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BBK Nr. 14 vom Seite 651

Ergänzungsbilanzen bei Personengesellschaften

Funktion, Anlässe und Praxisbeispiel zur Aufstellung

Udo Cremer

Ergänzungsbilanzen bilden Korrekturen für die Wertansätze von Wirtschaftsgütern in der Gesamthandsbilanz einer Personengesellschaft ab, die sich nicht durch die Personengesellschaft selbst, sondern nur aus den Umständen des einzelnen Gesellschafters ergeben. Treffen die Sachverhalte, die zu einer solchen Korrektur führen, mehrere aber nicht alle Gesellschafter, ist für jeden Gesellschafter eine eigene Ergänzungsbilanz zu bilden. Mit ihrer Hilfe wird die zutreffende Besteuerung eines Gesellschafters sichergestellt.

Kernaussagen
  • Die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz kommt häufig vor, nachdem ein Gesellschafterwechsel stattgefunden hat.

  • Mithilfe einer Ergänzungsbilanz wird sichergestellt, dass der auf den einzelnen Gesellschafter entfallende Gewinn genauso ermittelt wird, wie in vergleichbaren Fällen bei einem Einzelunternehmer.

I. Erforderlichkeit von Ergänzungsbilanzen

1. Funktion von Ergänzungsbilanzen

Während [i]Darstellung steuerlicher Gewinn- und Vermögensverhältnisse die Handelsbilanz ausschließlich für die Personengesellschaft aufgestellt wird, um zum Bilanzstichtag den Handelsbilanzgewinn und den Umfang des handelsrechtlichen Gesellschaftsvermögens darzustellen, dienen Ergänzungsbilanzen uneingeschränkt der Darstellung steuerlicher Gewinn- und Vermögensverhältnisse, welche die einzelnen Gesellschafter betreffen. Damit stellt die Ergänzungsbilanz eine ausschließlich auf steuerlichen Vorschriften beruhende Bilanz dar.

Entstehen [i]Wertkorrekturen zu den Bilanzansätzen in der Steuerbilanz der PersGeinem Mitunternehmer bezogen auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zusätzliche Aufwendungen oder beansprucht er insoweit ihm persönlich zustehende Bewertungsfreiheiten, werden diese Besonderheiten außerhalb der Gesamthandsbilanz in einer nur für den Mitunternehmer zu führenden Ergänzungsbilanz dargestellt. Damit werden in einer ErgänzungsS. 652bilanz – die Bestandteil der Gesellschaftssteuerbilanz der Personengesellschaft ist – Wertkorrekturen zu den Bilanzansätzen in der Steuerbilanz der Personengesellschaft erfasst, die zwar Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens betreffen, aber nur einzelnen Gesellschaftern beteiligungsabhängig zuzurechnen und mit dem Abgang oder Verbrauch der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens erfolgswirksam aufzulösen sind.

2. Anlässe für Ergänzungsbilanzen

Ergänzungsbilanzen [i]Gründe für die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen können z. B. erforderlich sein, wenn

  • ein neuer Gesellschafter in eine bestehende Personengesellschaft eintritt,

  • eine Personengesellschaft gegründet wird,

  • stille Reserven gemäß § 6b EStG übertragen werden sollen, sich aber innerhalb der letzten sechs Jahre die Zusammensetzung der Gesellschafterstruktur geändert hat,

  • ein Gesellschafter eine Einzelunternehmung in eine Personengesellschaft einbringt,

  • ein Gesellschafterwechsel stattfindet und der eintretende Gesellschafter mehr oder weniger aufwenden muss, als ihm an Kapital in der Gesellschaftsbilanz „gutgeschrieben“ wird oder

  • Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nicht mehr zum steuerlichen Betriebsvermögen gehören, um nicht eine von der Handelsbilanz abweichende Steuerbilanz erstellen zu müssen.

Findet [i]Gesellschafterwechselein Gesellschafterwechsel statt, können folgende Fälle unterschieden werden:


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Fall
Folge
Gründe
Der Anschaffungspreis für den Mitunternehmeranteil übersteigt betragsmäßig den Betrag des übergehenden Kapitalkontos.
Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz für den eintretenden Mitunternehmer.
  • Vorhandene stille Reserven bei Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens;
  • entgeltlich erworbener Firmenwert.
Der Betrag des übergehenden Kapitalkontos übersteigt betragsmäßig den Anschaffungspreis des Mitunternehmeranteils.
Der Erwerber muss in seiner Ergänzungsbilanz auf der Passivseite den Minderwert der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft, deren tatsächlicher Wert unter dem Buchwert liegt, ausweisen. Eine Bilanzierung des Minderwerts als „negativer Geschäftswert“ scheidet aus.
  • Schlechtes Image der Gesellschaft;
  • ungünstiger Standort.

Die [i]Aufwendungen des Erwerbers für den GesellschaftsanteilAufwendungen des Erwerbers für den Gesellschaftsanteil sind demgemäß – soweit sie den Buchwert des Gesellschaftsanteils übersteigen – in einer Ergänzungsbilanz als Anschaffungskosten für einen entsprechenden Anteil an den stillen Reserven der materiellen und bilanzierten immateriellen Wirtschaftsgüter oder an den nicht bilanzierten immateriellen Einzelwirtschaftsgütern oder am Geschäftswert der Personengesellschaft zu aktivieren. Demnach werden in der Ergänzungsbilanz neben dem entgeltlich erworbenen Firmenwert auch alle anderen materiellen Wirtschaftsgüter bilanziert, für die der Erwerber einen höheren Preis als den anteiligen Buchwert bezahlt hat.

Hinweis: Der Firmenwert ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Wert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des S. 653Betriebsvermögens hinaus innewohnt und ist damit „Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit sie nicht in den einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind“.