Suchen Barrierefrei
BGH Beschluss v. - 6 StR 458/24

Instanzenzug: Az: 3 KLs 29/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten K.             wegen Betruges in 120 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und den Angeklagten A.          unter Freispruch im Übrigen wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten B.        hat es wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen eine Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen alle Angeklagten hat das Landgericht zudem Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Diese haben mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie – ebenso wie die Revision des Angeklagten B.          – unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Nach den Feststellungen trat der Angeklagte K.             bei Online-Vermittlungsportalen unter verschiedenen Legenden auf und kontaktierte alleinstehende Männer und Frauen. Er gaukelte ihnen vor, in sie verliebt zu sein, um von ihnen unter Ausnutzung ihrer Hilfsbereitschaft finanzielle Zuwendungen zu erlangen. Unter Hinweis auf – tatsächlich nicht bestehende – persönliche und finanzielle Notlagen und durch eine Vielzahl von Nachrichten setzte er sie psychisch stark unter Druck und forderte sie auf, ihm bestimmte Geldbeträge zu überweisen. Dabei sicherte er ihnen wahrheitswidrig zu, das Geld umgehend zurückzuzahlen. So überwiesen die vier Geschädigten im Zeitraum von 2016 bis 2023 in 120 Fällen insgesamt 535.183,98 Euro auf die vom Angeklagten K.           vorgegebenen Konten. Darunter befanden sich ein Konto des Angeklagten A.          und drei Konten des Angeklagten B.           , die den wahren Hintergrund der Überweisungen kannten und das Vorgehen des Angeklagten auch billigten.

II.

3Die Verfahrensrügen haben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg. Die auf die Sachrügen veranlasste Nachprüfung des Urteils hat zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben und erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

41. Die gegen den Angeklagten A.            angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 52.500 Euro (§§ 73, 73c Satz 1 StGB) hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die dabei erfolgte Berücksichtigung der am vom Geschädigten G.       überwiesenen 5.000 Euro (Fall 40 der Urteilsgründe) ist zu Unrecht erfolgt; die Einziehungsentscheidung war wie aus der Beschlussformel ersichtlich in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern.

5a) Insoweit hat die Strafkammer festgestellt, dass der Geschädigte G.       auf Veranlassung des Angeklagten K.             auf ein Konto der Tochter der Lebensgefährtin des Angeklagten A.          5.000 Euro überwies und dieser das Geld an K.             weitergab. Zwar hat der Angeklagte A.        damit etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB durch eine rechtswidrige Tat erlangt. Die Vorschrift setzt aber prozessual weiter voraus, dass die Tat des Angeklagten Gegenstand des Verfahrens ist und er insoweit verurteilt wird (vgl. LK/Lohse, 14. Aufl., § 73 Rn. 17; MüKo-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73 Rn. 23; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 7. Aufl., Rn. 378c; so bereits zu §§ 73, 73a StGB aF , NStZ- RR 2018, 337 mwN). Das Gericht muss mithin zu der Überzeugung gelangen, dass der Täter durch die ihm zur Last gelegte und ausgeurteilte Tat etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat (vgl. , NStZ-RR 2010, 255).

6b) Hieran fehlt es.

7aa) Das im Anklagesatz dazu beschriebene Geschehen betrifft ausschließlich das Vorgehen des Angeklagten K.          ; eine Tatbeteiligung des Angeklagten A.           wird im Anklagesatz, soweit er Fall 40 betrifft, nicht geschildert. Dass A.          in der Anklage im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen insoweit erwähnt wird, ist dagegen unerheblich. Zwar dürfen bei der Prüfung, ob eine Tat Gegenstand der Anklage im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO ist, die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (vgl. , BGHSt 46, 130, 134; vom – 5 StR 431/00, NStZ 2001, 656, 657; Beschluss vom – 1 StR 596/07, NStZ 2008, 351; Urteil vom – 5 StR 6/24, StV 2025, 87; KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 200 Rn. 31). Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, dass sich aus dem Anklagesatz zumindest Grundlagen einer Tatbeteiligung ergeben (vgl. , NStZ 2008, 351; Urteil vom – 1 StR 205/09, NJW 2010, 308, 309, Rn. 95).

8bb) Zu Recht ist das Landgericht daher davon ausgegangen, dass dieses Geschehen nur dem Angeklagten K.            , nicht aber dem Angeklagten A.            mit der Anklage vorgeworfen worden war. Folgerichtig hat es A.           nur wegen einer Beihilfetat, nämlich der Zurverfügungstellung seines eigenen Kontos und der Weiterleitung der darauf eingegangenen Beträge (Fälle 43-51, 115-118, 120 der Urteilsgründe), nicht aber wegen der bereits mehrere Monate zuvor erfolgten Weitergabe der auf das Konto der Tochter seiner Lebensgefährtin transferierten Geldsumme (Fall 40 der Urteilsgründe) verurteilt.

9c) Die Einziehung der 5.000 Euro konnte auch nicht auf §§ 73a, 73c Satz 1 StGB gestützt werden. Eine erweiterte Einziehung kommt aufgrund ihres subsidiären Charakters erst in Betracht, wenn das Tatgericht unter Beachtung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) ausschließen kann, dass die Voraussetzungen der Einziehung nach § 73 StGB vorliegen. Sofern die betreffenden Gegenstände einzelnen rechtswidrigen Herkunftstaten zugeordnet werden können, scheidet eine erweiterte Einziehung aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 709/24, Rn. 4; vom – 6 StR 408/24, Rn. 6; Urteil vom – 6 StR 367/23, NStZ-RR 2024, 172 mwN). Dies ist hier der Fall. Denn die 5.000 Euro stammen ausweislich der tatgerichtlichen Feststellungen aus dem vom Angeklagten begangenen Betrug zum Nachteil des Geschädigten G.          (s.o.).

102. Der den Angeklagten K.             betreffende Strafausspruch bedarf in zweifacher Hinsicht der Korrektur.

11Zum einen hat das Landgericht im Anschluss an die rechtsfehlerfreie Bestimmung des Strafrahmens aus § 263 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 Variante 1 StGB versehentlich unterlassen, für die Fälle 49 und 106 der Urteilsgründe konkrete Einzelstrafen festzusetzen. Der Senat holt dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach, woran er durch das Verschlechterungsverbot nicht gehindert ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 506/22; vom – 4 StR 559/18, Rn. 2; vom  – 5 StR 13/10, Rn. 3, NStZ-RR 2010, 184 mwN). Der Senat hat Einzelstrafen in Höhe von einem Jahr festgesetzt und sich dabei an den vom Landgericht in vergleichbaren Fällen mit Schadenssummen unter 1.000 Euro verhängten Strafhöhen orientiert.

12Zum anderen hat das Landgericht aufgrund offensichtlichen Versehens den Fall 22 der Urteilsgründe zweifach aufgeführt. Mit Blick auf die vom Landgericht zugrunde gelegte Kategorisierung und der Schadenshöhe hat die festgesetzte Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu entfallen.

13Auf die Gesamtstrafe haben die Änderungen des Strafausspruchs keinen Einfluss. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht insoweit zu einem dem Angeklagten günstigeren Ausspruch gekommen wäre, hätte es die genannten Einzelstrafen zutreffend festgesetzt.

143. Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision des Angeklagten A.        ist es nicht unbillig, ihn mit den Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (vgl. § 473 Abs. 4 StPO). Für den Angeklagten B.        beruht die Kostenentscheidung auf § 74 i.V.m. § 109 Abs. 2 Satz 1 JGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:180225B6STR458.24.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-95429