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IWB Nr. 14 vom Seite 533

Statische vs. dynamische DBA-Auslegung

Ein Vermittlungsversuch

Dr. Savvas Kostikidis

DBA basieren größtenteils auf dem OECD-Musterabkommen. Es wird flankiert durch den OECD-Musterkommentar. Der OECD-Musterkommentar wird, genauso wie das OECD-Musterabkommen, in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Beide sind nur Empfehlungen des OECD-Rates an die Mitgliedstaaten und entfalten somit keine rechtliche Bindungswirkung. Es ist dennoch unstrittig, dass beide als soft law eine Auslegungshilfe darstellen. Es hat sich die Frage gestellt, ob spätere Fassungen des OECD-Musterkommentars für die Auslegung eines früheren DBA heranzuziehen sind (dynamische Auslegung). Der BFH lehnt in seiner ständigen Rechtsprechung eine solche Möglichkeit kategorisch ab und positioniert sich für eine statische Auslegung von DBA. Die Literatur schließt sich mehrheitlich dem BFH an. Die Finanzverwaltung folgt demgegenüber der dynamischen Auslegung, wonach aktualisierte Versionen als „spätere Übereinkunft“ i. S. des Art. 31 Abs. 3 Buchst. b WVK zur Auslegung heranzuziehen sind. Vor diesem Hintergrund versuchen manche Autoren zwischen den zwei Auffassungen zu vermitteln. Diesem Vermittlungsversuch schließt sich der Verfasser in diesem Beitrag an.

Kernaussagen
  • Die dynamische Auslegung kommt infrage unter folgenden Voraussetzungen: (1.) Gleichheit oder weitestgehende Ähnlichkeit der DBA-Vorschrift und der im OECD-Musterkommentar ausgelegten Vorschrift, (2.) keine Auslegung contra oder praeter legem und (3.) der Wille der Vertragsparteien wird respektiert.

  • Unter diesen Voraussetzungen ist die dynamische Auslegung vereinbar mit der Gewaltenteilung und mit dem Gebot der Normenklarheit im Steuerrecht.

  • Die dynamische Auslegung verbessert die Stellung der Steuerpflichtigen, weil sie im Fall von sich aus der späteren Kommentierung ergebenden positiven steuerlichen Folgen rechtssicher davon ausgehen können, dass die Finanzverwaltung an die spätere Kommentierung gebunden ist. S. 534