Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 20 KLs 15 Js 6163/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung einer Strafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Schuldspruch hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht vollständig stand.
3a) Die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB kann nicht bestehen bleiben, weil insoweit ein Verfahrenshindernis besteht. Weder hat der Zeuge S. als Verletzter dieser Tat im Sinne von § 77 Abs. 1 StGB einen Strafantrag gestellt, noch hat die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht (§ 230 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 StGB). Eine solche Erklärung ist auch nicht konkludent der Anklageschrift oder dem Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft zu entnehmen. Die Anklage umfasst nur den Vorwurf einer schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB. Da es sich dabei jeweils um Offizialdelikte handelt, kann in der Anklageerhebung nicht die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung auch wegen einer einfachen Körperverletzung für den Fall gesehen werden, dass das Gericht – wie hier – nicht von einer qualifizierten Tat ausgeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 79/17, NStZ-RR 2017, 251, 252 vom – 2 StR 108/15, Rn. 4; vom – 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349). Auch der Schlussantrag der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft lässt nicht erkennen, dass er sich auf das Antragsdelikt bezog (vgl. , NStZ-RR 2023, 284, 285 mwN.).
4b) Der Senat lässt daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung entfallen. Dieser Schuldspruchänderung steht die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
52. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat bei seiner Strafmaßbestimmung zu Lasten des Angeklagten ausdrücklich gewertet, dass der Angeklagte tateinheitlich eine vorsätzliche Körperverletzung begangen hat. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht auszuschließen (§ 337 StPO), dass die Strafkammer ohne diese Erwägung eine mildere Strafe verhängt hätte. Der Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es hingegen nicht (§ 353 Abs. 2 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:280425B6STR167.25.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-95540