegangenen Hinweisbeschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Vergütung für das Jahr 2015 darauf hingewiesen, zum Leistungsnachweis vorgelegte Unterlagen ließen nicht erkennen, dass die Leistungen durch die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin erbracht worden seien und nicht durch eine in den Unterlagen benannte Kanzlei, auf die der frühere Geschäftsführer der Klägerin später seine Mandate übertragen hätte. In ihrer Stellungnahme zu dem Hinweisbeschluss hat die Klägerin erklärt, dass es nicht zur Übertragung dieses Mandats gekommen sei und dass die Benennung der anderen Kanzlei in den Unterlagen dem Druckvorgang geschuldet sei.

II.

2Die Revision ist hinsichtlich der Vergütung für das Jahr 2015 zuzulassen. Sie ist insoweit begründet, weil der angefochtene Beschluss den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die weitergehende Beschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des Berufungsgerichts ist unbegründet.

31. Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. etwa BVerfG, NJW 2022, 3413 Rn. 26; , NJW-RR 2022, 69 Rn. 5; vom - VIII ZR 35/23, WM 2024, 1485 Rn. 11; st. Rspr.). Als grundrechtsgleiches Recht soll es sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben ( aaO mwN).

4In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde (, WM 2024, 1485 Rn. 12; vgl. auch , NJW-RR 2020, 1389 Rn. 17; vom - I ZR 154/22, juris Rn. 12; jeweils mwN).

52. Nach diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor. In seinem Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, die für das Jahr 2015 abgerechneten Leistungen erbracht zu haben. Zu den dafür genannten Gründen hat die Klägerin Stellung genommen. Sie hat erklärt, warum es zur Benennung einer anderen Kanzlei in den Unterlagen gekommen sei, und behauptet, das entsprechende Mandat sei nicht übertragen worden. Damit waren die vom Berufungsgericht genannten Gründe für den fehlenden Nachweis entkräftet. Dieser erst durch den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts veranlasste Vortrag ist unstreitig geblieben, weil das Berufungsgericht eine Erwiderung der Beklagten nicht eingeholt hat. In seinem die Berufung zurückweisenden Beschluss ist das Berufungsgericht mit keinem Wort auf den Vortrag der Klägerin eingegangen. Das verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör.

6Die dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es das Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen, den Nachweis für das Jahr 2015 abgerechneter Leistungen als erbracht angesehen hätte.

74. Die weitergehende Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzungen hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

III.

8Im Umfang der Aufhebung des die Berufung zurückweisenden Beschlusses ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

                                         

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:170725BIXZR55.24.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-96245